Yo-Kai Watch28.04.2016, Alice Wilczynski
Yo-Kai Watch

Im Test: Konkurrenz für Pokémon?

Mit dem Rollenspiel Yo-Kai Watch (ab 7,99€ bei kaufen) schickt euch Level-5, mit einer magischen Uhr bewaffnet, auf die Jagd nach sonderbaren Wesen. Zumindest in Japan konnte mit Zeichentrickserie, Spielzeug und einer Choreographie, zu der sogar Nintendo Präsident Satoru Shibata tanzte , bereits Hype entfacht werden. Ob Yo-Kai Watch eine ernstzunehmende Konkurrenz zu Pokémon darstellt, lest ihr im Test.

Wesen nach japanischem Vorbild

Was zum Teufel ist ein Yo-Kai? Im japanischen Volksglauben beschreibt Yokai Fabelwesen mit übernatürlichen Fähigkeiten, die teils tierische oder menschliche Züge aufweisen. Während einige in Wäldern hausen, fühlen sich andere eher von Wohngebieten angezogen. Neben Wesen mit guten Absichten gibt es auch Oni: Dämonen, vor denen man sich lieber hüten sollte. Beim munteren Käfersammeln in den Wäldern von Lenzhausen trifft Protagonist Katie (oder Nathan, wenn man den männlichen Charakter wählt) zum ersten Mal auf eines dieser Wesen namens Whisper. Dieser schenkt

Whisper führt Katie in die magische Welt der Yo-Kai ein und weicht nicht von ihrer Seite.
Katie eine “ Yo-Kai Watch“ und steht ihr von nun an als helfender Begleiter zur Seite. Mit dieser kann sie die kleinen Monster aufsuchen und bekämpfen. Diese sind überall in der Spielwelt verstreut.

Frischer Wind in der Monsterwelt

Klingt doch genau wie Pokémon? Nicht wirklich. Als erste der zahlreichen Unterschiede gibt es keine zufälligen Begegnungen. Springt die Nadel des Radars in den roten Bereich, kann man die Linse nutzen, um ein kleines Areal abzusuchen. Hat man die Stelle gefunden, gilt es dem Wesen solange mit der Linse zu folgen, bis es eingefangen ist. Erst nach erfolgreicher Umkreisung, die sich bei schnellen Yokai wie Schmetterling Enerfly auch mal kniffliger gestaltet, beginnt der Kampf.

Als Spieler greift man nur passiv mit Mini-Spielen in den Kampf ein.
Das Kampfsystem stellt den größten Unterschied zu dem immer gleichen Prinzip der Taschenmonster dar. Beispielsweise kämpfen die sechs Yokai, die sich auf einer drehbaren Scheibe befinden, von ganz alleine. Der Spieler kann  wie ein echter Coach unterstützend strategisch eingreifen. Durch drehen der Scheibe mit dem Stylus können geschwächte Wesen in Ruhe geheilt werden, während die anderen weiterkämpfen. Befinden sich drei Yokai desselben Stammes nebeneinander, erhalten sie einen zusätzlichen Boost. Es gibt acht Stämme mit Charakteristika wie „Charming“, „Mysterious“ oder „Shady“, die ein entsprechendes Aussehen und das dazu passende Moveset besitzen.

Neben zwei normalen Attacken hat jeder Yokai einen besonders starken „Soultimate Move“, der anhand von kleinen Minispielen mit dem Stylus aktiviert werden kann. So muss man geometrische Formen nachzeichnen, schnell einen Wirbelwind erzeugen oder kleine Blasen platzen lassen. Je geschickter man sich anstellt, desto schneller werden mächtige Attacken wie „Paws of Fury“ von dem Katzenwesen Jibanyan, oder „Sleepy Smoke“ von dem Wildschwein-artigen Baku ausgelöst.Ab und zu kann es vorkommen, dass Gegner einzelne Yokai benebeln und ihre Angriffskraft einschränken. Nimmt man das Monster aus dem Kampf, kann man es mit „Purify“ erneut anhand von kleinen Stylus-Minispielen wie dem Aufbrechen von Glas befreien und zusätzliche Erfahrungspunkte erhalten.

