Special: Der große Fußballvergleich (Sport)

von Jörg Luibl



Der große Fußballvergleich: PES 2017 vs. FIFA 17

In drei Teilen werden wir den virtuellen Fußball
von Konami und EA vergleichen. Wir starten mit
Präsentation & Atmosphäre, es folgen Figurenverhalten
sowie Umfang und wir finalisieren den Vergleich
mit der wichtigen Spielmechanik.

Zwischenergebnis Teil 1:
18
    22


Teil 2: FIGURENVERHALTEN & UMFANG (PES : FIFA)
Gegner-KI
Schon in PES 2016 wurde man der vierten und fünften Stufe endlich wieder gefordert und die Gegner-KI macht auch dieses Jahr einen sehr guten Eindruck. Vor allem, weil sie nicht nur die neuen taktischen Finessen aktiv einsetzt, sondern auch auf eigene Umstellungen wie Tika-Taka oder Gegenpressimg reagiert. Hinzu kommen sympathische "menschliche" Fehler oder aktives Zeitspiel, so dass auch Partien gegen den Computer natürlich wirken. FIFA 17 fordert ebenfalls auf den höchsten seiner sechs Schwierigkeitsgrade, auch hier reagiert die KI taktisch auf Rückstände oder Führungen, nur fühlen sich die Partien etwas mechanischer an.

Offensiv-KI

Die Laufwege in die Spitze waren schon eine große Stärke von PES 16, die jetzt z.B. durch das Hinterlaufen der Außenverteidiger nochmal Impulse gewinnen. Weil die neuen taktischen Manöver wie Tiki-Taka oder Flügelspieler deutlich umgesetzt werden, entstehen viele Bewegungen und Züge in die Spitze - etwas umständlich bleibt das manuelle Schicken nach vorne über Schultertaste plus Analogstick. Hier ist FIFA 17 zwar einen Tick komfortabler, außerdem beobachtet man etwas mehr Bewegung ohne Ball als noch in FIFA 16, aber ansonsten ist das Laufverhalten der Offensive weder so vielfältig noch direkt im Spiel steuerbar wie in PES. Zu selten hat man das Gefühl, dass die Offensive "mitdenkt" und sich enstprechend freiläuft, so dass Tempowechsel & Co eher Seltenheitswert haben.

Defensiv-KI
PES 2017 hat sich in der Defensive so verbessert, dass tödliche Pässe in die Tiefe häufiger von den klug zustellenden Innenverteidigern abgefangen werden; auch das Laufverhalten der nicht selbst gesteuerten Defensivleute ist sehr gut. Hinzu kommen tolle Kombos wie tief stehende Abwehr plus Zustellen der Mitte, so dass man ein Bollwerk gegen Flügelspiel aufbauen kann. Auch in FIFA 17 werden Pässe gut abgefangen, aber die eigenen Verteidiger wirken trotz aktiviertem Pressing manchmal zu passiv - sie lassen den Ballführenden zu lange ohne Druck machen, auch nach einerm Tackling wird der direkt vor ihnen liegende Ball nicht immer erobert. Außerdem hat man weniger Möglichkeiten auf die defensiven Laufwege Einfluss zu nehmen.

Torwart-KI
Letztes Jahr hatte FIFA 16 ganz klar die besseren Torhüter und auch dieses Jahr machen sie eine gute Figur mit tollen Glanzparaden, nur fausten sie immer noch eher weg als Bälle sicher zu fangen. PES 2017 hat sich hier deutlich verbessert und kann gleichziehen: Die Torhüter halten teilweise spektakulär und sind vor allem gegen die mächtigen Schlenzer besser gewappnet.

Schiedsrichter-KI
Dass die Schiedsrichter letztes Jahr "englisch blutig" in PES pfiffen und vieles laufen ließen, sorgte für Unmut. Konami hat reagiert und jetzt wirkt die Spielleitung deutlich reifer und nachvollziehbarer, so dass man bei Fouls und Grätschen aufpassen muss. FIFA 17 bleibt auf dem soliden Niveau des Vorjahres und leistet sich keine groben Aussetzer.

