Metal Gear Solid: HD Collection03.02.2012, Michael Krosta
Metal Gear Solid: HD Collection

Special:

Snake legt sich unters Messer: Neben der Silent Hill Collection spendiert Konami auch seiner populären Metal Gear Solid-Serie eine HD-Schönheitsoperation. Aber können die Schleichteinsätze heute noch genauso begeistern wie damals? Und hat Kojima Productions bei der Portierung Sorgfalt walten lassen oder so schlampig gearbeitet wie Ubisoft bei der Prince of Persia- und Splinter Cell-Trilogie?

Gegensätze

An der Metal Gear Solid-Serie scheiden sich die Geister: Während die einen Kojimas Konzept der „Tactical Espionage Action“ lieben und neben den interaktiven Abschnitten jede Sekunde der zahlreichen Codec-Gespräche sowie die ellenlangen Zwischensequenzen genießen, sehen andere in der Serie lediglich eine Aneinanderreihung von langatmigen Filmen, eine konfuse Geschichte und eine Spielmechanik, die sich höchstens im Ansatz zum Schleichen eignet.

Wie dem auch sei: Die Verkaufszahlen und der Kult um Snake & Co geben Schöpfer Hideo Kojima und seinem Team Recht, das 2008 mit Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots das vorerst letzte große Spiel auf die Beine gestellt und mit einem grandiosen Abschluss nahezu alle Fragen der komplexen Geschichte beantwortet hat. Um alle Zusammenhänge zu verstehen, erweist sich auch ein Blick in die MGS Data Basis als hilfreich, die PS3-Spielern zum kostenlosen Download zur Verfügung steht.

Da fehlt doch was...

Die grafischen Verbesserungen kommen am besten bei Snake Eater zur Geltung.
Die grafischen Verbesserungen kommen am besten bei Snake Eater zur Geltung.
Viel spannender ist es aber, die Geschichte von Big Boss und seinem geklonten Nachkommen in der Metal Gear Solid HD Collection noch mal zu erleben – und das schöner als jemals zuvor. Allerdings gibt es einen kleinen Dämpfer: Metal Gear Solid, mit dem Kojima 1998 auf der PlayStation neue Maßstäbe setzte und die 2D-Serie vom MSX gekonnt in die dritte Dimension überführte, fehlt in der Sammlung. Warum? Darüber kann man nur spekulieren: Wahrscheinlich wäre eine HD-Portierung zu aufwändig gewesen, denn auf das GameCube-Remake The Twin Snakes hätte man aufgrund der Lizenzbindung an Nintendo vermutlich nicht als Basis zurückgreifen können. Auch eine Umsetzung für die Xbox 360 wäre wohl zu aufwändig gewesen.

Zumindest in Japan hat Konami der Sammlung einen Download-Code beigelegt, mit dem sich PS3-Besitzer den Klassiker aus dem PSN laden dürfen – eine Option, über die man auch hierzulande hätte nachdenken können, auch wenn 360-Spieler in diesem Fall benachteiligt werden. Hier würde ein solcher Schritt vermutlich Unmut nach sich ziehen, denn im Gegensatz zu Japan spielt die Microsoft-Konsole bei uns noch eine größere Rolle. Nicht zu vergessen, dass in der japanischen Edition die HD-Umsetzung von Metal Gear Solid: Peace Walker ausgelagert wurde – für sie müssen Japaner genauso extra zahlen wie wir für die PSOne-Version von Metal Gear Solid.

Tolle Geschichtsstunde

Kuckuck!
Kuckuck!
Ja, die Abwesenheit dieses Meilensteins ist ein großer Verlust und auch über eine HD-Portierung von Twin Snakes hätte ich mich wahnsinnig gefreut. Aber auch ohne diesen wichtigen Einstieg hat die Sammlung sowohl für Neueinsteiger als auch für Fans eine ganze Menge zu bieten. Die Ursprünge der Geschichte reichen zurück bis in die Zeit des Kalten Krieges, die bei Metal Gear Solid 3: Snake Eater thematisiert wird, einschließlich Bezügen zu realen Ereignissen wie der Kuba-Krise, die Kojima mit seiner packenden Fiktion vermischt. Zwar ist das Hantieren mit verschiedenen Tarnanzügen neben der ständigen Essensbeschaffung und Verarztung etwas nervig, doch was den reinen Stealthanteil angeht, markiert Snakes Dschungelabenteuer einen Höhepunkt der Serie. Die herausragenden Bosse in Kombination mit der spannende Geschichte tragen ebenfalls ihren Teil dazu bei, dass Snake Eater mich auch heute noch packt, denn nach dem halbstündigen Prolog voller zäher Code-Gespräche nimmt das Spiel ordentlich an Fahrt auf. Mehr dazu in unserem Test.

