Monster Hunter 4 Ultimate09.02.2015, Jens Bischoff
Monster Hunter 4 Ultimate

Im Test: Altersschwache Ungeheuer

Mit Monster Hunter 4 Ultimate (ab 13,95€ bei kaufen) geht Capcoms urzeitliche Monsterhatz auch hierzulande 3DS-exklusiv in die nächste Runde. Was erwartet Jäger in den neuen Gebieten? Gibt es kreative Fortschritte im Spieldesign? Mehr dazu im Test.

Neue Jagdsaison eröffnet

Im Westen bringen Capcom und Nintendo gleich die erweiterte Fassung von Monster Hunter 4 auf den Markt. Das lediglich im asiatischen Raum veröffentlichte Original erschien bereits im Sommer 2013 und wurde dort letzten Herbst als Monster Hunter 4G neu aufgelegt. Pünktlich zur hiesigen Markteinführung des New 3DS ist die Neuauflage auch bei uns zu haben - sogar als Bundle. Und wer den neuen Nintendo-Handheld sein Eigen nennt, wird sich gleich auch über dessen zweiten Analogstick freuen.

Besonders wer als Schütze unterwegs ist, wird die erweiterte Kamera- bzw. Zielsteuerung schon bald nicht mehr missen wollen. Besitzer älterer Modelle können sich mit dem schon beim Vorgänger zum Einsatz gekommenen Schiebepad Pro natürlich denselben Luxus gönnen. Ohne den Zusatzstick geht's zwar auch, Spielkomfort und Kampfeffizienz fallen aber trotz Steuerkreuz- und Touchscreen-Alternativen sowie ungemein praktischer Zielfixierung zum Teil spürbar ab.

Dennoch verdient die individualisierbare Nutzung des zweiten Bildschirms abermals Lob: Dieser lässt sich nämlich nicht nur für Kamerasteuerung und Kartenansicht, sondern auch für allerlei praktische Zusatzinfos sowie Shortcuts nutzen. Vor allem der schnelle Item-Einsatz ist in brenzligen Situationen immer wieder Gold wert. Die manuelle Objektauswahl wirkt dagegen mittlerweile fast schon museumsreif und auch andere Elemente sind deutlich in die Jahre gekommen.

Erdrückende Altlasten

Die Handhabung war natürlich immer schon sehr sperrig und gerade für Neueinsteiger eine große Hürde. Doch auch als Monster-Hunter-Fan der ersten Stunde finde ich, dass Capcom hier ruhig mal ergonomischere und intuitivere Wege einschlagen sollte.

Nicht nur aus technischer Sicht wirkt die Wahl des 3DS als Exklusivplattform eher unglücklich.
Auch die allgemeine Objektverwaltung und Menüführung wirkt längst wie ein Relikt aus grauer Vorzeit, die den kleinen 3DS-Bildschirm trotz Touch-Komfort oft hoffnungslos überlastet.

Grafisch tritt man Hardware-bedingt natürlich ebenfalls auf der Stelle, wobei einige Mankos durchaus hätten behoben werden können. Vor allem bei den Animationen und Effekten stammen viele noch immer aus dem über zehn Jahre alten PS2-Original. In meinen Augen hätten die Kämpfe gegen riesige Ungeheuer ohnehin viel besser auf einen großen Bildschirm gepasst - aber selbst die zuletzt noch parallel bediente Wii U ging dieses Mal leider leer aus.

Schade, denn so bleibt auch der Wunsch, aus den künstlich zerstückelten Jagdgebieten endlich einmal große zusammenhängende Jagdreviere zu machen, abermals unerfüllt. Ähnlich sieht es mit dem Verlangen nach einer packenden Rahmenhandlung mit glaubhaften Charakteren und Aufgaben aus. Auch hier fahren die Entwickler lieber weiter ihre Holzhammerhumor- und Kasperltheaterschiene, die jede aufkommende Spannung und Bedrohlichkeit im Keim erstickt.

Immer dasselbe

Auch beim Quest-Design bedient man sich wieder nur aus der Mottenkiste. Ich weiß nicht, wie oft mich Capcom schon zum Pilze sammeln, Goldfische fangen oder Eier schleppen geschickt hat. Und auch dieses Mal ist den Entwicklern nichts Neues eingefallen. Klar gibt es frische Gegner und Einsatzorte, deren Studium durchaus reizvoll ist. Aber die Strukturen dahinter sind letztendlich immer dieselben. Man entwickelt sich fast nur in die Breite, kaum in die Tiefe, hat knapp hundert Gegnerarten und zwei Dutzend Kampfschauplätze, aber kaum Überraschungen zu bieten.

