Stardust07.06.2013, Jan Wöbbeking
Stardust

Special:

Vor sechs Jahren bescherte Super Stardust HD der jungen PS3 den ultimativen Adrenalin-Rausch: Der hektische Slalom durchs Splitter-Chaos war aber nicht der erste Serienteil. Bereits 1993 kitzelte Housemarque Erstaunliches aus dem alten Amiga heraus.

Die Macht der Demo-Szene

Der Kinnladenklapper des Jahres 1993: In den Railshooter-Sequenzen rauschten Tunnelwände und Gegner butterweich am Spieler vorbei.
Mein Kinnladenklapper des Jahres 1993: In den Railshooter-Sequenzen rauschten Tunnelwände und Gegner butterweich am Schiff vorbei.
Damals trug das Team noch den martialischen Namen Bloodhouse. Ein paar findige Entwickler aus der Demo-Szene taten sich zusammen, um ihre Tricks für ein Spiel zu nutzen. Da der bereits sechs Jahre alte Amiga 500 nicht besonders gut im Berechnen von räumlicher Grafik war, nutzten sie die Raytracing-Technik: Sämtliche Animationen wurden vorberechnet und mussten im Spiel nur noch an passender Stelle abgespielt werden.

Als ich einen ersten Blick auf die Demo warf, konnte ich meinen Augen kaum trauen. Einen derart flüssigen Flug durch detailreiche 3D-Tunnel hatte ich noch nie gesehen - weder auf einem Amiga noch irgendwo anders. Auch die flüssig animierten Raumschiffe der Draufsicht-Sequenzen profitierten vom Raytracing. Diese Abschnitte waren ähnlich aufgebaut wie in Super Stardust HD: Wie im uralten Arcade-Klassiker Asteroids ballert man mit seinem Gleiter auf sich teilende Gesteinsbrocken, Raumschiffe und bizarre mechanische Weltraumschlangen.

Asteroiden und morphende Weltraumschlangen

Die Planeten ließen sich noch nicht umrunden. Stattdessen kam man links heraus, wenn man über den rechten Rand hinaus zischte.
Die Planeten ließen sich noch nicht umrunden. Stattdessen kam man links heraus, wenn man über den rechten Rand hinaus düste.
Beinahe alle Gegner aus der PS3-Neuauflage waren auch schon im Original vertreten. Aber im Vergleich zum heutigen Overkill wirkt die Action des Originals mittlerweile fast schon behäbig. Das niedrigere Tempo hat eine Ursache: Mit einem gewöhnlichen Amiga-Joystick konnte die später genutzte Zweistick-Steuerung im Stil von Robotron noch nicht kopiert werden. Stattdessen düste und feuerte das Schiffchen immer nur in Blickrichtung.

Das langsamere Tempo tat der Spannung aber keinen Abbruch: Durch das knackige Zeitlimit kam es ständig zu haarscharfen Ausweichmanövern. Kann ich den Gegner noch rechtzeitig zerbröseln oder drehe ich mein Schiff zur Seite, um in letzter Sekunde auszuweichen? Auch das Einsammeln der Extrawaffen war das reinste Poker-Spiel. In ausweglosen Situationen habe ich meine Power-ups oft schnell noch einer anderen Waffe zugeordnet, damit ich nicht kurz vorm Boss meinen aufgemotzen Flammenwerfer verlor. Apropos Flammenwerfer: Mann…sah…der…geil…aus! Das musste einfach mal erwähnt werden.

Abwechslung satt

Auf Amiga 1200 und CD32 hatten die 3D-Tunnels sogar hintereinander liegende Parallax-Ebenen.
Auf Amiga 1200 und CD32 hatten die 3D-Tunnels sogar hintereinander liegende Parallax-Ebenen.
Das Punktesystem war übrigens bei weitem nicht so ausgefeilt wie heutzutage – im Gegenzug bot das Original aber deutlich mehr Abwechslung. Einerseits durch die grafisch beeindruckenden Tunnel-Sequenzen, in denen man wie in einem Rail-Shooter fette Cyber-Gegner versägte, andererseits mit kniffligen Unterwasser-Passagen.

Letztere waren optional: Man mogelte sich durch winzige Lücken eines Labyrinths, um an wertvolle Leben und Boni zu gelangen. Im Gegensatz zu den Standard-Levels war die Steuerung an den Arcade-Klassiker Thrust angelehnt. Man musste sich ständig mit den Schubdüsen nach oben katapultieren, um nicht von der Schwerkraft der Planetenoberfläche auf den Grund gezogen zu werden – ähnlich wie in Gravity Crash.

Raven!

Kurz darauf folgte die grafisch verbesserte Umsetzung „Super Stardust“ für Amiga 1200 und 4000. Die beste Version bekam allerdings Commodores erfolglose Konsole Amiga

Das erste Stardust wurde noch von Bloodhouse direkt vertrieben – in einer tiefschwarzen Papphülle. Für Super Stardust fanden die Finnen Team 17 als Publisher.
Das erste Stardust wurde noch von Bloodhouse direkt vertrieben – in einer tiefschwarzen Papphülle. Für Super Stardust fanden die Finnen Team 17 als Publisher.
CD32. Nur dort gab es eine verbesserte Steuerung, Rendervideos, frische Musik direkt von der CD, aufwändigere Sound- und Grafikeffekte und vor allem einen angenehm knackigen, aber nicht mehr so wahnsinnig hohen Schwierigkeitsgrad. Oder um es kurz zu machen: Es war der rundum gelungene Höhepunkt der Serie, obwohl seinerzeit kaum jemand etwas davon mitbekam.

Extrem cool und eingängig war der Rave-Soundtrack, bei dem man sofort die finnische Herkunft erkennt: Ähnlich wie andere Künstler aus der Region verband Risto Vuori bzw. Bassbomb treibende Hardcore-Beats mit den ausschweifenden Melodien von nordischem Psytrance. Die Original-Tracks lassen sich übrigens auch auf PS3 und Vita freischalten. Da Screenshots die Pracht der flüssigen Raytracing-Animationen nicht ansatzweise einfangen können, solltet ihr unbedingt auch einen Blick auf Youtube-Longplays wie das von cubex55 werfen.

Nachfolger in Planung?

Stardust und seine Nachfolger gehören nach wie vor zu meinen absoluten Amiga-Lieblingen. Wer Housemarques aktuelle Spiele mag, sollte unbedingt auch in die Vorgänger hineinschnuppern (es gibt übrigens auch eine PC-Umsetzung)! Ich zumindest habe mich tierisch gefreut, als ich beim Wühlen in Keller-Kartons am letzten Wochenende mein altes Amiga-Original wieder fand. Für die PlayStation 4 ist übrigens ein „geistiger Nachfolger“ geplant, nähere Infos könnten im Rahmen der E3 folgen.

 
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