Special:
Ungewisse Europa-Pläne
Wirklich überzeugt vom Erfolg des Shields scheint selbst Nvidia noch nicht zu sein: Ob oder wann das Gerät nach Europa kommt, konnte uns der Grafikchiphersteller bislang nicht verraten. Da wir bereits die Möglichkeit hatten, ihn vorab in Los Angeles auszuprobieren, wollen wir euch den ungewöhnlichen Hybriden vorstellen. In den USA erscheint er bereits heute. Nach negativem Feedback zum Preis von 349 Dollar senkte Nvidia ihn noch vor dem Start auf 299 Dollar. Die Besonderheit ist auf den ersten Blick das Design: Anders als bei Tablets oder klassischen Handhelds ist Shield wie ein Controller geformt. Es gibt zwei vollwertige Analogsticks, jeweils zwei Trigger und Schulterknöpfe, ein Steuerkreuz sowie die typischen vier Feuerknöpfe auf der rechten Seite. Ähnlich wie beim 3DS klappt man die Abdeckung nach oben, so dass der fünf Zoll (12,7 cm) große Bildschirm mit einer Auflösung von 1280x720 Pixeln zum Vorschein kommt.
Die zwei zentralen Funktionen von Shield sind das Spielen von Android-Titeln und das Streamen von PC-Spielen. Erstere können z.B. wie gewohnt auf Google Play gekauft werden, da Shield mit der Standard-Version von Android (Jelly Bean) ausgestattet ist. Nvidia verzichtet auf die von vielen Smartphone-Herstellern gewohnten Anpassungen von Googles Betriebssystem. Das Streaming von PC-Spielen funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip wie Sonys Remote-Play mit Vita und PS3. Per WiFi-Verbindung nimmt Shield Kontakt mit dem Router oder der WLAN-Karte des PCs auf und sendet die Controller-Eingaben. Das von der Grafikkarte berechnete Bild wird per Videostream zurück ans Handheld geschickt.
Nvidia-Karte benötigt
Im Inneren des Geräts tickt natürlich ein Nvidia-Chip. Verbaut ist die schnelle Tegra-4-Variante (Wayne), in welcher der schnelle Vierkern-Prozessor Cortex A15 mit 1,9 Ghz arbeitet. Die Grafikeinheit wird mit der Schwindel erregenden Zahl von 72 Kernen beworben. In der Praxis handelt es sich dabei lediglich um Shadereinheiten, welche Polygone z.B. mit Wassereffekten und anderen Feinheiten ausschmücken. Da noch keine Unified-Shader-Architektur verwendet wird, lassen sich die Aufgaben nicht so flexibel verteilen wie z.B. bei der Konkurrenz-GPU Adreno 320, welche etwa im LG Nexus 4 verwendet wird.
Maße: 135 x 158 x 57mm
Gewicht: 579 Gramm
Multi-Touchscreen
Bildschirmdiagonale: 5 Zoll (12,7 cm)
Auflösung: 1280 x 720 Pixel
SoC: Tegra 4 (Wayne)
CPU: 1.9 GHz Quad-core Cortex-A15
Arbeitsspeicher: 2 GB
Interner Speicherplatz: 16 GB
Micro-SD-Slot
3,5mm-Headsetbuchse mit Microphoneingang
Gyro-Sensor mit drei Achsen
Beschleunigungssensor mit drei Achsen
Bluetooth 3.0
802.11n 2x2 MIMO WiFi
GPS
Akku-Kapazität: 28,8 Wattstunden
Betriebssystem: Android Jelly Bean
Brandneue Technik
Eigene Benchmarks konnten wir nicht durchführen, da wir in der Redaktion noch kein Testgerät zur Verfügung haben. Die bislang auf dem Portal GFXBench geposteten Ergebnisse bescheinigen dem Tegra 4 aber eine beachtliche Leistung, auf einem vergleichbaren Niveau wie das iPad 4. Im Benchmark „GFXBench 2.7 T-Rex HD C24Z16 - Offscreen (1080p)“ liegt Shield z.B. bei 20,6 Bildern pro Sekunde, das iPad 4 kommt auf 17,3 Bilder.
Lediglich Samsung-Geräte mit dem potenten Snapdragon S800 schneiden besser ab: Das Galaxy S4 (Modell SHV-E330S) erreicht 26,4 Bilder, das SM-N900 Galaxy Note III kommt auf 25,9. Falls der Chip ins Schwitzen kommt, sorgt ein kleiner aktiver Lüfter für die Wärmeabfuhr. Die lauwarme Luft entweicht dann durch kleine Schlitze an der Rückseite.
Zombies, Wassersport und Pyramiden
Genügend Power ist offenbar vorhanden und die von uns angespielten Titel liefen butterweich, darunter z.B. das Remake des Wii-Shooters „Conduit HD“. Leider hatte Nvidia nicht allzu viele grafikintensive Spiele installiert. Das grafische Highlight war Dead Trigger 2: Dank offizieller Tegra-4-Unterstützung protzt der Zombie-Shooter mit exklusiven Effekten. Lampen spiegeln sich z.B. realistisch auf Wasserlachen und feiner Dunst weht über den Hof. Auch die verwitterten Oberflächen an den rostigen Wellblechhütten können sich sehen lassen.
