Im Test:
Es geht endlich los
Ich hatte die Hoffnung beinahe schon aufgegeben. Nachdem das Spiel gut vier Stunden unterhaltsam, aber bar jeglicher Herausforderung vor sich hinplätscherte, wurden sowohl die Spannungs- als auch die Anforderungszügel angezogen. Gerade noch rechtzeitig! Denn ich war kurz davor zu sagen, dass die Entwickler von Mercury Steam (auch verantwortlich für das Original Castlevania Lords of Shadow sowie dessen Fortsetzung) die 3DS-Premiere der Serie lediglich nutzen, um ihre eindrucksvolle Mobilengine zu präsentieren als die seit 2008 wartenden Fans mit einem guten Abenteuer zu unterhalten.
Dabei klingt alles viel versprechend: Es soll eine Mischung aus klassischen seitwärts scrollenden 2D-Mechaniken sowie einem modernen Kampfsystem inspiriert von der Dynamik des stationären Lords of Shadow sein. Im Prolog ist man noch als Gabriel Belmont unterwegs, läuft von rechts nach links (oder umgekehrt) durch die stimmungsvollen Kulissen, die immer wieder mit gelungenen 3D- sowie guten Tiefen-Effekten punkten und schwingt seine mörderische Peitsche gegen allerlei Ungetier. Danach wechselt man jedoch die Rolle und schlüpft u.a. in die Haut seiner Nachfahren Trevor und Simon, die aus welchem Grund auch immer mit einem schottischen Dialekt sprechen, der für mich nicht zu den Figuren passt. Noch bedenklicher und vor allem relevanter ist allerdings, dass sich die Protagonisten bis auf die wenigen Spezialfähigkeiten alle sehr ähnlich spielen.
Erzählerisch gut, aber schwach inszeniert
Da kann auch der überraschende Auftritt eines alten Bekannten nicht mehr viel retten, den man im zweiten Akt spielt, der jedoch in den letzten 16 Jahren viele seiner Fähigkeiten eingebüßt hat. Obwohl zumindest der Kniff funktioniert, Ereignisse zu spielen, die parallel zu denen ablaufen, die man zuvor mit Simon erlebt hat. Und mit ihm kommt nicht nur in der Erinnerung das alte Castlevania-Gefühl auf: Die Kämpfe werden nach etwa vier Stunden härter, die Bosse anspruchsvoller und endlich gibt es Rätsel.
Mehr God of War als Castlevania
In anderen Aspekten jedoch haben die Spanier den Bezug zur Serie verloren. Was auf den stationären HD-Systemen noch frisch für eine Reihe war, die in der spielerischen dritten Dimension seit N64-Zeiten Probleme hatte, verfehlt als 2D-Spektakel seine Wirkung. Zu groß, zu übermächtig ist die Qualität der letzten Mobil-Castlevanias, zu vielfältig ihre Ansätze, die in den letzten Jahren mobil immer eines verkörperten: "MetroidVania in Reinkultur". Und dieses Gefühl stellt sich hier nur selten ein. Zudem war ihnen bei der
Elemente vs. Summe
Dabei ist jedes Element für sich durchaus in der Lage, das schwere Erbe anzutreten: Die Kämpfe z.B. sind weitaus dynamischer und dank des guten Block/Konter- sowie Ausweichsystems noch taktischer als in älteren Castlevanias. Dementsprechend sind die Bosse natürlich auch fordernd, wobei sie jedoch stets fair bleiben und man mit Kenntnis ihrer Angriffsschemata sowie guten Reaktionen immer eine Chance hat. Begünstigt wird man noch durch das automatische Speichersystem, das mitunter zwischen den Bosskampf-Phasen einen Kontrollpunkt anlegt, von dem aus man einfach weiter kämpft. Die Zeiten, in denen Spannung bei einem 2D-Castlevania dadurch aufkam, dass man sich mit nur wenig Energie zum nächsten Speicherpunkt kämpfen bzw. vortasten musste, stets wissend, dass man mit nur zwei oder drei weiteren Treffen das Zeitliche segnet, sind vorbei. Hier wird der Fokus auf einzelne Kämpfe gelegt – die übergeordnete Anspannung fehlt leider. Zumal man in manchen Momenten sogar einen Glitch ausnutzen kann: Monster verlassen nur selten den ihnen zugedachten Raum. Sprich: Man kann in Situationen, in denen nicht durch magische Türen auf "Arenakampf" umgeschaltet wird, durch Durchgänge entkommen und so den Angriffen der Feinde entgehen.
Und nach wie vor gibt es auch Erforschung - beinahe so, wie man sie kennt: Es gibt immer noch Abschnitte, die erst zugänglich sind, wenn man bestimmte Fähigkeiten gemeistert hat. Einzig die Motivation innerhalb der meist linearen und letztlich vergleichsweise kleinen Abschnitte auch das kleinste der zahlreichen Geheimnisse zu entdecken, mag sich bei mir nicht einstellen. Natürlich freue ich mich, wenn ich eine Kiste finde, nach deren Öffnung entweder die Gesundheitsleiste oder der maximale Manavorrat steigt. Doch dank des letztlich sehr moderaten Schwierigkeitsgrades sowie der automatischen Speicherung lassen sich auch ohne Maximalsteigerung alle Kämpfe bestreiten - wenngleich mitunter etwas langwieriger, als wenn man alles aufgesammelt hätte. Zudem hat man kein Gefühl dafür, wie groß die Welt ist, durch die man sich kämpft und hüpft. Wenn man bei Symphony of the Night gegen Ende die Karte öffnet, weiß man, was man erlebt hat. Hier hingegen gibt es eine kleine Übersicht mit "Gebieten", die man anwählen kann und die daraufhin den bereits erforschten Anteil dieses Areals offenbaren. Der übergeordnete Zusammenhang und damit auch das Bewusstsein, etwas erreicht zu haben, sind nur in Ansätzen vorhanden.
Fazit
Auf dem 3DS ist der Neustart der Serie weitaus weniger gelungen als vor wenigen Jahren auf den HD-Konsolen - zumal ich mit der Inszenierung nicht warm werde. Wobei der Absturz, der sich nach den ersten vier Stunden angedeutet hatte, durch die gut inszenierte Action im Stile des "großen" Lords of Shadow noch spürbar aufgefangen wird. Doch die Rückbesinnung auf alte Tugenden geht für meinen Geschmack etwas zu weit - zurück in die Ära vor Symphony of the Night, als die zweidimensionalen Castlevanias nur wenige Rätsel und noch weniger Rollenspielelemente hatten. Der Fokus auf Kämpfe erinnert in dieser Form aber eher an ein zweidimensionales God of War als an einen modernen Vertreter einer Reihe, die Synonym für ein komplettes Subgenre des zweidimensionalen Action-Adventures geworden ist. Während die Technik mit detaillierten Texturen, ausgefeiltem Gegner- sowie Leveldesign sowie visuell interessantem Einsatz der 3D-Technologie durch die Bank überzeugt, bleiben die Mechaniken abseits der Kämpfe häufig zu oberflächlich und schaffen es daher nur selten, das anspruchsvolle Castlevania-Gefühl zu vermitteln, das man mit den mobilen Vorgängern assoziiert.
Pro
Kontra
Wertung
3DS
Die dynamischen Kämpfe sind gelungen, die Kulisse mitsamt schicker 3D-Effekte ist absolut sehenswert. Doch Mercury Steam schafft es nur selten, die Seele der letzten mobilen Castlevanias zu erfassen.
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