Spielmodi offline
Glückwunsch an EA: Endlich gibt es mit "The Journey" auch ein Fußballspiel mit einer Karriere, die den Namen verdient hat! Geführt von guter Regie, mit kleinen Entscheidungen sowie Rivalitäten gewürzt, erlebt man den Aufstieg vom Talent zum Star. Und nebenbei wertet man auch den normalen Karrieremodus auf, wo man als Spieler oder Manager jetzt auch in Japan oder Brasilien antreten kann. Konami hat offline nichts dagegenzusetzen: Auch wenn es kleine Änderungen in der Meisterliga sowie Versus-Statistiken gibt, herrscht hier Stillstand pur. Der Karrieremodus "Werde zur Legende" ist ein Witz, das Training nahezu identisch und in der offiziell lizenzierten Champions oder Euro League fehlen natürlich Vereine. Die Ligen und Pokale werden in beiden Spielen immer noch zu statisch inszeniert, auch wenn Konami zumindest in Südamerika etwas lebendiger inszeniert.

Spielmodi online
In beiden Spielen kann man online freundschaftlich, in Ranglisten oder an Turnieren kompetitiv oder kooperativ teilnehmen - auch im 11 gegen 11. Während EA seine Cashcow Ultimate Team um neue Herausforderungen sowie eine App ergänzt hat, hat Konami sein Pendant myClub um neue Scoutmechaniken erweitert - trotzdem wirkt das immer noch wie ein künstlicher Mischmasch aus Management und Sammelkartenflair. Unterm Strich bekommt man mit dem besseren Ligen- & Pokalsystem sowie Pro Clubs immer noch mehr geboten.

Lizenzen & Aktualität
Konami robbt sich mit südamerikanischen Pokalen und Teams sowie attraktiven offiziellen Partnerschaften (BVB, Liverpool, Barcelona) zwar ran, außerdem hat man diesmal endlich zum Start alle aktuellen Kader und recht früh Aktualisierungen parat. Aber das ist bei der Konkurrenz seit Jahren so und noch holt man nicht alles aus den Traditionsmannschaften raus (Stadien fehlen, Fangesänge etc.), zumal auch in der Champions sowie Euro League einige Mannschaften wie der FC Bayern komplett fehlen; immerhin sind mit Schalke und Leverkusen drei deutsche Teams vertreten. FIFA 17 hat nicht nur die komplette erste und zweite Bundesliga in petto, sondern auch aktuelle Nachrichten aus der Fußballwelt und unterm Strich mehr Lizenzpartner.

Training
Nicht nur in der Karriere, auch im Training herrscht Stillstand in PES: Man bekommt die nahezu identischen Übungen, kann einzelne Dribblings und Finten nicht gezielt üben und muss umständlich Befehlslisten studieren. Zwar muss man auch in FIFA für alle Funktionen eine Liste aufrufen und kann einzelne Tricks nicht im freien Training im 1-gegen-1 nachahmen, aber dafür sind die Skill-Trainings umfangreicher und kreativer als bei der Konkurrenz, zumal es dieses Jahr auch coole neue kooperative Übungen in den Ladephasen gibt. Außerdem bietet FIFA für Einsteiger eine optionale Trainerfunktion in sechs Stufen, die Aktionen auf dem Platz einblendet.



Editor
Warum kann ich weder in PES (bis auf die PS3-Version) noch in FIFA eigene Fangesänge hochladen? Das ist schade, aber immerhin kann man in PES grafisch Hand anlegen, um Gesichter, Frisuren etc. anzupassen, wobei man mehr Details bis hin zum Vereinswappen anbietet. In FIFA ist deutlich weniger möglich - nicht mal die Frisuren lizenzierter Spieler sind editierbar. Außerdem ist der Editor jetzt in der PS4-Version von PES deutlich mächtiger, denn über den USB-Stick kann man nicht nur Logos und Trikots, sondern die komplette Bundesliga oder andere Ligen schnell auf die Platte laden - ein klarer Fortschritt. In FIFA 17 wird übrigens auch der selbst erstellte Manager erstmals in der Karriere dargestellt.

