Virtual Reality09.12.2015, Benjamin Schmädig

Special: Die Geschichte der Virtual Reality

Oculus Rift, Vive und PlayStation VR sind heute in aller Munde – dabei versuchen findige Entwickler schon seit Dutzenden von Jahren das Tor in die fiktive Wirklichkeit zu öffnen. Mit Geruch wollten sie die Illusion der freien Natur einfangen, mit dem "Damoklesschwert" sahen sie sich in virtuellen Welten um. Wir werfen einen Blick in die Vergangenheit und fanden heraus: Nicht einmal Oculus-Erfinder Palmer Luckey weiß, was Virtual Reality eigentlich ist!

Vision und Wirklichkeit

Virtual Reality: eine mit künstlichen Mitteln geschaffene Welt, die die Wirklichkeit widerspiegelt oder der Fantasie entspringt – die Idee ist nicht neu. Seit fast dreißig Jahren dient das Holodeck der Fernsehserie Star Trek: Das nächste Jahrhundert als gedankliches Vorbild. Aus Hologrammen und physischen Replikaten wird dort in großen Räumen eine Illusion erzeugt, die das Sehen, Hören und Fühlen anspricht.

Denn tatsächlich bedeutet Virtual Reality nicht nur den Anblick dreidimensionaler Bilder: Es bezieht sich u.a. auf das Täuschen der gesamten Wahrnehmung, einschließlich des Geschmacks- und Geruchssinns.

Natürlich ist die Menschheit von der Existenz eines Holodecks noch weit entfernt! Holografische Projektionen wie die von Michael Jackson gehen zwar erste Schritte, komplette interaktive Welten sind heute aber nur durch das Betrachten digitaler Kulissen und das Hantieren mit speziellen Eingabegeräten erfahrbar. Ein System namens Cave

Fiktion: So stellten sich die Erschaffer von Star Trek: Das nächste Jahrhundert Virtual Reality vor.
Automatic Virtual Environment, oder CAVE , stellt etwa auf drei Wänden am Computer erstellte Grafiken dar. Eine 3D-Brille erfasst gleichzeitig die Position des Nutzers und lässt die flachen Bilder ähnlich wie im Kino plastisch erscheinen.

Wer "VR" sagt, sagt "Headset"

Der im Kino oder vor einem Bildschirm erzeugte 3D-Effekt mithilfe entsprechender Brillen ist aber nicht die Virtual Reality, die seit kurzem in aller Munde ist. Denn während man mit einer solchen Brille lediglich dreidimensionale Bilder ansieht, befindet man sich mit einem Headset wie dem Oculus Rift mitten in der künstlichen Wirklichkeit. Man schaut zwar auch mit dem Rift auf einen Bildschirm, dieser füllt aber praktisch das gesamte Sichtfeld aus und stellt immer genau das dar, was man bei einer Drehung des Kopfes sehen würde. Deshalb denkt das Gehirn, man befindet sich in einer anderen Welt.

Mark Bolas: Vordenker und wichtiger Gestalter

Seit mehr als einem halben Jahrhundert suchen Forscher und Ingenieure nach Lösungen, um die Menschen vor allem auf diese Weise in virtuelle Welten zu versetzen. Mark Bolas etwa, bis heute ein wichtiger Vordenker der Virtual Reality, erschuf mit dem Binocular Omni Orientation Monitor, oder BOOM, eines der ersten VR-Headsets. Seine Konstruktion wurde von einem beweglichen

Und Wirklichkeit: Das komplette Erfahren einer künstlichen Welt ist heute noch Zukunftsmusik.
Arm gehalten, der die Bewegungen des Nutzers im Raum erkannte und für die Darstellung der richtigen Bilder an einen Computer weitergab. Bolas' Gerät gilt als direkter Vorreiter der Headsets, wie sie heute üblich sind.

Aller Anfang...

Dabei experimentierten manche Wegbereiter schon vorher auf ganz ähnliche Weise. Morton Heilig entwickelte Anfang der 60er Jahre das Sensorama : eine Art Spielhallenautomat, auf dem stereoskopische Aufnahmen einer Auto- oder Motorradfahrt laufen. Der Sitz wackelt, Wind bläst ins Gesicht des Nutzers und sogar ausströmende Gerüche vermitteln das Gefühl tatsächlich unterwegs zu sein.

