Deus Ex: Human Revolution10.06.2010, Benjamin Schmädig
Deus Ex: Human Revolution

Special:

Lassen sich spielerische Tiefe und ein Massenpublikum tatsächlich nicht vereinen? Wir sprachen mit dem Produzenten, dem Game Director, der Narrative Designerin, dem Artdirector und dem Verantwortlichen fürs Akustische. Warum die Zukunft in Human Revolution golden glänzt, erfahrt ihr hier!

4Players: Viele Entwickler scheinen in letzter Zeit Spiele zu entwickeln, die für die Masse möglichst stark vereinfacht werden. War es eine schwierige Entscheidung, ein Spiel mit einem solchen Tiefgang zu entwickeln?

Jean-Francois Dugas, Game Director: Das war sogar der erste Satz, den ich am Anfang (der Entwicklung, Anm. d. Red.) an die Tafel schrieb: »Wie schaffen wir es, die Essenz, die Tiefe und das Gefühl eines Deus Ex-Spiels einzufangen und gleichzeitig ein modernes Publikum anzusprechen?« Für mich war der ursprüngliche Tiefgang unheimlich wichtig. Ich wollte kein Actionspiel machen, dem die Grundlagen eines Deus Ex fehlen. Also haben wir haben versucht zu verstehen, welche Schlüsselelemente Deus Ex zu etwas Besonderem machen und versucht, unser Spiel auf diesen Pfeilern aufzubauen. Natürlich muss es auch einfach beeindruckend und leicht zugänglich sein! Beim Inhalt wollte ich aber keine Kompromisse eingehen.

David Anfossi, Producer: Wir haben uns immer vor Augen gehalten, wie sehr die Fans des ersten Teils diese Tiefe lieben. Um ehrlich zu sein wollten wir aber auch Spieler erreichen, die Deus Ex noch nicht kannten. Und diese beiden Aspekte ohne faule Kompromisse unter einen Hut zu bringen, war die eigentliche Herausforderung.

4Players: Wie schafft man das?

Anfossi: Auf zwei Wegen. Zunächst einmal braucht man einen starken Hauptcharakter, um vor allem Gelegenheitsspieler unmittelbar anzusprechen: Man muss diesen coolen Typen spielen wollen, man muss so sein wollen wie er. Wir können durchaus in die Tiefe gehen und Rollenspiel-Elemente beibehalten, mit denen man

Gruppenbild bei Eidos Montreal: Entwickler und Redakteure geben sich die Ehre.
Fähigkeiten und Waffen entwickelt - es muss aber spektakulär aussehen. Deshalb werden die Spezialfähigkeiten, die man sich mit den Augmentations verschafft hat, aus der Schulterperspektive inszeniert. Würde man nur interne Schieberegler rauf- oder runterdrehen, wenn sich der Charakter verändert, ist das nun mal nicht sexy. Es ist aber sehr wohl möglich, beide Arten von Spielern ansprechen.

Dugas: Es geht vor allem darum, wie man die ganzen Möglichkeiten an den Spieler heranführt. Würde er einen Erfahrungspunkt hier verteilen, damit sich das dort auswirkt und er sich dann im Untermenü eines Untermenüs verläuft... auf diese Art verliert er sogar Optionen, weil sie ihm nicht deutlich präsentiert werden. Ein gutes Beispiel ist das erste Deus Ex: Das Spiel hat nie mitgeteilt, dass man Erfahrungspunkte verdient hat. Deshalb hatte man vielleicht eine Weile gar nicht an sie gedacht und stand dann irgendwann vor einem Berg an Erfahrungspunkten... Es ist nicht so, dass wir Erfahrungspunkte oder Augmentations gekürzt hätten. Wir heben sie nur offensichtlicher hervor.

4Players: Wie sammelt man denn Erfahrungspunkte?

Dugas: Man erhält sie für erfolgreiche Missionen, beim Aufspüren geheimer Areale, durch das Töten von Gegnern, aber auch durch das Verstecken vor und das Verschonen von Gegnern - für alles, was man erfolgreich tut, erhält man Erfahrungspunkte. Biomechanische Köperteile kann man in einer Klinik kaufen - alle damit verbundenen Fähigkeiten werden aber nicht sofort verfügbar sein. Die Fähigkeiten erhalte ich erst im Austausch für Erfahrungspunkte. Dafür muss man allerdings nicht erst in die Klinik zurück, denn die Fähigkeiten kann man unterwegs aufwerten.

4Players: Wie viele Körperteile kann man eigentlich durch künstliche ersetzen und wie weit kann man diese spezialisieren?

Dugas: Die endgültigen Zahlen haben wir noch nicht, aber im Moment sollten alle möglichen Augmentations und Upgrades insgesamt etwa 50 ergeben.

4Players: Die Szenen, die ihr gezeigt habt, erlebt man nach einigen Stunden Spielzeit. Wir groß ist Deus Ex 3 in etwa?

