Brütal Legend12.12.2008, Paul Kautz
Brütal Legend

Special:

Tim Schafer ist für Freunde bizarrer Abenteuer das, was Terry Pratchett für Fans alberner Fantasy ist: Der oberste größte Meister, ein Teufelskerl, ein kreatives Arbeitstier, das unermüdlich einen Geniestreich nach dem anderen auspackt. Der Kalifornier war an nahezu jedem wichtigen Lucas Arts-Adventure beteiligt, Meisterwerke wie Day of the Tentacle oder Grim Fandango gehen auf sein Konto. Wir haben mit ihm ein Interview zu seinem neuesten Spiel geführt: Brütal Legend (ab 7,96€ bei kaufen).

Nachdem Tim im Jahr 2000 seine eigene Firma Double Fine Productions gründete und mit Psychonauts ein von Fans geliebtes, aber kommerziell wenig erfolgreiches Action-Adventure veröffentlichte, hörte man eine ganze Zeit lang nicht mehr viel von ihm. Dieses Schweigen wurde mit der Ankündigung von Brütal Legend gebrochen, einem offenbar ziemlich abgefahrenen Actiongame um Rocker und höllische Kräfte. Ursprünglich sollte das Spiel über Vivendi Games erscheinen, wurde von dem Unternehmen aber (wie auch ein paar andere Spiele - z.B. Ghostbusters) im Rahmen der

Tim Schafer, Chefrocker von Double Fine Productions. Alle Fakten zu seinem neuen Spiel Brütal Legend findet ihr hier!
Verschmelzung von Vivendi und Activision abgestoßen. Eine Zeit lang war unklar, ob und wie es mit dem Spiel weitergeht, seit heute ist es das nicht mehr: Electronic Arts, dessen Qualitätsoffensive in den letzten Monaten erstaunliche Resultate hervorgebracht hat (von ein paar regelbestätigenden Ausnahmen wie Need for Speed: Undercover mal abgesehen) hat sich das Spiel für sein EA Partners-Label geschnappt, es soll im Herbst 2009 für 360 und PS3 erscheinen.

4Players: Hallo Tim. Wie geht es dir?

Tim Schafer: Mir geht es gut, vielen Dank.

4Players: Das dürfte ja bis vor kurzem nicht so gewesen sein. Wie hast du dich gefühlt, als dein Spiel von Vivendi einfach abgesägt wurde?

TS: Natürlich nicht gut, keine Frage. Wir waren mit dem Spiel schon sehr weit fortgeschritten, so eine Nachricht ist zu einem solchen Zeitpunkt natürlich ein Schock. Aber wir haben schon schlimmere Sachen überstanden, und wir wussten genau, was zu tun ist - nämlich das Spiel so gut wie möglich weiterzumachen, um die Aufmerksamkeit eines neuen Publishers zu erlangen. Und das hat dann auch bei EA Partners geklappt.

4Players: Wie weit war das Spiel zu diesem Zeitpunkt bereits fortgeschritten? Gab es irgendwo eine längere Entwicklungspause oder konntet ihr bei EA einfach weitermachen, wo ihr bei Vivendi aufgehört habt?

TS: Nein, wir haben nie aufgehört das Spiel zu entwickeln - also haben wir dankbarerweise auch nie wertvolle Zeit verloren. Ganz im Gegenteil: EA hat uns mehr Zeit eingeräumt, als ursprünglich geplant war. Das ist für uns als Entwickler natürlich perfekt; so bleibt uns mehr Freiraum für Feintuning und verrückte Ideen.

4Players: Wie viel Freiheit habt ihr bei der aktuellen Entwicklung? Konntet ihr einfach nach Lust und Laune weitermachen oder hat euch Electronic Arts gewisse Designrichtungen vorgeschrieben?

TS: Das Gute daran, dass wir bereits ein weit fortgeschrittenes Spiel in der Hinterhand hatten war natürlich, dass EA Partners sich nicht

Ganz seiner Entwicklungstradition folgend hat Tim auch für Brütal Legend einen komplett neuen Ansatz: Eine Art Rock'n Roll-God of War.
vorstellen musste, was wir da machen wollen - sie konnten es sehen und spielen. Sie mochten was sie sahen, und wir mussten gar nichts daran ändern. Wir konnten und können so weitermachen, wie wir das geplant haben.

4Players: Brütal Legend geht in eine von dir bislang nicht gewohnte Richtung: Du bist bekannt für bekloppte Adventures sowie anderes abgefahrenes Zeug wie Psychonauts . Wie kommt es jetzt zu diesem »Rock'n Roll-God of War«?