1968 erschuf Ivan Sutherland schließlich das erste VR-Headset, das so genannte Damoklesschwert . Der Anblick gab der Konstruktion ihren Namen, denn sie war über einen mechanischen Arm an der Decke befestigt. Das Damoklesschwert stellte Drahtgittermodelle auf einem zweigeteiltem Bildschirm dar – eine Hälfte für jedes Auge – und erfasste bereits die Bewegungen des Kopfes, so dass die Grafik stets die richtige Perspektive darstellen konnte.

Verändert, nicht virtuell

In einer Weiterentwicklung verbaute Sutherland den Computer direkt im Headset und machte das Gerät teilweise durchsichtig – so entstand ein Vorläufer der Augmented Reality, wie sie Microsoft in HoloLens nutzen wird. Sie unterscheidet sich dadurch von der Virtual Reality , dass die reale Welt stets sichtbar ist und durch digitale Bilder ergänzt wird, anstatt von ihnen verdrängt zu werden. Piloten von Jagdflugzeugen profitieren z.B. von Informationen, die ihnen ein Bildschirm am Held anzeigt.

Und es war auch ein Pilot, der im Namen der amerikanischen Luftwaffe den so genannten Darth-Vader-Helm erschuf: Das Headset von Tom Furness übertrug die Bilder von Außenkameras in einen Helm, der Kopfbewegungen erfasste. In einem kreisrunden Fenster konnte ein Pilot dadurch quasi durch sein Cockpit hindurch sehen.

Eine Illusion – zum Greifen nah?

Fortschritte machte aber nicht nur die visuelle Darstellung virtueller Welten, sondern auch die Interaktion mit den gegenstandslosen Bildern. Myron Krueger entwickelte Ende der 60er, Anfang 70er etwa Geräte zur direkten Interaktion zwischen Mensch und Computer , während die Künstlerin Nicole Stenger seit dem Ende der 80er Jahre

Virtual Reality als Kunst: Nicole Stenger erschafft u.a. interaktive digitale Kunst.
virtuelle Filme erschafft: Ihr Angels überträgt die Bewegungen der Hand in eine digitale Umgebung und lässt den Nutzer durch "Berühren" eines Kreisels die nächste Szene auswählen.

Datenhandschuhe spielen in den kommenden Jahren gleich mehrfach eine Rolle. Immerhin machten die ehemaligen Atari-Angestellten Jaron Lanier und Thomas Zimmermann mit ihrer eigenen Firma VPL Research nicht nur den Begriff Virtual Reality zu einem gängigen Ausdruck. VPL verkaufte neben Headsets mit dem faszinierenden Namen EyePhone und einem Audiosystem namens AudioSphere, das durch Stereosound den Eindruck von Raumklang simulierte, auch Datenhandschuhe, welche die Bewegungen der gesamten Hand und einzelner Finger erfassten.

Nintendo geht als Pionier voran

Lanier und Zimmermann trieben dabei nicht nur die eigene Produktion voran: Als ein japanisches Unternehmen mit dem Namen Nintendo Interesse an der virtuellen Realität zeigte, sollte VPL die mit dem eigenen Data Glove gesammelten Erfahrungen in die Entwicklung eines Handschuhs für den Konsolenhersteller stecken.

Aus der Zusammenarbeit ging zwar kein fertiges Produkt hervor, allerdings fertigte die amerikanische Spielwarenfirma Mattel einige Zeit später einen Datenhandschuh, der auf dem Konzept von Lanier und Zimmermann basierte.

Nintendo stieß als erster Spielehersteller im großen Stil in die virtuelle Realität vor.
Nintendo lizenzierte das Eingabegerät und brachte es 1989 unter dem Namen Power Glove für das NES auf den Markt. Erfolg war dem neuartigen Eingabegerät jedoch nicht beschert; zu ungenau reagierten Spiele auf die Eingaben des ungewöhnlichen Controllers.

