Special: Black Crypt (Rollenspiel)

von Jörg Luibl



Black Crypt (Rollenspiel) von Electronic Arts
Als die Freundin böse grinste
Entwickler:
Publisher: Electronic Arts
Release:
20.03.1992
20.03.1992
Spielinfo Bilder  
Wenn ich an Raven Software denke, sehe ich sofort dieses Logo vor mir – den nach rechts blickenden Raben mit erhobenem Flügel. Und kaum schaue ich ihn an, flattern auch schon stimmungsvolle Bilder durch meine Erinnerung. Da ist z.B. die düstere Welt von "Heretic" mit ihren Gargyoles, Dämonen und Rittern. All das wurde dann in "Hexen" zur offenen Fantasy-Action weiterentwickelt. Und da ist vor allem das erste Spiel, das Brian und Steve Raffel für den Amiga entwickelt haben: Black Crypt.

Tradition unter Tage

Mit dem Amiga verbinde ich einige der schönsten und intensivsten Momente meiner Spielevita. Auch wenn der C-64 die ersten Funken entfachte, fühlte sich das Zocken auf dem Commodore von Jay Miner irgendwie magischer an. Natürlich steckt da viel Nostalgie drin. Aber diese Faszination beruhte nicht nur auf dieser Farbfülle oder dem technischen Fortschritt, sondern auch darauf, dass so viel Pionierarbeit im Spieldesign geleistet wurde. Und selbst wenn schon Anfang der 90er vieles aus den 80ern kopiert oder weiterentwickelt wurde, fühlte sich auch das – manchmal – unheimlich markant an.

Black Crypt ist kein erzählerisches Epos - die Story wird nur angedeutet: Es gilt einen Schwarzmagier zu bannen.
Black Crypt ist kein erzählerisches Epos - die Story wird nur angedeutet: Es gilt einen Schwarzmagier zu bannen.
Als Black Crypt im Jahr 1992 auf dem Amiga erschien, folgte es bereits einer starken Tradition. Der Dungeon-Crawler in Egosicht hatte sich etabliert, von The Bard's Tale (1985) über Dungeon Master (1987) und dessen glorreicher Erweiterung Chaos Strikes Back (1989) bis hin zu Eye of the Beholder (1990). Trotzdem sorgte Raven Software mit seinem Abenteuer im Fantasyreich Astera für eine spezielle Sogkraft. Black Crypt nahm bereits einiges von dem Flair vorweg, das auch Demon's Souls und Dark Souls heute kennzeichnet: düstere Fantasywelt, knackige Feinde, Respekt vor jedem Gegner und Nervenkitzel in unbekannten Korridoren. Selbst der frühe Kontakt mit einem scheinbar übermächtigen Boss gehört dazu – schon wenige Schritte nach Spielstart hatte man eine Begegnung der übergroßen Art.

Als die "Freundin" böse grinste

In der Charakterentwicklung konnte man vier Helden individuell erstellen.
In der Charakterentwicklung konnte man vier Helden individuell erstellen.
Oder anders: Black Crypt ließ die sonst so bunte und charmante "Freundin" richtig böse grinsen. Wer die 28 Levels meistern wollte, musste viel Geduld mitbringen. Dagegen wirkte das en detail hübschere Eye of the Beholder wie ein schnell erledigter Ausflug unter Tage. Während man quasi durch die Dungeons von Westwood cruisen konnte, lauerte hier neben Hunger und Durst hinter jeder Ecke der Tod. Der Spielrhythmus war langsamer und man agierte vorsichtiger. Obwohl der Einstieg in den „Tomb of Four Heroes“ noch recht zäh und die Story rund um einen durchgeknallten Schwarzmagier und seine Dämonen nicht wirklich fesselnd war, sorgte der stimmungsvolle Schauplatz für Gänsehaut und Entdeckerlust bei hohem Adrenalinpegel.

