Nintendo Classic Mini: Super Nintendo Entertainment System28.09.2017, Jan Wöbbeking

Special: Die Neunziger im Miniaturformat

Nintendo lässt das goldene 16-Bit-Zeitalter aufleben – und unterschätzt erneut die Nachfrage: Wie beim NES-Pendant war auch die Micro-Konsole mit dem sperrigen Namen „Nintendo Classic Mini: Super Nintendo Entertainment System (ab 299,20€ bei kaufen)“ sehr schnell ausverkauft. Wir haben die knuffig designte Zeitmaschine in die Welt von Yoshi, Castlevania und Contra 3 ausprobiert.

Ein rundes Paket?

Für viele ist es der Inbegriff des goldenen Zeitalters: Stundenlang mit besten Kumpel vor der neuen Konsole versacken, über die krassen 3D-Effekte in F-Zero oder Super Probotector staunen, die Freiheit von Super Mario World oder Zelda genießen. Oder auch der geniale Soundtrack von Super Castlevania  4 – nach wie vor ein Ohrwurm sondergleichen! Sega bewies zwar schon früher mit dem Mega Drive, wie man Spielhallenqualität in die Wohnzimmer bringt. Doch erst das Super Nintendo sorgte hierzulande für den großen Durchbruch der Konsole als Unterhaltungsgerät, nachdem jahrelang die Heimcomputer den Markt dominiert hatten. Kein Wunder also, dass Nintendos zweite Mini-Konsole bei vielen Nostalgiegefühle weckt, was sich entsprechend in den Verkaufszahlen und der schlechten Verfügbarkeit widerspiegelt. Der offizielle Verkaufsstart ist allerdings erst am 29. September.

Wenn ich groß bin, werde ich ein N64!
Fest eingebaut sind lediglich 21 Titel (siehe Liste am Ende des Artikels oder Übersicht in Video-Form), darunter aber fast ausschließlich Klassiker wie Super Mario Kart, Donkey Kong Country, Secret of Mana oder Street Fighter 2: Turbo. Super Probotector - The Alien Rebels ist übrigens in seiner US-Fassung „Contra III: The Alien Wars“ dabei. In der deutschen Fassung wurden früher vorsorglich die menschlichen Figuren mit Robotern ausgetauscht, um keine Indizierung zu provozieren. Käufer des Geräts bekommen außerdem die Chance, StarFox 2 zu spielen, das seinerzeit kurz vor der Fertigstellung eingestampft wurde. Nintendo fürchtete offenbar, dass es im Vergleich zur ersten 3D-Highlights der PlayStation zu rückständig aussah. Laut Entwickler Dylan Cuthbert wirkt die vollendete Fassung des Spiels auf dem SNES Mini deutlich runder als die im Netz kursierenden ROMS.

Am falschen Ende gespart

Das mitgelieferte EarthBound wurde ursprünglich europäischen Kunden vorenthalten, die den Titel jetzt nachholen können (alternativ ist es auch in der Virtual Console der Wii U erhältlich). Schade, dass Nintendo keinen Modulslot für Originalspiele eingebaut hat. Nicht einmal eine Internetanbindung für einen Online-Shop oder wenigstens ein Speicherkartenslot für Erweiterungspakete gibt es.

Das Alien war's: Der Action-Klassiker Contra 3 bzw. Super Probotector rockt immer noch gewaltig!
Sobald man sich an den lediglich 21 Titeln sattgesehen bzw. sattgespielt hat, taugt das Gerät also nur noch dazu, als begehrtes Sammlerstück im Regal zu verstauben. Der Software-Katalog lässt sich aber immerhin bequem sortieren, nach Kategorien wie Zwei-Spieler-Titeln oder zuletzt gespielten Exemplaren. Beim Lieferumfang hat Nintendo wieder einmal an unverständlichen Stellen gespart: Statt blätterbaren Spielanleitungen gibt es im Hauptmenü lediglich einen QR-Code zum Aufrufen der entsprechenden Internetseite. Zudem liegt nur ein USB-Stromkabel und kein Steckernetzteil bei – Letzteres ist separat erhältlich. Gerade bei einem derart auf Plug-and-Play ausgerichteten Gerät ist das ein klares Versäumnis! Noch ärgerlicher ist das viel zu kurze Kabel. Die 150 Zentimeter sind zwar mehr als die 100 beim NES Mini. Trotzdem lässt sich eine derart knappe Strippe in vielen Wohnzimmern nur dann nutzen, wenn man vom Sofa aufsteht und sich näher vor die Glotze setzt – was die geringe Auflösung nebenbei noch gröber wirken lässt. Oder man muss jedes Mal die Konsole vom TV-Tisch heben und ein Stückchen in Richtung Spieler zerren: Beides alles andere als ideal, zumal auch die HDMI- und USB-Kabel mit je rund anderthalb Metern nicht viel Spielraum lassen.

