Monster Hunter Stories07.09.2017, Jens Bischoff

Im Test: Monsterjagd als Anime-Rollenspiel

Mit Monster Hunter Stories (ab 39,99€ bei kaufen) verwandelt Capcom seine traditionelle Monsterjagd mit Teamkomponente in ein Solo-Rollenspiel mit Pokémon-ähnlichem Aufzuchtprogramm. Ob das Ergebnis überzeugen kann, verrät der Test.

Vom Jäger zum Züchter

In Monster Hunter Stories spielt man keinen reinen Monsterjäger wie bisher, sondern einen so genannten Monster Rider, der für gewöhnlich eine Bindung zu einem ihm vorherbestimmten Monster eingeht, um dann mit ihm als Team in die Dienste des eigenen Heimatdorfs zu treten. Der per simplem Charaktereditor erstellte Protagonist scheint allerdings eine besondere Gabe zu haben und Verbindungen mit unterschiedlichen Monstern eingehen zu können. Gelingt es ihm damit vielleicht sogar den Schwarzen Pesthauch zu besiegen, dessen zerstörerischer Macht immer mehr Monster zum Opfer fallen?

Der Dorfvorsteher ist jedenfalls optimistisch und schickt den Hoffnungsträger zusammen mit seinem pelzigen Felyne-Partner hinaus in die weite Welt. Und so beginnt man an den verschiedensten Orten nach Antworten und neuen Mitstreitern zu suchen.

Um eigene Monster zu züchten, müssen zunächst passende Eier erbeutet werden.
Bis zu sechs Monster kann man aktiv ins Schlepptau nehmen, bis zu 200 in den heimischen Stallungen unterbringen, nachdem man sie als Ei aus einem Nest am Ende eines kurzen Zufalls-Dungeons stibitzt und ausgebrütet hat. Von den über hundert im Spiel vorkommenden Monsterarten lassen sich mehr als 60 Spezies für die Zucht verwenden.

Doch auch wenn sich Erbanlagen durch Kreuzungen gezielt weitergeben lassen, kann man als Züchter keine neuen Arten schaffen. Zudem bekommen Serienveteranen fast nur altbekannte Monstergattungen zu Gesicht. Selbst beim Waffenarsenal ist mit Großschwert, Schwert und Schild, Hammer und Jagdhorn nur ein Bruchteil der gewohnten Waffengattungen am Start. Dafür sind die einzelnen Schauplätze oft wesentlich größer und weitläufiger als bisher, so dass man teils wirklich das Gefühl hat, in einer offenen Welt zu jagen.

Pokémon lässt grüßen

Ähnlich wie bei Pokémon kann man in den rundenbasierten Kämpfen aber immer nur einen Begleiter an seine Seite rufen. Dafür kann aber auch der Spieler selbst kräftig mitmischen und je nach angesammelter Bindungsenergie Spezialmanöver ausführen, Angriffe mit dem Partner abstimmen oder sich auf dessen Rücken schwingen und mit vereinten Kräften attackieren.

Bevor es zum Kampf kommt, kann man versuchen, sich an sein Ziel heranzuschleichen.
Auch der Einsatz individuell geschnürter Kampfbeutel mit vorgegebenen Mengen an Kräutern, Tränken, Bomben oder Fallen ist erlaubt. Wiederbelebungen sind ebenfalls strikt limitiert, der Schwierigkeitsgrad nicht veränderbar.

Ansonsten wechselt man je nach Gegner den Begleiter, bestreitet den ein oder anderen Reaktionstest, um Extraschaden anzurichten, und versucht den Kontrahenten mit passend zur Situation gewählten Angriffen im Schere-Stein-Papier-Prinzip zu Fall zu bringen: Kraftangriffe sind Technikangriffen überlegen, während Technikangriffe Geschwindigkeitsangriffe schlagen und Geschwindigkeitsangriffe Kraftangriffe kontern. Das setzt natürlich eine gewisse Feindkenntnis voraus, die man sich im Spielverlauf aneignet und die trotz simpler Grundstruktur zumindest bei variabel agierenden Widersachern auch eine gewisse Spannung und Dynamik bietet.