Zunächst könnte man meinen, dass dieses Kampfsystem auf Dauer ziemlich eintönig ist. Man muss jedoch einfach lernen umzudenken: Bei Yo-Kai Watch gibt es keine Möglichkeit, sich Movesets zusammenzustellen und wie bei Pokémon darauf hinzuarbeiten seinem Dragoran endlich die Attacke Wutanfall auf Level 67 beizubringen. Wie ein echter Trainer behält man die Lebensleiste des Teams im Auge, heilt rechtzeitig mit den zahlreichen Items, die man in der Spielwelt findet, oder im Supermarkt kaufen kann, und nutzt die „Soultimate Moves“. Man sollte sich außerdem genau überlegen, welche Yokai man ins Team nimmt. Neben Unterstützern, die Gegner einschläfern oder ihre Genauigkeit senken, gibt es Tanks und schnelle Monster, die viel Schaden ausrichten. Wie bei Pokémon hat jedes Monster außerdem ein spezielles Wesen, das bestimmt wie angriffslustig oder passiv es ist.

Schöner Schein ohne taktische Tiefe

Die Bosskämpfe sind lustig gestaltet, aber viel zu leicht.
Auch wenn es Spaß macht mit den zahlreichen putzig designten Yokai zu experimentieren und den Stylus zu schwingen, vermisst man irgendwann doch die taktische Tiefe. Jegliche Kämpfe schafft man mit Leichtigkeit. Man hat nie das Gefühl, dass man Ausrüstungsgegenstände wirklich benötigt und auch die Bosskämpfe unterscheiden sich, bis auf ihre Länge, kaum vom Kampf gegen normale Gegner.  Als ich das Schwein Sproink im japanischen Badehaus entdecke, der im Kampf von in Unterhose tanzenden Japanern unterstützt wird, ist das zwar lustig. Aber ich bin zu keiner Zeit gezwungen seine Schwachstellen herauszufinden, oder mich an ungewöhnliche Attacken anzupassen. Auch wenn es theoretisch möglich ist die Verteidigung des Gegners zuerst mit einem Yokai zu senken und ihn dann mit einem anderen ordentlich zu vermöbeln, habe ich nie das Gefühl, dass diese taktische Abfolgen wirklich wichtig sind. Meist reicht es möglichst viele der mächtigen „Soultimate Moves“ zu nutzen, ohne dabei irgendeine Strategie zu verfolgen. Ich hätte mir gewünscht, dass das Potential des schnellen Auswechselns der Yokai und die unterschiedlichen Attacken sich spürbar auswirken.

Gonna befriend them all!

Und nach dem Kampf? Ball zücken und weiter geht’s? Nichts da! Yokai haben einen eigenen Willen und lassen sich nicht einfach fangen. Sie bieten einem mit etwas Glück die Freundschaft an. Füttert man einen Gegner im Kampf mit den richtigen Lebensmitteln, steigt seine Sympathie. Besonders mit dem Getränk „VoltExtreme“, das Getränkeautomaten manchmal kostenlos ausspucken, konnte ich schnelle Erfolge erzielen. Als Pokemon-Fan der ersten Stunde fällt es mir zunächst etwas schwer nicht einfach jedes Wesen in einen Ball sperren zu können, wann und wo ich will. Auch wenn es manchmal frustrierend ist, wenn man nach dem fünften Kampf immer noch ohne neue Freunde dasteht. Wenn es dann mal klappt, freut man sich umso mehr. Pikachu wollte immerhin nicht ohne Grund nie in diesem blöden Ball bleiben.

Riesengroßer Vergnügungspark

Eines der Dinge, die mich am meisten von Yo-Kai Watch überzeugen, ist die Erkundung der wunderbar gestalteten

In Lenzhausen gibt es viele Möglichkeiten anderen Menschen zu helfen.
Spielwelt. Auch wenn es sich bei Lenzhausen um eine fiktive Gegend handelt, gibt es bei der Gestaltung zahlreiche japanische Einflüsse. Neben den verwinkelten Wohngebieten und Gassen, die mich optisch an meinen Aufenthalt in Chiba erinnern, geht es vorbei an saftigen Wäldern zu Schreinen, Berghöhlen, Arcades, Badehäusern und Supermärkten mit typisch japanischen Lebensmitteln. Lenzhausen versprüht, unterlegt mit einem tollen Soundtrack, einfach gute Laune und weckt Erkundungslust. Es gibt etliche Gegenstände in der Spielwelt zu entdecken. Man kann sich die Zeit mit Angeln oder Käfersammeln vertreiben, den Stadtbewohnern in zahlreichen Sidequests aus der Patsche helfen, in einem Labyrinth nach Geheimnissen suchen, bösen Oni-Dämonen in Schleich-Sequenzen ausweichen, oder einfach nur nach neuen Yokai suchen.

