Persona Q: Shadow of the Labyrinth19.12.2014, Jens Bischoff

Im Test: Bizarrer Highschool-Trip

Nach dem leider durch unser Testraster gerutschten Shin Megami Tensei 4 gibt mit Persona Q: Shadows of the Labyrinth auch Atlus' zweite Hauptserie der okkulten Rollenspielsaga ihr Debüt auf dem zuvor nur mit Remakes bedachten 3DS. Was einen in den düster-bizarren Highschool-Dungeons erwartet, verrät der Test.

Mit vereinten Kräften

In Persona Q: Shadow of the Labyrinth (ab 49,00€ bei kaufen) gehen Charaktere aus Persona 3 und 4 gemeinsam einem mysteriösen Schulfestival auf den Grund, dessen mitunter literarisch inspirierten Exponate in bizarre Labyrinthe voller Dämonen führen. Doch nicht nur die so besuchten Dungeons geben den einander noch nie zuvor über den Weg gelaufenen Schulcliquen Rätsel auf: Wie kamen sie hierher? Warum können sie das Schulgelände nicht verlassen? Wer steckt hinter den höllischen Irrgärten? Und ist das alles überhaupt real?

Immerhin kann man sich aussuchen, aus Sicht welcher Gruppe man das im Chibi-Look servierte Abenteuer primär erleben will. "Den Willigen führt, den Unwilligen treibt das Schicksal", wird Seneca zum Auftakt zitiert - ganz gleich für welche Seite man sich entscheidet.

In den Schullabyrinthen treffen die Protagonisten unterschiedlicher Persona-Kapitel aufeinander.
Dabei sind die beiden Wege gar nicht so verschieden, die jeweiligen Anführer weitestgehend auf unwesentliche Dialogentscheidungen beschränkt, die im Übrigen komplett auf Englisch ablaufen. Denn leider gibt es weder deutsche Untertitel, noch eine Option auf japanischen Originalton.

Willkommenes Geplapper

Geredet wird selbst beim Erkunden der Dungeons und Bekämpfen der Dämonen angenehm viel und das sogar mit Belang: Da wird z. B. auf erkannte Geheimgänge bzw. bereits entdeckte Schwachpunkte von Gegnern hingewiesen, vor Verletzungen und Erschöpfung gewarnt oder auf knapp werdenden Inventarplatz aufmerksam gemacht. Zurück in der als Stützpunkt dienenden Schule mit Werkraum und Krankenstation kann man mit dem Aktivieren optionaler Ereignisse oder Bittgesuchen auch persönlicher mit seinen Weggefährten in Kontakt treten und ihren Ansichten lauschen. Da wirkt es umso befremdlicher, dass ausgerechnet der jeweilige Gruppenführer völlig stumm und profillos bleibt.

Nur gut, dass viele Teamkollegen nicht auf den Mund gefallen sind, sich untereinander aufziehen, Avancen machen oder aneinander geraten. Auch der Humor kommt dabei nicht zu kurz, wenn fiese Versprecher, eigensinnige Interpretationen oder einfach nur Hunger ins Spiel kommen. Trotzdem hat man aufgrund der eigenen Stummheit immer wieder das Gefühl, einen Fremdkörper im Team zu spielen, der nicht wirklich dazugehört - auch wenn er alle Entscheidungen trifft.

Dank üppiger Charakterriege lassen sich sehr individuelle Kampfformationen bilden.
Darunter z.B. über die oft entscheidende Zusammenstellung der Erkundungstrupps oder deren Entwicklung. Denn trotz beachtlicher Charakterriege kann sich immer nur eine Handvoll Akteure in den dämonenverseuchten Labyrinthen tatsächlich auch zur Wehr setzen.

Auf Schritt und Tritt

Die Umgebungen werden dabei Schritt für Schritt erkundet und kartografiert. Letzteres erfolgt direkt von Spielerhand via Touchscreen, wobei man sich auf Wunsch auch etwas unter die Arme greifen lassen oder die Korridore natürlich auch im Blindflug navigieren kann. Da die Dungeons nicht per Zufall generiert werden, ist der Aufbau sehr stimmig, Hindernisse und Gefahren wohl bedacht, Umgebungsrätsel clever integriert. Es gibt sogar spezielle Fertigkeiten, durch die Gruppenmitglieder auf Besonderheiten hinweisen, Gefahren minimieren, Fluchtversuche erleichtern oder Beutechancen verbessern können.

Spezielle Gegner, so genannte FOEs, ziehen sichtbar durch die Gänge und sollten aufgrund ihrer Stärke anfangs lieber gemieden oder abgelenkt werden. Standardgegner fallen hingegen zufällig aus dem Nichts über einen her. Allerdings warnt ein dynamisches Ampelsystem vor bevorstehenden Angriffen, so dass man sich entsprechend vorbereiten oder gegensteuern kann. Praktischerweise kann man sich nämlich schon sehr früh durch Itemeinsatz zurück in die Schule teleportieren, die Gruppe heilen oder verändern und dann wieder auf eine beliebige bereits erreichte Ebene der mehrstöckigen Labyrinthe zurückkehren.

Individuelle Freiheiten

Wer will, kann auch den fünfstufigen Schwierigkeitsgrad jederzeit anpassen, um sich seine ganz persönliche Herausforderung zu setzen. Die Kämpfe sind rundenbasiert und setzen wie kaum eine andere Rollenspielserie auf das gezielte Ausnutzen elementarer Stärken und Schwächen. Um diese herauszufinden, zahlt man in der Regel erst einmal schmerzhaft Lehrgeld, was Konfrontationen mit neuen Gegnern stets eine gewisse Spannung verleiht. Je öfter man jedoch aufeinander trifft, um so effektiver lernt man, sie zur Strecke zu bringen.