Runde statt Echtzeit

Potentielle Gegner ziehen dabei nach wie vor frei umher und können für einen Angriffsvorteil z.B. von hinten attackiert, die Animationen der Rundenkämpfe jederzeit beschleunigt werden. Trotzdem ist die Umstellung der geradezu monumentalen Echtzeit-Kämpfe auf kurze Rundenhäppchen zunächst sehr gewöhnungsbedürftig.

Gezähmte Monster lassen sich auch als Fortbewegungsmittel nutzen - auch in der Luft.
Auch die Einführung einer Charakterentwicklung über Erfahrungspunkte samt fortschrittsbeschleunigender Spendenschreine beäugt man als Serienveteran erst einmal skeptisch.

Doch obwohl einige vertraute Bestandteile der Serie definitiv zu kurz kommen, schafft es Monster Hunter auch als Anime-Rollenspiel Jäger- und Sammlerinstinkte zu wecken. Das Erkunden der Spielwelt auf dem Rücken seiner gezähmten Monster hat dank individueller Fortbewegungsmöglichkeiten sogar spürbar an Reiz gewonnen. So kann ein Arzuros Weg versperrende Felsen zertrümmern, ein Tigrex Efeuranken emporklettern, ein Gravios durch Lava schwimmen oder ein Rathalos majestätisch in die Lüfte steigen.

Motivierende Beutehatz

Aber auch im Kampf oder bei der Nahrungs- und Materialsuche kann auf individuelle Monsterfertigkeiten zurückgegriffen werden. Das Anfertigen und Verbessern neuer Waffen und Rüstungen aus erbeuteten Naturschätzen und Monsterteilen ist nach wie vor einer der Motivationspfeiler des Spiels. Neben dem Erscheinungsbild verändert jeder neue Ausrüstungsgegenstand auch Charakterwerte und Widerstandskräfte des Trägers, der sich so auf jede Vorhaben gezielt vorbereiten kann.

Darüber hinaus kann man mit seiner Spitzhacke auch wieder Erz abbauen, mit dem Fangnetz Insekten jagen, mit der Angel Fische fangen oder auf dem Grill Steaks braten. Später lassen sich auch gezähmte Monster auf Sammeltouren schicken.

Der blitzschnelle Katzavan-Dienst kann einen im Handumdrehen von Ort zu Ort karren.
Je nach Rezeptfundus lassen sich erbeutete Materialien auch direkt zu Tränken, Salben oder anderen Utensilien weiterverarbeiten, während man für die Ausrüstungspflege wie gewohnt zum Schmied muss. Gut, dass kurze Abstecher ins nächste Dorf und andere Ortswechsel dank üppig gesäter Speicher- und Schnellreisepunkte in der Regel kein Problem sind. Nur bei der Kartennavigation hätte man sich hin und wieder mehr Zoomstufen oder eine Schiebeoption gewünscht.

Besitzer eines herkömmlichen 3DS dürfte es auch interessieren, dass der SchiebePad-Pro-Aufsatz im Gegensatz zu den bisherigen Serienteilen nicht länger unterstützt wird, was vor allem beim Fliegen ein Nachteil gegenüber der Nutzung eines New 3DS darstellt. Ansonsten ist die Handhabung jedoch tadellos und auch Touch- und 3D-Funktionen überzeugen. Lediglich bei der Technik müssen hier und da unschöne Pop-Ups sowie gelegentliche Clippings oder Ruckler in Kauf genommen werden.