Nach GameBoy kommt Virtual Boy

Nur wenige Jahre darauf sammelte Nintendo erneut schlechte Erfahrungen mit Virtual Reality – als der innovationsfreudige Hersteller nämlich die erste Konsole veröffentlichte, die von sich aus echtes 3D darstellte: Gunpei Yokoi, Erfinder des GameBoy und des Digikreuzes, erschuf 1995 den Virtual Boy .

Nintendos einzige 32-Bit-Konsole stellte aus technischen Gründen rote Pixel auf einem schwarzem Hintergrund dar und blieb weit hinter den Verkaufserwartungen zurück: Viele Spieler klagten über Unwohlsein und Kritiker bemängelten den geringen spielerischen Nutzen des 3D-Effekts in den gut 20 exklusiven Titeln. Nach nicht einmal einem Jahr hatte Nintendo genug: Ende 1995 wurde die Produktion des im Sommer veröffentlichten Virtual Boy schon wieder abgeblasen.

Eine Gefahr für Spieler?

Nintendo war nicht der Erste, dem der kommerzielle Vorstoß in die dritte Dimension misslang: Sega hatte bereits Anfang der 90er Jahre VR-Hardware für Spielhallenautomaten und Konsolen entwickelt – stellte 1993 aber nur einen Prototypen für die Spielhalle vor, der es nie zur Marktreife brachte. Die offizielle Begründung: Das Erlebnis sei so realistisch, dass Spieler sich beim Bewegen verletzen könnten. Laut einem damaligen Mitarbeiter Segas hätte das Forschungsinstitut SRI International vor den Langzeitfolgen des Betrachtens dreidimensionaler Bilder gewarnt. Daraufhin habe der Hersteller den Stecker gezogen.

Eine andere Firma traute sich trotz der Mahnung an die Öffentlichkeit: Virtuality Group baute Anfang der 90er Jahre Spielautomaten für Actionspiele, Renn- und Flugsimulationen. Das erste Virtuality-Spiel war Dactyl Nightmare , ein Multiplayer-Shooter für bis zu vier Spieler. Mit "Visette" genannten Headsets tauchten sie in dessen digitale Welt ab, als Steuerung diente ihnen einen spezieller Controller.

John Carmack und Peter Molyneux in der dritten Dimension

Mitte der Neunziger Jahre, kurz bevor Nintendo mit dem Virtual Boy scheiterte, erschienen schließlich die ersten VR-Headsets, die einer breiten Masse an PC-Spielern zur Verfügung stehen sollten. In den Jahren 1993 und '94 veröffentlichte VictorMaxx das technisch schwache Stuntmaster und das bessere CyberMaxx, während Virtual I-O ein Gerät namens i-glasses herausbrachte. Dessen Weiterentwicklung wird heute noch verkauft , dient aber hauptsächlich dem Filmgenuss, denn wer damit spielt, kann sich aufgrund des fehlenden Head-Trackings nicht durch Drehen des

Der Cyberpuck als Controller früher VR-Spiele.
Kopfes umsehen.

Den wichtigsten Vertreter der damaligen Hardwaregeneration brachte Forte Technologies auf den Markt: Das VFX-1 wog fast anderthalb Kilogramm und erfasste die Bewegungen des Kopfes ähnlich wie ein Kompass über das Magentfeld der Erde. Zur Eingabe nutzten Spieler den so genannten Cyberpuck - einen Controller, der eine Drehung auf zwei Achsen erkannte und als Bewegung nach vorn und hinten sowie rechts und links an ein Spiel weitergeben konnte.

Prominente Shooter wie Doom, Descent, Quake und Peter Molyneuxs Magic Carpet waren mit dem VFX-1 spielbar. Doch auch diesem Headset blieb der große Erfolg verwehrt: Das Einrichten der Hardware war umständlich und die Steuerung in schnellen Actionspielen viel zu ungenau.

Die Technik spielte einfach noch nicht mit: Eine Auflösung von gerade mal 263 mal 230 Punkten pro Display (jedes Auge schaut auf einen von zwei Bildschirmen) erzeugte kein vereinnahmendes Erlebnis. Auch der Virtual Boy stellte lediglich 384 mal 224 Pixel pro Display dar und selbst die teuren Virtuality-Automaten boten nur eine Auflösung von je 276 mal 372 Punkten. Zu allem Überfluss war die Verzögerung zwischen dem Ändern der Blickrichtung und dem Anzeigen des neuen Blickwinkels dermaßen groß , dass die Illusion des Abtauchens in eine "echte" alternative Realität genau das blieb: eine Illusion.

