Kirby Triple Deluxe16.05.2014, Jan Wöbbeking

Im Test: Der Kampfknödel rüstet auf!

Mehr ist besser – unter diesem Motto steht das Abenteuer von Nintendos Kampfknödel. Im Gegensatz zum flauschig-innovativen Kirby und das magische Garn gibt sich das 3DS-Spiel klassischer. Wie in alten Zeiten hüpft, prügelt, schwebt und saugt sich der runde Held durch zuckersüße Welten – angereichert durch Unmengen von Superkräften und Wechseln zwischen zwei Ebenen.

Mampf kaputt, was dich kaputt macht!

Im Zentrum steht natürlich nach wie vor Kirbys unstillbarer Hunger. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, lässt sich auf Knopfdruck einsaugen: Von aggressiv attackierenden Vögeln über braune Watschel-Gegner bis hin zu gigantischen Rüben oder sogar ganzen Zügen landet alles im unerbittlichen Strudel, bis Kirby alles wie eine Anaconda heruntergewürgt hat. Mahlzeit! Damit all das in den winzigen rosa Kugelbauch passt, muss der Held tricksen: Kommt er mit der Meganova-Pflanze in Kontakt, bildet sich in seinem Magen ein nimmersattes schwarzes Loch, während sein wohlgeformter Bauch in ähnlich vielen Farben pulsiert wie ein Shooter von Jeff Minter.

Anlass für die Fresstour ist eine gigantische Bohnenranke, welche Kirbys Haus und Teile seiner Heimat in den Himmel gerissen hat. Hinter dem Angriff steckt der insektoide Bösewicht Taranza, der sogar Kirbys alten Widersacher König Dedede entführt. Also schiebt der gutmütige Held alte Fehden beiseite und macht sich auf zur Rettung. Die simple Geschichte hält sich im Hintergrund, wird aber immerhin in knuffig animierten Filmschnipseln erzählt.

Über den Wolken…

Frühstück ist fertig!
Der Trip über die Bohnenranke führt durch fantasievoll gestaltete Welten. Ob auf saftig grünen Wiesen, vor schwebenden Canyons oder im südamerikanisch angehauchten Dschungel: Die in zwei Ebenen dargestellten Areale sind sehr stimmungsvoll designt. Auch die Gegner zeigen in jeder noch so dummen Gefühlsregung unheimlich putzige Animationen. In Bewegung und mit voll aufgedrehtem 3D-Effekt  wirkt das Gebotene auch technisch beeindruckend: Die Kulisse wird mit jederzeit flüssigen 60 Bildern dargestellt und wirkt um einiges aufwändiger als andere Nintendo-Jump-n-Runs wie Yoshi’s New Island.

Ein Nachteil ist allerdings, dass der der Schwierigkeitsgrad viel niedriger ausfällt als bei der Konkurrenz aus eigenem Hause. Vor allem in den ersten Stunden bieten Angreifer und Sprungsequenz kaum eine Herausforderung. Verschärft wird das Problem durch die Masse an Superfähigkeiten, mit denen Kirby seine Widersacher gleich reihenweise aus dem Weg prügelt. Ganze 25 Gegner kann er mit seiner Kopierfähigkeit imitieren. Einfach den Angreifer einsaugen oder ein entsprechendes Symbol einsammeln und schon ahmt er ihre Angriffe nach – allerdings eine ganze Ecke effektiver als das Original.

Pinkfarbener Tausendsassa

Nicht tragisch, aber ärgerlich: Ähnlich wie in Super Mario 3D World sprintet Kirby nicht von alleine. Stattdessen muss man zwei mal nach vorne drücken, bevor er losdüst.
Dazu gehören klassische Varianten wie ein Schwert, mit dem sich einige Hiebe ausführen lassen oder ein Bogen, der sich auch als Nahkampfwaffe einsetzen lässt. Dazu kommen eine normale sowie eine Strom-Peitsche, ein an Blanka erinnernder Elektroschock sowie viele alberne Fähigkeiten. Wenn Kirby z.B. einen Clown frühstückt, trägt er plötzlich zwei alberne Zirkuszelt-Spitzen auf dem Kopf, bläst explosive Tierballons auf oder hüpft wie ein gestörter Zitteraal durch die Gegend. Viele Kräfte taugen also eher für alberne Experimente als für effektive Attacken – nach ein paar Stunden kristallisieren sich die praktischsten Verwandlungen heraus.

Wenn man nicht gerade ein Neuling ist,  gestalten sich die ersten Stunden durch den niedrigen Schwierigkeitsgrad ziemlich fade. Danach kommt aber doch noch ein guter Spielfluss auf, weil im späteren Spiel immerhin etwas anspruchsvollere Kämpfe und rutschige Plattformen warten. Auch das Lösen kleiner Schalterrätsel und die Suche nach Sternen haben mich motiviert. Letztere schalten den Zugang zu den folgenden Welten frei. Ab und an stehen außerdem viele Geschicklichkeitseinlagen auf dem Programm, bei dem Kirby z.B. per Neigung in einer Lohre durchs Level befördert wird.

Clever versteckt!