Knuffiges Kästchen

Gut gefällt uns dagegen die Qualität der zwei mitgelieferten Controller, welche sich angenehm authentisch anfühlen (hoffentlich mit haltbareren L- und R-Tastern als früher). Die Controller werden übrigens nicht direkt frontal in die Konsole gestöpselt. Vorher muss zunächst eine kleine Klappe geöffnet werden, die im offenen Zustand ein wenig unschön nach unten hängt. Davon abgesehen wirkt die Konsole mit ihren Maßen (ca. 13 x 10,6 x 3,8 Zentimeter) unheimlich knuffig! Auch die putzige, Nintendo-typische bunte Benutzeroberfläche sieht um einiges einladender aus als technisch funktionale Emulatoren-Menüs. Wenn man die laufende Konsole eine Weile lang in Ruhe lässt, werden sogar kleine Attract-Mode-Filmchen aus den Spielen abgespielt – also fast wie früher in der Spielhalle. Das HDMI-Bild wirkt selbstverständlich um einiges schärfer als das RGB- oder Composite-Signal der Originalkonsole.

Die Controller lassen sich übrigens auch an den Erweiterungs-Slot der Wiimote anschließen, um z.B. auf Wii U Virtual-Console-Titel zu spielen.
Es werden nur wenige Einstellungsmöglichkeiten geboten – darunter diverse Bildrahmen sowie optionale Scanlines für die Imitation der klassischen Zeilen eines Röhrenmonitors. Auch der „Pixel Perfect“-Modus vom NES Classic Mini ist wieder dabei. Er quetscht das Bild horizontal ein wenig: Ein Trick, der seinerzeit die etwas in die Breite gezogene Darstellung auf Röhrenfernsehern ausgleichen sollte. Ein kleines Manko haben alle Modi gemeinsam: Wir konnten stets dünne schwarze Balken am oberen und unteren Bildrand entdecken. Auch links und rechts muss man aufgrund des 4:3-Formats natürlich mit Balken oder den angesprochenen bunten Rahmen leben.

Sauber emuliert

In punkto Emulation hat Nintendo sich Mühe gegeben, so authentisch wie möglich zu bleiben, so dass neben der gewöhnlichen Systemhardware auch die beiden SuperFX-Prozessoren akkurat imitiert werden. Sie kommen z.B. in StarFox bzw. Yoshi’s Island zum Einsatz. Die Orientierung an der Originalhardware geht so weit, dass sogar damals vorhandene Slowdowns wie im Original auftreten, z.B. in Super Castlevania IV. Als nützlich erweisen sich die „Fortsetzungspunkte“: Einfach auf den Reset-Taster drücken, einen von vier Slots pro Spiel anlegen und später kann man an exakt der gleichen Stelle weitermachen. Wer möchte, kann sogar ein Stückchen zurück spulen, um früher wieder einzusteigen und vergeigte Passagen auszubügeln. Der einzige Nachteil daran: Man muss während des laufenden Spiels erst einmal aufstehen und zur Konsole gehen, um in ihr Hauptmenü zu gelangen. Ein schönes Detail ist, dass auch Spielstände funktionieren, die früher von einer Batterie auf dem Modus festgehalten wurden. Manch ein Emulator beherrscht stattdessen nur das Festlegen eigene Speicherpunkte.

Yoshiii!
Zusammengefasst macht Nintendos Miniatur-SNES also nur bedingt glücklich. Das kleine Gehäuse wird auf dem Fernsehtischchen zu einem unheimlich knuffigen Sammlerobjekt und bietet zeitlose Klassiker des prägenden 16-Bit-Zeitalters, die viele schöne Erinnerungen zurückbringen. Die saubere Emulation liegt nah am Vorbild, zumal kleine Komfortfunktionen wie Speicherpunkte und die Rückspulfunktion sogar einen Mehrwert schaffen. Andererseits frage ich mich, warum Nintendo bei einem derart sicheren Verkaufsschlager wieder an derart unsinnigen Stellen den Rotstift angesetzt hat: Warum so kurze Controllerkabel? Wieso liefert man nur die überschaubare Zahl von 21 Titeln mit und gibt dem Nutzer dann nicht einmal die Möglichkeit, alte Original-Module zu nutzen oder Erweiterungspakete zu kaufen? So hinterlässt die auf den ersten Blick kultige Mini-Hardware erneut einen halbgaren Nachgeschmack. Zu unserem Talk über die kleine Konsole geht es übrigens hier.

Hier die Liste der 21 auf der Konsole installierten Spiele:

- Contra III The Alien Wars (europäischer Titel: Super Probotector: Alien Rebels)

- Donkey Kong Country

- EarthBound

- Final Fantasy III (japanischer Titel: Final Fantasy VI)

- F-ZERO

- Kirby Super Star (europäischer Titel: Kirby's Fun Pack)

- Kirby's Dream Course

- The Legend of Zelda: A Link to the Past

- Mega Man X

- Secret of Mana

- Star Fox (europäischer Titel: Starwing)

- Star Fox 2

- Street Fighter II Turbo: Hyper Fighting

- Super Castlevania IV

- Super Ghouls 'n Ghosts

- Super Mario Kart

- Super Mario RPG: Legend of the Seven Stars

- Super Mario World

- Super Metroid

- Super Punch-Out!!

- Yoshi's Island (Super Mario World 2: Yoshi's Island)

 
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