Eine gute Basis

Die Kamera lässt sich frei bewegen, da das Remake auf Subsistance basiert.
Die Kamera lässt sich frei bewegen, da das Remake auf Subsistance basiert.
Es war eine gute Entscheidung, dass Kojima Productions die Subsistance-Version für die HD-Kur gewählt hat. Dadurch werden nicht nur die beiden MSX Klassiker Metal Gear und dessen Nachfolger Metal Gear: Solid Snake mitgeliefert, sondern man hat die Wahl zwischen der festen und einer freien Kamera, wobei Letztere einen großen Fortschritt gegenüber der Originalversion darstellt. Die grafischen Verbesserungen sieht man hauptsächlich an den Charaktermodellen, die dank der höheren Auflösung viel mehr Details bieten als noch zu PS2-Zeiten. Selbstverständlich profitieren auch die Kulissen von der HD-Bearbeitung, doch mit einigen groben Texturen können sie ihre Herkunft nicht verbergen.

Leider sind mir beim Anspielen einige gravierende Fehler in der Kollisionsabfrage negativ aufgefallen, die ich beim Spielen des Originals in dieser Form und Häufigkeit gar nicht oder seltener erlebt habe. So kann man immer wieder beobachten, wie Snake mit seinen Gegnern verschmilzt bzw. durch sie hindurch läuft – nicht schön!

HD-Kino

Endlich: Die grandios inszenierten Filme laufen im Vollbild und 16:9-Format über die Mattscheibe.
Endlich: Die grandios inszenierten Filme laufen im Vollbild und 16:9-Format über die Mattscheibe.
Was mich mittlerweile immer stört, wenn ich eines der alten Metal Gear-Spiele ins Laufwerk packe: Sie sind für 4:3-Fernseher ausgelegt und die Filmsequenzen werden selbst seitlich von schwarzen Balken umgeben. Die Alternative, an einem 16:9-Gerät die Anzeige durch diverse Programmeinstellungen (z.B. Cinema Zoom) zu strecken und damit doch im Vollbild zu spielen, erweist sich ausgerechnet hier als Problem, weil in diesem Fall auch ein Teil des Radars abgeschnitten wird.

Genau dieses Problem ist man bei der HD-Collection jetzt angegangen: Nicht nur die Spielabschnitte sind hier für das Breitbildformat ausgelegt, sondern auch die Filme erstrahlen wahlweise im Vollbild oder dem Letterbox-Format - endlich! Genau so habe ich mir das immer gewünscht, seitdem meine 4:3-Röhre von einem 16:9-Fernseher abgelöst wurde. Alleine diese Maßnahme ist für mich schon Grund genug, die Spiele noch mal zu erleben, auch wenn es vor allem bei Snake Eater immer wieder zu leichten Einbrüchen der Bildrate kommt. Hinzu kommt die 5.1 Abmischung, die damals an der PS2 höchstens in Zwischensequenzen oder im Intro zur Geltung kam, aber den Spieler jetzt während des gesamten Einsatzes aus allen Richtungen beschallt.

Laufen für den Frieden?

Peace Walker profitiert in der HD-Auflage hauptsächlich von der besseren Steuerung und Online-Koop.
Peace Walker profitiert in der HD-Auflage hauptsächlich von der besseren Steuerung und Online-Koop.
Peace Walker wurde von Kojima als großes Metal Gear für unterwegs konzipiert und hinterließ trotz enttäuschender Bosskämpfe und Zwischensequenzen in Comicform einen sehr guten Eindruck, wie unser PSP-Test zeigt. Der Vorteil der HD-Umsetzung besteht weniger in grafischen Verbesserungen – die flimmernde Texturen und klobigen Charaktere sind neben den kurzen Missionshäppchen Indizien dafür, dass das Ursprungsmaterial von einem Handheld-Spiel stammt. Dafür steuert sich Snake mit einem PS3- oder 360-Controller so viel komfortabler als an der PSP, an der man die Kamera noch mit den Actionknöpfen bedienen musste. Ein Hoch auf der zweiten Analogstick!

An den etwas anderen Ansatz von Peace Walker muss man sich als Fan der traditionellen MGS-Titel gewöhnen, wo das Rekrutieren einer Armee mit leichtem Personalmanagement, der Ausbau einer Basis oder Schlachten in Form eines Mini-Strategiespiels nie eine Rolle gespielt haben. Tatsächlich fühlt es sich im ersten Moment etwas seltsam an, das auf mobile Plattformen abgestimmte Konzept jetzt an einer Konsole zu erleben, doch entfesselt das Sammelprinzip in Verbindung mit der gelungenen Geschichte und dem spaßigen Onlinemodus auch hier eine gewisse Faszination, wobei die mit Action angereicherten Schleichmissionen auch hier im Mittelpunkt stehen.

Gemeinsamer Kampf

Kämpfer rekrutieren? Comic-Zwischensequenzen? Mini-Missionen? Peace Walker ist für den mobilen Einsatz konzipiert.
Kämpfer rekrutieren? Comic-Zwischensequenzen? Mini-Missionen? Peace Walker ist für den mobilen Einsatz konzipiert, funktioniert aber auch an den Konsolen.
Waren die Koop-Abschnitte auf der PSP nur lokal möglich, sind sie hier auf den Onlinemodus beschränkt – man kann also weder lokal im Splitscreen noch über Systemlink gemeinsam losziehen. Übrigens handelt es sich hier um die einzige Onlinefunktion innerhalb der Sammlung, da die Mehrspielerkomponente aus Snake Eater leider nicht übernommen wurde. Klar, PS3-Besitzer haben das in Metal Gear Solid 4 enthaltene Metal Gear Online als Alternative. Aber was ist mit der 360-Fraktion?

