Super Mario Kart24.04.2017, Jan Wöbbeking

Special: Ursprung des Fun-Racers

In wenigen Tagen soll die aufgemotzte Deluxe-Fassung von Mario Kart 8 die Begeisterung für die Switch anfachen – ihren Anfang nahm die Serie aber bereits 1992. Damals wollte Nintendo mehr Spaß ins Rennspiel-Genre bringen, und fand nebenbei einen Weg, mehr Profit aus dem Erfolg des Firmenmaskottchens zu schlagen. Wir werfen einen Blick zurück auf die pixelig rotierenden Super-Nintendo-Strecken.

Zauberwort „Mode 7“

Eine wichtige Voraussetzung für das Wettrasen war natürlich die Technik. 3D steckte noch in den Kinderschuhen, daher bedienten sich die meisten Rennspiele noch ruckliger Vektor-Linien oder dem Sprite-Zooming, bei dem flache Objekte wie Bäume blitzschnell am Spieler vorbeiflogen. Nicht so Super Mario Kart: Im Spielmodul war ein Zusatzprozessor zur grafischen Unterstützung der Konsolen-Hardware eingebaut. Der auch von F-Zero genutzte Mode-7-Effekt drehte zwar lediglich den flachen Untergrund unter dem Spieler, so dass keine Höhenunterschiede möglich waren - das Ergebnis war für damalige Verhältnisse trotzdem beeindruckend. So war genügend Power vorhanden, um ein wildes Gedrängel zwischen zwei Spielern zu ermöglichen. Schade nur, dass der Schirm auch im Single-Player geteilt blieb. Unten sieht man aber immerhin eine praktische Streckenkarte. Sega machte sich übrigens sogar in einem Werbespot über die Teilung und die angeblich langsame Geschwindigkeit lustig – obwohl dessen Konkurrenz-System Mega Drive nicht einmal vergleichbare Spiele mit Mode-7-Effekt zu bieten hatte.

Hierzulande erschien das Spiel übrigens erst im Januar 1993.
Es gab zwar schon früher lustige Mehrspieler-Rennen wie Off Road, das waffenlastige Super Cars 2 oder Micro Machines (das im Juni übrigens ebenfalls zurückkehrt) - Super Mario Kart begründete aber das neue Genre der albernen Fun-Racer mit prominenten Kart-Piloten. Da so gut wie jeder Mario und seine sieben Kontrahenten wie Yoshi oder Peach kannte, machte es natürlich doppelt so viel Spaß, sie aus der Kurve zu schubsen. Jeder brachte seine Eigenheiten in punkto Gewicht, Beschleunigung, Höchstgeschwindigkeit und Kurvenverhalten ins Spiel. Pfeffer in die Duelle brachten Waffen, die in kleinen Boxen mit einem Zufallsgenerator steckten und die man bislang nicht gerade mit einem Rennspiel assoziierte: Eine nonchalant fallen gelassene Bananenschale brachte den Hintermann ins Schleudern, ein roter Schildkrötenpanzer verfolgte den Vordermann wie ein wild gewordener Pitbull. Beim abprallenden grünen Panzer war mehr Zielwasser nötig, wenn man sich nicht selbst erwischen wollte. Der nicht zu unterschätzende Zufallsfaktor sorgte dafür, dass auch Mutti oder andere Gelegenheitsspieler mitmachen konnten und Erfolgserlebnisse hatten. Für noch mehr Aggressionen sorgten Gemeinheiten wie der Unbesiegbarkeitsstern oder der legendäre Schrumpf-Blitz: Es gibt vermutlich nichts in der Welt der Videospiele (oder auch darüber hinaus), was einem derart viel Schadenfreude verschafft. Einfach das Extra aktivieren und  schon lässt sich das wie ein Rohrspatz zeternde Opfer genüsslich plattwalzen – herrlich!

Mit blauem Panzer in die Zukunft

Im zweiten Teil fürs N64 etwa fuhr man erstmals über komplett dreidimensionale Kurse mit Huckeln und Sprüngen wie im Wario-Stadion. Darin wurde auch der verhasste blaue Panzer eingeführt, welcher schnurstracks zum Erstplatzierten huscht, um ihn gemeingefährlich in die Luft zu katapultieren  und ihn so um die Führung zu bringen. Mario Kart: Double Dash auf dem Gamecube führte sogar ein drehbares Doppel-Kart mit zwei Fahrern und kombinierten Extras ein – spätere Teile kehrten aber zurück zum einfacher durchschaubaren Konzept einzelner Fahrer.

Die westlichen Versionen des Spiels wurden "zensiert": Im japanischen Original betrinken sich Bowser oder Peach bei der Siegerehrung mit Sekt, hierzulande fuchteln sie nur mit der Flasche herum.
Zurück zu Teil 1 auf dem Super Nintendo: Die unterschiedlich stark motorisierten Cups gegen Computergegner fanden vorwiegend im Universum von Super Mario World statt. Daneben konnte man sich mit Freunden in knackigen Zeitrennen messen (unser Redakteur Marcel nahm darin übrigens an einem Wettbewerb der Club Nintendo teil und scheiterte nur knapp an der Bestmarke). Wer besser abschneiden wollte, konnte einen Drift um die zahlreichen, ziemlich engen Kurven starten - musste dabei allerdings aufpassen, nicht von den Geisterhausplanken zu rutschen oder im brodelnden Lavasee zu landen. Es wirkt also sinnvoll, dass in diesem Modus Hindernisse wie der stampfende Steinklotz „Wummp“ und auch die Items draußen bleiben mussten. Der durchs Schliddern aufladbare Extraschub feierte allerdings erst in Mario Kart 64 seinen Einstand. Bereits im ersten Teil enthalten waren die Münzen, welche z.B. die Höchstgeschwindigkeit erhöhten und vor Remplern schützten.

Vom Rennspiel zum Waffenduell

Hitzig wurde es in den vier Wettkampf-Arenen mit labyrinthähnlichen Hindernissen und Untergründen wie Eis und Asphalt. Mit Hilfe von Extras und Waffen aus den Zufallskisten attackierte man den Gegner, bis all seine Ballons geplatzt waren. Besonders süchtig machte der erste sandige Kampfkurs, der auf den Donut-Ebenen basiert und in der Mitte ein angenehm offenes Feld bietet. Mit 8,5 Millionen verkauften Einheiten wurde das Spiel zum vierterfolgreichsten Titel für das Super Nintendo.

Ein Blick auf den Arena-Kampf.
Kein Wunder also, dass viele Hersteller im Laufe der kommenden Jahre versuchten, das Konzept zu kopieren. Konkurrenten wie diverse Sonic-Rennspiele konnten aber bei weitem nicht an die Popularität anknüpfen. Andere Fun-Racer, die keine bekannten Gesichter boten oder zu stark vom beliebten Mario-Kart-Schema abwichen schnitten noch schlechter ab, darunter der bunte Triathlon "Pen Pen" oder das vor einem Jahr erschienene Obliteracers. Das Gros des Publikums möchte eben nur mit Mario über bunte Piste rasen oder sich mit seinen Freunden übers Schlachtfeld rempeln. Letzteres wird übrigens auch in der erweiterten Umsetzung von Mario Kart 8 wieder möglich, da auf der Switch die Arenen zurückkehren.

 
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