Immer wieder muss ich die Augen offen halten und kombinieren: Nachdem ich mir die Supernova geschnappt habe, sauge ich mit Kirbys gigantischer Lunge eine zehnmal so große Rübe aus dem Boden und lasse sie auf eine porösen Stein krachen. Kurz darauf steht mir der Weg zu einer Geheimtür offen. Auch Laserbarrieren mit grimmigen Gesichtern und andere Objekte müssen immer wieder geschickt bewegt werden. Oder ich reiße mit dem selbsterzeugten Sturm eine versteckte Tapete aus der Wand. Hänge ich den daran versteckten Stern nicht in den erstbesten, sondern den zweiten Haken am linken Rand, kommt schon wieder ein Stern zum Vorschein. Auch jede Menge Schlüsselanhänger, Lebensenergie und anderer Klimperkram liegen in den verwinkelten, sehr langen Levels versteckt.

Ein Absturz ist bei Kirby nach wie vor kein Beinbruch: Einfach schnell per Knopfdruck aufblasen und er schwebt sicher ans Ziel oder in große Höhen.
Schön auch, dass der 3D-Effekt so intensiv genutzt wird. In räumlicher Darstellung wirkt die aufwändig animierte Kulisse nicht nur schöner. Auch die zwei Ebenen, zwischen denen Kirby immer wieder wechselt, kommen sehr hübsch zur Geltung. Ganz so intensiv wie in Shantae: Risky's Revenge wird die Mechanik zwar nicht eingesetzt – es gibt aber immer wieder Ausflüge in den Hintergrund. Beim Tauchgang hinter kreisenden Walen lässt sich z.B. eine kleine Grotte entdecken, in der ein Stern versteckt ist. Meine Feinde muss ich dabei gut im Auge behalten: Immer wieder zischen angriffslustige Kopffüßer, komplette Eisenbahnen oder andere illustre Objekte nach vorne oder hinten.

Sinnvoller 3D-Einsatz

Manche Momente erinnern an das Wario Land für den Virtual Boy: Mit einer langen Lanze reiße ich z.B. Biester im Hintergrund von den Beinen. Oder ich setze Kirby einen Dauerfeuer-Helm auf, der unaufhörlich nach gegenüber ballert. Auch die Endgegner machen von den Möglichkeiten der zwei Ebenen Gebrauch: Ein Baum schießt mir im Stakkato seine Wurzeln entgegen und eine Glubschaugenwolke lässt immer wieder ihre Blitze auf die Plattformen niederzischen, während sie hin- und herschwebt. Leider gestalten sich auch die meisten Bosskämpfe viel zu simpel. Mit Hilfe von Kirbys Spezialfähigkeiten lassen sich ihre Angriffs-Strategien leicht untergraben. Wenn ich mein Gegenüber nur lange genug mit Schwert, Pfeilen oder schneidenden Blättern bearbeite, streckt es meist irgendwann die Waffen. Nach dem Abspann darf man immerhin zu einem zweiten, knackigeren Durchgang antreten.

Ein Blick auf das lokale Mehrspieler-Geprügel.

Zusätzlich zum Abenteuermodus darf man sich auch in Minispielen austoben. König Dededes rhythmisches Trommel-Hüpfen ist nicht so liebevoll umgesetzt wie die Musik-Levels in Rayman Legends, taugt aber trotzdem als kleine Abwechslung. Mit „Kirbys Recken“ ist außerdem ein kurzfristig lustiger Smash-Brothers-Verschnitt enthalten, der lokal mit bis zu vier Teilnehmern gezockt wird. Hat nur einer das Spiel, dürfen die anderen sich das Minigame sogar per Gamesharing herunterladen. Wer gegen die KI antritt, kann hier außerdem mit Kirbys zahlreichen Fähigkeiten experimentieren.

Fazit

In punkto Design und Technik ist Kirby Triple Deluxe ein Traum: Die idyllischen Kulissen und knuffigen Kopffüßer sorgen sofort für gute Laune. Das Spiel gehört zu den schönsten Titeln für Nintendos Handheld und auch die 3D-Fähigkeit wird dank der zwei erreichbaren Ebenen dezent, aber sinnvoll eingesetzt. Wie in der Serie üblich gibt es aber einen dicken Dämpfer: Der Schwierigkeitsgrad ist wieder deutlich zu niedrig angesetzt. In den ersten Stunden verkommt das Spiel zum Abgrasen der Levels ohne nennenswerte Gegenwehr der herumwuselnden Kopffüßer. Es macht zwar Spaß, mit den Unmengen an Spezialfähigkeiten herumzuspielen – letztendlich wäre der Overkill aber nicht nötig gewesen. Irgendwann habe ich mich ohnehin auf ein paar nützliche Varianten eingeschossen. Trotzdem hat mich das Spiel später noch richtig gut unterhalten. Vor allem die clever eingestreuten Rätsel und versteckten Räume sorgen dafür, dass das Erforschen der hübschen Welt zumindest zeitweise zu einer spannenden Angelegenheit wird.

Pro

herzallerliebst designte, kunterbunte Fantasiewelten
viele lustige Fähigkeiten zum Experimentieren... 
clever versteckte Geheimräume und Sammelkram
viel Abwechslung
sehr knuffige Gegner
beeindruckend flüssige und liebevoll animierte Details
quietschvergnügter Soundtrack
lustige Bonus-Minispiele
Mehrspieler-Kämpfe per Game-Sharing

Kontra

Kämpfe und Sprungsequenzen oft viel zu einfach
...wirklich nützlich sind aber nur einige der Superkräfte

Wertung

3DS

Wünderhübsch designter Plattformer mit unterhaltsamer Erforschung von zwei Ebenen - nur der Schwierigkeitsgrad ist wieder deutlich zu niedrig angesetzt.

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