Second Life war einst Teil eines VR-Projekts. Inzwischen unterstützt das Spiel Oculus Rift.

That's Life!

Danach geschah lange nichts. Linden Lab wollte kurz vor der Jahrtausendwende zwar eine Hardware bauen, deren Nutzer in eine komplette virtuelle Welt abtauchen sollten, das Projekt wurde aber nie fertiggestellt. Übrig blieb nur die Software: eine Onlinesimulation namens Second Life.

Und noch etwas, oder vielmehr jemand, ging daraus hervor: Lindens Chief Technology Officer Cory Ondrejka würde später bei Facebook anheuern und einen gewissen Mark Zuckerberg auf ein interessantes Projekt aufmerksam machen: das Oculus Rift.

Fan und Vater – Geschichte nimmt ihren Lauf

Mitte der Neunziger Jahre, zur Zeit des Virtual Boy und des VFX-1, war ein Junge namens Palmer Luckey, aufgewachsenen im sonnigen Kalifornien, erst drei Jahre alt. Von Virtual Reality wusste er da nicht viel – fünfzehn Jahre später frustrierte ihn die Qualität aktueller Headsets allerdings sehr. Kein einziges Gerät verschaffte ihm das Gefühl der perfekten Immersion. Und Luckey kannte sie alle! Mehr als 50 befanden sich in seiner Sammlung.

Seine Leidenschaft brachte ihm sogar einen Job bei Fakespace ein, einem Unternehmen von Mark Bolas, dem Erfinder des BOOM. Luckey hatte ein solches gekauft und meldete sich wegen eines fehlenden Teils bei dem Hersteller. Er kam mit Bolas ins Gespräch, der ihn kurzerhand als Labortechiker in seiner Firma einstellte.

Weil der Bastler Palmer Luckey mit der Qualität vieler Headsets unzufrieden war, verbaute er deren Teile in eigenen Prototypen.

Zu dieser Zeit arbeitete der Bastler, der seit seiner Kindheit die Bauteile elektronischer Geräte umfunktionierte, längst in seiner eigenen Garage. Luckey stellte aus verschiedenen Komponenten bestehender Headsets eigene Prototypen her – mit unterschiedlichen Bildschirmen, mal mit Force Feedback, mal ohne Kabel. Seinen Fortschritt teilte er mit den Mitgliedern eines Forums für VR-Begeisterte .

VR hebt ab

Das sechste dieser Modelle nannte er schließlich Rift und schickte es einem im selben Forum aktiven Programmierer: John Carmack, Mastermind hinter der Technologie, die Ego-Shootern zum Durchbruch verhalf. Carmack modifizierte das Rift und machte das für die BFG Edition überarbeitete Doom 3 mit dem Headset kompatibel. Eine entsprechende Demo stellte er im Juni 2012, auf der E3 in Los Angeles, zum ersten Mal einem großen Publikum vor.

Und plötzlich war VR in aller Munde. 250.000 Dollar erhoffen sich Luckey und seine Partner von einer Kickstarter-Kampagne , um die Entwicklung des Rift fertigzustellen – fast das Zehnfache sagten ihnen mehr als 9.000 Unterstützer zu. Gemeinsam mit den Branchengrößen Brandan Iribe, Michael

John Carmacks derzeit bekanntestes Foto: Der Doom-Schöpfer ist von Palmers Rift so begeistert, dass er id Software verlässt und bei Oculus VR als Technischer Leiter einsteigt.
Antonov, Nate Mitchell und Jack McCauley gründete Luckey Oculus VR. Carmack heuerte später als führender Techniker an, Michael Abrash ergänzt inzwischen das namhafte Team.