Beim Waffenarsenal ist man sogar noch sparsamer und bietet mit der Insektengleve sowie der Energieklinge gerade mal zwei neue Gattungen an, von denen Letztere lediglich eine Kombination bereits vorhandener Waffen darstellt.

Die Insektengleve ist eine von zwei neuen Waffengattungen im Spiel.
Insgesamt kann sich das auf mittlerweile 14 Tötungswerkzeuge angewachsene Angebot an Schlitz-, Hieb-, Stich-, Schuss- und Kombinationswaffen natürlich sehen lassen, auch wenn es für meinen Geschmack ruhig noch mehr Exoten wie die Insekten verschießende Gleve geben könnte.

Klettern statt tauchen

Die umstrittenen Unterwassereinsätze des Vorgängers wurden vorerst wieder auf Eis gelegt. Dafür hat man mehr Kletteraktionen eingebaut und die neuen Schauplätze und Gegner entsprechend gestaltet. Man kann sogar während des Kletterns ausweichen und angreifen. Am interessantesten ist aber wohl die Möglichkeit, Sprungangriffe auszuführen und so auf dem Rücken des Gegners zu landen, um ihn mit passend getimten Angriffsstafetten zu Fall zu bringen.

Natürlich kann man den meisten Monstern auch wieder gezielt Körperteile abtrennen oder beschädigen, um bestimmte Attacken abzuschwächen oder seltene Beute zu ergattern. Neben Titelmonster Gore Magala, gibt es eine ganze Reihe weiterer Neuzugänge wie Rüsselaffe Kecha Wacha, Riesenkäfer Seltas, Froschmonster Tetsucabra, Spinnenungeheuer Nerscylla oder Frosthai Zamtrios, die alle sehr individuelle Fähigkeiten und Verhaltensmuster an den Tag legen. Darin Schwachstellen zu entdecken und auszunutzen ist natürlich einmal mehr die Crux der virtuellen Monsterjagd.

Nebenbei versucht man seine Waffe nachzuschleifen, Munition nachzuladen, Verletzungen zu heilen oder einen Happen zu essen. Auch diverse Fallen und Munitionsarten stehen zur Verfügung, um Widersacher zu schwächen, festzusetzen oder lebend zu fangen.

Dämonendrache Gore Magala ist quasi der Cover-Star von Monster Hunter 4 Ultimate.
Das als Basis dienende Fischerdorf aus Monster Hunter 3 ist einer mobilen Karawane gewichen, die an verschiedensten Orten wie dem Wüstenschiff Val Habar, der Vulkansiedlung Harth oder der Tropeninsel Cheeko-Sande Halt macht.

Dort kann man nicht nur lokalen Ungeheuern in Steppe, Wald, Sumpf, Wüste oder Eis den Garaus machen, sondern auch einer Reihe von Nebenbeschäftigungen nachgehen. Angeln, Käferfang und Erzabbau kennt man seit je her. Auch das Kombinieren von Gegenständen und Basteln neuer Ausrüstung aus Beutestücken ist natürlich nicht wegzudenken. Der Schmied kann diese dann noch weiter optimieren, der Koch mit seinen Gerichten ungeahnte Kräfte wecken, während die Händler alles mögliche besorgen, tauschen oder vervielfältigen können.

Auf Erkundungstour

Auch Kämpfe in der Arena samt Bestenlisten sind wieder mit von der Partie. Neu hinzugekommen sind hingegen spezielle Erkundungen, bei denen man nicht an vertrauten Orten, sondern an zufällig aneinandergereihten Schauplätzen auf Beutejagd gehen kann. Dabei gilt es kämpfend Informationen über die jeweilige Fauna zu sammeln und diese heil ins Ziel zu bringen - je erfolgreicher, um so höher der Lohn. Ein netter Bonus, auch wenn man im Prinzip nichts anderes tut als in den vorgefertigten Jagdgebieten.

Die katzenartigen Felyne-Krieger sind natürlich auch wieder an Bord. Dieses Mal kann man allerdings eine ganze Armee von ihnen einstellen. Bis zu zwei begleiten einen bei Bedarf überall hin, einen davon kann man wie die eigene Spielfigur sogar selbst via Editor gestalten. Weitere können auf Quests oder von anderen Spielern via StreetPass rekrutiert werden und harren in Wartestellung bis man ihre individuellen Geschicke benötigt. Zwischendurch kann man sie aber auch allein auf interaktive Raubzüge schicken oder zum Fischfang abkommandieren. Auch KI-Versionen befreundeter Spieler lassen sich nebenbei wieder auf die Jagd schicken.

