Rock Band 302.11.2010, Mathias Oertel
Rock Band 3

Special:

Wohin mit den ganzen Instrumenten? Wer als Musikspiel-Fan etwas auf sich hält, dürfte mittlerweile mehr Gitarren, Drumsets und Mikrofone im heimischen Wohnzimmer verstaut haben als eine durchschnittliche Garagenband in ihrem Probenraum unterbringt.  Und das alles nur, um virtuell abrocken zu können. Für den Pro-Modus in Rock Band 3 (ab 3,80€ bei kaufen) sind wieder einmal neue Plastik-Klampfen usw. notwendig. Wir haben die Instrumente unter die Lupe genommen und verraten, ob sich die nicht immer günstige Anschaffung lohnt.

Die Gitarre

Als der Pro-Modus von Rock Band 3 (RB3) angekündigt wurde, war klar, dass die alte Hardware dazu nicht einsetzbar wäre. Denn nichts Geringeres als das Spiel einer echten Gitarre sollte emuliert werden. Und das bedeutete, dass Harmonix zusammen mit Saitek/Mad Catz eine neue Plastikklampfe auf den Markt bringen würde. Doch auch wenn die Musikspiel-

102 Tasten auf 17 Bünden: Der Mustang-Controller ist technisch ein kleines Meisterwerk, kann aber das Spielgefühl einer echten Gitarre nicht ganz replizieren.
Spezialisten in der Vergangenheit bewiesen hatten, dass sie es verstehen, vernünftige Hardware zu entwickeln, blieb die Skepsis groß, ob sie sich nicht mit diesem Projekt übernommen hätten.

Und nachdem ich als passionierter Hobby-Gitarrist einige Stunden mit der roten Fender Mustang verbracht habe, muss ich eingestehen, dass diese Skepsis immerhin abgemildert werden konnte kann, auch wenn man nicht an eine echte Gitarre herankommt.

Die Verarbeitung hat damit wenig zu tun. Denn die ist sehr sauber, sehr solide und die verwendete Technik flößt Respekt ein. Denn immerhin werden am Hals nicht nur satte 17 Bünde mit je sechs Saiten durch Schalter emuliert (also insgesamt 102 Druckknöpfe), sondern auch über dem Korpus noch sechs Saiten zum genauen Anschlagen angeboten. Damit kommt dieses Control-Pad verdammt nahe an eine echte Gitarre heran, so dass man nicht mehr genau weiß, wo die Spielzeug-Grenze zu ziehen ist. Gleiches gilt auch für die Größe: Die Pad-Version ist einen Tick größer als die bislang erhältlichen Beatles Rock Band-Gitarren und hat damit in etwa geschätzte 85 Prozent der Originalgröße.

Zwischen Spielzeug & Instrument

Hinsichtlich des Spielgefühls stecke ich jedoch in einer Zwickmühle. Auf der einen Seite funktioniert alles richtig gut. Die Saiten lassen sich zwar mit Plektrum als auch mit den Fingern gut spielen, aber eine Dynamik vermissen - ob man nun sanft anschlägt oder stark, scheint keinen Einfluss zu haben.

Und auch die Bundknöpfe verrichten einen guten Job. Zumindest tun sie das, was man von ihnen erwartet. Sprich: Drückt man die entsprechenden Knöpfe und schlägt dazu die Saiten an, setzt das Spiel Akkorde und Sololäufe sauber um. Aber: Um ein authentisches Spielgefühl zu vermitteln, fehlen dann doch immer wieder Kleinigkeiten. Zum einen wird natürlich nicht die spürbare Saitendicke einer echten Gitarre vermittelt. Dass die Mustang keine Bundstäbe hat, an denen man sich im Zweifelsfall orientieren kann, sorgt ebenfalls für leichten Unmut. Und nicht zuletzt ist das Sliden auf den Seiten zwar nicht so unmöglich wie das so genannte "Bending", also das Ziehen einer oder mehrerer Seiten, bedingt durch die Knopfanordnung aber weder so intuitiv noch so einfach durchzuführen wie auf einer richtigen Klampfe.

