gc-Vorschau: Twin Mirror (Adventure)

von Benjamin Schmädig



Twin Mirror (Adventure) von Dontnod Entertainment / Bandai Namco Entertainment
Der eingebildete Doppelgänger
Release:
01.12.2020
01.12.2020
01.12.2020
Erhältlich: Digital (PSN, Xbox Store, Epic Games Store)
Erhältlich: Digital (PSN, Xbox Store, Epic Games Store)
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ab 25,19€
Spielinfo Bilder Videos
Auch Dontnod fährt mindestens zweigleisig: Ähnlich wie Telltale (The Walking Dead, Game of Thrones u.a.) gibt es bei den Life-Is-Strange-Machern inzwischen nicht nur die Serie ums Erwachsenwerden und übernatürliche Kräfte, sondern mit Twin Mirror bald auch einen psychologischen Thriller, der ebenfalls in Episodenform eine ganze andere Tonart anschlägt. Auf der gamescom war eine frühe Szene des Krimis spielbar.

Unfreiwilliger Heimweg

Wenn Samuel Higgs in seine alte Heimat Basswood zurückkehrt, befindet er sich in einer denkbar schlechten Phase seines Lebens. Nach der Trennung von seiner Freundin hatte er den Halt verloren, die Stadt verlassen und ist nur deshalb wieder da, weil sein bester Freund gestorben ist. Weder will er seine Familie sehen noch seine Freunde und zu allem Überfluss redet eine sehr selbstbewusste, in feinem Zwirn gekleidete Version seines eigenen Egos auf ihn ein, das so genannte „Double“. Und dann wacht Sam eines Morgens in seinem Hotelzimmer auf – mit nacktem Oberkörper, aber einem blutigem Hemd neben dem Waschbecken.

Übergeben oder Wäsche waschen?
Sam Higgs  muss einen schweren Fall in seiner alten Heimat  klären - freiwillig tut er das nicht.
Sam Higgs muss einen schweren Fall in seiner alten Heimat klären - freiwillig tut er das nicht.

Er kann sich freilich nicht daran erinnern, wie das Blut auf sein Hemd gekommen ist, also denkt er sich in seinen „Gedankenpalast“: eine Visualisierung seiner bruchstückhaften Erinnerung, deren Teile wie in einem schwerelosen Raum ohne Boden schweben. Dort betritt er eine unvollständige Version seines Hotelzimmers, um zentralen Bruchstücken ein Attribut zu verpassen. Er muss sich z.B. entscheiden, ob er im Bett sofort eingeschlafen ist oder vorher noch ferngesehen hat. Und hat er sich im Bad übergeben oder versucht das Blut von seinem Hemd zu waschen?

Welche Optionen ihm dabei zur Verfügung stehen, hängt davon ab, welche Informationen er überhaupt hat. Und so dreht sich ein großer Teil des Spiels darum, alle entscheidenden Informationen in Sams realer Welt aufzuspüren, um anschließend zu überlegen, in welcher Reihenfolge welche Ereignisse geschehen sein müssen. Interessant, dass sich Dontnod nach Remember Me und in Teilen auch Life is Strange einmal mehr mit dem Wiederherstellen von Erinnerungen beschäftigt.

Der Doppelgänger im Geiste

Twin Mirror ist allerdings kein Actionspiel wie Remember Me, sondern ein Adventure. Genauer gesagt handelt es sich um einen psychologischen Thriller, der die Wertevorstellungen seiner Spieler herausfordert, weil sie Entscheidungen treffen müssen, die zum einen natürlich Konsequenzen haben, zum anderen aber nicht eindeutig „gut“ oder „böse“ sind.
Twin Mirror ist ein Thriller mit einer anderen Tonart als das spielerisch verwandte Life Is Strange.
Twin Mirror schlägt eine andere Tonart an als das spielerisch verwandte Life Is Strange: Sam kämpft vor allem mit seinen inneren Dämonen. Soll er auf sein fiktives zweites Ich hören oder trifft sein "klares" Selbst die richtigen Entscheidungen?