Je weiter man sich in die Katakomben wagte, desto besser und kniffliger wurde das Abenteuer rund um die vier Helden. Vieles von dem, was man heute z.B. in Legend of Grimrock 2 findet, gab es auch in Black Crypt: fiese Fallen, versteckte Hebel und kaum sichtbare Schalter, Gruben in tiefere Etagen, verflixte Teleporter sowie angenehm anspruchsvolle Aufgaben mit Wechselwirkungen auf mehreren Etagen. Manchmal
Die bizarren Gegner konnte man nicht immer per Haudrauf besiegen.
Die bizarren Gegner konnte man nicht immer per Haudrauf besiegen.
deutete nur ein malmendes Geräusch auf eine Veränderung innerhalb der Mauern! Automap? Ja, aber nicht einfach so, sondern nur wenn der Magier den Zauber „Wizard Sight“ aktiviert hat! Gerade diese Rätselfülle und Stimmungsdichte hatte vielleicht auch damit zu tun, dass die Raffel-Brüder ursprünglich ein Pen&Paper-Rollenspiel entwickeln wollten. Hinzu kamen clevere Gegner und bizarre halb-mythische Bosse wie schwebende Medusen oder doppelköpfige Oger, die man nicht so einfach wie Kroppzeug weghauen konnte – da musste man aufgrund der Echtzeitkämpfe also nicht nur fix reagieren, sondern auch Schwächen, Gegenzauber oder die richtige Ausrüstung ertüfteln.

Der gnadenlose Dungeon-Crawler

Black Crypt sollte zwar ursprünglich auch für Sega Megadrive sowie PC  (es gab 1995 lediglich eine Demo) entwickelt werden, konnte aber nie an die Erfolge eines Eye of the Beholder anknüpfen - das natürlich auch von der Popularität der AD&D-Lizenz profitierte. Aber wo die Jungs von Westwood und SSI sehr viel von Dungeon Master kopierten und dabei auch noch vieles verwässerten, konnte das weniger bekannte Black Crypt eigene Akzente hinsichtlich des kreativen Spieldesigns und der außergewöhnlichen Stimmung setzen.

Cool: Auch unter Wasser musste man sich beweisen.
Cool: Auch unter Wasser musste man sich beweisen.
Cool war z.B. schon, dass man eigene Charaktere aus den vier Klassen Krieger, Kleriker, Magier und Druide erstellen konnte – man wählte also nicht wie in Dungeon Master aus vorgefertigten Helden, sondern konnte sie selbst benennen und ihre fünf Werte (STR, DEX, INT, WIS, CON) bestücken. Und obwohl die musikalische Untermalung eher mager war, freute man sich über Soundeffekte, wenn z.B. Türen mit einem Knall zugeschlagen wurden. Hinzu kam dieses mysteriöse bis schaurige Flair: Man begegnete versteinerten Abenteurern oder wurde plötzlich von alles fressenden Wänden überrascht. Und es gab nicht nur sehr stimmungsvolle Abschnitte unter Wasser, sondern auch Begegnungen mit friedfertigen Kreaturen – gerade diese Kleinigkeiten haben das Erlebnis damals so besonders gemacht. Auch wenn Black Crypt letztlich nicht an die Klasse eines Dungeon Master heranreichte: Für mich rangiert es als Klassiker direkt dahinter und gehört bis heute zu meinen Highlights für den Amiga.

Lust auf die Demo? Hier geht es zum Download.

