DayZ15.06.2012, Benjamin Schmädig
DayZ

Special:

ArmA II? Das lockt doch keine Maus mehr hinterm Ofen vor! Sollte man denken. Aber das Spiel verkauft sich gerade wie geschnitten Brot. Warum? Weil es eine Modifikation im unfertigen Alpha-Stadium gibt, die schon jetzt mehr Mumm beweist als die meisten Vollpreis-Entwickler je zusammenraufen. Day Z macht die Zombie-Apokalypse zur Realität: Entweder bist du clever und überlebst oder du stirbst. Endgültig.

Du. Bist. Tot.

Es gibt keinen Rücksetzpunkt. Keinen Speicherstand. Keine Safe Houses. Nichts. Wer in Day Z stirbt, der ist tot und beginnt von vorn. Dann steht er wieder an einem Strand des fiktiven Staates Chernarus, eine armselige Pistole in der Hand, ein paar Vorräte in den Taschen - gerade genug, um ein paar Stunden zu überleben.

"Stunden"... klingt verdammt viel. In vielen Abenteuern durchlebt man da ganze Epen, bereist etliche Länder und rettet ums Mittagessen 'rum das Universum. In Day Z klappert man in ein paar Stunden gerade mal ein paar Dörfer ab. Man findet ein wenig Dosenfutter, füllt die Wasserflasche auf, entdeckt einen Benzinkanister. Erfahrene Spieler haben dann vielleicht eine bessere Waffe und etwas Munition aufgetrieben und sich einer Truppe Gleichgesinnter angeschlossen. Unerfahrene schleppen sich schon nach Minuten, nach dem ersten Kampf schwer verletzt und mit trübem Blick durch das geheimnisvolle Rauschen eines endlosen Waldes. Bis sie einem Mitspieler in die Arme laufen - der Wehrlose einfach erschießt und ihren Rucksack plündert.

Was bringt die Zukunft?

Im aktuellen Zustand befindet sich Day Z (das wie "Daisy" mit Betonung auf der zweiten Silbe ausgesprochen wird) noch im Alpha-Stadium. Viele geplante Elemente sind deshalb noch nicht vorhanden, andere fehlerhaft und mit jeder neuen Version können sich wesentliche Dinge ändern.

Angeblich arbeitet Bohemia-Angestellter und Day Z-Schöpfer Dean Hall inzwischen in Vollzeit an der Modifikation. Das will ein Fan während der E3 aus erster Hand erfahren haben. Demnach wurde die Mod auch schon auf ArmA III übertragen. Sie könnte außerdem als eigenständiges Spiel erscheinen.

Hall selbst hatte bereits zuvor über ein Geschäftsmodell nachgedacht: Für ihn komme am ehesten ein Vertrieb in der Art von Minecraft in Frage.

Update, 7. August 2012:

Wie jetzt bestätigt wurde, wird aus Day Z ein eigenständiges Spiel.

Der echte Sonnenuntergang

Day Z ist ein ruhiges Spiel. Sein Tag-/Nachtwechsel läuft in Echtzeit ab. Genauer gesagt ist es natürlich "nur" die Modifikation eines bestehende Spiels, die sich auf viele aus ArmA II bekannte Stärken verlässt: die frei begehbare Welt - ein weitläufiger Mischwald der gemäßigten Klimazone -, das Knirschen im Unterholz, das leise Zirpen auf offener Flur, kleine Siedlungen am Straßenrand. Man kann stundenlang durch den Wald streifen und gerade bei Dämmerung die Idylle eines ganz normalen Waldspaziergangs in einmaliger Ruhe aufsaugen. Ja, dieses Chernarus gab es schon...

… seine Zombies sind allerdings neu. Denn so friedlich die Wälder meist sind: In den Siedlungen treiben sich zahllose Infizierte herum. Es sind langsame, schlurfende, auf allen Vieren hopsende, gurgelnde, schnarrende – richtig eklige Zombies. Sie hören und sehen nicht besonders gut, weshalb man geduckt oder kriechend vorbei schleichen kann. Auch das Bewegungssystem übernimmt Day Z aus ArmA II, so dass Hör- und Sichtbarkeit von Laufgeschwindigkeit und Körperhaltung abhängen. Umsichtige lehnen sich zudem hinter Wänden und Zäunen hervor.

Selbstheiler

Doch wehe, die Zombies bemerken den Eindringling! Dann sprinten sie urplötzlich auf ihn zu und greifen an. Mit einem Affenzahn rennen die "Z" in Richtung Opfer... blitzschnell muss man sich für zwei Möglichkeiten entscheiden: die Flucht oder den Schuss. Einen Kopftreffer

Die einzigartige Kulisse verdankt Day Z dem Hauptprogramm ArmA II.
Die einzigartige Kulisse verdankt Day Z dem Hauptprogramm, Bohemias ArmA II.
halten die Untoten nicht aus - wer schnell ist, kann sich deshalb leicht wehren. Klitzekleines Problemchen: Sämtliche Zombies und Spieler der Umgebung werden auf den Lärm aufmerksam. Und während selten ein Spieler zu Hilfe eilt, hinterlässt ein Kampf gegen mehrere Infizierte meist offene Wunden.

