Dreamweb
Dreamweb: ein Spiel von Neil Dodwell und David Dew, auf den ersten Blick ein unscheinbares Point&Click-Adventure, veröffentlicht im Jahr 1994. Von oben habe ich auf Ryan und seine Umgebung geschaut, wichtige Gegenstände gesucht, Glas mit Wasser kombiniert, es auf einen Schaltkreis gegossen, Zahlencodes gefunden, Dialoge geführt.
"Ich weiß, was zu tun ist"
Das Dreamweb: eine Sammlung von Gedanken, Träumen. Ist es im Gleichgewicht, halten sich Gut und Böse die Waage. Gewinnt eine Seite die Oberhand, droht Chaos. Und genau das sollen sieben Auserwählte erreichen. Sieben Menschen, die kurz davor stehen, in das Dreamweb einzudringen.
Die Zukunft der Menschheit ist in Gefahr.
Und so bitten die Wächter des Dreamwebs einen Menschen um Hilfe, in dessen Träumen sie schon seit einiger Zeit Dreamweb ist nicht nur dank der durchdachten Geschichte ein Spiel für Erwachsene.
Kontakt herstellen: Ryan.
Als sich ein Wächter ihm offenbart, weiß Ryan längst, was zu tun ist. Er soll die Welt von den Sieben befreien. Er wird sich eine Waffe besorgen, den Aufenthaltsort jedes Verschwörers ausfindig machen und sie erschießen oder auf andere Weise töten.
Blut und Regen
Das Spiel hatte ähnlich wenige Skrupel wie seine Hauptfigur. Pixelkunst und Speichergrößen setzten der Gewaltdarstellung zwar Grenzen, dennoch zerplatzten in Dreamweb Köpfe und ganze Körper.
Das Abscheuliche stand dem Spiel aber. Denn Dodwell und Dew traten nicht in die erzählerischen Fußspuren von
Monkey Island oder Space Quest. Sie erschufen einen futuristischen Albtraum aus Gewalt, Arbeitslosigkeit und ständigem Regen.
Blade Runner diente als Vorbild, erkennbar schon am Donnern der einführenden Titelsequenz. In Nachrichten erfuhr man von einer namenlosen Stadt, die auf zunehmende Gewalt in den Straßen nur mit dem Aufrüsten ihrer Polizeikräfte reagieren konnte. Ryan selbst verlor seinen Job. Sein bester Freund war ein heruntergekommener Taugenichts.
Das Dreamweb wartet!Das Spiel ist inzwischen kostenlos verfügbar: Für ScummVM erhältliche Fassungen gibt es legal auf der
offiziellen Webseite.
Die Downloads enthalten auch das "Diary of a (Mad?)Man" - das Tagebuch enthält immerhin wichtige Hinweise, ohne die mindestens ein Rätsel nahezu unlösbar ist.
Funktionierende Science-Fiction
Die schmutzige Science-Fiction erschloss sich nicht nur über die Aufmachung
und einen famosen Klang – der für Komposition und Ton verantwortliche Matt Seldon vereinte die ausweglose Melancholie ruhiger Synthesizer mit
den Beats elektronischer Clubmusik. Dodwell und Dew waren auch clever genug, Spiel und Erzählung funktional zu verbinden.
Um verschlossene Türen zu öffnen, musste ich etwa jedes Mal den richtigen Code eingeben. Computer habe ich durch das Eingeben echter Befehle bedient. Und so unhandlich es für die Bedienung war: Ich musste Gegenstände immer erst dort ablegen, wo ich sie benutzen wollte, sie öffnen, bevor ich sie benutzen durfte und Türöffner betätigen, bevor Ryan den Ausgang erreichen konnte.
Es gab zudem wesentlich mehr Gegenstände als für das Lösen der Aufgaben notwendig waren – die Welt von Dreamweb existierte auch ohne das Spiel. Das machte sie greifbar. Die ungeschönte Darstellung von Sex und Gewalt machte sie im Sinne eines guten Thrillers glaubwürdig.
Dreamweb war ein erwachsenes Spiel, bevor Spiele damit begannen, langsam erwachsen zu werden.