Maniac Mansion (Oldie)24.10.2013, Michael Krosta
Maniac Mansion (Oldie)

Special:

Kein Benzin für die Kettensäge? Ein Hamster in der Mikrowelle? Sprechende Tentakel? Ein verrückter Wissenschaftler, der Teenagern ihre Gehirne aussaugen will? Alte Abenteurer-Hasen wissen sofort Bescheid: Hier kann nur von Maniac Mansion die Rede sein! Wir blicken zurück auf das Kult-Adventure, das mit für den kometenhaften Aufstieg der Lucas'schen Spieleschmiede sorgte...

Ich nix verstehn tu

Das SCUMM-System mit seinen 15 Verben war eine kleine Revolution im Adventure-Genre.
Das SCUMM-System mit seinen 15 Verben war eine kleine Revolution im Adventure-Genre.
Meine Güte, was hat mich das immer aufregt! „Das funktioniert nicht“, „Das kannst du nicht machen“, „Ich verstehe nicht, was du meinst“ - nur eine kleine Auswahl der zahlreichen Fehlermeldungen, die mich ständig zur Weißglut getrieben haben. Und das nur, weil dieser verdammte Parser mit seinem begrenzten Vokabular einfach nicht verstand oder verstehen wollte, was ich ihm mit den eingetippten Worten sagen wollte. Moment mal, umständlicher Parser und Maniac Mansion? Das passt doch nicht zusammen!

Richtig: Es waren vor allem die Sierra-Abenteuer wie Space Quest, Police Quest oder Leisure Suit Larry, die mich damals zur Verzweiflung gebracht haben, weil sie oft nicht in der Lage waren, meine eigentlich logischen Texteingaben ordentlich zu interpretieren. Nicht nur mir ging es so – auch Ron Gilbert, damals junger Spieldesigner bei Lucasfilm Games, war das Getippe ein Dorn im Auge. Also erfand er etwas Neues, was das Adventure-Leben sehr viel angenehmer gestalten sollte: Script Creation Utility for Maniac Mansion (kurz: SCUMM), bei dem Spieler auf dem unteren Drittel des Bildschirms bereits eine Vorauswahl von 15 Verben sahen, die sich mit Gegenständen aus dem Inventar oder Objekten in der 2D-Kulisse kombinieren ließen. Maniac Mansion war eines der ersten „Point'n'Click-Adventures“ und verhalf der neuen Steuerungsmethode zum Durchbruch! Sie funktionierte sogar klasse mit dem Joystick – eine Erfahrung, die ich selbst gemacht habe, als ich das Spiel erstmals auf dem C-64 gezockt habe, denn an die Maus als Eingabegerät habe ich mich erst später mit dem Amiga heran getastet.

Spannung, Wahnsinn und Humor

Ich kann mich noch genau an diese Erleichterung erinnern, als ich meinen ersten Ausflug ins abgelegene Tollhaus der durchgeknallten Familie Edison wagte: Endlich gehörte die fummelige Steuerung der Hauptfigur mit den Pfeiltasten der Vergangenheit an und auch das Wörterbuch musste nicht länger gewälzt werden, denn im Gegensatz zu den Sierra-Produktionen bekam Maniac Mansion bei seiner Veröffentlichung hierzulande auch gleich eine deutsche Übersetzung spendiert.

Der Tod lauerte zwar nicht überall wie in den meisten Sierra-Adventures, aber trotzdem konnte auch hier die Charaktere sterben.
Der Tod lauerte zwar nicht überall wie in den meisten Sierra-Adventures, aber trotzdem konnten auch hier die Charaktere sterben.
Es war aber nicht nur das neuartige Spielgefühl, was mich begeistert hat – vor allem die geniale Atmosphäre hat mich damals in ihren Bann gezogen. Eine so coole Mischung aus Humor, völlig abgedrehten Situationen und Spannung hatte ich bis dahin noch nicht erlebt. Es gab so viele amüsante Dialoge, bei denen ich mir ein Lächeln nicht verkneifen konnte. Dazu die herrlichen Begegnungen mit den beiden sprechenden Tentakeln. Unvergessen auch die Insider-Witze wie das fehlende Benzin der Kettensäge, das man erst im Nachfolge-Spiel Zak McKracken auf dem Mars findet. Auf der anderen Seite gab es aber auch Momente, die man durchaus als gruselig empfinden konnte: Eine mumifizierte Leiche in der Badewanne, blutverschmierte Wände und die dramatische Flucht vor Schwester Edna sorgten für Herzklopfen bei der Erkundung der Villa, in der Doktor Fred seine seltsamen Experimente durchführte. Im schlimmsten Fall konnten die Hauptfiguren sogar sterben, doch vermied man zum Glück den Sadismus der gefühlt 1000 möglichen Tode, den man durchschnittlich in jedem Sierra-Adventure erwarten konnte.

