Special: Remedy im Wandel der Zeit
Demoszene und Benchmarker
Kaum zu glauben: Remedy Entertainment gibt es schon seit über 20 Jahren, genauer seit 1995, als Mitglieder der Demoszene sich zusammentaten. Und es sollte gar nicht allzu lange dauern, bis das erste Projekt fertig gestellt wurde, denn nur ein Jahr später erschien mit Death Rally ein Rennspiel aus der Vogelperspektive, in dem man mit Waffen strotzenden Karren durch Ligen rauscht und die feindlichen Fahrzeuge in schrottreife Vehikel verwandelt. Das Spiel wurde damals größtenteils positiv von der Kritik aufgenommen, was unter Umständen auch daran lag, dass Apogee als Publisher fungierte. Apogee? Da war doch was? Richtig: Aus Apogee wurde später 3D Realms, das seine größten Erfolge mit Titeln wie Duke Nukem feiern sollte. Der blonde Actionstar war in einer frühen Rolle übrigens einer der Fahrer, gegen die man antritt. Im Oktober 2009 stellte Remedy das Spiel als Freeware für Windows-Betriebssysteme zur Verfügung. Und 2011 brachte man auf iOS und Android ein Remake auf den Markt.
Maximale Schmerzen
Der große Durchbruch sollte Remedy jedoch 2001 mit dem Projekt Max Payne gelingen, das im Prinzip ein einziger spielbarer Benchmark war. Allerdings einer mit erstaunlich düsterer Geschichte, die ihre Inspiration aus dem Film Noir zog. Dazu kam eine seinerzeit Aufsehen erregende Kulisse sowie ein Feature, das zu einem Standard in Action-Spielen werden sollte und irgendwann inflationär überstrapaziert wurde. Doch als man mit Max Payne die Bullet Time in Spielen einführte, bei der das Geschehen in Zeitlupe abgespielt wurde, während man weiter die Kamera oder Spielfigur bewegen konnte, um sich einen Vorteil gegenüber seinen Gegnern zu verschaffen, war das Staunen groß. Ich kann mich noch gut erinnern, mit welch breitem Grinsen ich auf der E3 2001 aus dem Bus kam, der von Take 2/Rockstar außerhalb der Messehallen geparkt war und in dem das Spiel präsentiert wurde. Max
Das war auch Take 2 bewusst, das Remedy die Rechte an der Marke im folgenden Jahr für zehn Millionen US-Dollar plus einem fetten Aktienpaket abkaufte. Doch auch wenn Max als Marke das Haus verlassen hatte, hat man dem desillusionierten und in Ungnade gefallenen Ex-Cop nochmals einen Besuch abgestattet: 2002 erschien Max Payne 2: The Fall of Max Payne. Der Fortsetzung, die abermals grafische Standards setzen konnte und erzählerisch interessante Wege einschlug, während die Mechanik kaum Fortschritte machte und daher mit 88% (zum Test) an der Platin-Hürde scheiterte, blieb der Index erspart. Und 2012 wurde der erste Teil sogar wieder vom Index gestrichen - pünktlich zum Start von Max Payne 3, das Rockstar Games in
Der Action-Horror im Wald
Nach einer längeren Schaffenspause ließen die Finnen dann 2005 die Katze aus dem Sack, was ihr nächstes Projekt werden würde: Ein "psychologischer Action-Thriller", der sich inhaltlich an Twin Peaks und Büchern von Stephen King wie z.B. Misery oder The Dark Half orientierte. Der Name: Alan Wake. Nach der anfänglichen Spannung, immerhin ist es eine neue Marke der Max-Payne-Entwickler, wurden die Diskussionen allerdings zunehmend auf die Veröffentlichungspolitik gelenkt. Denn Microsoft hatte sich mit Remedy auf eine Exklusiv-Vermarktung geeinigt und wollte den Titel auf der Xbox 360 und Windows Vista herausbringen, um seine neuen Betriebs- und Konsolensysteme mit interessanten Kaufgründen zu versehen. Dass daraus 2010 eine exklusive Veröffentlichung auf der 360 werden sollte, während Remedy zwei Jahre später eine PC-Version mehr oder weniger in Eigenregie auf den Markt brachte, half nicht, um die Gemüter zu beruhigen. Zumal die Finnen aus Respekt vor dem Exklusiv-Partner Microsoft auf eine PS3-Version verzichteten. Gegenwärtig wiederholt sich die Geschichte, denn das aktuelle Projekt Quantum Break (ab 9,99€ bei kaufen) erscheint abermals nur auf der Xbox One sowie im Windows-Store, der nur Benutzern von Windows 10 zur Verfügung steht. Immerhin: Kauft man eine Version, kann man auf beiden Systemen spielen und sogar Spielstände hin und her schieben.
Mobile Struktur-Änderungen
Mit Quantum Break, bei dem abermals Sam Lake als Creative Director im Einsatz ist, scheint Remedy mechanisch zurück zu den Wurzeln gehen zu wollen: Vor dem Hintergrund missglückter Zeitexperimente werden rasante ballistische Auseinandersetzungen inszeniert - natürlich auch mit Zeitlupen und einer Variation der Bullet Time, die man hier auf eine neue Stufe hieven möchte. Erzählerisch hat man sich auf ein Episodenformat festgelegt, bei dem zwischen den einzelnen Missionen ein weiterer Teil einer mit echten Schauspielern gedrehten Serie abgespielt wird, deren Handlung sich je nach den Entscheidungen verändert, die man als Spieler getroffen hat. Ein interessantes Konzept, das uns in der Vorschau überzeugen konnte:
Doch wie dem auch sei: In etwas mehr als 20 Jahren hat Remedy es mit nur wenigen Titeln geschafft, Geschichte zu schreiben und mitunter sogar Standards zu definieren. Mit über zehn Millionen verkaufter Spiele (natürlich ohne Quantum Break), die die Titelseiten aller wichtigen Magazine zierten und in über 100 Ländern die Verkaufscharts anführten, dazu noch über 13 Millionen Downloads (ebenfalls ohne Quantum Break) bei digitalen Veröffentlichungen gehört Remedy zu den nach wie vor wichtigsten unabhängigen Entwicklern Europas. Gar nicht schlecht für ein paar Freaks aus der Demoszene.
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