Dragonball Z: Extreme Butoden16.10.2015, Jan Wöbbeking

Im Test: Prügeln für Dummies

Kennt ihr diese Leute, die in der U-Bahn apathisch auf ihr Handy hämmern? Die mit irgendeiner monotonen Simulation eines Spiels Ressourcen abbauen, während sie gelangweilt aus dem Fenster schauen? Namco Bandai hat diese Zielgruppe offenbar für seine Dragonball-Serie entdeckt: Hämmert einfach nur auf den A-Knopf und jeder noch so grimmige Super-Saiyajin wird chancenlos eingeäschert. Kein Scheiß!

Viel, viel, viel zu einfach!

Wirklich wahrhaben wollte ich es zuerst auch nicht. Vielleicht nur ein Tutorial für die echten Kämpfe? Ein seichter Einstieg für Neulinge? Nein, das ist leider der volle Ernst der Entwickler: Selbst nach dem Umschalten auf den höchsten Schwierigkeitsgrad und stundenlangem Button-Mashing starb jeder noch so legendäre Krieger aus dem Anime einfach in meinem Projektil-Hagel. Eigentlich ist der japanische Entwickler Arc System Works doch für taktische 2D-Prügler wie BlazBlue oder Guilty Gear bekannt – aber hier muss jemand im Team etwas gewaltig verbockt haben. Vielleicht wurde ein Teil der Entwicklung ausgelagert? Im Abspann gibt es zumindest viele chinesisch klingende Namen. Ähnlich wie bei BlazBlue handelt es sich auch hier um einen klassischen 2D-Prügler. Das Spiel orientiert sich stark am DS-Vorgänger DragonBall Z: Supersonic Warriors 2. Eine große Zahl von Figuren aus allen möglichen Epochen der Serie bekriegen sich vor ikonischen Schauplätzen.

Viel zu mächtig: Gegen leuchtende Geschosse sieht die KI keine Sonne.
Räumliche Kulissen wie die Weltkampf-Arena, der schwebende Tempel, das zerstörte Namek oder Kaioshins Welt bewegen sich zwar mit einem flüssigen 3D-Effekt, davor laufen die 2D-Figuren aber klassisch nach links und rechts. Hier und da gibt es idyllische Details wie einen plätschernden Bach zu erblicken, insgesamt bleiben die Kulissen aber eher leer und leblos. Nicht einmal Zuschauer lassen sich blicken. Ab und zu verlagert sich das Gefecht auch Dragonball-typisch in die Luft.

Üppige Auswahl

Zu Beginn des Kampfes stellt man sich oft ein Dreier-Team zusammen. Einfach auf den Touchscreen patschen und die aktive Spielfigur wechselt wie bei einem Tag-Team im Wrestling. Dabei kann man aus rund 24 Kriegern wählen kann, darunter alte Freunde wie Kuririn und Piccolo, Cyborg Nr. 18 oder Außerirdische wie Vegeta, Cell, Majin Boo, Bills oder Bardock. Bei manchen der Kämpfer handelt es sich wie gehabt nur verschiedene Super-Saiyajin-Stufen von Son-Goku & Co. Mehr Auswahl gibt es bei den rund 90 Hilfs-Charakteren, die ähnlich wie in Super Smash Bros kurzzeitig in die Arena stürmen, um eine Spezialattacke abzufackeln, den Gegner zu blocken oder zu verwirren.

Die Hilfs-Charaktere besitzen einige Sekunden Abklingzeit, damit sie nicht ständig auf dem Schirm herumwuseln.
Wer auf derart verrückte Extras steht, kann sich die Slots fürs zweite und dritte Team-Mitglied auch mit jeweils zwei Hilfs-Charakteren vollpacken. Nach einem Druck auf den Touchscreen steht plötzlich z.B. die Schildkröte, Mr. Popo oder der Ansager im Ring. Son-Gokus Ehefrau Chi-Chi kreischt auch schon mal derart hysterisch herum, dass fast das komplette Bild von einer Sprechblase verdeckt wird. Ihr Koller verschafft einem vor allem beim Match gegen einen menschlichen Gegner ein wenig Luft. Statt einem Online-Modus gibt es leider nur Duelle per drahtloser Verbindung und der Gegner muss das Spiel ebenfalls besitzen. In der Lobby lassen sich nur wenige Details wie Zeit oder DS-Kosten für Teams bzw. Hilfs-Charaktere einstellen.