Dugas: Ich denke, man wird ungefähr 17 bis 25 Stunden benötigen, wenn man nur dem roten Faden folgt. Wenn man Nebenmissionen erledigt und die Welt erforscht, dürfte es mehr als 30 Stunden dauern. Zu Beginn hatten wir etwa zwölf bis 15 Stunden geplant. Ich habe keine Ahnung, wo wir uns verrechnet haben, aber am Ende hatten wir dann mehr als wir ursprünglich vorhatten. (lacht)         

4Players: Inwiefern ist Human Revolution ein lineares Spiel und wo ist es offen?

Dugas: Es ist insofern linear, als dass man Stück für Stück eine Verschwörung aufdeckt - indem man einen Plan in einem Plan in einem Plan entdeckt. Es ist offen in der Art und Weise wie man ein Problem angeht. Und die Ergebnisse einiger Situationen könnten sich auch später auswirken. Es ist schwer, das in der Präsentation zu zeigen, aber selbst wenn man ein bestimmtes Ziel hat, kann man sich noch frei in der Stadt bewegen.

In Detroit, einem unserer Schauplätze, kann es z.B. passieren, dass man das zentrale Ziel schon erledigt, wenn man einfach nur die Umgebung erkundet. Einer von Adams Kontakten würde dann fragen, was er gerade getan hat und Adam wüsste es auch nicht. Sobald er die Missionsziele erfährt, würde er es aber verstehen und könnte den Auftrag sofort abschließen. Wir wollen nicht, dass man bestimmte Aktionen nur deshalb nicht ausführen kann, weil man eine bestimmte Bedingung noch nicht erfüllt hat.

4Players: Kommt man jemals an bereits besuchte Orte zurück?

Dugas: Man kehrt mehrmals zu Sarif Industries, der Firma, für die Jensen arbeitet, zurück. Die Leute dort reagieren auf das, was er seit seiner Abreise getan hat. Wir wollen, dass man die Menschen dort kennenlernt. Und ohne etwas vorweg zu nehmen: Man bekommt auch mit, dass mit Adams Boss irgendetwas im Gange ist.

4Players: Wie nah war die gezeigte Präsentation am eigentlichen Spiel? Existiert die Mission genau so im Spiel?

Jonathan Jacques-Belletete, Artdesigner: Oh, ja. Und es gibt Millionen anderer Dinge, die wir dort zeigen könnten, wenn es nicht den Rahmen der Präsentation sprengen würde. Besonders im zweiten Teil, am Hafen, geht die

David Anfossi zieht als Produzent die Fäden. Anfossi hatte zuvor bei Ubisoft gearbeitet.
Präsentation schnurgerade von einem Element zum nächsten, damit wir möglichst viele unterschiedliche Elemente zeigen können. Dabei gibt es so viele Wege, die man dort gehen könnte. Z.B. gibt es ein Abwassersystem unter dem Hafen, das bis zu der Lagerhalle führt. Und während wir durch das Dach der Halle brechen, hätte man auch die Sicherheitskameras oder die Wach-Roboter hacken oder durch andere Wände brechen können. Das Gleiche gilt für das Stadtviertel im ersten Teil: Man hätte mit allen Passanten sprechen und Gebäude erkunden können.

4Players: Man kann durch ganze Gebäude gehen?

Jacques-Belletete: Man kann nicht jedes Gebäude betreten, aber es gibt einige, in denen das geht. Dort kann man Appartements betreten, Nebenmissionen erhalten oder ungesehen in ein Appartement eindringen, um zu stehlen oder Ähnliches.

4Players: Es soll eine »soziale Komponente« geben, in der Präsentation wurde dies aber nur angerissen. Könnt ihr darauf näher eingehen?

Anfossi: Natürlich. U.a. kann man mit jedem Charakter im Spiel interagieren. Auf unterschiedlichen Ebenen, natürlich, denn wichtige Informationen und Nebenmissionen erhält man nur von zentralen Personen. Weniger wichtige Figuren sollen eher einen Eindruck von der Welt vermitteln, von den Spannungen zwischen Menschen mit biomechanischen Erweiterungen und denen ohne. Sie könnten z.B. fragen, warum Jensen Implantate trägt und wenn man auf jemanden zielt, läuft er vielleicht verängstigt davon.

4Players: Könnte er die Polizei rufen?

Anfossi: Er könnte. Wenn die Polizei Jensen mit gezogener Waffe erwischt, nimmt das für ihn vielleicht ein schlechtes Ende. Und selbst, wenn man Adam in einem bestimmten Gebiet willkommen ist, könnten die Personen dort Alarm auslösen, falls er Chaos anrichtet. Jede Handlung zieht Konsequenzen nach sich.

4Players: Haben die Entscheidungen, die man während des Spiels trifft, einen Einfluss darauf, welche Aufträge man annimmt und wo die Missionen stattfinden?

