Bomberman - Dynablaster (Oldie)22.04.2014, Michael Krosta

Special: Explosive Mehrspieler-Legende

Manchmal gibt es sie: diese zeitlosen Klassiker wie Tetris, die heute noch genauso faszinieren wie damals. Sie brauchen weder eine grafische Schönheits-OP noch irgendeine Modernisierung des Designs, denn sie verkörpern schon in ihrem Ur-Zustand den puren Spielspaß – gestern, heute und morgen! Bomberman von Hudson Soft zählt zu diesem exklusiven Kreis an seltenen Perlen, die mit einem wahrhaft bombastischen Spielprinzip Geschichte geschrieben und Schadenfreude ausgelebt haben.

Der falsche Ersteindruck

Ich kam mit Bomberman zum ersten Mal 1992 in explosiven Kontakt, als eine Diskette mit der Aufschrift „Dynablaster“ im Laufwerk meines Amiga landete. So lautete nämlich der Name, unter dem manche Titel der Reihe in Europa veröffentlicht wurden – so z.B. bei Bomberman II für das NES. Und ich hatte keine Ahnung, was mich erwarten würde, denn obwohl das Bomben legende Kerlchen mit Maskottchen-Charakter schon 1983 auf dem MSX-Computer seinen Einstand gab und in Europa sogar den ZX Spectrum beehrte, hatte ich bis zu diesem Moment noch nichts von ihm gehört.

Tatsächlich hat das Spiel zunächst auch keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen: Ja, es war am Anfang ganz lustig, Bomben zu legen und auf der Suche nach dem Ausgang neben Mauerstücken auch diverse Gegner im Explosionsradius zu zerbröseln. Aber so richtig fesseln konnte mich das Spielprinzip nicht. Im Gegenteil: Nach einer kurzen Weile war ich

Alleine war das Bomben bei der Suche nach dem Ausgang eher öde.

dermaßen von der zunehmend drögen Bombenlegerei angeödet, dass ich Dynablaster schon ganz hinten in der Diskettenbox einsortieren und verstauben lassen wollte. Das änderte sich schlagartig, als ein Freund zu Besuch kam und wir mal kurz in den Mehrspielermodus hinein schnuppern wollten...    

Die Nacht der Entscheidung

Aus diesem „kurz“ wurde die ganze Nacht. Ohne Witz: Wir haben uns bis vier oder fünf Uhr morgens die Bomben um die Ohren gehauen, ihre anfangs mickrigen Flämmchen durch das Einsammeln der Icons zu gigantischen Killer-Feuerstrahlen ausgebaut oder dank Spezialfähigkeiten nicht nur die Laufgeschwindigkeit der Figuren bis zum Limit erhöht, sondern auch drei oder mehr Bomben gleichzeitig gelegt. Und was haben wir geflucht, wenn man wieder mal verbrutzelt wurde – oder schlimmer noch, in den eigenen Explosionsstrahl gerannt ist. Oder lauthals gebrüllt, wenn ich gerade eine Bombe gelegt hatte und meinem nahen Widersacher durch meine Unachtsamkeit die perfekte Vorlage gab, mich mit einer weiteren Bombe genau zwischen den beiden einzuklemmen, weil mir die fest installierten Blöcke rechts und links keine Chance ließen, aus dieser fatalen Situation zu entkommen. Ebenfalls ein Klassiker: Man huscht gerade noch rechtzeitig vor dem Feuerstrahl in Deckung, begibt sich damit aber gleichzeitig in eine Falle, weil die Mauerstücke den Fluchtweg vor dem Explosionsradius der nächste Bombe verbauen. Und dann noch diese elendigen Totenkopf-Symbole, die beim versehentlichen Aufsammeln meist das pure Chaos mit sich brachten: Mal wurde die Steuerung invertiert, mal legte die Figur unaufhörlich Bomben oder ließ sich durch eine maximierte Laufgeschwindigkeit kaum noch kontrollieren. Egal was man per Zufall bekam: Es war in der Regel nichts Gutes. Diese besondere Schadenfreude, die gehässigen Kommentare, das spöttische Gelächter, wenn der andere erwischt wurde – das alles bekam man auch noch kostenlos dazu. Wo, wenn nicht hier kam die dunkelste Seite eines jeden Spielers endgültig zum Vorschein?

Aber in Mehrspieler-Duellen gegen Freunde wurde aus der Schlaftablette ein Bombenspaß!