Dementsprechend würde ich das Spielgefühl insgesamt bei etwa 90% im Vergleich zu einer echten Gitarre ansiedeln. Im Zusammenspiel mit dem Pro-Modus kann man auf der RB3-Mustang zwar erste Grundzüge des Gitarrespielens erlernen,

Die sechs Saiten fühlen sich fast "wie echt" an...
doch fasst man danach eine richtige Klampfe an, wird einem klar, dass hier nicht mehr als ein technisch beeindruckendes Control Pad versucht, sich als Gitarre zu verkleiden, dies aber nicht bis in die letzte Konsequenz schafft.

Wer tatsächlich mit dem Gedanken gespielt hat, sich über dieses Spiel den Gitarrenlehrer zu sparen -was theoretisch durchaus möglich ist- sollte aber noch etwas warten und sich dann die "Squier by Fender Stratocaster for Rock Band 3" holen. Dahinter verbirgt sich eine voll funktionsfähige E-Gitarre, die nicht nur mit Drucksensitivität im Hals ausgestattet ist, um die Anforderungen des Spieles zu erfüllen, sondern darüber hinaus auch ganz normal an jeden handelsüblichen Gitarren-Verstärker angeschlossen werden kann. Das Ganze hat nur einen Haken: Fender hat bislang weder einen verlässlichen Termin noch einen Preis kommuniziert.

  

Das Keyboard

Da Harmonix bzw. der auserkorene Hardware-Hersteller Saitek/Mad Catz bei den bislang veröffentlichten Instrumenten gut gearbeitet hat, ist es nicht verwunderlich, dass auch das Pro-Keyboard auf den ersten Blick Lust auf Tastenquälerei macht.

Gute eineinhalb Kilo schwer und etwa einen halben Meter lang, finden sich zwei komplette Oktaven auf der Klaviatur - insgesamt 25 Tasten. Am Griff des Instrumentes, das sich auch mit einem Gurt schultern und wie eine Gitarre spielen lässt, und das an der Seite mit einem MIDI-Ausgang versehen wurde, befinden sich zwei weitere Tasten. Eine davon aktiviert bei

Das Pro-Keyboard mit MIDI-Ausgang ist solide verarbeitet und hinterlässt ein gutes Spielgefühl.
Druck den Overdrive im Spiel, die andere ist ähnlich wie das Touchpad bei den Guitar Hero World Tour-Gitarren ein druckempfindliches Feld, bei dessen Berührung man den Klang von gehaltenen Noten synthetisch verändern kann.

Doch viel wichtiger als diese beiden Funktionsfelder ist natürlich die Klaviatur. Deren Tasten entsprechen hinsichtlich Größe, Widerstand und Druckverhalten im Wesentlichen den Werten herkömmlicher "echter" Keyboards, wobei die offensichtlich eingebaute Anschlagdynamik ähnlich der Mustang-Gitarre deutlich weniger zur Geltung kommt als z.B. beim Drumkit der zweiten Generation.

Darüberhinaus fühlen sich die Tasten schon sehr plastikhaft an und bei einigen der schwarzen Tasten war der Druckwiderstand frisch nach dem Auspacken deutlich höher als bei anderen. Nach wenigen Stunden in Benutzung relativiert sich dieses Gefühl jedoch und es kommt ein sehr authentisches Spielgefühl auf. Das hätte allerdings noch deutlich verstärkt werden können, wenn z.B. eine dritte Oktave hinzugefügt worden wäre, da selbst Einsteiger-Keyboards im einschlägigen Musikhandel meist mit mindestens 36 Tasten zum Spielen einladen.

Das Drumset

Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Drumkit technisch überhaupt nicht von der Version, die mit Rock Band 2 und später The Beatles Rock Band ausgeliefert wurde und das wir hier getestet haben. Anschlagdynamik, Verarbeitung, das mit Metall besetzte, aber an der Strebe immer noch aus Plastik bestehende Basspedal: Alles absolut identisch.

Wer etwas genauer hinschaut, wird bei den Drumpads jedoch kleine Veränderungen feststellen. Denn anstatt wie beim RB2-Kit aus einem durchgängigen Gummi zu bestehen, ist das gute Stück jetzt zweigeteilt und besteht aus dem dunkleren Zentrum, das in das restliche "Trommelfell" eingearbeitet wurde. Doch egal ob als Ein- oder Zweiteiler: An der Qualität der Verarbeitung ändert dies ebenso wenig wie am Spielgefühl - allerdings ist es mit dem veränderten Gummibelag ebenso laut (bzw. leise) wie vorher.

