Ketzerische Action?
Heretic Kingdoms? Da war doch was? Richtig: Vor gut zehn Jahren gab es mit dem Spiel
Kult bereits einen Abstecher in die ketzerischen Königreiche. Schon damals im Kern ein ambitioniertes Action-Rollenspiel, waren es in erster Linie die Story sowie die relativ offene Figurenentwicklung, die überzeugten, während das Kampfsystem und vor allem die Kulisse es seinerzeit nicht mit Diablo oder Sacred aufnehmen konnten. Insofern ist es erstaunlich, dass das Team von Games Farm im Auftrag von bitComposer der Fantasy-Welt nach so langer Zeit wieder einen Besuch abstattet.
Düstere Gewölbe, stimmungsvolle Landschaften: Shadows versucht auch über die Kulisse für Atmosphäre zu sorgen.
Andererseits sorgt eine Rückkehr ans Reißbrett häufig für Besserung, frei nach dem Motto "Wer abrutscht, darf nochmal". Und Games Farm scheint gewillt, die Scharte des Vorgängers auswetzen zu wollen. Die Geschichte beginnt zumindest interessant: Ein seelenfressender Dämon (im englischen Original "Devourer") wird von einem auf Rache sinnenden Unbekannten beschworen. Die ersten Zwiegespräche legen einen düsteren, geheimnisvollen Grundton, der neugierig auf die in der Anfangsphase fragmenthaft erzählte Story macht. Ich hoffe, dass über den Verlauf der auf sechs große Kapitel angelegten Kampagne sowohl Spannung als auch Überraschungsfaktor aufrechterhalten werden können. Und dass sich die angedeuteten Gespräche zwischen Devourer und anderen Figuren nachhaltig auf den Spielverlauf auswirken und nicht nur ein kurzes, sinnfreies Intermezzo darstellen.
Dimensions-Kampf
Da der Seelenfresser sich nur in der schemenhaften graugrünen Geisterwelt bewegen kann, ist für ihn eine sterbliche Hülle notwendig - eine so genannte "Puppe". Erst mit der Bindung der Seele eines verstorbenen Wesens und der damit verbundenen Wiedergeburt dieser Figur kann der Spieler auch in der Welt der Lebenden herumstreifen. Drei Figuren stehen zur Verfügung, aus denen man die erste Puppe auswählen kann - in der Early-Access-Fassung war die Auswahl auf einen Nahkämpfer sowie einen Fernkämpfer limitiert. Später kommen noch weitere Figuren hinzu, wobei man jedoch nur ein Trio aus Heldenpuppen sowie den Devourer in den Kampf mitnehmen, aber jederzeit zwischen ihnen wechseln kann - wobei jener zum Seelenfresser auch mit einer Änderungen der Dimension von der Welt der Lebenden zur Geisterwelt mit sich
Mitunter muss man in die Schattenwelt wechseln, um einen neuen Weg durch die teils mit Fallen gespickten Gewölbe zu finden.
bringt. Jede Figur hat ihre eigene Geschichte und auch ihre eigenen Beweggründe, um Rache für ihr zumeist vorzeitiges Ableben zu nehmen. Es bleibt allerdings noch offen, inwieweit sich diese in viele Richtungen verlaufenden Handlungsschnüre nicht als Stolperdrähte erweisen.
Hinsichtlich des Kampfsystems sind die taktischen Auswirkungen der Figurenwahl jedoch deutlich zu spüren. Zwar noch begünstigt von einer KI, die aus der "richtigen" Entfernung attackiert keinerlei Angriffsversuche unternimmt, spielen sich die Fernkämpfer erfreulich anders als die Nahkämpfer oder der Dämon, so dass der Gruppenauswahl zusätzliche Bedeutung zukommt. Vor allem auch, weil nur die Figur, die letztlich den "Kill" anbringt, die hauptsächliche Erfahrung dafür gut geschrieben bekommt und auch der Devourer partizipiert - was wiederum eine weitere taktische Komponente innerhalb des nach Hack&Slay-Standards sehr konventionellen Prinzips mit sich bringen könnte: Versucht man, mit dem evtl. hochstufigen Nahkämpfer die Gegner zu schwächen, um dann mit einer "niedrigen" Figur das Gros der Erfahrung abzugreifen? Unabhängig von der Erfahrung lassen die Feinde auch noch "Seelenkugeln" zurück, die entweder vom Devourer oder seinen Puppen aufgesaugt werden und die über die Leertaste (solange Vorrat reicht) die Gesundheit wieder auffüllen. Dennoch ist das Ableben aller oder einzelner Puppen unumgänglich.