Special: Fez (Plattformer)

von Benjamin Schmädig



Fez (Plattformer) von polytron / Trapdoor / Microsoft
Die Rückkehr zu Retro
Entwickler:
Release:
13.04.2012
13.12.2017
13.12.2017
01.05.2013
26.03.2014
26.03.2014
26.03.2014
14.04.2021
Spielinfo Bilder Videos
Warum eigentlich die Rückkehr zu Retro? Inhalte, Grafik und Musik besinnen sich immer häufiger auf ihre Wurzeln. Dabei klangen Spielesoundtracks viel grober, als frühzeitliches Brummen und rauschende Samples in Noten gepresst wurden. Filigrane Orchesterwerke gab es nur als krächzende Aufnahmen mit der Qualität eines abgeschliffenen Tonbands. Warum kehrt auch FEZ zu diesen knarzenden Wurzeln zurück?

Die nostalgische Sehnsucht

FEZ, das ist Rich Vreeland alias Disasterpeace. Genauer gesagt ist es seine Musik zu dem Independent-Hit, der auf trickreiche Art die zweidimensionale mit der dreidimensionalen Welt verbindet. Auf der einen Seite steht der musikalische Zeitsprung also
für die Verbindung einer modernen Spielewelt mit der Zeichenbrett-Ästhetik früher Jahre. Und selbstverständlich befriedigt alles Retro auch eine nostalgische Sehnsucht, die inzwischen fast zwei Generationen spüren.

Doch obwohl viele aktuelle Spiele einer ähnlichen Formel folgen, ist da noch mehr. Selbst im Rock und Pop gibt es immer wieder Künstler, die sich weg vom geraden, sauberen Klang fortschrittlicher Technik bewegen. Warum? Weil geschliffene Perfektion keine Projektionsfläche bietet. Sie klingt austauschbar und jederzeit reproduzierbar. Sie erzählt weder ihre eigene noch die Geschichte des Künstlers. Was die Rückkehr zu ihrer experimentellen Kindheit für die Spielemusik bedeutet? Das Kratzen und Knirschen, das damals die einzige Möglichkeit war, kruden Elektronikbauteilen Töne zu entlocken, verleiht ihr eine Identität. Weil so nur Videospiele klingen können.

Moderne Esoterik

"Pressure" könnte der prägende Titel sein, über den sich FEZ definiert: Beinahe vier Minuten lang ächzt dort ein dreckiges Rauschen, das in frühen Spielen der Antrieb eines
Übrigens

Rich Vreeland zeichnet für die Soundtracks unterschiedlicher Spiele verantwortlich. Nostalgiker sollten unbedingt Cat Astro Phi ein Ohr schenken.
Raumschiffs hätte sein können. Zur Mitte kommen Synthesizer-Noten hinzu, die an Vangelis' Blade Runner erinnern. Denn wie viele Komponisten nutzt Vreeland nicht die profanen Programme von einst, sondern erweckt sein Retro mithilfe neuer Technik zum Leben.

Am deutlichsten unterstreicht er die Vereinigung von Alt und Neu in "Glitch", das lückenlos an das davor gespielte "Sync" anschließt: Plötzlich wird aus dem flotten Rhythmus ein Dubstep-Remix, der den Beat stolpern lässt und die Melodie verzerrt. Markante Themen entstehen dabei nicht - kaum eins der 26 Stücke bleibt als Ohrwurm hängen. Was dem Spiel eine stimmungsvolle Kulisse ist, verliert sich über mehr als 70 Minuten zwar nicht in Wiederholungen, aber in einer recht einheitlichen Bewegung gleichförmiger Kompositionen. FEZ ist etwas zu sehr esoterische
Info und Verfügbarkeit

FEZ ist für sieben Dollar (entspricht derzeit 5,37 Euro) auf Bandcamp erhältlich. Schon vor dem Kauf darf man das Album dort komplett anhören.
Entspannung als erzählende Begleitung.

Das machen Höhepunkte wie "Continuum" und das eindrucksvolle "Death" allerdings wett: Letzteres fällt wie in Zeitlupe in einen tiefen Schlund, während die Synthesizer mit einer geheimnisvollen Melodie Abschied nehmen. Ersteres, weil eine verzerrte Gitarre, vielleicht auch eine Harfe Chopins komplette Prélude Nr. 4 spielt, bevor sich die Musik in einem rauschenden Knistern auflöst. Es sind wundervolle Akzente einer fantastischen Zeitreise.

Die Stärke des Soundtracks sind nicht die Geschichten seiner einzelnen Titel. Seine Geschichte ist die Welt, die aus einzigartigen Klängen entsteht. Eine Welt, die nur ein Videospiel erschaffen kann. Natürlich stützt sich Vreeland auf den Fundus vertrauter Computerinstrumente. Weil er nostalgische Erinnerung aber so geschickt mit moderner Hörgewohnheit verschmelzt, entstehen daraus plastische Bilder. Und weil diese Bilder so verzaubernd sind, kehrt FEZ auf eindrucksvolle Art zu den knarzenden Wurzeln der Spielemusik zurück!

Einschätzung: sehr gut

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