Das ist in ähnlichen Abenteuern längst Standard – Dontnod will mit dem psychisch angeschlagenen Sam und seinem fiktiven Double, aber offenbar zwei Seiten einer Persönlichkeit darstellen, die sich beide nicht gerade auf dem Pfad der Tugend befinden. Immerhin taucht das Double immer wieder auf, um Sam Alternativen anzubieten. Ob er diese annimmt, ist dann Sache der Person vor dem Monitor.

Eine Erinnerung, eine Wahrheit

Spielbar war auf der gamescom allerdings nur das Wiederherstellen einer Erinnerung, eine Art Tutorial des Adventures. Ich habe mich anschließend aber noch mit dem Produktmanager unterhalten, der den Rest des Spiels ganz klar in die selbe Sparte einordnet, in der sich auch Life Is Strange befindet. Man wird also Unterhaltungen führen und kann sich oft relativ frei umsehen.

Mich hatte außerdem interessiert, ob es stets nur eine Lösung für Zusammenstellen der Erinnerungen geben wird oder ob man sich die Vergangenheit innerhalb bestimmter Grenzen so zusammenstellen kann, wie man es gerne möchte – ähnlich wie es in Wirklichkeit ja funktioniert. Doch tatsächlich sind die Rekonstruktionen geradlinige Puzzles, deren Teile man alle finden muss, um sie in der einzigen richtigen Folge zusammenzusetzen.
 

AUSBLICK



Ein bisschen schade ist es also schon, dass Dontnod nicht stärker mit der oft irreführenden Erinnerung spielt. Trotzdem bin ich auf diesen Thriller gespannt! Immerhin erzählen die Entwickler nicht nur eine nach außen getragene Geschichte, sondern sind im Kopf ihres Protagonisten drin – nicht nur beim Kombinieren der Tatfolgen vergangener Ereignisse, sondern auch beim Darstellen seines fiktiven Alter Egos. Wie sich Handlung, Dialoge und Entscheidungen entwickeln, ist dabei noch gar nicht klar, denn die Messe-Demo drehte sich ausschließlich um den Gedankenpalast. Einen guten ersten Eindruck hinterließ sie dabei aber allemal.

Einschätzung: gut

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Kommentare

NomDeGuerre schrieb am
Folgt man auf der Hauptseite der Verlinkung zu My Memory of Us, landet man hier. Auch schön, aber nicht so sehr richtig.
Balla-Balla schrieb am
Episode, spielbarer Film, Moralisieren durch gut und böse Entscheidungen. Äh nein.
Wird langsam etwas inflationär diese Mache. Teuer ist der Spaß auch noch. Mal gucken, wie lange das gut geht.
Mir steht immer noch Detroit bevor, allerdings wird jetzt noch ein 60er dafür aufgerufen, das ist mir zu viel. Nach dem genialen, weil damals auch einzigartigen, Heavy Rain war Beyond 2S schon mühsamer, insofern ist mir das Experiment mit Detroit noch zu teuer.
Klar kostet so ein Spiel viel Geld, man muss es halt aber auch für die Kundschaft produzieren. War die hier eigentlich so zahlungsstark und zahlreich, dass es sich gelohnt hat?
Falls nicht, ist ein Spiel wie Twin Mirror, tja, mutig, wo doch auch die nächsten Episoden von Life is strange im Anmarsch sind.
str.scrm schrieb am
musste sofort an Alan Wake denken, nicht das gleiche Schema, aber die Screenshots sehen wie ein Nachfolger aus
dass man nur einem festen Weg folgen muss, ist etwas schade und ich denke mal, dass das Spiel dadurch für mich nahezu keinen Wiederspielwert haben wird, aber nach Detroit wird es ohnehin schwer, meinen Anforderungen gerecht zu werden :Blauesauge:
bei 'Episodenformat' war ich aber ohnehin raus, vielleicht schaue ich es mir an, wenn es als Boxversion erscheinen sollte
schrieb am