Diese werden  mit kleinen animierten Cutscenes oder Story-Abschnitten endlich mal in einem Sammelspiel wirklich in den Fokus gerückt. Beispielsweise trifft man auf das

Das putzige Yokai Jinbanyan wächst einem schnell ans Herz.
Katzenwesen Jinbanyan, das nicht sehr erfolgreich versucht Lastwagen auf der Straße aufzuhalten, indem es ihnen entgegenhüpft. Ursprünglich eine echte Katze, wurde Jinbanyan von einem Lastwagen überfahren, was zur Folge hatte, dass seine Besitzerin schrecklich enttäuscht von ihm war. Da man ihm hilft ein Foto seiner Besitzerin wiederzufinden, schließt er sich dem eigenen Team an.

Interessanterweise haben fast alle Yokai auch eine egoistische Seite, die sich häufig negativ auf die Stadtbewohner auswirkt. Als Katies Eltern sich eines Tages fürchterlich streiten, stellt sich beispielsweise heraus, dass das lila schwabbelnde Yokai Dismeralda dahinter steckt. Nach einem erfolgreichen Kampf erscheint ihr Yokai-Verlobter und sie schließt sich meinem Team an. Manche Yokai können Menschen zwingen die Wahrheit zu sagen, andere helfen einem von Fans verfolgten Promi, indem sie ihn unsichtbar machen.

Fade Story-Sequenzen

Die Story-Abschnitte des Spiels gestalten sich leider sehr eintönig. Irgendein Stadtbewohner verhält sich merkwürdig und wie Whisper einem sofort verrät, steckt ein Yokai dahinter. Also läuft man von A nach B, kämpft gegen den Störenfried und alle sind wieder glücklich. Hier hätte man das Potenzial der unterschiedlichen Yokai und das abwechslungsreiche Städtchen viel kreativer nutzen können. Gern hätte ich beispielsweise selbst Hinweise gefunden, wie ich dem traurigen Nachbarsjungen helfen kann. Oder wie ich den Bösewicht, der die Stadt ins Unglück stürzen möchte, aufhalte. Scheinbar wollte Level 5 Kampfmechanik und Story möglichst simpel halten, um die junge Zielgruppe nicht zu überfordern. Was meiner Meinung nach eine Fehlentscheidung war. Ist man doch oft verwundert, mit welchen komplexen Spielen Kinder gut zurechtkommen.

Fazit

Yo-Kai Watch kann mit seiner abwechslungsreich gestalteten Spielwelt und der Integration des Stylus in das Kampfsystem Pokémon definitiv Paroli bieten: Man fühlt sich wie ein echter Trainer, der seinen Kämpfern taktisch unter die Arme greift. Auch wenn die strategische Komponente etwas zu kurz kommt, rücken dafür die Monster umso mehr in den Fokus und werden als Freunde mit Hintergrundgeschichte stimmungsvoll ins Spiel integriert. Die zahlreichen Gegenstände und abwechslungsreichen Orte laden zum Erkunden ein. Ich habe meine entspannte Zeit in Lenzhausen genossen und kann es nicht erwarten, neue Yokai mit ihren Eigenarten kennenzulernen.

Pro

spaßiges Kampfsystem mit Minispielen
persönliche Geschichten schaffen eine Bindung zu den Yokai
abwechslungsreiche kunterbunte Welt lädt zum Erkunden ein
Zahlreiche Items und Monster, die man finden kann

Kontra

Kämpfen fehlt strategische Tiefe
die Hauptstory verläuft oft nach dem selben Schema

Wertung

3DS

Yo-Kai Watch kann mit seiner abwechslungsreich gestalteten Spielwelt und der Integration des Stylus in das Kampfsystem Pokémon definitiv Paroli bieten!

0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.