Battle Isle (Oldie)10.01.2014, Michael Krosta
Battle Isle (Oldie)

Special:

Es gibt Spiele, da vergeht die Zeit wie im Flug: Eigentlich wollte man doch nur noch ein kleines Stündchen vor dem Schlafengehen in der virtuellen Welt verweilen – und stellt dann schockiert fest, dass draußen schon wieder die Sonne aufgeht. Battle Isle von der deutschen Softwareschmiede Blue Byte („Die Siedler“) kam aus dem Nichts und entpuppte sich schnell als eine dieser seltenen Perlen mit Suchtpotenzial, die mit ausgefeilter Rundenstrategie die Nacht zum Tag machten...

Weltenretter gesucht

Wohin soll ich meine Einheit bewegen? Alle möglichen Optionen wurden markiert.
Wohin soll ich meine Flugzeug-Einheit bewegen? Alle möglichen Optionen wurden markiert.
Ich war eigentlich nie ein großer Fan von Strategiespielen – vor allem Anfang der Neunziger fütterte ich das Laufwerk meines Amigas vornehmlich mit Action-Krachern wie Turrican 2 und Apidya, rätselte mich durch Lucasfilm-Adventures wie Maniac Mansion oder Indiana Jones and the Fate of Atlantis, hüpfte durch Jump'n'Run-Welten von Soccer Kid, Zool & Co oder segelte in Pirates! durch die Karibik. Aber Strategie? Nö, eher nicht. Denn zum einen ließ sich das Genre nur schwer mit einer guten Joystick-Steuerung vereinbaren und zum anderen war auch die Technik bei den meisten Titeln mit grober Darstellung, langen Wartezeiten bei KI-Zügen und mangelnden Grafikdetails oft ernüchternd.

Und dann kam Battle Isle: Schon das sehenswerte Intro mit den pompösen Hülsbeck-Klängen versprühte eine packende Atmosphäre – und das inklusive deutscher

Nachfolger für iOS?

Derzeit versucht sich Original-Schöpfer Thomas Hertzler an einer Fortsetzung für iOS. Trotz erfolgloser Kickstarter-Kampagne soll die Entwicklung von Battle Isle: Threshold Run fortgesetzt werden. Sprachausgabe! Kein Wunder, dass bereits eine der drei Disketten alleine für diese aufwändige Einführung gebraucht wurde, in der man erste Einblicke in die Rahmenhandlung bekam. Diese dreht sich um das Schicksal des Planeten Chromos und dessen Einwohner Drulls, die sich einen erbitterten Krieg gegen die Truppen des von ihnen selbst erschaffenen Militärcomputers TitanNet liefern und sich Unterstützung durch den Erdling Walter Harris und dessen strategische Zocker-Skills erhoffen. In Battle Isle soll er dieses Können unter Beweis stellen... Einen tieferen Einblick in die Hintergrundgeschichte bot der etwa 50-seitige Kurzroman, der dem Spiel neben der ausführlichen Anleitung ebenfalls beilag.

Bewegen und Angreifen

Der Nachschub-Stützpunkt wurde erobert!
Das Nachschub-Depot wurde erobert!
Hinsichtlich der Spielmechanik orientierten sich den Entwickler spürbar an Nectaris, das auf der PC Engine erschien und die Rundenstrategie auf Konsolen trotz eingeschränkter Steuerungsoptionen salonfähig machte. Auch bei Battle Isle konnte man dank eines ausgeklügelten Systems seine Einheiten ausschließlich mit dem Joystick bewegen und befehligen – auf die Tastatur musste man hier im Gegensatz zu den meisten anderen Strategie-Titeln kaum zurückgreifen. Ungewöhnlich war auch das Spielkonzept, denn hier erledigten die beiden verfeindeten Seiten nicht nacheinander ihre Züge, sondern gleichzeitig. Wie war das möglich? Durch die Aufteilung zwischen Bewegungs- und Angriffszügen. Während ein Spieler seine Luft-, Land- und Wasser-Einheiten wie Transporter, Panzer, U-Boote und Mechs auf der Karte mit ihren Hexagon-Feldern positionierte, kümmerte sich die Gegenseite gleichzeitig um die Angriffspläne und markierte seine Ziele. Neben den Duellen gegen die fordernde KI waren dank des geteilten Bildschirms auch Gefechte zwischen zwei Spielern möglich.

Es gab zwei Möglichkeiten, die Schlachten auf den insgesamt 32 Karten zu gewinnen: Zum einen konnte man klassisch sämtliche Einheiten des Gegners vernichten, doch führte alternativ auch die Eroberung des feindlichen Hauptquartiers zum vorzeitigen Sieg. Eroberte man Rohstoff-Fabriken, ließ sich sogar Nachschub anfordern oder beschädigte Einheiten durften repariert werden. Letzteres war besonders dann sinnvoll, wenn die Truppen bereits eine höhere Rangstufe erreicht hatten – wer will schon seine Elite-Kämpfer verlieren? Neben der Feuerkraft und Panzerung der Einheiten gab es im Kampf nach dem Stein-Schere-Papier-Prinzip noch einen weiteren entscheidenden Faktor: das Terrain!

Fazinierendes Erlebnis

Jede Einheit hatte ihre Stärken und Schwächen.
Jede Einheit hatte ihre Stärken und Schwächen.
Vor allem der ständige Wechsel zwischen Angriffs- und Bewegungsphase, der gleichzeitig ein simultanes Taktieren zwischen zwei Spielern erlaubte, machte neben der großartigen Präsentation und dichten Atmosphäre den größten Reiz für mich aus. Was habe ich mit meinen Einheiten mitgefiebert, ob ihnen die von mir angeordnete Flucht noch gelingt oder sie doch den fiesen Angriffen meines Gegenübers zum Opfer fallen. Schon die Duelle gegen die knackige KI des TitanNet hat mir viel Schlaf (und Nerven) geraubt, doch erst im Schlagabtausch gegen einen Mitspieler entfaltete Battle Isle endgültig sein volles Potenzial. Daher zählt Blue Bytes Kracher für mich zusammen mit dem Nachfolger immer noch zu den besten Rundenstrategie-Spielen, die man auf dem Amiga erleben kann! Wer eine moderne Variante sucht, sollte sich Battle Worlds: Kronos einmal sehen, bei dem versucht wurde, das Konzept für die heutige Zeit zu modernisieren – mit Erfolg: Über 7500 Fans brachten mehr als 260.000 Dollar zusammen, um das Projekt zu realisieren. Und auch in unserem Test schnitt die Rundentaktik mit Battle-Isle-Anleihen gut ab...

 
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