Wunden bedeuten hier aber nicht das Senken der Energieleiste. Verletzungen müssen vielmehr verbunden werden, um die Blutung zu stoppen. Wer das vernachlässigt, kann bald nicht mehr scharf sehen, hört nicht mehr alles, fällt hin und wieder sogar in Ohnmacht und würde schließlich sterben. Schmerzmittel helfen allerdings nicht - die unterbinden nur das ständige Zittern. Antibiotika bekämpfen infektiösen Husten und um einen Beinbruch zu heilen, mit dem man nicht mehr laufen kann, hilft nur die Morphium-Spritze. Verlorenen Lebenssaft füllen hingegen seltene Blutkonserven wieder vollständig auf - falls ein anderer Spieler die Transfusion einleitet. Auch Konserven und Wasser erhöhen den Blutspiegel, die Wirkung ist im Vergleich zur Transfusion aber fast vernachlässigbar.

Geschichten erzählen...

Gehaltvoller ist das Fleisch eigenhändig geschlachteter Tiere, wenn man es über offenem Feuer grillt. Die zur Schlachtung und zum Holzhacken benötigten Werkzeuge muss man aber erst beschaffen und so steckt man schnell mittendrin im harten Überlebenskampf. Glück hat, wer Benzin und genug Ersatzteile findet, um ein Fahrzeug flott zu machen. Denn damit

Andere Überlebende können gefährliche Banditen oder hilfreiche Kameraden sein.
Andere Überlebende können gefährliche Banditen oder hilfreiche Kameraden sein.
bewegt man sich relativ gefahrlos durch Chernarus. Pech hat, wer nach ein paar Tagen auf einen Banditen trifft, der ihn kurzerhand erschießt. Für ein bisschen Nahrung. Eine bessere Waffe. Und das Auto. Ständige Vorsicht ist die Mutter des Überlebenden!

Day Z spielt ausschließlich in einer Onlinewelt. Dabei kommen auf jedem Server zwar höchstens 100 Spieler zusammen (meist sind es 25 bis 50), der Fortschritt jedes Einzelnen wird allerdings zentral festgehalten. Mit jedem Spielstart auf irgendeinem Server fährt man also an genau der Stelle fort, an der man Chernarus zuletzt verlassen hat. Das macht den Überlebenskampf länger, eindringlicher und glaubhafter - den Tod dafür umso tragischer. Umso wertvoller ist dafür der Zusammenhalt einer Gruppe, die sich in dieser trostlosen Welt zusammenrafft. Spätestens dann, wenn sich drei, vier oder mehr Überlebende gemeinsam voran tasten, Lebensmittel tauschen und mit gezogener Waffe einen fremden Spieler verhören, ob er friedfertige Absichten hegt oder als mordender Bandit umher streift - spätestens dann erzählt eine MOD eine der spannendsten Geschichten des (Über)lebens.

Auf dem Weg zum Spiel

Wenn man einige Stunden überlebt hat und wenn man alles gesehen hat, gibt es einen Punkt,

Die Installation

Laut offizieller Webseite benötigt man drei Dinge, um die Modifikation zu spielen: ArmA II: Combined Operations, die Day Z-Installationsdateien und... Eier.

Tatsächlich benötigt man nicht nur ArmA II, sondern die als "Combined Operations" bekannte Ausgabe. Links zu den aktuellen Installationsdateien findet man auf der offiziellen Webseite , eine Erklärung des Installationsvorgangs gibt es in diesem Video .

Hilfreich ist außerdem die aktuelle Beta-Version zu ArmA II - in Zukunft könnte diese sogar Voraussetzung sein.

Ein Tipp noch: Vor dem ersten Start der Mod unbedingt einen Mehrspieler-Charakter anlegen und Steam als Administrator starten. Sonst könnte es sein, dass Day Z während des Zugriffs auf einen Server hängen bleibt. an dem es keinen Spaß mehr macht, durch ein Chernarus zu laufen, in dem es nichts mehr zu entdecken gibt. Fortgeschrittenen Überlebenden fehlen Anreize, noch tiefer in der glaubwürdigen Welt zu versinken; viele werden offenbar aus reiner Langeweile zu Banditen. Weil Day Z noch lange nicht zu Ende entwickelt wurde, findet man zudem Programm- oder Logikfehler und vermisst für die Stimmung wichtige Kleinigkeiten wie auf das Spiel abgestimmte Symbole. Momentan zeigt etwa eine Waffe die Möglichkeit zum Aufnehmen einer Coladose an. Unglücklich auch der realistisch langsame Tag-/Nachtwechsel: Wer tagsüber mit Arbeit oder Familie beschäftigt ist, stapft ständig durch stockfinstere Nacht. Besser wäre es, wenn noch mehr Server den Tagesrhythmus ändern würden.

Eben weil sich die Modifikation aber im frühen Alpha-Stadium befindet, sollen noch etliche Verbesserungen folgen. Der alleinige Entwickler, Dean „Rocket“ Hall, ist sich vieler Schwächen bewusst – fortgeschrittenen Spielern will er etwa ein Ziel geben, Regen und andere Umwelteinflüsse sollen sich auf die Spieler auswirken. Das ArmA II- und ArmA III-Studio Bohemia ist sich des Phänomens ohnehin bewusst und unterstützt Hall nach Kräften. Denn immerhin: Während etliche Publisher seinem Konzept aufgrund fehlender Massentauglichkeit eine kommerzielle Absage erteilten, steht das drei Jahre alte ArmA II nur dank Halls Hobbyarbeit seit Wochen in den oberen Verkaufslisten. Das sind die Geschichten, die die Spielewelt erzählen muss!

 
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