Rund 30 für Shield optimierte Titel sollen zum Start zur Verfügung stehen, darunter Grand Theft Auto: Vice City, das Puzzlespiel Hamilton's Great Adventure THD sowie der Jetski-Racer Riptide GP2. Einen ersten Überblick gibt die offizielle Website - oder man startet direkt auf dem Gerät Nvidias Kanal TegraZone, in dem angepasste Titel vorgestellt werden. Zwei Spiele werden bereits mitgeliefert: Der 2D-Plattformer Sonic the Hedgehog 4 Episode II THD und der Arcade-Shooter Expendable: Rearmed sind vorinstalliert. Auch
Verzögerungen beim PC-Streaming
Das Streaming-Feature haben wir natürlich ebenfalls angetestet, und zwar mit Borderlands 2 und Batman: Arkham City. Einerseits sah die aufwändige Grafik auf dem leuchtstarken Shield-Screen richtig gut aus, andererseits machte sich aber auch ein kleiner Lag bemerkbar. In Batmans ruhigerem Third-Person-Spiel fiel er kaum auf, in den schnellen Schusswechseln von Borderlands 2 störte die leichte Verzögerung allerdings. Hoffentlich wird die Übertragung noch optimiert. Auf der offiziellen Website betont Nvidia, dass sich das Streaming auch bei den ausgelieferten Geräten noch im Beta-Stadium befindet. Wer mit einem Import liebäugelt und sofort loslegen möchte, sollte hier vorher überprüfen, ob seine PC-Konfiguration und der Router unterstützt werden. Für die Zukunft plant Nvidia außerdem, den hauseigenen Cloud-Gaming-Service GRID für Shield anzubieten.
Mit seinen silbernen Plastik-Akzenten und den dicken Balken rund um den Bildschirm wirkt das aufklappbare Handheld nicht gerade elegant. Im Gegenzug macht die Verarbeitung aber einen sehr wertigen Eindruck. Mit 579 Gramm ist das Gerät nicht
Nicht schön, aber wertig
Die Trigger haben ebenfalls einen langen Weg und sind straff eingestellt. Ihre Position und die der Schultertasten wirkt aber nicht ideal: Für meine eher großen Hände liegen sie deutlich zu hoch und zu nah beieinander. Sehr gut gefällt mir das präzise Digi-Kreuz mit seinem guten Druckpunkt. Wer Shield als Ersatz für eine mobile Android-Konsole wie Ouya nutzen möchte, dürfte sich über den Mini-HDMI-Ausgang freuen. Mit dem passenden Kabel wird das Bild auf einen HD-Fernseher übertragen. Die Buchse ist an der Rückseite des Geräts angebracht, neben den Anschlüssen für Micro-USB 2.0, dem 3,5-Zoll-Headsetanschluss sowie dem Schlitz für eine Micro-SD-Karte. Mit einem Druck auf den mittig gelegenen Nvidia-Knopf ruft man das zentrale System-Menü auf. Per Tastendruck kann man z.B. zwischen dem Stream vom PC und einem laufenden Android-Spiel umschalten – das dauerte bei unserem Test wenige Sekunden.
Da ein vollwertiges Android installiert ist, lassen sich abseits von Spielen natürlich auch andere Funktionen von Googles mobilem Betriebssystem nutzen: Ein gestarteter Kinofilm sah z.B. knackig scharf und farbkräftig aus. Da die Oberfläche des Multitouchscreens stark spiegelt, könnte die Sonne bei gutem Wetter aber Probleme bereiten. Wer ungerne Fingerabdrücke sammelt, kann auch mit Hilfe der Knöpfe durch die Menüs navigieren; der Stick fungiert dann als Mouse-ähnlicher Cursor.
Tomb Raider (2013)
Ausblick und Einschätzung
Nvidias Shield ist ein eigenwilliger Hybrid. Die Technik gefällt mir nach meiner ersten Spiel-Session richtig gut: Der kraftvolle Tegra-4-Chip bietet vermutlich genügend Leistungsreserven für die nächsten Jahre und die hochwertig verarbeiteten Sticks und Trigger machen das Spielen fast so bequem wie vor der Konsole. Bei der Hitzewelle könnte ich mir auch durchaus vorstellen, abends gemütlich auf dem kühlen Balkon gestreamte PC-Spiele zu zocken. Doch bisher flutscht dieser Datentransfer noch nicht ideal: Bei unseren Probespielen gab es eine kleine, aber spürbare Verzögerung zwischen Eingabe und Bewegung auf dem Bildschirm. Ein weiterer Nachteil für Spieler ist, dass sich auf Android nach wie vor nicht so viele exklusive Highlights tummeln wie in Apples Appstore. Im Gegensatz zu Ouya oder dem Kindle Fire HD kann man aber immerhin ganz normal auf Googles Play-Store zugreifen. Ich bezweifle, dass sich Shield gegen Spielehandhelds, Tablets & Co durchsetzen kann, aber als Alternative für Android-Nutzer ist das Gerät durchaus interessant. Aufgrund der starken Hardware würde ich mir Shield eher zulegen als z.B. eine Ouya. Ich bin gespannt, wie sich die finale Hardware präsentiert.
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