Das war ohne Zweifel ein Unterschied wie Tag und Nacht: Ich habe selten ein Spiel erlebt, bei dem die Spielspaß-Diskrepanz zwischen Solo- und Mehrspielermodus so groß ist wie hier. Schon zu zweit sind die Duelle ein grandioses Katz- und Mausspiel, doch erst mit vier oder mehr Spielern entwickelt sich Bomberman / Dynablaster zum ultimativen Knaller. Das Spiel war einer der wenigen Titel, die am Amiga den Vierspieler-Adapter unterstützen, den ich mir nach dieser durchgebombten Nacht selbstverständlich umgehend anschaffen musste. Ein fünfter Teilnehmer konnte hier sogar noch über die Tastatur mitmischen. Und mit jedem zusätzlichen Spieler schoss der Spaß am destruktiven Chaos zusammen mit wildem Gegacker weiter in die Höhe. Doch selbst das hochmotivierte Amiga-Quintett war nichts gegen den Ableger für Segas Saturn, bei dem sich durch den Zusammenschluss von zwei Multi-Taps sogar bis zu zehn Bombermännchen gegenseitig das Leben schwer machen durften. Den absoluten Rekord hinsichtlich der Spieleranzahl dürfte aber der inoffizielle Browser-Ableger Bombermine aufgestellt haben: Hier tummeln sich sage und schreibe bis zu 1000 Sprengstoff-Fanatiker auf einer gigantischen Karte und kämpfen ums Überleben!

Weiterentwicklungen und Ableger

Überhaupt zählt Bomberman zu jenen Spielen, deren Konzept selbst heute noch gerne aufgegriffen und kopiert wird. Kein Wunder, denn die Idee ist nicht nur simpel, sondern lässt sich auch ohne großen Aufwand umsetzen. So existieren da draußen unzählige Klone, die überwiegend von Hobby-Entwicklern gebastelt wurden und als Homebrew-Dateien oder pseudo-offizielle Free-to-play-Spiele durch das Netz schwirren. Es dürfte mittlerweile keine Plattform geben, auf denen Bomberman oder einer seiner Zwillinge nicht vertreten ist. Selbst längst ausrangierte Systeme werden immer noch mit neuen Versionen versorgt – so z.B. der C-64, der mit Bomberland im letzten Jahr (!) noch einen kommerziellen (aber inoffiziellen) Ableger bekam, der ebenfalls bis zu fünf Spieler zulässt. Abseits der Videospielwelt und Gastauftritten in anderen Serien ist das

In Europa ist Bomberman auch als Dynablaster bekannt.

ikonische Helm-Männchen auch in diversen Comics vertreten. Merchandise vom Schlüssselanhänger bis zur Plüschfigur tragen neben der enorm großen Verbreitung ebenfalls ihren Teil dazu bei, dass Bomberman zu den kommerziell erfolgreichsten Videospiel-Marken aller Zeiten gehört.

Neben Fans und Trittbrettfahrern schraubte auch der ursprüngliche Erfinder, der mittlerweile in Konami Digital Entertainment integrierte Hersteller und Publisher Hudson Soft, immer weiter daran, das Spielprinzip weiter zu verfeinern. Dazu gehörte z.B., dass das Spielfeld mit herunterfallenden Blöcken kontinuierlich verkleinert wurde, falls die letzten Überlebenden nach Ablauf des Zeitlimits nicht zu Potte kamen. Oder auch neue Arenen, um stilistisch für etwas mehr Abwechslung zu sorgen. Schön auch, dass in späteren Teilen bereits ausgeschiedene Spieler sich weiter am Rand bewegen sowie mit eingeworfenen Bomben noch mehr Chaos stiften und den Ausgang der Partie beeinflussen durften. Zudem wurden neue Extras eingeführt, mit denen man die scharfen Bomben auch wegschießen konnte – ideal, um aus sicherer Entfernung zu attackieren oder sich vielleicht doch noch aus den früher sicheren Todesfallen zu befreien.

Auch online ein Heidenspaß!

Schön blöd, wenn man in den Feuerstrahl der eigenen Bombe rennt...

Mit der steigenden Popularität von Mehrspieler-Sessions über das Internet ließen auch Online-Ableger nicht lange auf sich warten: Bomberman Live für die Xbox 360 aus dem Jahr 2007 gehört dabei sicher zu den besten Vertretern. Trotz modernisiertem Anstrich wurde das klassische „Look & Feel“ erhalten. „Bomberman Live ist Bomberman pur, ohne Schnickschnack, ohne Experimente“, schrieb Jens in seinem Test und prämierte das Spiel mit einem verdienten 88-karätigen Gold-Award.  Andere Ableger kamen weniger gut an, wobei das grausige Bomberman: Act Zero mit seinem futuristischen Szenario, dem hässlichen Grafikstil und fehlendem Offline-Multiplayer den bisherigen Tiefpunkt markiert – und das bei insgesamt mehr als 70 Auftritten in Spielen. Dabei hätte Konami doch eigentlich wissen müssen, dass Bomberman gerade in den lokalen Duellen am meisten Spaß macht, wenn man seine Gegenspieler nicht nur anbrüllen, sondern ihnen auch mal einen emotionalen Frust-Check verpassen kann. Selbst wenn wir uns heute mit ein paar Leuten zum Zocken treffen, wird früher oder später eigentlich immer Bomberman bzw. Dynablaster ausgepackt – sei es auf der 360, über die Virtual Console der Wii oder ganz klassisch am Amiga. So langweilig es auch alleine sein kann: Bomberman ist für mich eines der Paradebeispiele für ein zeitlos geniales Spielkonzept, das heute noch genauso rockt wie damals. Ein echter Klassiker eben, bei dem die Zündschnur hoffentlich ewig weiterbrennen wird!

 
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