Beyond: Two Souls19.08.2012, Benjamin Schmädig
Beyond: Two Souls

Special:

David Cage zeigte in Köln zwar wenig Neues vom Spiel, stellte sich dafür aber in einem kurzen Gespräch unseren Fragen. Der Spielemacher erzählt über seine Entwicklung als Autor und darüber, welche persönliche Erfahrung ihn zu Beyond: Two Souls (ab 6,99€ bei GP_logo_black_rgb kaufen) inspirierte. Und er hat einen "geheimen Plan"...

4Players: Waren sie in irgendeiner Form überrascht vom Erfolg, den sie mit Heavy Rain hatten?

David Cage: Oh, ja! Ich bin zwar sehr leidenschaftlich und glaube fest an das, was wir tun, aber ich wusste nicht, wie viel ich erwarten konnte und manchmal bin ich auch ein

David Cage: "Mich interessiert, was sich im Kopf abspielt."
David Cage: "Mich interessiert, was sich im Kopf abspielt."
Pessimist. Ich hatte nicht mit den Erfolg gerechnet und ich glaube, auch Sony hatte ihn nicht erwartet.

4Players: Wollte Sony die Grenzen des Machbaren ausloten?

Cage: Sony fand Fahrenheit sehr reizvoll: Viele Spieler haben Fahrenheit und später auch Heavy Rain mit ihren Frauen oder Freundinnen erlebt: Der Mann spielt und die Frau sagt, welchen Weg er einschlagen soll. Zum einen war es anders als andere Spiele und zum anderen war Sony an Titeln interessiert, die der PlayStation 3 ein Gesicht geben würden. Als einzigartige Erlebnis ist, das man nur auf PlayStation 3 erleben kann.

4Players: Die filmische Inszenierung half sicherlich dabei, dass neue Zuschauer und Spieler Zugang zu Heavy Rain fanden. Wenn sie Spiel und Film so eng verknüpfen: Inwiefern verstehen sie sich als Regisseur oder Spielemacher?

Cage: Ich bin als Entwickler nicht an Schablonen und Mechanismen interessiert: Für gewöhnlich gibt man dem Spieler fünf, zehn oder zwanzig Aktionen und lässt ihn damit herumspielen. Ich empfinde das als sehr einschränkend. Viele mögen das und ich respektiere das. Versteht mich nicht falsch: Ich kritisiere das nicht oder beschwere mich. Es ist nur nicht die Art von Spiel, die ich entwickeln möchte. Mich interessiert eher, was sich im Kopf abspielt als was man mit den Daumen anstellt. Das eigentliche Spiel findet im Kopf statt. Der Controller ist nur ein Mittel, um mit der Welt zu interagieren. Worauf es ankommt ist, was man dabei empfindet. Ich will Erlebnisse schaffen, die einen Eindruck im Kopf hinterlassen – so wie es die besten Filme oder die besten Bücher tun.

4Players: Spiele, die sich über ihren Inhalt definieren, erleben ohnehin einen Aufschwung. Es ist zumindest als Trend erkennbar, gerade bei Sony.

Cage: Sony ist ein wunderbarer Partner. Sie lassen uns alle kreativen Freiheiten. Die meisten Publisher hätten ein Heavy Rain 2 verlangt, aber Sony kamen zu uns und hat uns gefragt: „Was wollt ihr als nächstes machen?“ Wenn ich ein Drehbuch einschicke, verlangen sie nie irgendwelche Änderungen. Im Gegenzug können sie sich darauf verlassen, dass wir mit großer Leidenschaft arbeiten. Das Spielemachen ist das Wichtigste in meinem Leben – nach meinen Kindern.

4Players: Warum sind sie auf der Suche nach interessanten Geschichten zum Übernatürlichen zurückgekehrt? Was fasziniert sie daran?

Cage: Es mag auf den ersten Blick nicht so aussehen, aber Fahrenheit und Beyond unterscheiden sich deutlich. Die beiden Spiele spiegeln meine Entwicklung und hoffentlich den Fortschritt wider, den ich in den vergangen Jahren gemacht habe. In Fahrenheit wusste ich nicht genau, welche Geschichte ich erzählen will. Ich wusste nur, dass dieses und jenes passieren sollte. Aber ich hatte nichts Persönliches, über das ich reden wollte. In gewisser Weise war ich gerade erst dabei, meine eigene Stimme zu entdecken.