Daneben haben Sony-Anhänger einen weiteren Vorteil: Kojima–san nutzt die Gelegenheit, sein Transfarring getauftes Prinzip in die Praxis umzusetzen. In anderen Worten: Die Spielstände zwischen der PS3- und PSP-Version sind austauschbar, so dass man sowohl unterwegs als auch zu Hause seine aktuelle Session fortsetzen kann.

Die Verwirrung nimmt ihren Lauf

Metal Gear Solid 2: Sons of Liberty stellt inhaltlich betrachtet den Abschluss der Kollektion dar, obwohl es chronologisch vor den beiden anderen Spielen veröffentlicht wurde. Sein Alter merkt man dem Titel auch nach der HD-Bearbeitung an: Vor allem an die feste Kamera muss man sich wieder gewöhnen, nachdem man sowohl in Snake Eater als auch Peace Walker selbst die Kontrolle in der Hand bzw. am rechten Daumen hatte. Zumindest feierte damals die Mechanik ihre Premiere, sich in der Egoperspektive umzusehen, Ziele anzuvisieren und zu schießen. Das gleichzeitige Bewegen bietet Snake allerdings erst in Metal Gear Solid 4 und Peace Walker - bei Letzterem kann man im Liegen allerdings nur starr verharren und nicht mehr kriechen. Nichtsdestotrotz lernt man die Funktion genauso zu schätzen wie das Radar, das trotz der geringeren Übersicht zum nötigen Durchblick verhilft.

Warum Snake in MGS2 für Raiden weichen musste, ist mir immer noch ein Rätsel.
Warum Snake in MGS2 für Raiden weichen musste, ist mir immer noch ein Rätsel.
Nicht nur technisch markiert der zweite Teil das Schlusslicht der Sammlung – auch inhaltlich empfinde ich Sons of Liberty trotz seiner unumstrittenen Stärken als den schwächsten Titel der Serie. Vor allem der Austausch von Solid Snake durch den androgynen Raiden als neuer Protagonist stieß mir schon damals übel auf. Hinzu kommt, dass die Geschichte gegen Ende derart abstruse Züge annimmt, dass man selbst als Fan nur noch mit dem Kopf schütteln kann. Trotzdem ist die PS2-Premiere der Serie ein zentraler Baustein im MGS-Universum und man mag es kaum glauben, wie geschickt Kojima all die losen Fäden im großen Finale von Metal Gear Solid 4 noch halbwegs nachvollziehbar zusammenführt. Neben dem Hauptspiel finden sich übrigens auch noch eine ganze Menge VR-Missionen auf der Disk, die damals Bestandteil der Substance-Edition war, die neben der PS2 sogar ihren Weg auf die erste Xbox sowie den PC gefunden hat.

Fazit:

Was für eine Sammlung! Vor allem bei Snake Eater hat mich nach dem Spielen der HD-Version sofort wieder die alte Faszination gepackt. Diese Nerven zerfetzende Spannung, wenn man sich langsam im Gebüsch an den Wachen vorbeischleicht oder die anspruchsvollen Duelle gegen die clever designten Bossgegner bietet kaum eine andere Serie. Hinzu kommt die cineastische Präsentation, die damals alles in den Schatten gestellt hat und mich auch heute wieder dank der gelungenen HD-Überarbeitung und 16:9-Anpassung fesselt. Konami hat gute Arbeit geleistet, die alten Spiele aufzupolieren – sei es hinsichtlich der Grafik, dem durchgängigen 5.1-Sound oder der Steuerung, was vor allem Peace Walker betrifft. Eine optionale 3D-Unterstützung, wie man sie bei den meisten Sony- und Ubisoft-Remakes findet, hätte dem Ganzen aber noch die Krone aufgesetzt. Dafür  kommen endlich auch 360-Besitzer in den Genuss dieser herausragenden Titel, nachdem es zuvor mit MGS 2: Substance nur ein kurzes Gastspiel auf einem Microsoft-System gab. Schade nur, dass der PSone-Klassiker nicht Bestandteil der Kollektion ist – immerhin handelt es sich hierbei nicht nur für die Serie, sondern die gesamte Videospielgeschichte um einen Meilenstein. PS3-Besitzer sind gegenüber den Xboxlern im Vorteil: Sie können nicht nur Metal Gear Solid im PSN erwerben, sondern auch ihre Spielstände von Peace Walker jederzeit zwischen der Konsole und PSP austauschen. Langer Rede, kurzer Sinn: Wer die Serie bisher noch nicht kennt, findet hier eine prima Gelegenheit, sich mit dem MGS-Universum vertraut zu machen, auch wenn der Verlust von Metal Gear Solid eine große Lücke hinterlässt. Fans brauchen dagegen nicht lange zu überlegen: Für sie führt ohnehin kein Weg an der HD Collection vorbei!

Eindruck: sehr gut

 
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