Spielkultur03.11.2014, Michael Krosta
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Special: Rückgaberecht bei digitalen Gütern

Wenn etwas nicht gefällt, dann gibt man es einfach zurück. Und wenn die Ware kaputt oder defekt ist, dann wird sie eben ausgetauscht oder man erhält den gezahlten Kaufpreis zurück. Die Rückerstattung bzw. der Umtausch funktioniert bei den meisten Artikeln häufig problemlos. Doch bewegt man sich in die Welt der digitalen Güter, zu denen auch Download-Spiele gehören, sieht es leider düster aus. Wir zeigen im Special, wie die aktuelle Gesetzeslage aussieht und was Hersteller von Microsoft über Sony bis EA anbieten...

Der klassische Fehlkauf

Was habe ich mich schon nach dem Kauf digitaler Spiele geärgert! Zuerst war es die Neuauflage der Prince-of-Persia-Trilogie, die ich auf der PS3 endlich in HD genießen wollte. Und was bekam ich? Eine grenzwertige Bildrate. Und eine schlechte Ton-Abmischung, bei der ich ständig das Gefühl hatte, ich würde mich mit dem Prinzen in einem großen Badezimmer befinden. Nächster Versuch: Die Splinter-Cell-HD-Collection. Doch auch hier ließ mich das Geruckel und die zunächst fehlende Möglichkeit zur Sicht-Invertierung lieber wieder zu den Originalen auf der alten Xbox greifen. Die vorerst letzte Chance hat Ubisoft bei mir dann mit der Neuauflage des Klassikers Beyond Good and Evil verspielt: Zwar wurde es mir tatsächlich von Anfang an gestattet, die Steuerung zu invertieren, doch im Gegensatz zum Original durfte ich – warum auch immer – die X- und Y-Achse nicht mehr getrennt, sondern nur noch zusammen umstellen. Als Folge dieser Einschränkung wurde es für mich unspielbar.

Hersteller sichern sich ab

Ich hätte alle, ja, alle diese misslungenen „Wunderwerke“ sofort zum Händler zurückgebracht und auf ein kulantes Entgegenkommen gehofft. Oder ich hätte den Kram einfach als Gebrauchtspiel weiter verkauft. Aber wie konnte es anders sein? Es handelte es sich um digitale Einkäufe. Und insbesondere in der Welt von PSN, Xbox Live, Steam und anderen Download-Plattformen genießen die Hersteller immer noch ein unantastbares Privileg, dessen man sich immer bewusst sein sollte: „Kein Umtausch. Keine Rückerstattung“ heißt es immer klar und deutlich, bevor man den Kauf endgültig mit einem Tastendruck abschließt und damit den Kaufvertrag akzeptiert.

Vor jedem Kauf über Xbox Live weist Microsoft ausdrücklich darauf hin, dass es keine Rückerstattungen gibt. Damit ist man als Hersteller rechtlich auf der sicheren Seite.
Und auch mit der Neuregelung des Widerrufsrechts für digitale Güter ohne Datenträger (sprich: Downloads), das im Juni 2014 in Kraft trat, ändert sich daran nichts: Wird der Kunde im Vorfeld darüber belehrt, erlischt mit dem Start des Herunterladens sein Widerrufsrecht – vergleichbar mit dem Öffnen einer Verpackung von DVDs, Blu-rays oder anderen Datenträgern, die sich theoretisch einfach kopieren und anschließend wieder innerhalb der gesetzlichen Frist von 14 Tagen zurückschicken ließen. Auch diese Sonderfälle beim Widerrufsrecht sind nach den neuen EU-Vorgaben gesetzlich geregelt und damit gestattet.

Wann greift die Gewährleistung?

Aber was passiert, wenn ein Spiel aufgrund von Fehlern entweder überhaupt nicht mehr funktioniert oder zentrale Komponenten betroffen sind? DriveClub wäre ein aktuelles Beispiel: Das Spiel lässt sich zwar nutzen, doch mit den weiterhin vorhandenen Fehlern und Problemen im Onlinebereich lässt es sich nicht in dem Umfang verwenden, wie es vom Hersteller versprochen und (z.B. durch Werbung) suggeriert wurde.

Im Rahmen einer handelsüblichen Gewährleistung hätte ein Hersteller jetzt drei Versuche, den vorhandenen Fehler zu beheben, bevor er den kompletten Verkaufspreis erstatten und die Ware zurücknehmen müsste. Ich hatte z.B. mal eine Digitalkamera, in der Teile des Bildes immer extrem unscharf auf die Speicherkarte gebannt wurden. Nachdem sie das dritte Mal zur Reparatur eingesendet wurde, der Fehler aber nicht behoben werden konnte, bekam ich mein Geld zurück.

