Play!14.11.2005, Benjamin Schmädig
Play!

Special:

Jason Michael Paul brachte die unter dem Namen "Dear Friends" aufgeführten Final-Fantasy-Konzerte erstmals ins westliche Ausland und ist der Produzent von Play!, der ersten weltweiten Tournee, bei der die Musik aus Computer- und Videospielen von großen Orchestern zum Leben erweckt wird. Im Interview erzählt Paul über seine Ziele, was es bei Play! zu hören gibt und wer an dem ambitionierten Projekt alles beteiligt ist.

4Players: Herr Paul, Sie haben bereits Konzerte für Luciano Pavarotti und Die Drei Tenöre produziert. Wie sind Sie dazu gekommen, Musik aus Videospielen auf orchestrale Bühnen zu bringen.

Jason Michael Paul: Ich hatte schon mit der Videospielindustrie zu tun, bevor ich damit anfing, orchestrale Präsentationen und Konzerte aufzuführen. Ursprünglich habe ich als Produktionsassistent in der Videospielindustrie angefangen und mich dann zum Produktionsassistenten und Produzenten im industriellen Entertainment, z.B. für SCEA, Sun Microsystems, Adidas usw., in San Franzisko hochgearbeitet. Den ersten Kontakt mit der Videospielindustrie hatte ich beim Zusammenstellen von Szenen aus Videospielen oder anderem Quellmaterial, das in kommerziellen und nicht-kommerziellen Spots für SCEA verwendet wurde. Ich hatte Interesse daran, da ich mit Videospielen aufgewachsen bin. Damals habe ich mitbekommen, dass Videospiele auf dem besten Weg waren, eine zentrale Rolle im Technologiebereich einzunehmen. Die Grafik, die Erzählweise in Kombination mit fortschrittlicher Technologie und die Tatsache, dass ich Science Fiction mochte kam dabei alles zusammen. Noch dazu wurde ich für etwas bezahlt, das mit Spaß machte, weshalb es mir nicht in den Sinn kam, etwas anderes zu tun. Es war einfach perfektes Timing.

4Players: Versuchen Sie, mit Play! eine größere Gruppe von Zuschauern anzusprechen oder konzentrieren Sie sich auf die Spieler? Welche Leute würden sie gern auf Ihren Konzerten sehen?

Paul: Play! ist eine Veranstaltung für die Familie. Dear

Arnie Roth, Dirigent und musikalischer Leiter des Chicagoland Pops Orchestra, dirigiert Play!
Friends war ebenfalls eine Familienveranstaltung.

4Players: Tommy Tallarico und Jack Wall mussten vor kurzem die meisten ihrer Konzerte im Rahmen der Video Games Live absagen; anscheinend war ein Mangels an öffentlichem Interesse Schuld daran. Wie wollen sie ausreichend Interesse wecken, damit Play! finanziell erfolgreich wird.

Paul: Sie haben eine völlig andere Show auf die Beine gestellt. Abgesehen davon war ich der erste, der so etwas in den Staaten versucht hat. Sie schwimmen im Fahrwasser von Dear Friends. Ich folge dem Erfolg meiner eigenen Dear-Friends-Show. Meiner Meinung nach ist es keine gute Idee, die Fans für die Absagen verantwortlich zu machen. Unsere Zielgruppe ist an einem professionellen Konzert interessiert, das Videospielmusik mit dem Respekt behandelt, den sie verdient. Da gibt es keinen Platz für Stuntshows oder Playback. Wir konzentrieren uns auf die Schönheit symphonischer Musik.

4Players: Es gab schon verschiedene Aufführungen mit Musik aus Videospielen, wie z.B. Video Games Live, die Eröffnungskonzerte der Games Convention oder Ihre eigene Final-Fantasy-Produktion Dear Friends. Welche kamen, Ihrer Meinung nach, dem Zusammenspiel von Soundtracks und orchestralen Klängen am ehesten nahe und wo lagen ihre Schwächen.

Paul: Sowohl Dear Friends als auch die Konzerte in Leipzig haben den Schwerpunkt auf die Musik und die Arbeit der Komponisten gelegt. Das ist die einzige respektvolle Art und Weise, dies zu tun.

4Players: Im Anschluss an die vorherige Frage: Was ist einzigartig an Play! und wie wird es sich von ähnlichen Veranstaltungen unterscheiden?

Paul: Eine bessere Präsentation, einzigartige Arrangements der Komponisten. Einen mit dem Grammy ausgezeichneten Dirigenten, angesehene Orchester, Chöre, exklusives Merchandise in limitierter Ausgabe. Und die Liste geht noch weiter.

4Players: Wer wird für die Arrangements und Orchestrationen verantwortlich sein?

Paul: Unser Team besteht aus den ursprünglichen Komponisten und Orchestratoren sowie aus Leuten, die an Dear Friends und den Konzerten in Leipzig beteiligt waren.

4Players: Sind die Komponisten der verschiedenen Soundtracks an dem Projekt beteiligt? Falls ja, in welcher Art und Weise und wie haben sie die Idee aufgenommen, ihre Arbeit von einem Orchester einspielen zu lassen?

Paul: Sie lieben die Idee! Viele der ursprünglichen Komponisten sind beteiligt. U.a. arbeiten wir mit Jason Hayes an einem neuen Arrangement seiner Musik aus World of WarCraft. Außerdem schreiben andere, wie z.B. Yuzo Koshiro Musik für uns. Und nicht zuletzt schreibt der bekannteste Spielekomponist aller Zeiten die offizielle Eröffnungsfanfare für uns. Ich glaube, diese Tatsachen sagen eine Menge über unsere Beziehung zur Videospielmusikindustrie aus.                  