TS: Hehe, weißt du, ich mag es sehr, in einem neuen Spiel genau das Gegenteil vom letzten zu machen. Wenn du dir z.B. mal Day of the Tentacle und Full Throttle anschaust, dann wirst du feststellen, dass das zwei in jeder Hinsicht völlig verschiedene Games sind - wir haben uns bei Letzterem in Sachen Stil und Erzählweise um 180° gedreht. Nichtsdestotrotz blieben natürlich die wichtigsten Dinge erhalten: Die Design-Philosophie oder die Hingabe des Entwicklungsteams an das Spiel. Aber gerade an dem Spiel siehst du recht deutlich die Inspiration für Brütal Legend. Ich fand dicke Bikes schon immer toll, genauso wie große Autos und Rock- bzw. Heavy Metal-Musik. Abgesehen davon mag ich es zu experimentieren: Ich liebe Cartoons, was man ja an Psychonauts gut sehen konnte, aber ich liebe auch eher Action-orientierte Geschichten - was dann z.B. zu Grim Fandango führte, das den Casablanca-Teil meines Gehirns befriedigt hat.            

4Players: Ich bin ziemlich sicher, dass EA mich gleich stoppen wird, aber fragen muss ich trotzdem: Teil des neuen Deals war nicht zufällig die Entwicklung von Psychonauts 2 oder eines neuen 

Dicke Hot Rods, noch dickere Bikes, lange Haare, gut geschliffene Äxte - Brütal Legend verspricht Rock pur!
Grim Fandango-Teils, oder?

TS: (lacht) Wir haben grundsätzlich nichts gegen die Entwicklung von Sequels. Das Problem dabei ist nur: Wenn du einen Nachfolger machst, kann du währenddessen nichts Neues erschaffen. Würde ich gerade Psychonauts 2 machen, gäbe es kein Brütal Legend. Wir bei Double Fine haben einen Riesenhaufen neuer Ideen, die wir gerne ausprobieren möchten, und gegenwärtig bedeutet das, dass wir Brütal Legend so gut wie möglich machen wollen.

4Players: Wie war die Arbeit mit Jack Black ?

TS: Oh, er ist super! Er ist wirklich ein witziger, völlig abgefahrener Typ - tatsächlich ziemlich genau so, wie man ihn sich vorstellt. Das Gute an ihm ist, dass man mit ihm nicht nur hervorragend weggehen kann, sondern dass er auch ein absoluter Profi ist, was seinen Beruf angeht: Er zeigt immer große Hingabe, will die Szenen bis ins kleinste Detail verstehen, und macht einfach alles, was ein Spiel braucht. Das liegt wohl auch daran, dass er mit Leib und Seele selbst Gamer ist: Er spielt alles grundsätzlich auf höheren Schwierigkeitsgraden durch, oft genug sogar mehrmals. Das hilft ihm natürlich, die Spiele zu verstehen, wodurch er auch in der Lage ist, selbst einen wichtigen Beitrag zu leisten.

4Players: Wie ist das zu verstehen? War er in irgendeiner Art und Weise an der Entwicklung beteiligt, außer mit seiner Stimme?

TS: Nun, die Hauptfigur aus Brütal Legend, der Roadie Eddie Riggs, ist ein ganz neuer Charakter - und von daher natürlich auch von Jack beeinflusst. Aber in erster Linie haben wir uns beim Design an

Eddie Riggs, die Hauptfigur, wird in der Originalfassung von Kult-Komiker Jack Black gesprochen - der selbst ein Vollblut-Gamer ist.
diversen Rockstars orientiert, um den Roadie so rockig wie möglich hinzubekommen.

4P: Wie muss man sich als Außenstehender eigentlich die Entwicklung eines solchen Spiels vorstellen? In den Klischees sind eure Gänge mit lauter Heavy Metal-Musik gefüllt, die Gänge mit  langhaarigen, headbangenden Programmierern. Oder ist das Ganze doch etwas weniger mystisch, und die  Leute arbeiten einfach konzentriert in ihren »Cubicles«?

TS: Natürlich geht es bei uns in erster Linie locker zu, aber genauso klar ist, dass es Phasen gibt, in denen die ganze Zeit zu feiern fehl am Platze wäre und das Spiel gemacht werden muss. Aber hin und wieder explodieren unsere Hallen, das ist wahr: Dann dröhnt laute Musik von überall, die Leute rocken und tanzen.

4Players: Ich hoffe, es sind keine Äxte involviert.

TS: Och, schon. Aber sie sind meist aus Plastik.

4Players: Dann sollte es besser kein geschliffenes Plastik sein. Vielen Dank für das Interview!

          

 
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