Im Test: Spieldesign für Entdecker
Zeitlose Qualität à la Nintendo
Es gibt kein „altes“ und damit gleichzeitig schwächeres Spieldesign. Es gibt kein „modernes“ und damit gleichzeitig besseres Spieldesign. Es gibt nur gutes oder schlechtes Spieldesign. Und wenn ein Entwickler dafür gesorgt hat, dass die Faszination virtueller Abenteuer selbst über Jahrzehnte hinweg nicht nur spürbar, sondern in vielen Bereichen unerreicht bleibt, dann ist es Nintendo. Bei aller berechtigten Kritik an der Trägheit des japanischen Konzerns darf man die Pionierleistungen nicht vergessen.
Vorbildliche Modernisierung
Die 3D-Ansicht auf Nintendos Handhelds ist sogar noch unwichtiger für das Erlebnis als Bildrate & Co. Ja, die Kulisse lockt auf dem 3DS mit räumlicher Tiefe. Und auf dem neuen 3DS kann man sie selbst dann ohne Nackenstütze oder
Aber letztlich verliert dieses Abenteuer auch bei abgeschaltetem Effekt nicht an Reiz. Da ist die Integration des zweiten Analognippels schon nützlicher: Man kann die Kamera damit sehr präzise drehen, denn er ist einerseits sehr fest, reagiert aber schon auf leichten Druck. Wer auf einem älteren 3DS spielt, kann das natürlich auch, wenn er ein Circlepad mit Analogstick nutzt. All das nimmt man im Jahr 2015 genauso gerne mit wie den Touchkomfort, wenn man per Drag&Drop z.B. den Bogen aus dem Inventar auf einen Aktionsknopf zieht oder per Fingertipper Fotos schießt.
Und was sieht man, wenn man das Spiel startet? Dass Majoras Mask deutlich gegenüber dem N64 aufgewertet wurde. Es gibt zwar nicht mehr als die vier großen Dungeons, die in allen Himmelsrichtungen rund um Termina liegen, aber alles wirkt sowohl an der Oberfläche mit ihren Wäldern, Sümpfen, Schneegebieten als auch in den Gewölben farbenfroher, plastischer und im Licht idyllischer als im trüben Original. Außerdem erkennt man viel weniger Kanten oder verwaschene Flächen, dafür mehr Einzelheiten sowohl in der texturierten Kulisse als auch an der Ausrüstung oder Bewaffnung der Figuren. Veteranen werden viele liebevolle Ergänzungen im Interieur erkennen. In den Zwischensequenzen sehen Bäume, Böden & Co nicht nur konturvoller aus, es gibt auch klar erkennbare Zusätze wie mehr Farne oder Pilze. Nur in seltenen Fällen kann es auch zu unansehnlichen Szenen kommen, wenn die Kamera Link in Sackgassen einfängt, in ihn hinein schaut und nur noch ausgehöhlte Polygone zeigt. Aber das sind Peanuts: Diese Modernisierung ist technisch vorbildlich.
Geheimnisvolles Abenteuer
Aber noch wichtiger ist das Spieldesign. Als ich mit Link auf dem 3DS unterwegs bin und der erste Dungeon wie ein steinernes Ungetüm aus dem Sumpf auftaucht, nachdem ich die liebliche Melodie auf der Ocarina spiele, ist die Faszination wieder da. Dieses Abenteuer steckt voller Geheimnisse, die ich nicht mit einem Routenplaner markieren und auf Knopfdruck aufdecken kann, sondern die ich auch über kreatives Probieren entdecken muss – dann gibt es keine blöden Trophäen, sondern vielleicht nützliche Ausrüstung oder weitere Lieder. Hier spiele ich voller Ahnungen und mit der Neugier einer Spielwelt im Nacken, die vielmehr zum Experimentieren als zum Vervollständigen einlädt.
Dass Nintendo gerade dieses Abenteuer mit zusätzlichen Speichermöglichkeiten an Statuen sowie einer Übersicht für angenommene bzw. laufende Quests samt Uhrzeit komfortabler macht, ist verständlich - und weit weg von einer Verwässerung. Zumal alles an direkten Hilfen optional ist: Wie z.B. Filme oder Bilder an den Shiekah-Steinen, die einem die nächsten Schritte zeigen. Kann man nutzen, muss man aber nicht. Apropos Quests: Die kann man jetzt zusammen mit Gerüchten auch dynamisch im Vorbeigehen bei der Bomber-Gang aufschnappen - so fühlt sich die Stadt lebendiger an.
Masken und Rätsel
Das Geniale an Majoras Mask ist das, was nicht gesagt wird. Und lange bevor man mehr als die grundlegenden Masken oder Lieder anwendet, die Winde rufen, Feinde einschläfern oder Klone erschaffen, sorgt das auch für Neugier im Alltag: Wie komme ich in diese Milchbar? Wie kriege ich eine leere Flasche? Wo ist der verflixte Bogen? Wie komme ich an die Schatzkiste da oben? Man läuft mit einem Schwarm offener Fragen umher, die immer wieder dafür sorgen, dass man etwas zu tun hat. Und kaum hat man eine Antwort und dadurch eine Fähigkeit, öffnen sich schon neue Wege. Sowohl hinsichtlich der Lieder als auch Gegenstände wird man viele Déjà-vus erleben, wenn man Ocarina of Time kennt. Dazu gehört auch das aktive Kampfsystem, das angenehm dynamische Gefechte ermöglicht: Man kann Feinde anvisieren, um dann um sie herum zu tänzeln oder auszuweichen, man kann seinen Schild in jede Richtung halten, zu Bogen oder Bombe wechseln, und muss vertikale oder horizontale Schläge gut timen, weil Monster vielleicht nur eine verwundbare Stelle anbieten.