Zwischenergebnis Teil 2:
 46
    53
Zwischenstand Teil 1 + Teil 2:
 64
    76

Kommentare

Gemini:26 schrieb am
Das mit den Orgasmen solltest du nochmal nachlesen. Der erste wärst du definitiv nicht gewesen. :mrgreen:
billy coen 80 schrieb am
AkaSuzaku hat geschrieben:Der Krieg der Fanlager ist trotzdem unnötig, da beide Spiele auf ihre Weise gut, wenn auch vielleicht nicht herausragend sind.
Jup, absolut unnötiger Kindergarten.
Ob FIFA oder PES sehe ich völlig emotionslos. Vielmehr blicke ich zurück, wie es zu Zeiten ausgesehen hat, als ich mit dem ersten ISS für SNES zum aktiven Konsolenfußballer wurde (hähä, aktiv und Konsolenfußballer...; was ne paradoxe Wortverbindung). Das waren damals die Zeiten der Klinsmänner und Häßlers; die Zeiten, in denen besagte Spieler dafür gesorgt haben, dass dann 96 der Fußball WIRKLICH nach Hause gekommen ist (hrhrhr!!! :wink: ). Wenn mir da einer gezeigt hätte, in was für einer Qualität und in welchem (verglichen mit damals) Realismus ich das alles mal an Konsolen nachspielen können werde, egal bei welcher der beiden großen Serien, wäre ich wohl der erste Mann gewesen, der einen multiplen Orgasmus bekommen hätte.
Und das, was Fußball ausmacht, bieten mir beide Spielereihen in doch recht guter Umsetzung: Mitfiebern, sich aufregen über Schiedsrichterentscheidungen (ob berechtigt oder nicht spielt, wie im echten Fußball, eine untergeordnete Rolle) und natürlich das Bejubeln von Torerfolgen.
In den Neunzigern war ich noch Stammkunde bei Konami. EA bekam zwar auch die eine oder andere Mark von mir, aber ich war halt im Besitz eines N64 und da hatte FIFA neben den, in der Konsolengeneration übergreifend, überragend guten ISS-Fassungen einfach nicht wirklich was zu melden.
Dann zog ich ne Weile FIFA vor, weil mir das Gesamtpaket vom Umfang her eher zusagte. Da ich aber eher jemand bin der Offline spielt und auch sehr viel im SP, hat mich FIFA dann ab FIFA 12 ein wenig verloren. Ab da gefiel mir das Gefühl beim Spiel gegen die CPU nicht mehr so. Es fühlte sich einfach zu deutlich danach an, gegen einen Computer zu spielen, der sich in stoischer Ruhe und kalter Berechnung den Ball hin und herschiebt, kaum mal Fehler dabei macht und so jegliche Energie aus den Partien...
AkaSuzaku schrieb am
Erdbeermännchen hat geschrieben: Ich spiele eigentlich ausschließlich die offline Modi und da bietet mir FIFA einfach das bessere Gesamtpaket. :-)
Geht mir ähnlich. Ich spiele sonst noch Ultimate Team (natürlich ohne Echtgeld), das meiner Meinung nach nur mit vielen Lizenzen wirklich Sinn macht.
Der Krieg der Fanlager ist trotzdem unnötig, da beide Spiele auf ihre Weise gut, wenn auch vielleicht nicht herausragend sind.
Dennis4022 schrieb am
RVN0516 hat geschrieben:
AkaSuzaku hat geschrieben: Ist jetzt auch wirklich schon das x-te Mal in Folge, dass aus dem Duell kein eindeutiger Sieger hervorgeht.
PES finden dabei i.d.R. immer die besser, die eine "was zählt ist auf'm Platz"-Mentalität habeen.
FIFA jene, denen die Spielmodi mindestens genau so wichtig, wie das eigentliche Gameplay sind.
Es beides ja auch keine schlechten Spiele. Da hat jedes seine Stärken und schwächen.
Ich spiele FIFA schon fast seit dem ersten Teil und habe mich auch an PES versucht, kam damit aber überhaupt nicht klar.
Ich habe eher ein paar FIFA übersprungen als zuwechslen.
Eine erfrischend nüchternde Ansicht, am Ende ist es nämlich tatsächlich so, dass es keine allgemein gültige Aussage zu dem Thema gibt. Wenn jemand mit Fifa mehr Spaß hat, dann ist dagegen überhaupt nichts zu sagen. Beide Spiele haben ihren eigenen Charakter und nicht jeder kommt mit beiden klar.
Ich bin für mich froh, dass ich einfach jedes Jahr beide Demos spielen kann und dann einfach zu dem greife, dass mir am besten gefällt. Aber auch das funktioniert nicht für jeden.
Am Ende sollten wir alle froh sein, dass wir zumindest beim Fußball die Wahl haben. Ist ja in anderen Sportarten leider nicht (mehr) der Fall.
Jörg Luibl schrieb am
Okay, aber ehrlich gesagt haben wir uns bei dieser Kategorie auch nicht auf die KI in Standarsituationen konzentriert, sondern eher auf die Möglichkeiten der Hereingabe etc. Hätten wir vielleicht unter Defensiv-KI mit unterbringen müssen...
schrieb am