Special: Thief: The Dark Project (Action-Adventure)

von Eike Cramer



Thief: The Dark Project: Der Urvater der modernen Stealth-Action!
Thief: The Dark Project
Publisher: Eidos Interactive
Release:
30.11.1998
kein Termin
Spielinfo Bilder  
1998, was war das für ein großartiges Spielejahr. StarCraft, Commandos, Grim Fandango, Ocarina of Time, Baldur’s Gate, Metal Gear Solid, Half-Life:  Vor 16 Jahren wurde Videospiel-Geschichte geschrieben. Aber halt, haben wir da nicht etwas vergessen? Richtig! Im selben Jahr erschien auch Thief: The Dark Project, seines Zeichens Begründer der modernen Stealth-Action.

Der Schatten bin ich!

Das Hammeritengefängnis. 1998 eine prägende Erfahrung.
Thief: The Dark Project ist der Begründer der modernen Stealth-Action. Vor allem im Hammeriten-Gefängnis sollte man vorsichtig sein.
Jetzt muss ich wirklich vorsichtig sein. Ganz langsam luge ich um die Ecke. Der Gang in Ramirez‘ Anwesen liegt wie ausgestorben vor mir.  Doch irgendwo muss diese Wache sein, ich kann ihre Schritte auf dem Steinboden deutlich vernehmen. Also weiter! Vorsichtig und leise husche ich von Schatten zu Schatten. Da! Hinter der nächsten Ecke entdecke ich den Soldaten. Ich packe Blackjack, meinen treuen Knüppel, etwas fester und schicke den Nichtsahnenden ins Land der Träume. Ein echter Dieb tötet nicht, das wäre viel zu auffällig. Den Bewusstlosen deponiere ich an einem ruhigen, dunklen Plätzchen, bevor ich weiter in die Katakomben vordringe. Diesen missglückten Mordanschlag von vorhin werde ich dem Typen nicht so ohne weiteres durchgehen lassen.

Eigentlich wollte ich für diesen Bericht das erste Thief nur kurz anspielen, gehörte The Dark Project 1998 doch zu meinen absoluten Highlights und viele der Level-Grundrisse haben sich in mein damals junges Hirn gebrannt. Doch sofort bin ich wieder von dieser Atmosphäre gefangen, die den Konflikt zwischen Heiden und Hammeriten umgibt. Unwillkürlich tauche ich mit Garrett in die Schatten der namenlosen Stadt, umgehe Wachen, lösche Fackeln und stehle was nicht niet-und nagelfest ist. Obwohl die Kulisse schon damals nicht mit Unreal mithalten konnte und auch nur durchschnittlich gealtert ist, packt mich das mittelalterliche Abenteuer durch seine anspruchsvolle Schleichmechanik wie am ersten Tag. Die beklemmende Stimmung in der finsteren, zwischen Moderne und Magie  zerrissenen Stadt, übt auch 2014 eine beispiellose Faszination aus.

Revolutionäre Spielmechanik

Die Schatten bedeuten Sicherheit. Wer nicht leise und ungesehen vorgeht, stirbt.
Die Schatten bedeuten Sicherheit. Wer nicht leise und ungesehen vorgeht, stirbt.
Vieles von dem, was heute Standard ist, wurde von Looking Glass erfunden. Vor Thief waren Spiele aus der Ego-Sicht meist schnelle Shooter wie Doom, Quake, Hexen oder Unreal. 1998 veränderte sich diese Art des Spielens grundsätzlich: Half-Life schuf durch Skriptsequenzen und seine nahtlose Inszenierung unabhängig von einzelnen Leveln den modernen Shooter. Fast alle heutigen Titel fußen auf diesem Durchbruch. Thief bildete in diesem Zusammenhang den Kontrapunkt und hatte dabei ähnlich großen Einfluss. Statt schneller Schießereien stand hier das langsame und gewaltlose Vorgehen im Vordergrund. Offene Konfrontation führte nicht nur fast immer zum Tod, auf höheren Schwierigkeitsgraden war es sogar verboten Wachen oder Zivilisten zu töten.

Dazu besaß Garrett ein unerhörtes Bewegungsrepertoire. So konnte sich der gewandte Dieb nicht nur an Kanten hochziehen oder um Ecken und Kanten (ja, nach vorne!) lugen, es standen auch drei Bewegungsgeschwindigkeiten zur Verfügung, die sich auf die Trittlautstärke auswirkten. Zusätzlich gab es unzählige Gadgets, mit denen sich die Umgebung beeinflussen ließ. Wasserpfeile löschten Fackeln, Seilpfeile ermöglichten Zugang zu hochgelegenen Arealen und Moospfeile dämpften die Schritte auf hallenden Fliesen. Wer jetzt unwillkürlich an Sam Fisher, JC Denton oder Number 47 denken muss, hat Recht: viele Vertreter der modernen Stealth-Action wurden von Thief inspiriert.