Aber die Stimmung ist hier eine andere: Was auf den ersten Blick mit seinen putzigen Figuren und dem Überfall im Wald wie ein Kinderspiel anmutet, entwickelt sich zu einem überraschend düsteren Epos – mit einer bösen Mondfratze am Himmel, die in drei Tagen abzustürzen und alles zu vernichten droht. Ja, es gibt auch unheimlich kitschige Szenen und banale Dialoge, die selbst das Kind im Manne wieder vergraulen können – hallo Tingle, du verkorkster Blümchenpflücker! Aber die Geschichte punktet immer wieder, auch in den Nebenmissionen, mit dem symbolischen Charme sowie der erzählerischen Leichtigkeit eines Märchens. Es geht um den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse, aber es geht auch um viele witzige Anekdoten und alltägliche Probleme. Leider gehört dazu auch das Spieldesign.
Der nervende Zeitdruck
Das Abenteuer kann regelrecht nerven, weil man ständig den Zeitdruck im Nacken hat: Wenn der Mond nach drei Tagen abstürzt, heißt es Game Over. Also muss man die simulierten 72 Stunden (eine fiktive Stunde liegt unter einer realen Minute) möglichst effizient nutzen, um teils mehrstufige Missionen bis zum finalen Punkt zu erledigen und kurz vor dem Ablauf der Galgenfrist die Melodie der Zeit spielen. Dann wird an den Morgen des ersten Tages zurückgespult, man hat wieder 72 Stunden Zeit und die erbeuteten Waffen sowie Masken bleiben erhalten.
Es gibt zwar auch Vorteile angesichts der Uhr: Nicht nur Bewohner und Geschäfte haben ihren Rhythmus, auch manche Missionen können nur zu bestimmter Zeit gelöst werden – was in
Nicht etwa, weil man beim Zurückspulen alle Rubine und alle Munition verliert – Erstere kann man ja bei der Bank sichern, Letztere findet man schnell. Aber weil auch alle kleineren Missions- sowie Dungeonfortschritte zurückgesetzt werden. Sprich: Ich muss teilweise dieselben Hol- und Bringdienste angehen, dieselben Feen retten oder dieselben Wege zu silbernen und goldenen Schlüsseln in Katakomben zurücklegen, falls ich den Boss nicht in einem Durchgang besiegt habe. Aufgrund dieser künstlichen Wiederholungen und Streckungen wird der Spielspaß gedämpft, zumal auch das Dramatische des Weltungergangs sowie das Fortschreiten einer Story unter der ewigen Wiederkehr des Gleichen leidet. Dass ich trotzdem nicht aufhören kann, mich immer wieder diesem Druck zu stellen, liegt an der ungeheuren Vielfalt und Kreativität. Man sammelt und kloppt hier nicht endlos, sondern erkundet und rätselt in einer fantasievollen Spielwelt voller Überraschungen
Fazit
The Legend of Zelda: Majoras Mask 3D ist ein tolles Remake des N64-Klassikers. Es sieht auf dem 3DS nicht nur deutlich besser aus, weil Nintendo die Kulisse modernisiert hat. Es wurde auch um sinnvollen optionalen Komfort sowie spielmechanische Feinheiten erweitert. Und schließlich demonstriert der direkte Nachfolger des grandiosen Ocarina of Time, wie wichtig es ist, den Spieler nicht mit GPS und Rätselsuchgerät zu führen, sondern ihn selbst eine verwunschene Welt erkunden zu lassen. Dieses Abenteuer zeigt zudem, dass virtuelle Faszination viel mit Neugier, Erkundung und kreativem Anspruch zu tun hat. Innerhalb dieser großartigen Serie behält Majora's Mask aber auch das größte Nervpotenzial: Das liegt am ständigen Zeitdruck und der damit verbundenen Wiederholung von Abläufen in bekannten Gebieten – darunter leidet der Spielfluss. Aber das ist Kritik auf sehr hohem Niveau, denn das Dungeon- und Rätseldesign sowie die vielen Wirkungen von Masken und Liedern lassen dieses angenehm düstere Märchen auch heute noch wie ein geheimnisvolles Artefakt strahlen.
Pro
Kontra
Wertung
3DS
The Legend of Zelda: Majoras Mask 3D ist ein tolles Remake des N64-Klassikers. Auch wenn das Zurückspulen nervt: Das Spieldesign lockt mit zeitloser Qualität.
N3DS
The Legend of Zelda: Majoras Mask 3D ist ein tolles Remake des N64-Klassikers. Auch wenn das Zurückspulen nervt: Das Spieldesign lockt mit zeitloser Qualität.
Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.