Special: Futuristische Schnitzeljagd
Stimmungsvoller Einstieg
Noch während die Logos der Filmstudios über die Leinwand flimmern, bereitet eine Folge wohlbekannter Synthesizer-Akkorde die Reise in die Vergangenheit der Pop-Kultur vor: Der 84er-Hit „Jump“ von Van Halen mag vielleicht nicht der großartigste Song aller Zeiten sein, aber die Klänge sind vertraut und wecken umgehend nostalgische Gefühle für eine Ära, in der nicht nur musikalisch neue Wege beschritten wurden. Sie war auch geprägt von ersten Gehversuchen bis hin zum Durchbruch der Videospiele und bescherte uns mit Werken wie Star Wars, Indiana Jones, Alien(s), Terminator, E.T. oder Zurück in die Zukunft einige der größten Klassiker der Filmgeschichte. Und spätestens wenn sich der allseits bekannte sowie schnittige Delorean mit Fluxkompensator den Weg in die Startaufstellung für das rasant inszenierte Rennspektakel im Einstieg bahnt und der offenbar von K.I.T.T. geborgte Scanner an der Front des Boliden rot aufleuchtet, hat Spielberg mich da, wo er mich haben will: Obwohl ich den gewählten Stil der CGI-Avatare als gewöhnungsbedürftig empfinde und man von der gewaltigen Effektorgie zu Beginn
Die Suche beginnt
Es ist ein furioser Auftakt, bei dem sich der Film zwar bereits zum ersten und sicher nicht zum letzten Mal von der Roman-Vorlage entfernt, gleichzeitig aber einen schönen Grundstein für die popkulturelle Achterbahnfahrt legt. Im Kern orientiert sich die Handlung des Films an der Romanvorlage: Nach dem Tod des exzentrischen Erfinders James Halliday (großartige Nerd-Performance: Mark Rylance), der mit der Kreation seiner virtuellen Realität namens OASIS einen bliebten Fluchtweg aus der dystopischen Gesellschaft und der tristen Welt geschaffen hat, fällt der Startschuss für einen Wettbewerb, in dem nicht nur Reichtum und Ruhm, sondern auch die komplette Kontrolle über Hallidays Unternehmen und die OASIS winken. Drei Schlüssel sind nötig, die irgendwo in der OASIS versteckt sind und erst nach dem Lösen von kryptischen Hinweisen und dem erfolgreichen Bewältigen einer Herausforderung gewonnen werden können.
Gleiche Rahmenhandlung, viele Änderungen
Obwohl die Rahmenhandlung identisch zur Romanvorlage ist, hat Ernest Cline für das Drehbuch zahlreiche Veränderungen an seinem Werk vorgenommen. Dabei fällt vor allem auf, dass die Bedeutung klassischer Videospiele und Arcade-Automaten zum Lösen der Rätsel im Film massiv zurückgefahren wird und stattdessen mehr Referenzen rund um Hollywood im Vordergrund stehen. Zwar stimmt das Ende mit den Original-Spielszenen aus dem Klassiker „Adventure“ und dem Fokus auf Retro-Gaming am Atari 2600 versöhnlich, aber insgesamt vermisst man als Kenner des Romans die vielen Anspielungen, coolen Insider-Infos und tollen Einbettungen von Videospielen wie Pac-Man, Tempest & Co in die Geschichte und zur Lösung der Aufgaben. Stattdessen muss man sich vornehmlich mit kurzen Gastauftritten von Figuren wie Goro aus Mortal Kombat,
Spielberg drückt aufs Gaspedal
Viel eher ist mir das rasante Erzähltempo übel aufgestoßen: Trotz der komprimierten Handlung und einer Länge von mehr als zwei Stunden hat man oft das Gefühl, als würde Spielberg regelrecht von einer Szene zur nächsten hetzen und damit auch den Figuren kaum Zeit lassen, sich oder die Beziehung zueinander zu entwickeln. Zudem wird im Film kaum eingefangen, wie viel Aufwand Wade und die anderen Schatzjäger für ihre Recherchen betreiben müssen oder wie sehr die Gunter-Gemeinschaft an der Entschlüsselung von Hinweisen verzweifelte. Hier hätte man mit einer einfachen Zeitraffer-Montage schöne Einblicke geben können, wie Parzival in alle möglichen Videospiele eintaucht oder Filme und Serien konsumiert. Stattdessen folgt nach dem Fund des ersten Schlüssels gefühlt alles Schlag auf Schlag: Von dem enormen Anspruch und zeitlichen Aufwand hinter der Schnitzeljagd in Kombination mit Rückschlägen oder gar Stillstand ist im Film kaum noch etwas übrig geblieben. Spielberg verpasst außerdem die Chance, dass sich die vorherrschende Dystopie auch glaubhaft in Bildern entfalten kann. Die slumartigen Stacks mit ihren übereinander gestapelten Trailerparks werden zwar großartig eingefangen, doch bekommt man abseits davon recht wenig von den bedrückenden Zuständen der Welt zu sehen, die gleichzeitig für die
Zimmer 237
Tatsächlich kommt neben viel Action und einer gewissen Retro-Romantik sogar der Humor nicht zu kurz. Besonders hervorheben muss man hier einen Abschnitt, bei dem die Freunde auf der Suche nach dem nächsten Schlüssel plötzlich auf süffisante Weise mit dem Horror aus Stephen Kings Roman „The Shining“ bzw. der streitbaren Verfilmung von Stanley Kubrick konfrontiert werden. Ich hätte mir viel mehr solcher Szenen gewünscht, in denen reale Vorbilder der Pop-Kultur direkt in die Handlung eingebunden werden oder zumindest auftauchen.
Gleichzeitig ist die Shining-Sequenz ein gelungenes Beispiel dafür, dass Cline für sein Drehbuch nicht nur massiv gekürzt hat, sondern den Film auch mit neuen und durchaus gelungenen Facetten bereichert hat, die auf der großen Leinwand schlichtweg besser funktionieren als im Buch. Das gilt auch für die etwas subtileren Referenzen, wenn Iron Giant in der großen Endschlacht in glühender Lava versinkt und zum Abschied den Daumen in Höhe reckt, um es dem T-800 in Terminator 2 gleich zu tun. Besonders gut gefallen hat mir auch ein großartiger Moment, dessen Magie sich ebenfalls nur im Filmformat derart entfalten kann: Während die Zeit mit Hilfe eines Zauberwürfels zurückgespult wird, erklingt ein kurzer, aber prägnanter Jingle, der aus dem Soundtrack zum Klassiker „Zurück in die Zukunft“ stammt. Für diesen wiederum zeichnete der Komponist Alan Silvestri verantwortlich, der nach der Ablösung von John Williams auch die Musik zu Ready Player One geschrieben hat. Zudem sei noch erwähnt, dass der besagte Zauberwürfel zumindest im englischen Original als „Zemeckis Cube“ bezeichnet
Fazit:
Ready Player One bietet effektreiches Popcorn-Kino in bester Spielberg-Manier mit viel Action, rasanten Kamerafahrten und zahlreichen Referenzen zur Popkultur von den Achtzigern bis zur Gegenwart! Ich würde zwar in erster Linie Zuschauern ohne Vorkenntnisse, aber auch Kennern der Roman-Vorlage einen Kinobesuch ans Herz legen, da es trotz der mitunter drastischen Einschnitte und Änderungen einige großartige Momente gibt. Und sei es nur, um hinterher sagen zu können, dass man aus den mageren 3D-Effekten visuell trotz der starken Inszenierung viel mehr hätte rausholen können und der Roman sowieso viel besser ist!
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