Test: Damaged Core (Shooter)

von Jan Wöbbeking



Damaged Core (Shooter) von High Voltage Software
Springlebendige Action für Oculus Rift
Release:
30.08.2016
30.08.2016
Spielinfo Bilder Videos

High Voltage Software löst das VR-Problem der Simulationskrankheit auf eigenwillige Weise: Im Shooter Damaged Core bewegt man sich schlicht und ergreifend überhaupt nicht, sondern springt als Virus von einem gehackten Gegner in den nächsten. Im Test überprüfen wir die Praxistauglichkeit des Konzepts – und natürlich, ob die ständigen Sprünge so motivieren können wie klassische Action.



Wo bin ich? Und wer bin ich?

Zu Beginn fühlt es sich reichlich seltsam an, sich quasi im Sekundentakt von einem Ort an den anderen zu beamen. Als Virus, das sich in fast jeden Gegner hacken kann, steckte ich eben noch in einem auf dem Dach postierten futuristischen Sniper-Geschütz und bearbeitete die Antennen eines feindlichen Sendemasten. Da meine Attacken natürlich die Aufmerksamkeit der Bodentruppen auf sich zogen, wurde ich etwas zu oft getroffen: Ein hektisches Piepsen und ein sich verkleinerndes Sichtfeld symbolisieren mir, dass ich schnellstens in einen anderen Wirt wechseln sollte. Der fette Mech vor mir hat leider noch eine aktive Firewall, also teleportiere ich mich in den kleinen „Standard-Terminator“ daneben und gebe der Antenne den Rest. Dass mein Wirt binnen zwei Sekunden schon wieder zu Klump geballert wurde, ist nicht weiter schlimm. Ich schnappe mir einfach den Blecheimer neben ihm, zerbrösle schnell die zwei Firewall-Module auf den Schultern des Mechs und schlüpfe schließlich in seinen Körper, um mit seinen Raketen erst eine weitere Antenne und dann einen schwebende Einheit zu zerlegen, die an einen Hunter-Killer aus Terminator erinnert.

Zeit für den nächsten Sprung...
Zeit für den nächsten Sprung...
Fehlt mir in der Hektik des „Sterbens“ die Übersicht, kann ich zur Not meist in eine der unbewaffneten Schwebe-Drohnen schlüpfen, die von meinen Verbündeten über dem Schlachtfeld platziert wurden. Ebenfalls eine gute Sicht bieten die bereits erwähnten Senkrechtstarter, deren fette Raketen ich noch auf dem Weg zum Feind mit Kopfbewegungen lenke. Da ich mich höchstens mal in einem gehackten Panzer (langsam) fortbewege, bleibt das Spiel die komplette Zeit über magenfreundlich und komfortabel.

Es ist schon wieder Doomsday

Die Geschichte klingt bekannt und ist laut Wissenschaftlern wie Stephen Hawking gar nicht so unrealistisch: Fortgeschrittene künstliche Intelligenzen haben offenbar genug von den egoistischen Kapriolen der Menschheit und wollen sie zu Gunsten der eigenen Evolution aus dem Weg räumen. Nur wenige KIs widersetzen sich dem Aufstand der Maschinen, darunter ich und meine Mentorin, die mir immer wieder in Tutorials meine Fähigkeiten erklärt. Zusammen helfen wir einer kleinen menschlichen Widerstandsgruppe, sich in strategisch wichtige Anlagen der Gegner zu hacken oder eigene Außenposten zu beschützen. Nicht alle Mitglieder der Truppe vertrauen uns, was in den Zwischensequenzen für hitzige Gemüter sorgt. Dialoge und Inszenierung der Lagebesprechungen wirken allerdings ziemlich kitschig und altbacken – inklusive klischeehaftem  Aufpumpen und gepresst grummelnden englischen Synchronstimmen. Eine deutsche Übersetzung gibt es nur bei Menü-Elementen – mit dem amüsanten Fehler, dass sämtlichen Texten ein „G“ vorangestellt wird: G-Loading, G-Controller, G-Sniper -  fehlt eigentlich nur noch der G-Funk.

Baum fällt!
Baum fällt!
Das Missionsdesign bringt ordentlich Abwechslung in die Dauer-Action: Auf meinen wilden Sprung-Touren durch die Levels schlüpfe ich in einen fetten Panzer, diverse Geschütze vor den Toren des Außenpostens und arbeite mich quer durch die feindlichen Wolkenkratzer, in denen ich die wabenförmigen Produktionsanlagen der aggressiven Blecheimer zerlege. Am spannendsten sind die mehrstufigen Bosskämpfe, z.B. gegen einen fetten Mechano-Käfer, der mich in verschiedenen Angriffsphasen mit krabbelnden Minen und diversen Raketen eindeckt. Ebenfalls cool sind die Scharfschützen-Sequenzen, in denen sich das Kopftracking als derart präzise erweist, dass ich quasi höchstpersönlich die Luft anhalten und selbst kleinstes muskuläres Zucken meines Halses vermeiden muss. Dabei beschütze ich etwa eine verbündete KI-Einheit, welche sich an allerlei Wachen durch Tunnels und Hochhäuser schleicht. Auch im Rest des Spiels funktioniert die einfach gehaltene Kopf-Steuerung gut, da man sich auf dem Gamepad meist nur auf zwei Feuermodi oder ein Zielfernrohr konzentrieren muss. Statt die Waffe zu wechseln, springt man ja einfach in entsprechende Gegner.