Endlich auch in Deutschland mit Zimbeln erhältlich: Die Pro-Drums!
Anders sieht es jedoch mit den Zimbeln aus: Zum einen werden die drei Becken im "RB3 Pro Drum"-Paket mitgeliefert. Beim RB 2-Kit, das ebenfalls schon für die Zimbel-Verwendung vorgesehen war, musste man die anschlagdynamische Hardware zusätzlich besorgen - was in aufgrund der insgesamt geringen Stückzahl schwer zu bewerkstelligen war. Selbst über die englischen Importwege war es nicht ganz so einfach, wie man es sich vorstellen würde.

Doch genug der Schwierigkeiten in der Vergangenheit. Denn die Trommel-Gegenwart sieht rosig aus. Nicht nur, dass die Zimbeln gleich mit im Paket sind, sie wurden im Vergleich zu den RB2-Prototypen gewaltig verbessert: Die verwendete Gummimischung ist z.B. deutlich leiser als vor zwei Jahren, ohne dabei Qualität hinsichtlich der Anschlagdynamik einzubüßen. Dazu kommt, dass auch die Unterleg-Scheiben bei der Befestigung deutlich stabiler sind und von vornherein einen abgeschrägten Winkel bilden. Bei den RB2-Zimbeln gab es eine Schaumstoff-Unterlage, die man quasi selbst formen musste, bis man den für sich richtigen Winkel gefunden hat. Die Kabel schließlich, die man von jeder Zimbel nach hinten an die zentrale Einheit des Drumkits führt, sind direkt verbunden - beim Vorgänger waren dies noch Kabel, die auf beiden Seiten eingestöpselt werden mussten. Bei intensivem Betrieb musst man dementsprechend nicht nur laute "Tocks" erdulden, 

Die Rock Band 3-Hardware im 4Players-Store:

Pro Drums (inkl. Zimbeln): 129,99 Euro

Pro Keyboard: ab 62,99 Euro

Mustang Pro Guitar: 139, 99 Eurowas gerade beim Hi-Hat mit seinem steten 8/8-Betrieb nerven kann, sondern brauchte sich nicht wundern, wenn mal kurzzeitig die Verbindung unterbrochen war, wenn das Kabel mal wieder raussprang.

Doch all das gehört endlich der Vergangenheit an. Sprich: Wer mit dem Pro-Modus auf Tuchfühlung gehen will, bekommt mit dem Drumkit richtig gut verarbeitete Hardware.

Ausblick

Wer auf den neuen Pro-Modus in Rock Band 3 verzichten kann oder wer ohnehin keine Ambitionen hat, sich abseits des Spiels mit aktivem Musikmachen zu beschäftigen, kann sich die Ausgaben sparen. Doch auch für den Semi-Hobby-Betrieb ist die Fender Mustang-Gitarre eine zwiespältige Anschaffung. Technisch mit über 100 gut ansprechenden Knöpfen und sechs anzuschlagenden Saiten ausgestattet, kommt die Plastikklampfe einer echten Gitarre verdammt nahe. Und dennoch: Das Spielgefühl schafft es nur zu etwa 90 Prozent, das eines echten Sechssaiters zu replizieren: Wer das Spielen der Gitarre erlernen will, sollte daher bis zur komplett funktionsfähigen Hybrid-Gitarre von Fender warten. Der Preis wird zwar deutlich höher liegen als die empfohlenen 149 Euro für die gut verarbeitete Mustang, aber das Spielgefühl ist natürlich authentisch und man kann die Klampfe auch für echte Musik nutzen. Für das Drumkit 2.5 sowie das Keyboard kann jedoch eine beinahe uneingeschränkte Kaufempfehlung ausgesprochen werden. Bei den Drums ist allerdings bedauerlich, dass man hierzulande die geräuschreduzierten Becken bislang nicht separat, sondern nur als Teil des Gesamtsets erwerben kann, so dass Besitzer des RB2-Modells mehr oder weniger zwangsweise nochmals in die Tasche greifen müssen. Und es ist schade, dass das Keyboard nur über zwei Oktaven verfügt. Doch die Symbiose zwischen Spielcontroller und beinahe vollwertigem Instrument ist bei beiden Geräten gelungen.  

 
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