Special: Farbentaktik im Gitternetz
Das bunte Gitternetz
Zwischen beiden Spielern liegt ein schwarzes Netz. Auf die 43 Knotenpunkte werden ganz zufällig Steine in fünf Farben sowie drei schwarzweiße Joker platziert, die jede Farbe repräsentieren. So ergibt sich bei jedem Start ein anderes buntes Gitternetz mit blauen, schwarzen, grünen, roten und beigen Steinen. An der Seite des Spielplans liegt stellvertretend für jede der Farben jeweils ein Stein. Das Material fühlt sich in der Tradition der Reihe hochwertig an und alles ist schnell aufgebaut. Ziel ist es, am Ende die meisten fünfstöckigen Stapel mit der eigenen Farbe an der Spitze zu besitzen.
Wer nimmt wann welche Farbe?
Jetzt kommt der taktische Clou, der die Entscheidung für die eigenen beiden Farben so wichtig macht: Neutrale Steine dürfen jederzeit von allen bewegt, aber nur auf gleich hohe oder niedrigere Stapel springen. Eigene Steine dürfen dagegen nur vom Besitzer selbst gezogen werden und auch auf höhere Stapel springen, was sie sehr mächtig macht. So entsteht zu Beginn zunächst ein angenehmes Belauern, wenn es um das Momentum der Wahl geht. Welche Farbe lohnt sich am ehesten? Wobei sich die strategische Lage auf dem Spielplan ja schon mit jedem Zug ändert, so dass man in angenehmes Grübeln gerät.
Die Macht des Fünferstapels
Denn jetzt ergänzen die entstandenen Lücken die strategische Überlegungen: Das Gitternet wird ja immer freier und damit ergeben sich auch Züge über weitere Distanz, so dass der eigene Dreier und vor allem der Vierer angreifbar wird, wenn es eine freie Linie aus Knotenpunkten gibt. Man muss also darauf achten, dass man diese vermeidet oder geschickt blockiert, indem man neutrale Steine als Deckung einsetzt. Es kann auch helfen, potenzielle Siegpunkte für den Gegner mit neutralen Stapeln zu vernichten - hat ein Stapel eine neutrale Farbe an der Spitze, bleibt er als Hindernis auf dem Feld. Und selbst wenn es komplex aussieht oder vielleicht klingt: Die Spielmechanik ist eher so flott wie im Klassiker Dame und weit weg von der Grübeltaktik eines Schach oder Go.
Was gefällt nicht so gut?
Vielleicht, dass die spezielle LYNGK-Regel sich nicht wirklich entscheidend auswirkt. Was heißt das? Oben hatte ich erwähnt, dass man einen Stein in seinem Zug auch "um ein Feld oder mehrere gleicher Farbe oder alle freie Knotenpunkte in gerader Linie bewegen" kann. In der kursiven Mitte steckt die spezielle Regel, dass man mit einem grünen Stein quasi zwei, drei oder mehr andere verbundene grüne Steine als Sprungplattformen nutzen kann - auch im Zickzack. Klingt eigentlich cool als Bewegung, aber konnte in unseren Partien zu selten effizient eingesetzt werden.
Fazit
LYNGK ist ein richtig gutes Legetaktikspiel für zwei Personen, das schnell verstanden und sehr flott in einer viertel bis halben Stunde gespielt werden kann. Mir gefällt vor allem die offene Eröffnungsphase sowie das daraus resultierende Vabanquespiel um die Frage der eigenen Spielfarben, bevor die versuchte Eroberung der Fünferstapel zu einem Springen, Blockieren und Taktieren führt. Es geht angenehm flexibel und spannend zur Sache, zumal sich das Spielfeld dynamisch ändert. Zwar gefällt mir YINSH noch besser und die spezielle LYNGK-Regel geht etwas unter, aber dieses siebte Spiel des GIPF-Projektes fügt sich mit einigen stilistischen und mechanischen Déjà-vus souverän in die Reihe von Kris Burm ein. Lasst euch von den komischen Namen und dem Begriff "abstrakte" Strategie nicht abschrecken: Wer mal etwas anderes als das klassische Dame spielen will, wird hier auf kreative Art unterhalten. Falls ihr richtig geniale Legetaktik für zwei sucht, die man im Sommer auch überall mitnehmen kann, empfehle ich Hive aus unserer Top 20.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps und ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet.
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