Dynamik und Monotonie

An anderen Stellen des Spiels wird es aber leider richtig fade – und zwar immer dann, wenn ich massenhaft blecherne Fußsoldaten aufs Korn nehmen muss. Sie sind nicht nur hässlich abgehackt animiert (ja, auch für Roboter-Verhältnisse), sondern agieren meist auch ziemlich dämlich. Geschickte KI-Routinen gibt es in dieser Zukunftsvision offenbar nicht: Statt die Deckung zu umtänzeln, mich zu flankieren oder anderweitig zu überrumpeln, werden sie nur durch ihre Masse gefährlich. Ein weiteres Problem ist, dass die sehr offensive Spielweise nicht immer gut ausbalanciert wurde. Manchmal war ich am erfolgreichsten, wenn ich einfach nur stumpf auf die Missionsziele wie Produktionsstätten (so genannte Tunnel) schoss und in die ewig nachströmenden Billig-Roboter wechselte. Alternative Strategien wie das Erobern schwerer Mechs oder Flugdrohnen zum Beschützen meiner menschlichen Partner wird zu selten mit Erfolg belohnt.

Zwischendurch gibt
Zwischendurch landet man in ansehnlichen Zwischensequenzen mit der künstlichen Mentorin und dem menschlichen Widerstand.
Die postapokalyptische Kulisse bewegt sich im oberen Mittelfeld: Das finstere Design und der unauffällige Orchester- und Industrial-Soundtrack schaffen eine gelungene Terminator-Atmosphäre. Hier und da sorgen hübsche Siegeleffekte und die Einrichtungen alter Wohnungen sowie neuer technischer Stützpunkte für Immersion. Schlichte Explosionen, Effekte und vor allem die bereits erwähnten holprigen Animationen sorgen ab und zu aber für das Gefühl, nur einen Smartphone-Shooter wie N.O.V.A. vor Augen zu haben. Auf einer GeForce 980 lief die Action auf der zweithöchsten Einstellung „high“ immer flüssig; nur in Ladesequenzen kam  es zu kurzen Rucklern. Dazu kamen eine Hand voll Abstürze oder Situationen, in denen das Bild hängen blieb. Glücklicherweise gibt es in den langen Levels einige Speicherpunkte, welche die Entwickler in der rund neun Stunden langen Kampagne aber ruhig noch etwas großzügiger hätten verteilen können. Anstelle von Mehrspieler-Modi werden lediglich einige Bestenlisten geboten.

Kommentare

4P|r00t schrieb am
Hahle hat geschrieben:Ich frag mich ja gerade Folgendes: Wieso wird den meisten Leuten eigentlich bei einem Cockpit-Spiel viel seltener übel? Das Gefühl tatsächlich zu beschleunigen, bzw. zu bremsen ist ja genauso wenig vorhanden, wie bei einem virtuellen Spaziergang.
Die fehlenden g-Kräfte in einem Cockpit kann das Gehirn wohl leichter ignorieren als die Diskrepanz zwischen dem dem visuellen Eindruck, dass man läuft oder geht, und den eigenen Beinen, die sich nicht bewegen.
In "Windlands" z.B. schwingt man sich mit so'nem Kletterhaken durch die Welt, da ist die Fortbewegung auch kein Problem, obwohl man nicht in einem Cockpit sitzt.
Igorsam schrieb am
NoBoJoe hat geschrieben:Hoffentlich ist dieser VR Blödsinn bald vorüber. Funktioniert eh nur äußerst mäßig. Und bis zum Holodeck kommen wir eh nicht. Alles darunter ist lahm, umständlich und unnütz. Teleporten statt laufen, pfff. So ein Humbug.
Hast du überhaupt schonmal VR probiert? Nein, aber schön dass du eine Meinung hast ohne irgendwelche Fakten und Erfahrungen ...
Viele verstehen hier offenbar noch nichteinmal, was Roomscale ist, geht doch wenigstens mal in nen Laden und probiert Vive aus ...
Wenn man schon über VR lästert, sollte man sich doch zumindest minimal darüber informieren ...
NoBoJoe schrieb am
Hoffentlich ist dieser VR Blödsinn bald vorüber. Funktioniert eh nur äußerst mäßig. Und bis zum Holodeck kommen wir eh nicht. Alles darunter ist lahm, umständlich und unnütz. Teleporten statt laufen, pfff. So ein Humbug.
Hahle schrieb am
bohni hat geschrieben:
Igorsam hat geschrieben: Doch das geht eben schon, nennt sich Roomscale und gibts bei Vive von HTC.
Oh ich meinte viel harmloser .. nur virtuel per Controller rumlaufen ohne zu k*tzen.
Ich frag mich ja gerade Folgendes: Wieso wird den meisten Leuten eigentlich bei einem Cockpit-Spiel viel seltener übel? Das Gefühl tatsächlich zu beschleunigen, bzw. zu bremsen ist ja genauso wenig vorhanden, wie bei einem virtuellen Spaziergang.
Sind nur extrem schnelle Drehbewegungen problematisch und Vorwärts-/Rückwärtsbewegungen kaum ein Problem? (Hab ja selbst noch nie so einen VR-Helm aufgebhabt.)
bohni schrieb am
Igorsam hat geschrieben: Doch das geht eben schon, nennt sich Roomscale und gibts bei Vive von HTC.
Oh ich meinte viel harmloser .. nur virtuel per Controller rumlaufen ohne zu k*tzen.
schrieb am