Checkpunkt Zentralafrika
Ein Spiel und seine Fortsetzung in jeweils drei Versionen – 2008 war die Zeit reif für ein echtes
Far Cry 2, reif für die Reise in ein vom Bürgerkrieg gezeichnetes afrikanisches Land und dessen frei begehbare offene Welt. Einem Waffenhändler namens Jackal sollte man dort den Garaus machen, Malaria setzt dem Alter Ego zu sowie unmoralische Angebote der zwei kriegstreibenden Parteien: Das erste große, komplett von Ubisoft entwickelte große Far Cry war ambitioniert, und zwar nicht nur inhaltlich, sondern auch technisch.
Die neu entwickelte Dunia-Engine erweckte ja nicht nur idyllische Panoramen zum Leben; sie hinterließ auch verbrannte Erde. Denn wo ein Feuer ausbrach, breitete es sich über Gras, Büsche und Bäume aus – das war ein damals beeindruckendes Schauspiel. Waffen nutzten sich ab und litten irgendwann unter Ladehemmungen, Begleiter boten alternative Missionswege an, das freie Umgehen feindlicher Lager öffnete eine große taktische Vielfalt und um eine Schusswunde zu heilen, schnitt sich der Held die Kugel kurzerhand selbst aus dem Arm – traumhaft!
Seit Far Cry 2 ist es doof, wenn Holz nicht brennt.
Far Cry 2 war ein gutes Spiel. Und trotzdem denken viele mit Schrecken daran zurück. Da war nämlich diese eine Sache; diese ständig neu auftauchenden Gegner an den übermäßig vielen Checkpunkten, die mit so viel Nachdruck die Freude aus jeder Autofahrt sogen, dass man sich fragen musste, ob man „Spaß“ in Montreal so buchstabiert: h, a, s, s.
Einstein und die vierte Wand
Dann wurde es erst mal ruhig. Vier Jahre lang. Bis der dritte Teil endlich ins Paradies zurückkehrte, oder genauer gesagt: Jason Brody auf einer tropischen Insel von einem scheinbar Verrückten namens Vaas gefangen genommen wurde. Aus seinem Käfig konnte er natürlich fliehen, Vaas ein Ende bereiten, den eigentlichen Boss besiegen und sich in einem höchst merkwürdigen Finale für Sex mit tödlichen Folgen entscheiden.
Far Cry 3 war kein gutes Spiel mehr. In unserem Test hieß es damals: „Far Cry 3 ist das rücksichtslose Durchregieren sämtlicher Stichpunkte, die die Marktforschung den Entwicklern vorbetet. Hauptsache, der Spieler kann überall jederzeit alles tun, was ihm in den Sinn kommen könnte“. Erzählerischer Sinn und die Glaubwürdigkeit der offenen Welt spielten kaum noch eine Rolle. Ubisoft hatte ohne Rücksicht auf atmosphärische Verluste eine formelhafte Minispiel-Sammlung über die Kulisse gespannt, ohne die Aufgaben sinnvoll an Story oder Schauplatz zu knüpfen.
Besonders tragisch: Der Einstein zitierende Vaas wurde abgeknickt, bevor seine Figur ihr wahres Ich zeigen konnte – gerade so, als hätte man während der Entwicklung entschieden, ein ursprünglich cleveres Abenteuer auf einen bloß nicht intellektuell anspruchsvollen Vergnügungspark
Far Cry 4: Die Action war super! Die offene Welt leider nicht.
herunterzudampfen. Lediglich Fragmente blieben übrig, wenn Vaas den Spieler durch die vierte Wand hindurch z.B. fragt, ob es nicht verrückt sei auf etwas Neues zu hoffen, während man wieder und wieder nur Dasselbe tut.
Der federführende Autor hatte Monate vor der Veröffentlichung noch Vorbilder wie BioShock zitiert. Immerhin: Das „Shock“ blieb.
Aus den Tropen in den Himalaya
Ärgerlich war das vor allem deshalb, weil Far Cry 3 die rasante Action des Vorgängers um coole Nahkampf-Finisher, das Verstecken von Leichen und andere Finessen erweiterte, die aus dem Shooter einen der besten und taktisch vielseitigsten seiner Art machten. Rein spielerisch ist das ein pures Vergnügen – eins, das im
vierten Teil natürlich ausgebaut wurde und einen drastisch überhöhten, beinahe comichaften Rahmen erhielt, der besser zu dem dann im Himalaya aufgebauten Vergnügungspark passte.
Das übertrieben häufige Auftauchen irgendwelcher Aufgaben sorgte allerdings dafür, dass man sich in der exotischen Bergwelt regelrecht gegängelt fühlte und die offene Welt nie als geografisch plausiblen Ort wahrnahm. Und spätestens mit der Fauna ist Ubisoft ohnehin Lichtjahre übers Ziel hinausgeschossen! Dass Adler oder Honigdachse einen verbissenen Guerillakrieg gegen den Spieler führten, war jedenfalls nicht wesentlich unterhaltsamer als gewisse Checkpunkte in Afrika.