Kämpfen, sammeln, leveln – und sonst?
Es gibt so vieles, das ich schreiben möchte und könnte. In gut 25 Stunden habe ich immerhin schon mehr als die Hälfte der Geschichte (neu) erlebt und mir mehr Stichpunkte dazu gemacht als für die meisten anderen Berichte. Das meiste davon will ich mir aber für den Test aufbewahren, um mich in unserer Vorschau auf einen kurzen Überblick und die wichtigsten Änderungen gegenüber dem genau elf Jahre alten Original zu beschränken.
Doch was ist Nier überhaupt? Was macht es so besonders, dass es sich tief in den Köpfen seiner Fans festsetzen konnte, obwohl es zum Start oft übersehen wurde? Auf den ersten Blick handelt es sich schließlich um ein gewöhnliches Action-Adventure bzw. Rollenspiel mit einer vertrauten Mischung aus kämpfen, sammeln und leveln – zum Glück aber ohne prozedurale Missionen oder Survival-Dauerschleife. Und genau das ist auch eine Stärke: Yoko Taro hat mit Nier ein sowohl spielerisch als auch erzählerisch sehr kompaktes Abenteuer erschaffen, das vor allem um seine Geschichte und ihre Charaktere bemüht ist.
Tragik und sturer Kampfgeist
Wie schon im japanischen Nier spielt man Yonahs Bruder, nicht ihren Vater - was erstaunlich wenig Unterschied macht. Die Rolle passt tatsächlich genauso gut wie das für Europa und Nordamerika veränderte Original.
Tatsächlich hat Nier ein paar der stärksten Helden und Begleiter, an die ich mich erinnern kann. Dabei ist die eigene und einzige spielbare Figur noch ein recht gängiges Alter Ego: ein junger Kämpfer, der die magische Krankheit seiner Schwester heilen will und dafür Teile eines Zaubers finden muss. Seine Welt wird aber nicht nur von der tödlichen Krankheit bedroht, sondern auch von so genannten Schatten, die Reisende außerhalb von Ortschaften angreifen. Und so geht es nicht nur im Kern um den möglichen Verlust eines geliebten Menschen; zahlreiche Kurzgeschichten abseits des Wegs drehen sich um ganz ähnliche Themen.
Und dazu zählen eben auch die Geschichten der Mitstreiter, allen voran die der wütenden Kainé und des jungen Emil. Ich werde selbstverständlich nichts vorweg nehmen, aber fast alle Personen tragen Erinnerungen an eine tragische Vergangenheit in sich, die auf verschiedene Art ihr Auftreten prägt – der sie aber nicht mit Niedergeschlagenheit begegnen, sondern mit einer mitreißenden Prise Sturheit, teils köstlichem Humor sowie einer ordentlichen Portion Kampfgeist. Getragen wird Nier aber immer von einer wundervollen Melancholie, die ich so nur von hier kenne...
Sanfte Töne
Zahlreiche Augenblicke werden von einer wundervollen Melancholie getragen, die sich vor allem in dem einzigartigen Soundtrack widerspiegelt.
... und was es zu einem ganz großen Teil seinem famosen Soundtrack verdankt, der das Abenteuer mit starken Themen begleitet. Jeder Ort hat seine eigene Melodie, viele davon werden von Gesang begleitet, manche entwickeln sich innerhalb eine Szene und jede davon ist auf ihre Weise einprägsam. Dass die von Keiichi Okabe komponierte Musik neu arrangiert und erweitert wurde, tut der Neuauflage dabei nur gut. Sie klingt dadurch nämlich weniger synthetisch und fügt sich harmonischer ins Geschehen ein, da einige der thematischen Wiederholungen etwas sanfter komponiert sowie um Variationen ergänzt wurden.
An dieser Stelle sei außerdem erwähnt, dass sämtliche Unterhaltungen einschließlich jeder noch so unscheinbaren Nebenaufgabe jetzt vertont sind, und wahlweise sowohl englische als auch japanische Sprachausgabe zur Wahl stehen. Nicht zuletzt hat Taro sein Spiel außerdem um inhaltliche Überraschungen ergänzt, die manchmal einfach nur neue Einblicke geben und sich mitunter natürlich auch auf den Nachfolger
Nier: Automata beziehen.