Vom Nebenprodukt in den Mainstream

Nach dem erfolgreichen Abschluss der Kickstarter-Kampagne nahm die Entwicklung des Rift mächtig Fahrt auf, auch weil Fans und Entwickler mit dem Erscheinen des ersten Prototypen bestehende Spiele wie iRacing oder Strike Suit Zero Rift-tauglich machten. Steam-Betreiber Valve war als großes Studio früh an Bord und ermöglichte das freie Umsehen in Half-Life 2. Vor allem entstanden aber in ganz neuen virtuellen Umgebungen faszinierende Experimente: Alone versetzt den Träger des Headsets z.B. in ein virtuelles Zuhause, in dem er... ein Spiel spielt. Weil er sein virtuelles Wohnzimmer dabei als reales Zuhause empfindet, erzeugen gruselige Geräusche und Schatten das außergewöhnlich intensive Gefühl einer echten Bedrohung.

Bei CCP versetzt hingegen eine Hand voll enthusiastischer Tüftler die Raumschiffe des Eve-Online-Universums in ein virtuelles Gefecht: Jeder Spieler sitzt im Cockpit eines Jägers und feuert auf feindliche Flieger, indem er sie ansieht. Mehr steckte in Eve VR nicht drin –

Die pixeligen Neunziger haben aktuelle VR-Spiele wie Eve: Valkyrie weit hinter sich gelassen. Viele namhafte Entwickler arbeiten heute mit eindrucksvoller VR-Technologie.
doch die Demo wird auf dem Fanfest 2013, der folgenden E3 und auf der gamescom so begeistert aufgenommen, dass das inzwischen Eve: Valkyrie getaufte Projekt das erste exklusiv auf VR-Headsets zurechtgeschnittene Spiel eines namhaften Entwicklers wird.

Mehr als eine Spielerei?

Auch wir sind von diesen frühen Erlebnissen begeistert, denn das Erlebnis ist mit dem trägen Pixelmatsch von CyberMaxx und Co. nicht zu vergleichen!

Und wir sind nicht allein. Als Mark Zuckerberg das Rift in Aktion erlebt, dämmert ihm bald: Virtual Reality wird zunächst für Videospiele interessant sein – die große Zukunft sieht der Facebook-Gründer aber im Erschaffen sozialer Welten, den zukünftigen Treffpunkten von Millionen von Menschen. Zuckerberg und Luckey waren sich offenbar schnell einig: Im März 2014 wird Oculus VR Teil der Facebook-Familie.

Der Wettlauf hat begonnen – eher als gedacht!

Auch dank des Geldsegens aus dem neuen wirtschaftlichen Zuhause entwickelte Oculus vier weitere öffentlich bekannte Prototypen – mit immer schärferen  Bildschirmen und einer immer kürzeren Verzögerung zwischen dem Drehen des Kopfes und dem Anzeigen der richtigen Perspektive. Das zweite Development Kit nutzte bereits eine Auflösung von 960 mal 1080 Punkten pro Auge und wenn das fertige Rift in der ersten Hälfte des kommenden Jahres erscheint, soll es Grafiken mit je 1080 mal 1200 Punkten darstellen. Andere Hersteller arbeiten mit ähnlichen Werten. Glasklare Bilder entstehen so noch nicht, scharf genug sind die Werte jetzt aber allemal. Und eine Verzögerung ist heute praktisch nicht mehr auszumachen.

Andere Hersteller, das sind vor allem HTC und Sony, denn auch der Konsolenhersteller entwickelt ein Headset namens PlayStation VR, das eine Auflösung von 960 mal 1080 pro Bildschirm/Auge bieten soll. Dabei zieht es die Japaner nicht erst seit dem Trubel um das Rift in die Virtual Reality: Glaubt man den Worten des Sony-Ingenieurs Anton Mikhailov, wurde schon der für PlayStation 3 veröffentlichte Move-Controller mit dem Gedanken entworfen, dass er eines Tages als Eingabegerät für VR-Anwendungen dienen kann. Shuhei Yoshida, Präsident der Sony Worldwide Studios, erklärte gar: Seit der Veröffentlichung von Move im Jahr 2010 sitzen Techniker an der zunächst als Project Morpheus vorgestellten Technologie.