Krass: Sony garantiert nicht einmal die Funktionalität der Einkäufe und haftet weder für Bugs noch mangelnde Qualität.
Das wünschen sich derzeit auch viele enttäuschte Käufer des PS4-Rennspiels, wie z.B. diese Facebook-Seite zeigt , auf die uns ein Leser aufmerksam gemacht hat. Unglaublich aber wahr: Die Hersteller garantieren in ihren Nutzungsbedingungen keine Funktionalität der Software und weisen damit Haftung und Garantieansprüche von sich. Und da der Nutzer mit dem Kauf auch gleichzeitig diese Bedingungen akzeptiert, sind die Hersteller fein raus. Bei der Formulierung ihrer Bedingungen genießen sie quasi Narrenfreiheit und könnten theoretisch mit der Belehrung unbrauchbaren Softwareschrott verkaufen, ohne mit rechtlichen Konsequenzen rechnen zu müssen. Denn der Nutzer akzeptiert mit dem Kauf, eventuell diesen unbrauchbaren Schrott für sein Geld zu bekommen.

Eine Frage der Kulanz

Seriöse Anbieter können sich es trotzdem kaum erlauben, in solchen Fällen auf ihrem Recht zu beharren - zu groß wäre der Imageschaden für das Unternehmen und die Folgen. Kulanz heißt das Zauberwort, mit dem die Hersteller den verärgerten Kunden auf freiwilliger Basis entgegenkommen können - und das nicht nur bei digitalen Gütern. Und so liest man bereits von Fällen, in denen Sony den Kaufpreis von DriveClub erstattet hat. Auch Händler wie Gamestop oder Amazon nehmen Artikel oft wieder zurück, falls sie die Ansprüche des Kunden nicht erfüllen sollten. Aber auch hier darf man nie vergessen: Das alles geschieht auf einer freiwilligen Basis und niemand ist gesetzlich dazu verpflichtet, Ware zurückzunehmen, sobald die entsprechenden Bedingungen mit dem Kauf akzeptiert oder z.B. die Verpackungen schon geöffnet wurden.

Dabei macht der Ton die Musik: Auch wenn es als verärgerter Kunde oft nicht leicht fällt, verspricht ein freundliches Anschreiben und eine sachliche Schilderung der Lage mehr Erfolg als maßlos schimpfend oder drohend auf Verbraucherrechten zu bestehen, die man zuvor freiwillig (wenn auch meist unwissend) abgetreten hat.

Prophylaxe

Die Anbieter sichern sich rechtlich in Nutzungsbedingungen ab, denen man zustimmen muss.
Eine Art "pro-aktive Kulanz" gewährt übrigens Electronic Arts seit Anfang des Jahres bei der hauseigenen Download-Plattform Origin: Hier genießt man auch sieben Tage nach dem Kauf (und Download) noch ein Rückgaberecht, sofern man das Spiel nicht gestartet hat. Nach dem ersten Start räumt man den Kunden dagegen noch 24 Stunden ein, in denen man das Spiel im Rahmen der selbst ernannten "Zufriedenheitsgarantie" wieder zurückgeben darf.

Auch in vielen App-Stores wird Käufern häufig ein eingeschränktes Rückgaberecht in einem knappen Zeitfenster von 15 Minuten eingeräumt. Dies soll dazu dienen, bei der schieren Anzahl der Handy- und Tabletmodelle sowie den verschiedenen Versionen des Betriebssystems zumindest zu testen, ob die gekaufte Software sich überhaupt mit dem eigenen Gerät nutzen lässt.

Fazit:

EA gewährt mit der "Qualitätsgarantie" eine Rückgabe unter bestimmten Bedingungen und kommt damit den Kunden entgegen.
Auf seine Widerrufs- und Rückgaberechte sollte man sich als Käufer digitaler Güter, unter die auch Download-Spiele fallen, besser nicht verlassen. Denn dafür können sich die Hersteller in ihren Nutzungsbedingungen zu einfach gegen mögliche Entschädigungsansprüche der Kunden absichern und werden dabei von geltenden EU-Richtlinien unterstützt. Deshalb besteht die größte Chance in einem freiwilligen Entgegenkommen des Herstellers / Anbieters, wenn man einen Fehlkauf zurückgeben möchte - egal ob es sich dabei um einen physischen Datenträger oder einen Download handelt. Dabei sollte man sachlich schlüssige Argumente vorlegen und sich gegebenenfalls mit Gleichgesinnten in sozialen Netzwerken zusammenschließen, um dem gemeinsamen Anliegen als Kollektiv das nötige Gehör zu verschaffen. Denn je lauter der Protest, desto höher ist die Gefahr eines Imageschadens - vor allem, wenn die Forderungen in der allgemeinen Auffassung als gerechtfertigt erscheinen. Auf jeden Fall dürften die Erfolgschancen für die Rückerstattung bei einer sachlichen Diskussion in Kombination mit einem öffentlichen Interesse steigen - auch ohne juristische Rückendeckung.

 
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johndoe945852

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Zuletzt bearbeitet vor 4 Jahren

vor 9 Jahren
johndoe945852

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