In Heavy Rain habe ich meine Stimme gefunden: Ich war ein junger Vater, der eine seltsame Beziehung zu seinem Sohn hatte und das war etwas, worüber ich reden wollte. Damit hat sich mein Blick auf meine Arbeit verändert. Es ging nicht mehr um große Abenteuer mit Superkräften, etwas das cool und spaßig ist. Es ging um meine persönliche Erfahrung.

Für einen Schriftsteller oder einen Drehbuchautor ist das etwas ganz Normales: Man kann nur über etwas schreiben, das man versteht oder zu dem man eine Beziehung hat – für den Autor eines Videospiels war es eine Revolution! Plötzlich entdeckt man eine Welt, die man nicht einmal vermutet hatte. Vorher musste man über einen Typ mit Superkräften oder Soldaten im Krieg schreiben – Dinge, die so

Eine vertraute Inszenierung soll den Einstieg erleichtern - danach sollen die Spieler "Dinge erleben, die sie noch nich zuvor gesehen haben".
Eine vertraute Inszenierung soll den Einstieg erleichtern - danach sollen die Spieler "Dinge erleben, die sie noch nich zuvor gesehen haben".
fern der eigenen Realität liegen, dass man überhaupt nicht weiß, wie sich das anfühlt. Man musste sie sich irgendwie zusammenreimen und wenn man das tut, kann man nur schlecht schreiben.

4Players: Was ist die persönliche Verbindung, die sie zu Beyond haben?

Cage: Der Ausgangspunkt war der Verlust eines Familienmitglieds, das mir sehr nahe stand. Es war das erste Mal, das ich wirklich auf diese Art mit dem Tod konfrontiert wurde. Wir wissen alle, dass wir irgendwann sterben werden und wir haben alle von Menschen oder Berühmtheiten gehört, die gestorben sind. Natürlich ist das immer ein Schock. Aber wenn es jemand ist, der einem sehr nahe stand, gewinnt es plötzlich eine völlig andere Bedeutung. Dann versteht man erst, wie brutal, wie gewalttätig und wie endgültig es ist. Da war jemand, den man geliebt hat, ein interessanter und leidenschaftlicher Mensch – jemand, dem man für Stunden zuhören konnte, wenn er etwas zu sagen hatte. Und auf einmal gibt es diese Person nicht mehr. Es ist eine Sache, das zu beschreiben. Aber es ist eine ganz andere Sache, es selbst zu erleben. Und das war Ursprung von Beyond.

Um auf die vorherige Frage zurück zu kommen: Das Übernatürliche ist in Beyond nur der Hintergrund. Die Geschichte, die ich eigentlich erzählen will, dreht sich um diese Figur, darum, wie sie sich über die Jahre entwickelt, über die glücklichen und traurigen Momente ihres Lebens, wie sie die Person wurde, die sie heute ist. Es geht um den Tod, darum, was sich auf der anderen Seite befindet.

4Players: Mit Heavy Rain haben sie nicht nur eine Geschichte erzählt, die im Bereich der Videospiele sehr ungewöhnlich ist. Sie haben auch ein Spiel entwickelt, das sich anders als andere Spiele anfühlt. Gibt es etwas in Beyond, das sie auf ähnliche Weise voranbringen wollen?

Cage: Ich war sehr zufrieden damit, was Heavy Rain spielerisch erreicht hat, denn die einzelnen Bausteine haben sehr gut zusammen gepasst – von der Steuerung über die Art und Weise, mit der Umgebung zu interagieren bis hin zu der Geschichte, die wir erzählen wollten.  Wir haben aber auch bemerkt, dass einige dem Spiel keine Chance gegeben haben, weil es ihnen zu eigenwillig vorkam. Sie hielten es für eine Art Dragon's Lair, bei dem sie einen Film schauen und gelegentlich einen Knopf drücken. Und egal, wie sehr wir versucht haben zu erklären, worum es uns mit dem Spiel geht, sie wollten ihm keine Chance geben.

Das ist etwas, über das wir uns Gedanken machen mussten und weshalb wir versuchen, den Einstieg zu erleichtern. Wir versuchen es, indem wir sagen: „Es wird großartig aussehen, es gibt Explosionen, es gibt Dinge, mit denen ihr vertraut seid. Schau es euch an – und wenn ihr das tut, zeigen wir euch Dinge, die ihr noch nie zuvor in einem Spiel gesehen habt.“ Das ist mein Plan, mein geheimer Plan! [lacht]

4Players: Vielen Dank für das Interview!

 
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