Künstliche Dämlichkeit

Wenn kein Freund verfügbar ist, muss man sich also wohl oder übel mit der grottigen KI herumärgern. Sicher, Energiegeschosse waren auch in den 3D-Spielen der Dragonball-Serie etwas zu stark, weil man in den weitläufigen Arenen blitzschnell vor Nahkampf-Hieben fliehen konnte. Im Gegenzug wurde man dort aber meist entsprechend schnell und aggressiv attackiert. Oder man wurde zusätzlich noch von einer Überzahl kleiner Gegner gepiesackt – z.B. in Form der Pflanzenmänner in Dragonball Xenoverse.

Die Agilität der Figuren unterscheidet sich mitunter stark. Der wohlgenährte Boo z.B. stapft nur sehr langsam vorwärts.
Im neuen 3DS-Spiel hebt die zaghafte KI die künstliche Dämlichkeit aber auf ein völlig neues Level. Ein derart leichtes Prügelspiel habe ich noch nie erlebt! Wenn ich gerade keine Lust aufs Kämpfen habe, drücke ich einfach rhythmisch auf den A-Knopf und schon kommt mein Gegner fast gar nicht mehr an mich heran. Frontale Energie-Geschosse von Son Goku, Cell oder Piccolo halten ihn bequem auf Abstand und leeren ergiebig seine Lebensenergie. Damit es schneller geht, streue ich ab und zu per L-Taste ein Kame-Hame-Ha ein - fertig ist die Laube. Ich konnte mich nebenbei bequem mit Michael unterhalten oder im Netz surfen. Selbst in den kniffligsten Finalkämpfen der Story ging höchstens mal einen Teammitglied K.O. Das kann doch nicht deren Ernst sein!

Intuitive Handhabung

Zugegeben: Mit Kämpfern, deren Steuerungs-Schema abweicht, musste ich ein wenig variieren, darunter Boo oder Son-Gohan. Doch selbst wenn ich mich auf den Nahkampf einließ, reichte meist einfaches Button-Mashing. Besonders dämlich stellt sich der kleine Kid Boo an: Habe ich ihn erst einmal auf Abstand gebracht, versteift sich seine grenzdebile KI aufs Schattenboxen und prügelt wild in der Luft herum. Bis zu 30 Sekunden kann es dauern, bis er mich endlich wiederfindet – ein bizarres Schauspiel! Die Steuerung ist ähnlich einfach und funktionell aufgebaut wie in anderen Dragonball-Titeln: Sämtliche Schläge, Geschosse und Schlagfolgen lassen sich mit einfachen Tasteneingaben auslösen. Das ist vor allem auf den kleinen Bedienelementen des 3DS eine Wohltat, weil man die Daumen nicht für komplizierte Special-Moves verkrampfen muss.

Nicht auf dem Bild zu sehen: Son-Goku ist auch als rothaariger Super-Saiyajin-Gott spielbar.
Stattdessen läuft hier viel mit Multi-Kombos und längeren Tastenfolgen ab, die sich leichter als in Killer Instinct abfackeln lassen. Manche Angriffe und Konter benötigen allerdings genügend Ki-Energie, die durch erfolgreiche Attacken oder das Halten von R aufgeladen wird. Auch die Hilfs-Kämpfer und das Blocken zehren jeweils an einer Energieleiste.

Blitz und Donner

Mächtige Spezial-Attacken werden im Gegensatz zu Xenoverse aufwändig inszeniert. Wie im Anime verfärbt sich der komplette Hintergrund, während der Krieger sekundenlang angestrengt und unter Blitzlichtgewitter das verheerende Unheil aufbeschwört. In angeschlagenem Zustand kann man sogar besonders fiese „finale ultimative Kombos“ auslösen, um den Kampf noch einmal zu drehen. Auch das Figuren-Design ihre Standard-Animationen fangen die Dragonball-Stimmung ordentlich ein. Mit den Details von BlazBlue können sie aber nicht konkurrieren und beim Heranzoomen wirken sie etwas verpixelt. Die Gewalt hält sich für Serienverhältnisse übrigens stark in Grenzen: Nicht einmal am Ende eines Kampfes oder auf den Portrait-Bildern sieht man hinterher Blut oder Kratzer.

