4Players: Mit der Diablo-Serie haben Sie neue Standards im Bereich der Action-Rollenspiel gesetzt. Viele Entwickler haben versucht, dieses Prinzip zu kopieren. Die meisten davon sind gescheitert - wenngleich einige davon auf sehr hohem Niveau. Woran kann dies liegen und wie wollen Sie verhindern, dass Hellgate London das gleiche Schicksal ereilt?
"Fast 20 Leute im Team bei Flagship haben vorher bei Blizzard gearbeitet": Bill Roper, der kreative Kopf hinter Hellgate London und Diablo 2. |
Bill Roper: Ich denke, dass die größte Schwierigkeit beim Kopieren der Erfolgsformel eine vernünftige und funktionierende Zufallserstellung der Inhalte ist. Dies ist eines der wichtigsten Elemente in Spielen dieser Art im Allgemeinen und Hellgate im Besonderen. Denn dies ist auch der wesentliche Faktor, der die Diablos über die Jahre hinweg am Leben gehalten hat und auch heute noch für Spieler interessant macht.
Wenn man alles richtig macht, sieht es unheimlich einfach aus. Man denkt als Spieler "Wow! Das ist fantastisch. Es gibt so viel Zeug!"
Aber es ist unheimlich schwer, alles so einfach und natürlich integriert aussehen zu lassen. Andererseits haben wir sehr viel Erfahrung damit, da fast 20 Leute im Team bei Flagship sind, die vorher bei Blizzard an Diablo gearbeitet haben. Das sind vor allem diejenigen, die damals das gesamte System der Zufalls-Items usw. aufgebaut haben.
Und das ist auch für uns der Schlüssel zum Erfolg. Bei uns gibt es mehr von allem und in Verbindung mit unserer Erfahrung glauben wir, dass wir mit Hellgate London genau das abliefern, was die Fans von uns erwarten - und noch ein bisschen mehr.
4Players: Ist mit diesem "bisschen mehr" die optionale Ego-Perspektive gemeint, die deutlich gegen die Konkurrenz geht, die nach wie vor in der Iso-Ansicht stecken zu bleiben scheint?
Bill Roper: Letztlich ist die Möglichkeit, zwischen Ego- und Schultersicht zu wechseln, eine konsequente Fortführung dessen, was wir mit der Diablo-Serie begonnen haben: Dem Spieler so viele Möglichkeiten wie möglich zu geben, so zu spielen, wie er möchte.
Es zeigt außerdem, dass es immer noch sehr viele Alternativen gibt, ein Action-Rollenspiel anzugehen. Das hat allerdings im Entwicklungsprozess zu neuen Herausforderungen geführt: Die Spielbarkeit muss in beiden Perspektiven zu 100 Prozent gewährleistet sein. Denn häufig stellt man bei Rollenspielen eine Tendenz fest, ganz gleich ob es ein Action-RPG ist, ein MMO oder auch ein sehr stark auf Story fokussierter Offline-Titel wie Oblivion, dass sie in eine bestimmte Richtung gehen. Sie geben dir zwar die Möglichkeit beides zu wählen, doch eine dieser Alternativen wirkt meist draufgestülpt und nicht so ausgereift. Für uns war es aber wichtig, dass man als Spieler sowohl in der First Person- als auch in der Third-Person-Ansicht uneingeschränkt Spaß haben und Hellgate erleben kann.
4Players: Ausgehend von unseren Erfahrungen in der Multiplayer-Beta spielt sich Hellgate nicht nur wie ein Online-Rollenspiel, sondern sieht auch hinsichtlich Bildschirmanzeigen und Benutzerführung wie eines aus. War dieses "Look & Feel" vom Start weg erklärtes Ziel oder hat sich dies erst im Laufe der Zeit entwickelt?
Die gute alte Zeit. An diese Erfolge soll Hellgate London anknüpfen, wenn es nach Bill Roper geht |
Bill Roper: Dies ist tatsächlich etwas, was wir schon zu Diablo 2-Zeiten realisieren wollten. In der guten alten Zeit hatten wir das Konzept einer "Diablo-Stadt", das eigentlich die Alternative zum Battle.net hätte sein sollen. Es wurde auch schon getestet und wir haben festgestellt, dass es gut funktionieren würde. Damals hatten wir uns als Ziel gesetzt, dass jeder einfach ins Spiel springt und seinen Charakter hat - etwas, was mittlerweile ganz klassisch mit MMOs in Verbindung gebracht wird. Du bist der Charakter und sobald du im Spiel bist, bist du auch in der Welt.
Wir wussten von der ersten Minute, dass wir genau dieses Prinzip auch für Hellgate London wollten. Sobald es in den Online-Bereich geht, wollen wir dem Spieler die MMO-Erfahrung vermitteln. Dementsprechend sind die U-Bahn-Stationen in etwa gleichzusetzen mit den Städten klassischer Fantasy-Szenarien, die als kommunikative Treffpunkt für alle Spieler dienen. Und dann war die Anlehnung der Benutzerführung an MMOs eine logische Konsequenz.
4Players: Können Sie etwas zu den prinzipiellen Unterschieden zwischen der Offline- und der Online-Kampagne sagen?
Bill Roper: Sicher. Ich bezeichne die Hellgate-Spielerfahrung immer als dreistufiges System. Wenn man sich das Spiel kauft und offline spielt, bekommt man etwa 40 bis 50 Stunden Storyline-basierte Unterhaltung. Und natürlich bietet das Spiel mit seinen ganzen Zufallsalgorithmen sowie den unterschiedlichen Charakterklassen einen enormen Wiederspielwert. Im Gegensatz zu herkömmlichen Rollenspielen, die man einmal durchspielt und dann nicht wieder anfasst, sehe ich einen Vorteil.
Dann kann man natürlich auch online gehen und das Spiel aus dieser Perspektive mit all seinen Inhalten auch komplett gratis erleben. Allerdings muss man sich dafür einen neuen Charakter machen, der serverseitig gespeichert wird - wie bei jedem anderen MMORPG. Und nun kann man die Story kooperativ erleben, Gilden beitreten, Gegenstände im Auktionshaus versteigern usw. - alles Elemente, die wir in Diablo 2 nicht bis zum Letzten ausschöpfen konnten. Und das ist alles auch immer noch kostenlos.