Special: Kampf um Kristalle
Eine klarer Sieger...
Eigentlich scheint der Gewinner in der Kalas Schlucht fest zu stehen: Fünf gelbe Einheiten der Menschen überfallen zwei dort stationierte blaue Wanderer. Und weil in diesem Moment ein Gefechtsmarker platziert wird, der das Gebiet quasi abriegelt, kann Blau über normale Aktionen wie Bewegung auch keine Verstärkung mehr hinzu rufen - und das, obwohl er in drei angrenzenden Regionen durchaus Truppen stationiert hat. Es steht also fünf zu zwei! Aber in Cry Havoc gibt es nicht nur ein ebenso einfaches wie flexibles Kampfsystem mit wählbaren Schwerpunkten, sondern angesichts ausspielbarer Karten auch böse Überraschungen. Man sollte sich nie zu sicher sein.
...erlebt eine böse Überraschung!
Denn noch fehlt die wichtige zweite und letzte Phase des Kampfes, in der jeder eine Karte oder vielleicht Fähigkeiten seiner Fraktion spielen kann. Gelb hat zwar Karten, aber die passen nicht zum Gelände, so dass sie in der Kalas Schlucht nichts bringen; auch die Fähigkeiten der Menschen bringen ihm hier nichts.
Und dann kommt es zur bösen Überraschung, denn die Wanderer zeigen ein effizientes Doppelmanöver: Zum einen aktivieren sie "Energie abzapfen", eine exklusive Fähigkeit ihres Volkes speziell für laufende Gefechte, so dass sie einen blauen Marker auf ein beliebiges Feld des Gefechtstableaus legen dürfen, der zwei Einheiten wert ist. Blau wählt die Gebietskontrolle und dort steht es jetzt vier zu vier! Das Remis würde für die erfolgreiche Verteidigung reichen, aber er darf ja noch eine Karte aus der Hand spielen und legt "Neu formieren" auf den Tisch - jetzt darf er aus eigenen angrenzenden Regionen je eine Einheit auf ein beliebiges Feld legen: Blau gewinnt nicht nur die Schlacht mit fünf zu vier, indem er eine weitere Figur auf Gebietskontrolle platziert, er gewinnt auch einen gelben Gefangenen, indem er die beiden anderen dort setzt. Gelb bleibt nur der Rückzug seiner vier übrigen Truppen in ein angrenzendes Gebiet...
Die Macht der Kristalle
Warum wollte Gelb überhaupt die Kalas Schlucht erobern? Weil die Wanderer dort neun Kristalle bewachten, die ebenso wie beherrschtes Gelände lukrative Siegpunkte einbringen. Cry Havoc wird nur über fünf Runden gespielt und läuft angenehm flott, so dass man zügig seine Stärken ausspielen und clever erobern muss. Zwar gibt es auch einen Aufbau über drei Gebäude, aber da geht es nicht um langfristige Infrastruktur, sondern eher um kurzfristige Unterstützung für den Krieg. In einer Runde darf man abwechselnd nur drei von fünf Aktionen ausführen: Truppen bewegen, Truppen rekrutieren, Gebäude bauen und/oder aktivieren, Geländekarten ziehen oder eine Wertung aktivieren. Das Nutzen von Rohstoffen über abgeworfene Karten und deren Symbole erinnert angenehm an Alien Artifacts oder 51st State.
Vier markante Fraktionen
Neben der Armee der Wanderer und jener der Menschen kann man auch die der Maschinen wählen. Zwar unterscheiden sich die Truppen selbst überhaupt nicht hinsichtlich Waffen, aber sowohl beim Bau der drei Gebäude als auch den acht Taktik-
Zu den interessanten Aspekten gehören auch die Trogg als einheimische Aliens, die man lediglich im Spiel zu viert als Fraktion wählen kann. Weil nur sie Tunnel bauen und sehr flexibel mit den allgemeinen Taktikkarten umgehen können, entsteht zu viert nochmal ein ganz anderes, angenehm unberechenbares Spielgefühl auf der großen Karte; im Spiel zu zweit nutzt man übrigens die Rückseite der Karte mit der etwas kleineren Welt. Kämpft man nur zu zweit oder zu dritt um die Vorherrschaft, werden die Trogg lediglich als neutrale Macht aktiv, indem man ihre Nester auslegt und ihre Figuren im Kampf einsetzt; cool ist aber, dass auch sie Gefangene nehmen können - gesteuert werden sie dann vom jeweiligen anderen Spieler. Zwar gibt es keine Solovariante, aber es ist schön, dass man auch zu zweit sehr spannende Partien erlebt, die schon nach einer Dreiviertelstunde ins Finale gehen.
Was gefällt nicht so gut?
Fazit
Cry Havoc inszeniert einen angenehm flotten Mix aus etwas Aufbau, viel Kampf und überraschender Kartentaktik. Es erreicht zwar weder die Tiefe noch die Miniaturenqualität eines Blood Rage oder Cthulhu Wars, aber es gehört definitiv zu den unterhaltsameren Eroberungskonzepten, die man auch zu zweit sehr gut spielen kann. Das Regelwerk ist klar, die Produktionsqualität sehr gut und es entsteht ein spannender Wettlauf um Gebiete und Kristalle, der vor allem von den markanten Unterschieden der vier Völker sowie dem interessanten Kampfsystem mit seinen drei Zielvorgaben lebt. Obwohl es so scheint, gewinnt man nicht immer durch einfache Überzahl, denn exklusive Fähigkeiten und Kartentaktik können die Machtverhältnisse aushebeln. Ihr könnt auf langwierige Erkundung, Rohstoffabbau und Diplomatie verzichten? Hier geht es gleich zur Sache! Wer ein auch auf lange Sicht flexibles kompetitives Brettspiel für Eroberer sucht, sollte zuschlagen.
Für alle, die eine Wertung vermissen: Wir werden hier nur unsere Highlights vorstellen. Natürlich gibt es auch in der Brettspielwelt einen bunten Mainstream und billigen Murks, aber wir wollen euch alle zwei Wochen kreative Geheimtipps, Klassiker oder ungewöhnliche Spieleperlen empfehlen, die man vielleicht nicht in jedem Kaufhaus findet. Mehr Brettspiel-Tests und eine Top 20 findet ihr hier.
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