4Players: Wie groß wird das von Ihnen eingesetzte Orchester sein? Werden wir auch Solo-Einlagen und einen Chor hören?

Paul: Wir setzen ausschließlich Weltklasse-Orchester ein. Volle Orchester. Ja, wir planen Solo-Einlagen und es wird auch einen Chor geben. Mehr dazu wird in Kürze bekannt gegeben.

4Players: Wo wird Play! stattfinden? Laden Sie die Spieler in große Opernhäuser oder kleinere Hallen ein?

Paul: Ich will mit Play! um den gesamten Globus ziehen. Ich habe es bereits geschafft, neue Hörer zu erreichen. Ich mache jeden Tag Menschen zu Gläubigern dieser Musik. Unser Ziel ist es, die Spielemusik überall dorthin zu bringen, wo es ein gutes Orchester gibt, das dazu fähig ist, die Musik entsprechend unseren Ansprüchen aufzuführen. Wir wollen rund um die Welt, von den USA über Europa, Asien, Südamerika, Australien bis nach Neuseeland ziehen. Jedes Konzert wird in erstklassigen, angesehenen Häusern stattfinden.

4Players: Was wird, abgesehen von der Musik, sonst auf der Bühne geschehen? Erwarten uns glitzernde Showeffekte, wie es sie bei der Aufführung von Video Games Live im Hollywood Bowl gab oder wollen Sie, dass Augen und Ohren der Zuschauer voll bei der Musik sind?

Paul: Ich halte die Show sauber, ohne viel zusätzlichen Unsinn. Ich halte mich an den Plan, das Genre in kleinen Schritten voran zu bringen. Ich arbeite mit angesehenen Orchestern. Das soll der Musik zu ihrem Recht verhelfen und Grenzen durchbrechen, damit Videospielmusik ihren Platz als akzeptiere Musikrichtung findet. Der Schwerpunkt

Ein Eindruck eines Dear-Friends-Konzertes: Ähnlich wie hier werden bei Play! Bilder aus den Spielen über dem Orchester laufen.
 unserer Tour liegt allein auf der Musik, den Publishern und den Erschaffern der Musik. Und natürlich auf den Fans.

4Players: Ihrem Plan zufolge werden wir Musik aus Final Fantasy, World of WarCraft und Battlefield 1942 zu hören bekommen. Sind dies neue Arrangements oder wurden die Stücke schon auf anderen Konzerten gespielt?

Paul: Es wird beides geben: neue Arrangements sowie Arrangements von anderen Konzerten.

4Players: Wie nah halten sich die Arrangements an die Originale? Können wir mit Überraschungen, noch nie gehörten Kompositionen oder neuen Elementen rechnen? Wie viele Stücke werden insgesamt gespielt?

Paul: Wir haben geplant, rund 20 Kompositionen aufzuführen. Und ja, es wird noch nie gehörte Kompositionen geben.

4Players: Apropos Publisher: Nehmen sie den Gedanken, dass ihre Musik in einem Konzertsaal gespielt wird, wohlwollend auf?

Paul: Es kann eine Menge Zeit kosten, aber es hängt alles davon ab, welche Beziehungen man hat. Zum Glück konnten Thomas Böcker und ich großartige Beziehungen mit den verantwortlichen Leuten aufbauen, um alle Genehmigungen zu erhalten. Deshalb kann ein Rückschlag wie VGL unsere Pläne auch nicht beeinflussen.

4Players: Wie viel Einfluss, wenn sie ihn überhaupt wünschen, verlangen die Publisher bei den Arrangierungen? Halten sie ein Auge auf die Orchestrierungen?

Paul: Wir arbeiten natürlich eng mit ihnen zusammen. Unsere Beziehungen beruhen auf Vertrauen. Wir wollen, dass die ursprünglichen Komponisten und die Publisher zufrieden mit dem Ergebnis sind, weshalb wir sie von Anfang an mit einbeziehen. Außerdem bringt so eine Kooperation viele gute Ideen hervor, die die Musik zu etwas Besonderem machen.

4Players: Und wie sieht es mit Ihren persönlichen Plänen aus: Wollen sie weitere Videospielkonzerte veranstalten? Wie könnte das Konzept, Soundtracks mit einem Orchester einzuspielen, noch erweitert werden?

Paul: Projekte wie Play! werden der Videospielmusik zu mehr Akzeptanz als eigenständige Musikrichtung verhelfen. Sie ist schon jetzt ein integraler Bestandteil der wachsenden Industrie. Die Industrie wird dank Projekten wie Play! größer. Was Videospielmusik angeht, werde ich mich auf Play! konzentrieren. Play! bringt eine Menge Arbeit mit sich. Momentan schaffe ich eine neue Firmen-Identität und bin dabei, eine neue Konzertreihe auf die Beine zu stellen, die weder mit Videospielen noch Play! etwas gemeinsam hat. Leider kann ich dieses Projekt noch nicht kommentieren… aber lasst mich wenigstens sagen, dass es riesig wird!

4Players: Und schließlich eine Frage, die ich schon lange loswerden wollte: Sind Sie selbst Gamer und falls ja, welche Spiele befinden sich auf ihrer Bestenliste?

Paul: Ich war Gamer als ich aufwuchs. Jetzt spiele ich noch ab und zu, habe aber ehrlich gesagt kaum noch Zeit dazu. Für gewöhnlich spiele ich heute ein Spiel, wenn ich Nachforschungen anstelle. Ja, ich mag es zu spielen. Meine Favoriten sind Kingdom Hearts, Hot Shots Golf, Legend of Zelda und die Star-Wars-Spiele. Meine Lieblingsgenres sind Sport- und Rollenspiele.

4Players: Herr Paul, vielen Dank für das Interview!

 
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