Tatsächlich nutzen einige VR-Demos den Move-Controller schon heute als Eingabegerät. Und obwohl das Rift mit einem Gamepad ausgeliefert wird, arbeitet auch Oculus an speziellen Controllern, welche die Interaktion mit der

So stellt sich Virtuix die Virtual Reality vor: In einer so genannten Tretmühle können Spieler von Call of Duty und anderen Titeln die Aktionen der Spielfigur fast vollständig nachahmen.
digitalen Umgebung greifbar machen sollen.

Valve denkt ebenfalls in diese Richtung, denn auch der Steam-Betreiber kündigte Anfang 2015 ein Headset an, das dem Rift ähneln wird. Über zusätzliche Sensoren erfasst das in Zusammenarbeit mit HTC produzierte Vive zudem die Position des Nutzers auf einer mehr als zwanzig Quadratmeter großen Fläche.

"You talking to me?"

Überhaupt bedeutet Virtual Reality schon vor der Veröffentlichung dieser ersten namhaften Geräte viel mehr als eine beeindruckende audiovisuelle Darstellung. Das schwedische Unternehmen Tobii ist z.B. bemüht, seine Hardware zum Erkennen der Blickrichtung so zu verkleinern, dass sie in VR-Headsets verbaut werden kann. Dann könnten künstliche Charaktere erkennen, ob man sie im Gespräch überhaupt anschaut und entsprechend reagieren.

Manche Entwickler nutzen außerdem den Kinect-Sensor von Microsoft, um die Silhouette des Benutzers in der virtuellen Welt abzubilden. Andere Hersteller bieten so genannte Tretmühlen an, in denen Spieler laufen können, ohne sich vom Platz zu bewegen. Das verstärkt nicht nur die Immersion, sondern wirkt auch der Simulationskrankheit entgegen – einem Zustand des Unwohlseins, mit dem der Kopf auf den Widerspruch zwischen dem gespürten Stehen oder Sitzen und der visuell erlebten Bewegung reagiert.

VR im Pappkarton

Dabei braucht man weder Tretmühlen noch besondere Controller oder teure Headsets: Wer Virtual Reality in ihrer einfachsten Form erleben will, kann das schon heute tun – mit einem leistungsstarken Smartphone und einem Aufsatz

Google Cardbox: Ein leistungsstarkes Handy und ein wenig Pappe sind für die ersten Schritte in virtuellen Welten schon genug.
für den Kopf, in den das Telefon als Bildschirm gesteckt wird. Das VR One von Zeiss nutzt auf diese Weise die Handy-eigene Bewegungserkennung, während das Gear VR von Samsung mit eigenen Sensoren eine höhere Präzision bietet und zusätzliche Interaktion über eine Touchfläche an der Seite des Headsets ermöglicht.

Es geht sogar noch einfacher: Mit Cardboard bietet Google seit 2014 ausgesprochen günstige Konstruktionen aus einfachem Karton und handelsüblichem Bastelbedarf an, die denselben Zweck erfüllen wie das Zeiss VR. Und wem zwanzig Dollar noch immer zu viel sind, der baut die Cardboard nach Anleitung einfach selbst. Eine ganz ähnliche Lösung findet man unter dem Namen Fov2Go , zu Deutsch in etwa "Sichtfeld für unterwegs", das schon 2012 entworfen wurde – von keinem Geringerem übrigens als Mark Bolas.

Die breite Grenze zu Morgen

Forscher, Entwickler und Hersteller sind längst nicht am Ziel. Trotz ihrer Fortschritte in den vergangenen fünf Jahren ist ein Holodeck immer noch reine Zukunftsmusik. Laut Palmer Luckey gibt es zudem keine präzise Definition der Virtual Reality, nur eine breite Grenze zwischen dem Wahrnehmen der Wirklichkeit und der Illusion einer künstlichen Realität. Und wenn die ersten Headsets der aktuellen Generation im nächsten Jahr erhältlich sind, wird diese Illusion auch mit Tretmühlen und neuartigen Interaktionsmöglichkeiten nicht vollkommen sein.

Die Frage ist allerdings, ob die virtuelle Realität zum ersten Mal den Sprung vom spezialisierten Künstlerbedarf, von militärischem Training und medizinischen Anwendungen ins alltägliche Wohnzimmer schafft.

Eine bessere Chance hatte sie jedenfalls nie.

 
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