Willkommen im Online-Museum

Der Mehrspielermodus funktioniert dieses Mal auch ohne Konsolenumweg online und lässt einen wie üblich mit bis zu drei Jagdgefährten in den Kampf ziehen. Lokale Zusammenschlüsse sind natürlich ebenfalls möglich. Der technische Unterbau ist allerdings längst nicht mehr zeitgemäß. So ist es nach wie vor nicht möglich, sich laufenden Quests anzuschließen, was online immer wieder zu zehrenden Wartezeiten in menschenleeren Mini-Lobbys führt. Zudem agieren Mitspieler zum Teil deutlich versetzt - und das nicht nur Lag-bedingt zeitlich, sondern auch räumlich.

Darüber hinaus wirken Teameinsätze, bei denen man sich nicht per Voice-Chat, sondern mit unübersetzten Floskeln und fummeliger Software-Tastatur verständigen muss, reichlich antiquiert. Noch ein Grund, der eigentlich für eine Konsolenfassung gesprochen hätte. Dabei wäre selbst auf dem 3DS zumindest Sprachübertragung über das eingebaute Mikrofon möglich gewesen.

Auch beim Mehrspielermodus hinkt man aktuellen Anforderungen meilenweit hinterher.
Doch leider gibt es auch sonst keinerlei Sprachausgabe im Spiel. Sämtliche Charaktere grummeln lediglich vor sich hin und können nur über Textboxen verstanden werden, während man selbst komplett stumm bleibt.

Allerdings ist das, was die anderen von sich geben, in der Regel sowieso nur infantiles Gewäsch. Gut, die überheblichen Felyne können einem durchaus den einen oder anderen Schmunzler abringen, aber unterm Strich sind Inszenierung, Charaktere und Dialoge einfach völlig hanebüchen und absolute Atmosphärekiller. Gut implementiert ist hingegen die 3D-Option. Zwar werden sicher viele Spieler im Eifer des Gefechts auf die optionale Tiefenwirkung verzichten, aber wer drauf steht, bekommt sogar die gelegentlichen Renderfilmchen in 3D serviert.

Auch die kurzen, direkt ins Spielgeschehen übergehenden Einspieler, wenn man erstmals auf neue Monster stößt, sind gelungen. Ebenso wie die längst überfällige, stufenlose Justiermöglichkeit des Kamerawinkels. Schade nur, dass das nach wie vor packende Analysieren und Niederringen der riesigen Urzeitbestien von der schwachen Technik und Inszenierung trotzdem gnadenlos ausgebremst wird. Klar, grundlegende Fanbedürfnisse werden nach wie vor befriedigt, aber die Begeisterung für die in so vielen Belangen stagnierende Fantasy-Großwildjagd hat spürbar nachgelassen.

Fazit

Die alte Dame Monster Hunter ist sichtlich in die Jahre gekommen. Capcom hat sie zwar üppiger denn je mit nach wie vor schmackhaften Jagd- und Sammelködern behangen. Aber den Appetit auf frische Abenteuer und Ideen kann sie nicht stillen. Ihre Knochen scheinen trotz eines kleinen Plus' an Agilität ausgelaugt und müde. Auch optisch sind ihre Reize trotz gewohnt spektakulärer Gegner und Waffen weitestgehend verflogen. Warum hat man sich überhaupt exklusiv für den kleinen 3DS-Bildschirm entschieden, um die brachialen Kämpfe gegen riesige Ungetüme darzustellen? Schließlich hatte schon beim letzten Mal die Wii-U-Fassung nicht nur technisch die Nase klar vorn. Zwar war es durchaus angenehm, dank Datenaustausch auch unterwegs auf die Pirsch gehen zu können - aber eher begleitend, nicht als Hauptgang. Immerhin dürfen Handheld-Jäger nun auch ohne Konsolenhilfe im Netz nach Mitstreitern suchen. Doch auch hier liegt längst eine dicke Staubschicht auf dem antiquierten Online-Fundament. Also, Capcom: Hört auf mit der halbherzigen Flickschusterei und hievt eure Monsterhatz endlich mit geeigneter Plattform auf ein zeitgemäßes Niveau, statt immer wieder die Originalzutaten von vor zehn Jahren aufzukochen.

Pro

üppige Jagd- & Sammelreize
imposante Waffen & Gegner
kooperative On- & Offline-Einsätze
individuell belegbarer Touchscreen

Kontra

ausgelutschtes Welt
& Aufgabendesign
antiquierte Technik und Inszenierung
sperriges Item
& Party-Management
Steuerungsmankos ohne zweiten Analogstick

Wertung

N3DS

Capcoms monströses Jäger- und Sammlerdasein motiviert nach wie vor, ist aber spürbar in die Jahre gekommen.

3DS

Capcoms monströses Jäger- und Sammlerdasein motiviert nach wie vor, ist aber spürbar in die Jahre gekommen.

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