Endlich wieder Blitzlichtgewitter: Besonders starke Attacken werden liebevoller in Szene gesetzt als in Xenoverse.
Der Umfang kann sich durchaus sehen lassen. Neben dem freien Kampf und Story-Modi für eine Reihe wichtiger Figuren aus Dragonball Z gibt es auch ein Weltkampf-Turnier, den drahtlosen Versus-Modus sowie einen „Quest-Modus“, hinter dem sich aber nur ein einfacher Street-Pass-Tausch der Profilkarten verbirgt. Dazu kommt noch der umfangreiche Abenteuermodus, in dem ich ähnlich wie in Super Smash Bros auf einer Karte unterwegs bin und mich durch einen Großteil der Seriengeschichte kämpfe. Hier schalte ich Story-Fetzen frei und kaufe mir zwischendurch kleine Extras, die mich kurzzeitig noch stärker oder ausdauernder machen, wodurch das Spiel sogar noch leichter wird. Hurra! Wer in der Bewertung besonders gut abschneiden möchte, kann kleine Zusatz-Ziele erfüllen, etwa „Gewinne mit 2 oder mehr ultimativen Kombos“. Zum Bestehen reicht es aber auch hier, auf die Knöpfe zu hämmern wie ein hyperaktiver Schimpanse.

Geschichte im Schnelldurchgang

Statt üppiger Anime-Sequenzen wird die Geschichte in lieblos formulierten Kurztexten erzählt. Sie klingen, als wäre mal eben der Praktikant für den Autor eingesprungen - andererseits begreifen so auch Serien-Neulinge, was im komplexen Universum vor sich geht. Besonders gut gefällt mir die Aufgabenbeschreibung der Story-Abschnitte: „Mission: Reden“. Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen!

Wenn Chi-Chi Stimmungsschwankungen hat, tritt alles andere in den Hintergrund!
Enttäuschend wirken auch die kratzig scheppernden Sprachsamples. Sie erinnern auf ungute Weise an 16-Bit-Zeiten und wiederholen sich schrecklich oft. Bei Son-Goku wird es besonders nervig, da er schließlich schon im japanischen Anime-Original grässlich klingt. Ich werde es wohl nie verstehen, warum man für ihn ausgerechnet eine Frau ausgewählt hat, die wie ein halskranker Papagei krächzt. Beim Lesen des Mangas klang er in meiner Vorstellung ganz, ganz anders – und erst recht nicht so kratzig wie im 3DS-Spiel. Besser gelungen sind die temporeichen Rock-Stücke, welche sich allesamt auch im Soundmenü abspielen lassen.

Fazit

Unglaublich! Wie kann man ein nur derart leichtes Prügelspiel veröffentlichen? An wen richtet sich der Titel? Dreijährige? Die dürfen es mit der USK-Freigabe ab 12 doch nicht mal spielen. Irgendwer bei Arc System Works, Namco Bandai oder in der Testabteilung hat hier gewaltig Mist gebaut. Dragonball Z: Extreme Butoden lässt sich bequem durchspielen, indem man einfach nur auf den A-Knopf hämmert. Vielleicht langt es ja auch, eine dieser automatisch pickenden Vögel aus Physik-Shops neben den 3DS zu stellen? Die KI stellt sich hier derart dämlich an, dass man sie einfach mit Energie-Projektilen auf Abstand halten kann. Sogar im Nahkampf hat man mit bloßem Button-Mashing eine gute Siegchance. Manche Figuren wie Kid Boo kämpfen mitunter sogar mit der Luft – ganz große Unterhaltung! Bei so viel künstlichem Wahnsinn können auch gute Ansätze wie der üppige Umfang oder die hübsch inszenierten Spezialattacken wenig retten. Lediglich gegen einen menschlichen Gegner sind spannende Matches möglich. Da es nicht einmal einen Online-Modus gibt, seid ihr meist auf die idiotische KI angewiesen.

Pro

zahlreiche Kämpfer, Hilfs-Charaktere und Epochen
aufwändig inszenierte Spezialattacken
3D-Schauplätze fangen Stimmung der Vorlage ein...
vier umfangreiche Modi
einfaches Steuerungs- und Kombo-Schema passt gut zum 3DS
Soundmenü mit allen Stücken und Effekten

Kontra

lächerlich leichter Schwierigkeitsgrad
übermächtiger Fernkampf durch Geschoss-Attacken
...Kulissen wirken aber leer und unbelebt
dämliche Gegner-KI
Dialoge wurden vom Praktikanten verfasst
zahlreiche Textwüsten statt unterhaltsamer Anime-Filmchen
dumpfe, kratzig krächzende Kampfschreie
kein Online-Modus

Wertung

3DS

Die debile KI macht den 2D-Prügler derart einfach, dass er eigentlich nur für lokale Duelle zu gebrauchen ist.

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