Kommentare

Chibiterasu schrieb am
Klingt interessant, danke!
Edit: mal den ersten Teil gehört. Wirklich ganz cool, hätte mir nur gewünscht, wenn die Spielsequenzen etwas passender gewählt und direkter diskutiert werden (so wie am Ende mit "Return to the cathedral").
Ansonsten wieder einmal einer der wichtigsten Punkte vorgekommen, der mich an aktuellen Spielen stört (auch am neuen Thief).
Dass Entwickler immer genau unter Kontrolle haben wollen wo man sich zu welchem Zeitpunkt genau befindet, was man da schon gemacht hat und was man noch machen wird. Alle Scheinwerfer auf das nächste Event, ja keiner darf was verpassen.
Das allein verstärkt schon das GEfühl von Linearität extrem.
Das schöne an den alten Thiefs war, dass es kaum sequentelle Abschnitte gab (Auch keine Points of no return - wie in den meisten Missionen von NuThief).
waldipara schrieb am
Früher(da war ich 12) fand ich bei Thief 1 die "nichtmenschlichen Level" auch deplaziert. Inzwischen 16 Jahre später, liebe das Spiel so wie es ist. Die Geschichte spricht einen einfach mehr an wenn älter wurde und die vielen tiefgründigeren Facetten(Natur vs Moderne, Heidenkult, Religionskritik durch den Hammerintenbund) besser versteht.
Ich habe das Spiel damals schon geliebt. Jetzt wo ich die Goldedition mit FullHD patch spiele, merke ich was mir an modernen Spielen in Sachen Lvldesign und Musik fehlt.
Aber als Trost kann man die alten Teile ja spielen.
Chibiterasu schrieb am
stormgamer hat geschrieben: Auch wenn mich jetzt ganz viele Original-voice-veteranen zerlegen, so fand ich es ein totales NO-GO, dass der 3.Teil nicht auf deutsch vertont wurde. irgendwie konnte ich dadurch nicht mehr so abtauchen, als ich durch die gänge schlich. das wäre für mich schonmal ein plus für den neuen titel
War für mich auch die größte Enttäuschung an dem Teil.
Die 3rd Person Ansicht habe ich einfach ignoriert, der fehlende Seilpfeil war mir egal, Garrett als Nichtschwimmer fiel mir kaum auf, aber die tolle deutsche Stimme hat halt gefehlt.
Und das ZErstückeln der Level war eben einfach nicht cool (auch wenn man sich langsam daran gewöhnt hat).
Daran war halt wirklich die Konsole schuld, wie du sagst Wurmjunge. So elitär das auch immer klingt.
Ansonsten mochte ich den Teil sehr gerne und würde ihn auf die gleiche Stufe wie Teil 2 stellen.
Wurmjunge schrieb am
Chibiterasu hat geschrieben:Ich verbinde Warren Spector in erster Linie mit Wing Commander, Ultima Underworld und dem ersten Deus Ex. Und natürlich Epic Mickey. Das waren halt alles neue Ableger von Serien an denen er doch intensiver beteiligt war.
Bei WingCommander denke ich nun eher weniger an Warren Spector, dafür bei UltimaUnderworld ja, bei Ultima7Part2 auch, und natürlich bei SystemShock1.
DeusEx ist ja bei IonStorm enstanden, und dort wird es ihn wohl auch nicht ohne Grund hingezogen haben. Die wollten doch dort ein neues Zeitalter der Videospielentwicklung einleuten, in dem Spieleentwickler wie Rockstars behandelt werden und die totale künstlerische Freiheit besitzen. Das war die Zeit, als John Romero mit seiner hüftlangen Haarpracht im gelben Ferrari samt Model-Blondine auf dem Beifahrersitz über die Seiten sämtlicher Spielemagazine brauste und so richtig einen auf dicke Hose machte. Immerhin kam dann ja auch irgendwann DeusEx aus der Niederlassung in Austin, wo Spector das Ruder übernommen hatte.
Als nach dem Daikatana-Desaster zu der Zeit die ganze Promotion-Blase dann zerplatzte, waren Spector und sein DeusEx so ziemlich das einzig positive, was IonStorm vorzuweisen hatte. Deshalb geisterte der um die Zeit auch durch alle Medien. Und von dem was er da so von sich gab, habe ich sehr vieles dann in DeusEx2 und Thief3 wiedergefunden, auch wenn ich seine Vision von theaterhafter Minimalistik und der großen Freiheit auf kleinem Raum erst mit Thief3 verstanden habe, DeusEx2 halte ich bis heute für mißlungen. Aber ich denke, daß beide Spiele am stärksten seiner künstlerischen Vorstellung entsprechen, vielleicht auch gerade weil sie nach dem Erfolg von DeusEx so deutlich am Zeitgeist und den Erwartungen der Spieler vorbeigingen.
Bei Thief:DeadlyShadows kamen noch die "Anpassungen" für die XBox-Tauglichkeit dazu, was glaube ich viele Thief-Veteranen (inklusive meiner Wenigkeit) verärgert hat, inhaltlich ist es aber ja ein ausgesprochen solides und...
schrieb am