Im Test:
Analytisches Dreigestirn
Nachdem man zuletzt mit Chefankläger Miles Edgeworth unterwegs war, steht dieses Mal wieder Rechtsanwalt Phoenix Wright im Mittelpunkt der gerichtlichen Ermittlungen. Allerdings nicht allein, denn bevor sich der Staranwalt einklinkt, wird er von Kanzleikollege Apollo Justice und Neuzugang Athena Cykes vertreten, deren psychoanalytisches Talent die wahren Gefühle von Gesprächspartnern zum Vorschein bringen kann.
Natürlich kommt diese durch ein Medaillon visualisierte Gabe auch vor Gericht zum Einsatz: Dabei werden Zeugenaussagen nach Emotionen wie Freude, Angst, Wut oder Überraschtheit durchleuchtet und in entsprechender Intensität angezeigt. Danach liegt es am Spieler, widersprüchliche Emotionen aufzuspüren und deren Ursachen herauszufinden, um am Ende verlässliche Aussagen zu erhalten.
Wright und Justice haben ebenfalls übersinnliche Hilfsmittel am Start: Während Apollos Armband Lügner zu entlarven vermag, kann Phoenix' Amulett geistige Blockaden lösen, die der Befragte entweder bewusst oder unterbewusst errichtet hat.
Lineare Turbulenzen
Auch sonst geht es im Gerichtssaal oft ungewöhnlich zu: Da treten verurteilte Mörder als Staatsanwälte, Angeklagte in Raumanzügen oder Roboter als Zeugen auf, während Verhandlungen erzwungen, Richter eingeschüchtert und Beweisstücke manipuliert oder gar in die Luft gejagt werden. Im Kern geht es aber natürlich trotzdem um richterliche Urteilsfindungen aufgrund stichfester Beweise und Zeugenaussagen seitens Anklage und Verteidigung.
Als Spieler schlüpft man dabei stets in die Rolle der Verteidigung, wo es primär Aussagen und daraus abgeleitete Tathergänge zu widerlegen gilt. Da müssen Tatorte inspiziert, Zeugen vernommen, Angaben überprüft, Zusammenhänge recherchiert, Beweise präsentiert und Widersprüche aufgedeckt werden. Die Optionen sind in der Regel jedoch überschaubar, die automatischen Hilfestellungen meist unnötig deutlich.
Mangelnde Konsequenzen
Wenn man zu oft in Folge die falschen Beweisstücke vorzeigt, Personen beschuldigt oder Aussagen macht, platzt dem Richter zwar irgendwann der als Geduldsbalken eingeblendete Kragen, aber die Konsequenzen sind nicht nur in Zeiten eines Walking Dead lachhaft harmlos: Statt den Fall neu aufzurollen oder irgendeine Art von Strafe zu kassieren, führt man die aktuelle Befragung einfach so oft mit neu gefülltem Balken fort bis man richtig liegt und die Handlung voranschreiten kann. Auch seinen Partner kann in festgefahrenen Situationen um Rat fragen, Gesprächsprotokolle jederzeit rekapitulieren. Nicht nur deswegen hätte man den Druck einer begrenzten Anzahl an Neuversuchen ruhig durchziehen oder zumindest einen alternativen Schwierigkeitsgrad mit entsprechender Einstellung anbieten sollen.
Die größte Schwierigkeit ist so eher das Abwägen, wie weit eigene Schlüsse momentan zulässig sind und entsprechende Einwände berücksichtigt werden. Selbst schlampige Ermittler müssen sich hin und wieder selbst bremsen. Der Ärger darüber hält sich allerdings in Grenzen, da die Fälle einmal mehr erfreulich verquer, die Schauplätze angenehm ausgefallen, die Figuren herrlich skurril sind. Zwar ist es schade, dass jede der fünf Episoden erneut ausschließlich Mordfälle behandelt, die sind aber dafür sehr vielschichtig und clever miteinander verzahnt.
Schwankende Inszenierung
Schade nur, dass den Verhandlungen immer wieder mit denselben Animationen versucht wird, Leben einzuhauchen. Häufig auftretende Charaktere wirken dadurch selbst in ernsten Momenten übertrieben lächerlich. Lobenswert ist hingegen die gelungene 3D-Funktionalität, die nicht nur passende Aktionen wie Sprüh- oder Klebeattacken Richtung Kamera aufbietet, sondern selbst 2D-typischen Anime-Sequenzen eine überzeugende Tiefenwirkung spendiert. Schön ist auch, dass man jederzeit den Spielstand sichern sowie sämtliche Spielfunktionen wahlweise via Tasten oder Touchscreen, manche wie das Ereheben von Einsprüchen sogar per Spracherkennung ausführen kann - allerdings nur auf Englisch.
Im Spiel selbst wird hingegen fast gar nicht geredet, Dialoge lediglich in Textform serviert - selbst Beweisstücke wie Tonbandaufnahmen. Hinzu kommt, dass man sich dieses Mal nicht einmal mehr die Mühe einer deutschen Übersetzung gemacht hat, was vor allem jüngeren Serienfans übel aufstoßen dürfte, da weit über neunzig Prozent der Spielzeit aus Lesen besteht...
Fazit
Dual Destinies bietet den typischen Ace-Attorney-Mix aus Zeugenbefragung, Tatortuntersuchung und Gerichtsverhandlung inklusive psychologischer Kniffe wie man es seit Jahren kennt. Neben Staranwalt Phoenix Wright, der gedankliche Blockaden löst, und Juniorpartner Apollo Justice, der ein Gespür für Lügen hat, sorgt einzig Neuzugang Athena Cykes mit ihren Gefühlsanalysen für frischen Wind im Anime-Gerichtssaal. Dafür fahren die neuen Fälle wieder angenehm exotische Charaktere und Tatorte auf, auch wenn es sich dabei einmal mehr ausschließlich um Mordfälle handelt. Der trotz aller Wendungen und Überraschungen strikt lineare Spielverlauf sowie die oft sehr aufdringlichen Hilfestellungen dürften hingegen nicht jedem schmecken. Schade auch, dass man sich für die 3DS-Premiere weder umfangreichere Sprachaufnahmen gegönnt noch eine deutsche Übersetzung geleistet hat. Unterm Strich wird man von den ebenso spannenden wie abgedrehten Abenteuern der Wright-Anything-Kanzlei über Tage hinweg gut unterhalten.
Pro
Kontra
Wertung
3DS
Gewohnt abgedrehtes Anwaltsabenteuer mit neuer Psychopartnerin.
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