Der Durchbruch mit Guild Wars
Mit Guild Wars gelang NCSOFT 2005 der Durchbruch im Westen, dank kreativer Ideen sowohl im als auch um das Fantasy-Epos von ArenaNet herum. Zum ersten Mal verzichtete man auf ein Abomodell und verlangte lediglich den Kaufpreis. Außerdem konzentrierte man sich auf PvP, also den Kampf zwischen Spielern, und man konnte mit Freunden oder KI-Kameraden die Koop-Kampagne erleben, so dass man auch alleine unterhalten wurde. Beides kam sehr gut an, auch im Westen, so dass NCSOFT nach einigen Erweiterungen sechs Millionen Verkäufe im Jahr 2009 melden konnte - trotzdem
kürzte man in der europäischen Niederlassung in Brighton satte 55 Stellen. Spätestens mit Guild Wars war NCSOFT aber auch in Amerika und Europa ein starker Wettbewerber im Online-Bereich, der
Mit Guild Wars gelang NCSOFT 2005 der Durchbruch im Westen.
sich vor allem aufgrund seines Vertriebsmodells viele Freunde machte. Und bei 4Players gab es den ersten Gold-Award für ein Spiel aus Korea.
Während
City of Heroes und
Guild Wars viele Jahre parallel liefen, lief hingegen nicht alles unter NCSOFT optimal: Richard Garriott und Destination Games bekamen relativ freie Hand mit dem viel versprechenden
Tabula Rasa, das 2007 erschien. Das MMO in düsterer Zukunft floppte jedoch trotz solider Wertungen und wurde ähnlich wie zuvor schon
Auto Assault von NetDevil nach einem Jahr eingestellt – so schnell die Koreaner auch expandierten, so schnell verabschiedeten sie bei Misserfolg auch Marken und Mitarbeiter, was für einige Negativschlagzeilen sorgte. Schließlich gab es eine
Klage von Garriott gegen NCSOFT, die ihm 2010 zunächst 28 Millionen US-Dollar und nach einer
Berufung samt Zinsen 2011 schließlich 32 Millionen einbrachte. Die Koreaner konnten sich diese Niederlagen allerdings leisten.
Höchste Auszeichnungen mit Guild Wars 2
Guild Wars 2 konnte 2012 bei uns Platin erobern.
Guild Wars war einfach so erfolgreich, dass sich ArenaNet viel Zeit für einen Nachfolger lassen konnte: Erst 2012 erschien
Guild Wars 2. Und dieses Online-Rollenspiel war so gut, dass es sogar unser Platin erobern konnte. Deutlich weniger Grind, dafür mehr Spaß, diesmal auch für Solisten, und all das in einer Prachtkulisse, die selbst so manches Offline-Rollenspiel übertraf. Und natürlich ohne Abogebühren. Kurzum: NCSOFT lieferte, wenn auch nur als Publisher, sein Meisterstück ab.
Diese außergewöhnliche Qualität sowie die wirtschaftlichen Erfolge erreichten zuvor weder
Aion (2009; Wertung: 82%) mit seinem so genannten „PvPvE-Ansatz“ noch später das kunterbunte WildStar, das 2014 mit Action-Adventure-Elementen für frische Impulse sorgte und unser Gold eroberte. Beide MMOs wurden mittlerweile auf free-to-play umgestellt und 2014 wurden bei den Carbine Studios 60
Mitarbeiter entlassen. Vor allem NCSOFT West bekam die „Umstrukturierungsmaßnahmen“ zu spüren. So ambitioniert man auch den Markt im Westen im Auge hat: Der Geldfluss aus Amerika und Europa macht gerade einmal 18 Prozent des Umsatzes von NCSOFT aus.
Ausblick auf die mobile Expansion
Übernahmegefahr abgewehrt: Nexon stieß seine Beteiligung an NCSOFT im Oktober 2015 ab.
Und die Zukunft? NCSOFT ist mittlerweile 3,8 Milliarden US-Dollar wert. Man kann sich nicht nur ein eigenes Baseball-Team leisten, sondern weiter expandieren. Zumal man den noch größeren Konkurrenten Nexon (Wert: 5,8 Milliarden US-Dollar) endgültig abwehren konnte. Nexon erwarb 2012 immerhin 15% der Aktien, stieß diese aber im Oktober 2015 auf den freien Markt ab - damit wurden auch die langjährigen Übernahmespekulatonen ad acta gelegt.
Die Südkoreaner haben in der Heimat eine sichere Position und schließen weiter Kooperationen mit anderen Plattformen in China und Russland ab. Sie erweitern ihren PC-Fokus,
lizenzierten 2013 die Unreal Engine 4 und haben eine eigene KI-Entwicklereinheit gegründet. Sie strecken zudem die
mobilen Fühler aus: Spiele für Smartphones sollen u.a. in Kalifornien
Wird das Online-Rollenspiel Blade & Soul in Europa erfolgreich sein? Und gelingt der Angriff auf den eSport und League of Legends mit Master X Master?
entstehen, beim neu gegründeten Studio Iron Tiger, das in drei Teams auf hundert Mitarbeiter anwachsen soll. So ließ der Pressesprecher Soon-Hyun Hwang in unserem Interview verlauten, dass man so viele Smartphone-Titel in Entwicklung hat, dass die reine Anzahl die Erwartungen der Fans übertreffen würde.
Mehr Masse als Klasse? Das Ziel ist jedenfalls klar: Die eigenen bestehenden Online-Welten sollen über mobile Spiele bekannter gemacht und erweitert werden. Diesen Schritt wagt man nach eigenen Angaben so spät, weil man erst jetzt das Gefühl hat, ein gutes Rollenspielerlebnis dank der Power neuerer Smartphones abliefern zu können. Wir sind gespannt, wie sich NCSOFT in Zukunft entwickeln wird und ob es tatsächlich auch mal ein Offline-Abenteuer gibt, das uns begeistern kann. Bis dahin werden wir euch über das kommende Online-Rollenspiel
Blade & Soul sowie den League-of-Legends-Herausforderer
Master X Master auf dem Laufenden halten.
(Dieter war vor Ort in Seoul; das Thema ist auch als Video verfügbar: Im Wandel der Zeit: NCSOFT. Anm.d.Red.)