Nutzt man feindliche Schwächen konsequent aus, beschleunigt das aber nicht nur die Auseinandersetzungen, sondern reduziert auch den Energieverbrauch, ermöglicht verheerende Spezialangriffe und erhöht die Chance auf dämonische Begleiter (Personas) als Beute.

Die in der regel zufällig initiierten Kämpfe werden rundenweise ausgetragen.
Jeder Persona-Nutzer kann neben seinem persönlichen Dämon auch noch einen zweiten an sich binden, um dessen Talente und Fähigkeiten zu teilen. Da sich sowohl Haupt-  als auch Nebendämonen durch Kampferfahrung weiterentwickeln und sich Letztere beliebig wechseln lassen, kann man seinen Trupp ziemlich individuell formen.

Später kommen auch noch diverse Zuchtmöglichkeiten hinzu, bei denen man nicht nur völlig neue Dämonen erschaffen, sondern auch gezielt Merkmale weitervererben kann. Charakterentwicklung und Party-Management gestalten sich entsprechend vielfältig, der Spielfluss wiederum aber auch etwas zäh, da man sich um so viele Mitstreiter und deren Belange kümmern muss, die zudem immer kostspieliger werden. Selbst für Heilungen zwischen den Dungeon-Einsätzen muss man immer tiefer in die Tasche greifen. Das nötige Kleingeld kann man sich dank spezieller Materialverkäufe, die nebenbei auch zu neuer Ausrüstung führen, zwar leicht verdienen, das Sammeln kostet aber Zeit, die man eigentlich lieber in andere Aktionen investieren würde.

Maßgeschneidert

Lob verdient hingegen die gelungene Nutzung 3DS-spezifischer Funktionen. Neben der guten Touchscreen-Einbindung zur Dungeon-Kartografie kann man via StreetPass auch Dämonen mit anderen Spielern tauschen. Wem dazu die Gelegenheit fehlt, kann seine Züchtungen auch in QR-Codes verwandeln und so teilen bzw. die von anderen per Kamera einlesen.

Neue Personas kann man durch Kampf, Tausch, Zucht oder DLC erhalten.
Spezielle Sub-Personas und -Charaktere können zudem per DLC erworben werden. Faule oder nachlässige Entdecker dürfen sogar Spielermünzen in das automatische Vervollständigen von Levelkarten investieren, auch wenn das Plündern der fürs Komplettieren zugänglichen Bonusschatzkisten sicher weit weniger befriedigend ist.

Der 3D-Effekt kommt in den aus der Egoperspektive erkundeten Labyrinthen gut zur Geltung. Schade nur, dass bei den eingeflochtenen Anime-Sequenzen auf zusätzliche Tiefenwirkung verzichtet wurde. Auch dass trotz allgemeiner Redseligkeit der Weggefährten nicht alle Dialoge vertont wurden und manche Gesprächstexte sehr schnell und nicht pausierbar während Ereigniseinspielungen über den Bildschirm flimmern, ist etwas unglücklich. Im Vergleich zu den Macken des 3DS-Remakes von Devil Survivor sind das jedoch Kleinigkeiten, die den Unterhaltungwert kaum mindern.

Fazit

Wer auf Dungeon-Crawler mit Roguelike-Einschlag steht und schon an Strange Journey auf dem DS Gefallen gefunden hatte, dürfte mit Persona Q gut auf seine Kosten kommen. Vor allem, wenn man wie bei Etrian Odyssey gern selbst Hand beim Kartenzeichnen anlegt, gibt's hier via Touchscreen ausreichend Gelegenheit dazu, während sich Zeichenmuffel natürlich auch unter die Arme greifen lassen können. Wer auf facettenreiches Party-Management steht, wird dank üppiger Charakterriege und serientypischer Dämonenzucht ebenfalls gut bedient - per StreetPass oder QR-Codes kann man seine Lieblingsschöpfungen sogar mit anderen Spielern teilen. Reinen Persona-Fans dürfte zwar der ausgeprägte Highschool-Alltag der Hauptserienteile fehlen, optionale Nebenbeschäftigungen, über die man mehr über seine illustren Weggefährten erfahren oder ihnen aktiv zur Hand gehen kann, sind aber auch hier mit an Bord. Neben den Akteuren aus Persona 3 und 4 sind auch ein paar neue Gesichter mit von der Partie, mit denen man das bizarre Highschool-Abenteuer aus zwei Blickwinkeln erleben kann. Schade nur, dass der jeweilige Protagonist im Gegensatz zu seinen Kameraden wieder mal völlig stumm bleibt und es weder eine Option auf japanischen Originalton, noch deutsche Untertitel gibt. Entgehen lassen sollte man sich die bizarren Dungeon-Ausflüge als Genrefan aber trotzdem nicht.

Pro

bizarres Highschool-Abenteuer aus zwei Perspektiven
facettenreiches Party- & Skill-Management
motivierendes Gegner- & Dungeon-Studium
individuelle Dämonenzucht & Kartenzeichnung
sinnvolle Nutzung der 3DS-Funktionen
jederzeit anpassbarer Schwierigkeitsgrad

Kontra

mitunter zäher Spielverlauf
stummer Protagonist
Spiel komplett auf Englisch

Wertung

3DS

Okkulter Dungeon-Crawler für fleißige Dämonenzüchter und Kartografen.

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