Kommentare

Danny1981 schrieb am
Moooooment!
Ich habe UU damals auf einem 386DX40 gespielt. Wie auch X-Wing und diverse andere Klassiker ^^
Der war keineswegs potent. Ich erinnere mich gut daran, wie wir alljährlich geschaut haben, ob man denn das Geld für 1 MEGAbyte Ram mehr hat und ob das überhaupt kompatibel mit den eingebauten Riegeln wäre und und und....
Gerade Ultima Underworld war SEHR lahm auf der Kiste. Das waren keine 30 Frames pro Sekunde, das waren 15 oder so ^^ Und XWing wurde mit TASTATUR und ebenfalls 2fps wenn man einem Sternenzerstörer zu nahe kam DURCHGESPIELT! ^^
johndoe1238056 schrieb am
Das war allerdings auch sehr genreabhängig, wer mit wem den Boden aufgewischt hat. Scrolling hat auch ein 486er noch nicht vernünftig hingekriegt.
In Sachen 3D war ein PC natürlich vorne weg, aber es wäre auch traurig wenn nicht. Der Amiga kam immerhin schon 1985 auf den Markt und damals waren die Entwicklungssprünge noch andere als heute.
Alien Breed 3D hat man am Amiga 1200 (neben ein paar anderen FPS) schon hingekriegt, aber wenn nicht wenigstens ein 68030 unter der Haube war, war es nicht sonderlich beeindruckend. Die Grafikdarstellung des Amiga mittels Bitplanes war nicht wirklich für 3D geeignet, hatte dafür aber andere Vorteile (z.B. Dual Playfield).
Stalkingwolf schrieb am
Ich hatte Anfang der 90er ein paar Freunde die einen PC hatten. 386 DX 40 und 486 SX 25 und beide wischten den Boden mit dem Amiga auf.
Wing Commander war z.b gar kein Vergleich. Ich kam auf dem PC damit erst einmal gar nicht klar, weil es zu schnell war. Bei X-Wing war es dann ganz um mich geschehen.
Beide Spiele kamen 93 raus und da sah man den Unterschied schon sehr.
Und nicht zu vergessen das großartige Ultima Underworld was 92 auf den Markt kam. Das war auf einem A500 gar nicht realiserbar.
Ich weiß nicht genau wie es mit dem Amiga 1200 war der Ende 92 raus kam. Ich selber habe nie an einem gespielt.
Fennec schrieb am
Da trügt dich aber deine Erinnerung. Auf 486ern liefen Spiele wie Strike Commander. Da war der Amiga schon jahrelang nicht mehr konkurrenzfähig. Selbst 386er waren schon viel potenter. Underworld lief auf 386DX40 und war allem was es auf dem Amiga gab meilenweit voraus.
Decrypter schrieb am
Jaja...die guten alten Zeiten....
Es gab schon verflucht geniale Games für den Amiga seinerzeit. Der A500 bot ja seinerzeit Möglichkeiten, davon konnten PC User zu der damaligen Zeit nur träumen. Grafisch konnte in den frühen 90 zigern kein 486er dem Amiga das Wasser reichen. Kann mich noch dunkel daran erinnern.... Ultima Underworld forderte auf dem PC um flüssig spielbar zu sein mindestens einen 486 DX 2/66, was zum Erscheinen des Games schon nahezu Highend Hardware gewesen ist. Erst mit dem Erscheinen des P90 lief der PC dem Amiga den Rang ab.
Was aber bleibt, sind die vielen z.T. bockschweren Rollenspiele. Da konnte man die Spielzeit nicht wie heutzutage nach Stunden, sondern nach Tagen rechnen. Die Spiele mögen zwar grafisch (im Gegensatz zu den heutigen Möglichkeiten) relativ simpel gewesen sein. Aber sie hatten etwas, was heutigen Spielen abhanden gekommen ist. Sie boten jede Menge Spielspass und forderten dem Spieler so einiges ab. Bestes Beispiel ist das hier angesprochene Black Crypt.
Ich gönne mir mittlerweile den Luxus, 2 Retro Rechner mein Eigen nennen zu können. Für die alten Sachen aus den 90zigern dient ein Pentium 233 MMX auf dem legendären GA 586HX mit DOS 6.22 und Win 95 und für die späteren Meilensteine ein Pentium 2 550 auf einem NMC SLOT1 Board mit BX Chipsatz und Win 98/XP. Auch der Amiga 500 hat seinen Platz behalten. Games wie Katakis, Turrican, R-Type etc. bringen auf dem Amiga einfach einen Mordsspaß !
schrieb am