Viel zu tun

Bei den sich automatisch füllenden Notizbüchern und Monsterdatenbanken gibt’s hingegen nicht viel zu meckern. Zudem lassen sich individuelle Item- und Monster-Sets speichern. Auch das optionale Questangebot abseits der Story-Missionen ist sehr reichhaltig und durchaus abwechslungsreich. Neben allerlei Jagd- und Sammelaufgaben gibt es auch kleine Such- und Ratespielchen, bei denen Quizfragen beantwortet, passende Monster präsentiert oder entlaufene Poogie-Schweinchen aufgespürt werden müssen. Für besondere Leistungen gibt’s sogar spielinterne Auszeichnungen, mit denen man seine persönliche Visitenkarte aufwerten kann.

Dank StreetPass-Funktion können diese und andere Inhalte dann unterwegs getauscht werden. Auch amiibos werden unterstützt sowie zusätzliche Quest-, Turnier- und andere Downloads angeboten. Spieler der Demo oder von Monster Hunter Generations erhalten sogar kleine Willkommensboni.

In jeder entdeckten Siedlung warten neue Abenteuer auf das Heldengespann.
Auch sonst kann der Umfang überzeugen - bis zum Finale der eher mauen 08/15-Story mit ihrem fast gänzlich stummen und profillosen Protagonisten kann man locker 30 bis 50 Stunden einrechnen und danach ist dank vieler Postgame-Inhalte wie zusätzlicher Schauplätze, Beute, Quests und Gegner noch lange nicht Schluss.

Zudem kann man sich nicht nur mit verschiedenen KI-Rivalen in der Arena, sondern auch mit anderen Spielern lokal oder online duellieren. Kooperative Jagdmöglichkeiten, ein bislang fester Bestandteil der Reihe, wurden hingegen komplett gestrichen, was nicht nur Serienveteranen sehr missfallen dürften. Auch in punkto Komplexität und Spannung ist Monster Hunter Stories eher ein Leichtgewicht. Der kindliche Anime- und Dialogstil samt unverständlichem Kauderwelsch-Gebrabbel passt daher eigentlich recht gut, auch wenn mir persönlich eine verständliche Sprachausgabe trotz solide eingedeutschter Untertitel lieber gewesen wäre.

Fazit

Der Wechsel vom Monsterjäger zum Monsterzähmer mit Pokémon-ähnlichem Gefolge ist für Serienveteranen ebenso ungewöhnlich wie die Umstellung von monumentalen Echtzeit-Kämpfen auf rundentaktische Blitzgefechte. Trotz anfänglicher Skepsis funktioniert Monster Hunter aber auch einigermaßen als Anime-Rollenspiel. Hintergründe und Dialoge haben allerdings nach wie vor eher Alibi-Charakter, so dass von einer guten Story nichts zu sehen ist. Die Jäger- und Sammlerinstinkte werden zwar geweckt, aber es gibt nur ein sehr simpel gestricktes Kampfsystem mit lediglich vier Waffengattungen. Immerhin präsentiert sich die Spielwelt deutlich offener und die von den Fähigkeiten seiner schuppigen Begleiter abhängige Erkundung erweist sich als vielseitig. Der Austausch der kooperativen Pirsch für bis zu vier Jäger durch einen schnöden Duellmodus ist für Fans natürlich unverzeihlich. Und so fiebere ich auch eher Monster Hunter: World entgegen, das der in vielerlei Hinsicht stagnierenden Reihe Anfang nächsten Jahres hoffentlich wieder zu neuem Glanz verhilft.

Pro

vergleichsweise offene Spielwelt
individuelle Monsterfähigkeiten für Kampf & Erkundung
Ausrüstungsherstellung aus Beutematerialien
motivierende Monsterhatz & -aufzucht
praktische Schnellreisepunkte

Kontra

maue Story
stummer Protagonist
nur vier Waffengattungen
sehr simpel gestricktes Kampfsystem
keine kooperativen Jagdeinsätze mehr

Wertung

3DS

Monster Hunter funktioniert auch als Anime-Rollenspiel - mehr als solide Standardkost wird aber nicht geboten.

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