Verschiedene Lösungswege

Die Sache mit dem Hamster...
Die Sache mit dem Hamster...
Ein Novum war außerdem die Auswahlmöglichkeit der beiden Begleiter, die den Teenager Dave bei dem Rettungsversuch seiner entführten Freundin Sandy begleiten duften. Dabei hatte die Wahl Auswirkungen auf den Spielverlauf und die Rätsel sowie das Ende, das je nach Figurenkonstellation verschiedene Alternativen bot. Syd und Razor sind z.B. Musiker, wobei sich das Beherrschen von Instrumenten an manchen Stellen als äußerst hilfreich erweist. Egal ob Fotograf Michael, die angehende Schriftstellerin Wendy, Streber Bernard als Präsident des Physik-Clubs oder„Surfer Dude“ Jeff  – sie alle tragen mit ihrem besonderen Fähigkeiten und Teamwork dazu bei, wie man sich den Weg in Dr. Freds Labor bahnt und sich der Konfrontation mit dem manipulativen Meteor und dessen Heißhunger auf frisches Menschenhirn stellt. Dabei konnte man jederzeit zwischen den Figuren hin- und herschalten – ein Konzept, das Gilbert übrigens bei seiner aktuellen Produktion The Cave wieder aufgriff.

Verglichen mit heutigen Werken vom Schlag eines Beyond: Two Souls oder Metal Gear Solid 4 mag es zwar etwas merkwürdig erscheinen, doch schon damals bei Maniac Mansion wurden erste Parallelen zur Filmwelt gezogen, handelte es sich doch um eines der ersten Spiele, bei denen „Cutscenes“ eingesetzt wurden, in denen meist die Story vorangetrieben und der Spieler zum passiven Zuschauer wurde. Da der Titel zudem von der Spieleschmiede eines großen Filmproduzenten stammte, trug sicher ebenfalls dazu bei, in Maniac Mansion einen cineastischen Ansatz zu erkennen...

Nintendo als Moral-Apostel

Für die NES-Fassung verlangte Nintendo inhaltliche Schnitte und Anpassungen.
Für die NES-Fassung verlangte Nintendo inhaltliche Schnitte und Anpassungen.
Neben der Originalversion für den C-64 aus dem Jahr 1987 folgten Umsetzungen auf den PC sowie grafisch leicht verbesserte Fassungen für Amiga und Atari ST. Ende 1990, als Abenteurer schon als Guybrush Threepwood die Karibik unsicher machten und dem Geheimnis von Monkey Island auf die Spur kommen wollten, erschien Maniac Mansion sogar noch für das betagte NES und stellte die erste Spielveröffentlichung von Lucasfilm Games für eine Konsole dar. Dabei machte man allerdings gleich die unangenehme Erfahrung, dass die Zusammenarbeit mit Nintendo zu dieser Zeit  nicht unbedingt einfach war, denn die Japaner verlangten zahlreiche Änderungen: Sprachliche Ausdrücke und Dialogzeilen mussten abgewandelt, sexuelle Anspielungen zusammen mit grafischen Elementen wie einem Playboy-Kalender sogar komplett entfernt werden. Selbst die Bezeichnung „NES SCUMM“ im Abspann musste weichen, da Scumm auch als Abschaum übersetzt werden konnte. Die Möglichkeit, den Hamster in die Mikrowelle zu stecken und zu töten, blieb zunächst unbemerkt – entsprechend lässt sich die Aktion in der amerikanischen NTSC-Version noch durchführen. Für die PAL-Anpassung und alle zukünftig produzierten Cartridges verlangte Nintendo jedoch, die Szene zu entfernen.

Im offiziellen Nachfolger Day of the Tentacle, dem wir ebenfalls schon einen Rückblick gewidmet haben, ist Maniac Mansion enthalten, sobald man den Computer in Eds Zimmer startet. Durch einen Programmierfehler ist es allerdings mit manchen Figurenkombinationen nicht möglich, das Spiel zu beenden. Für den PC erschien 2004 außerdem mit dem Segen von LucasArts das Fan-Projekt Maniac Mansion Deluxe mit aufgepeppter Technik, das wir auch in unserem Downloadbereich kostenlos zur Verfügung stellen.

 
0
Kommentare

Du musst mit einem 4Players-Account angemeldet sein, um an der Diskussion teilzunehmen.

Es gibt noch keine Beiträge. Erstelle den ersten Beitrag und hole Dir einen 4Players Erfolg.