Anfossi: Da gibt es zwei Ebenen. Ein Beispiel: Im ersten Deus Ex gab es eine Szene, in der man irgendwann gefragt wurde, was man zuvor auf der Frauentoilette zu suchen hatte - falls man tatsächlich vorher dort herumgeschnüffelt hatte. Genau solche Anspielungen haben wir diesmal im gesamten Spiel und das ist die erste Ebene. Die zweite Ebene der Konsequenz ist die, dass man z.B. einen für die Handlung wichtigen Charakter töten oder am Leben lassen kann. Je nach Entscheidung wird dieser Jensen später helfen oder eben nicht.    

4Players: Wie funktioniert das Dialogsystem in Deus Ex 3?

Anfossi: Es ist ein »sozialer Kampf«. Man hat mehrere Auswahlmöglichkeiten und man muss den Charakter, mit dem Adam spricht, richtig einschätzen. Aus einer Antwort ergeben sich schließlich drei Möglichkeiten: Entweder ist man erfolgreich und erhält die Antwort oder den Gegenstand, den man gesucht hatte oder man kann sich nicht ganz sicher sein oder aber man »verliert« die Unterhaltung und muss mit den Konsequenzen leben.

4Players: Reagieren die Charaktere, mit denen man spricht, denn immer auf die gleiche Weise oder könnten die Unterhaltungen ganz anders ablaufen, wenn man sie in einem zweiten Anlauf noch einmal führt?

Anfossi: Sie reagieren immer anders. Für den in der Präsentation gezeigten Dialog, der ungefähr fünf Minuten dauert, mussten wir z.B. 22 Minuten aufnehmen. Der Grund dafür

Wenn Deus Ex: Human Revolution (ab 6,61€ bei kaufen) alle Versprechen der Entwickler erfüllt, könnte das Spielejahr 2011 hervorragend starten!

Unsere große Vorschau findet ihr unter diesem Link.ist die verzweigte Dialogstruktur. Ein andermal könnte die Unterhaltung nämlich mit einem anderen Einstieg beginnen; schon wäre man in einem anderen Schema, in dem es andere Dialogoptionen gibt.

4Players: Das klingt gut!

Anfossi: Oh, ja! Es ist verrückt (so etwas zu machen, Anm. d. Red.), aber es ist definitiv etwas Gutes. (lacht)

4Players: Eine Frage zu den Anfängen von Human Revolution: Wolltet ihr ein neues Deus Ex-Spiel machen und habt dann überlegt, wie ihr es dem ersten möglichst ähnlich machen könnt? Oder was waren die anfänglichen Überlegungen?

Dugas: Zunächst einmal wollten wir das Spielgefühl des Originals für heutige Spieler einfangen - von denen viele das Original vielleicht gar nicht kennen. Wir haben aber nicht gleich damit begonnen ein Konzept zu entwickeln. Zuerst mal haben wir uns gesagt: »Wisst ihr was? In den ersten Wochen spielen wir erst mal die beiden Vorgänger.« Wir wollten analysieren, was die Schlüsselelemente eines Deus Ex-Spiels sind. Außerdem haben wir Filme gesehen, Bücher gelesen - über Cyberpunk, wahrscheinliche Zukunftsszenarien und Transhumanismus . Dann haben wir uns Gedanken zu Deus Ex 3 gemacht - darüber, was wir beibehalten würden und wie wir Deus Ex eine neue Seite abgewinnen könnten. Es ist wirklich wichtig für uns, dass es sich gleichzeitig wie ein Deus Ex-Spiel und wie ein neues Spiel anfühlt.

Game Director Jean-Francois Dugas ist der kreative Leiter des neuen Studios und bedeutend besser gelaunt als es den Anschein hat!

4Players: Wie entsteht eigentlich die Handlung zu einem Spiel? Wieviel trägst du als Autorin dazu bei, wie die Geschichte in den Levels erzählt wird? Wie eng arbeiten Schreiber und Designer zusammen?

Mary DeMarle, Narrative Designer: Bei diesem Projekt hatte ich zum ersten Mal die richtige Mischung erwischt. (lacht) Als ich angeheuert wurde, habe ich zunächst die Handlung und den Protagonisten entworfen und andere Autoren eingestellt, die Teile der Hintergrundgeschichte schreiben sollten. Damit hatten wir dann einen Plot, mussten daraus aber noch ein Spiel machen. Also haben wir uns - Game Designer, Lead Level Designer, andere Level Designer, Artdesigner, einige der Programmierer und ich - drei Monate lang in tagelangen Sitzungen diese Geschichte vorgenommen und überlegt, wie wir sie im Spiel erzählen wollen.

4Players: Vom gestalterischen Standpunkt aus bestand das erste Deus Ex ja vor allem aus Grautönen...

Jacques-Belletete: ...grau und blau, ja!

4Players. Genau. Diese starke künstlerische Gestaltung ist neu in der Serie. Gibt es denn etwas, das du aus dem ersten Deus Ex übernommen hast?

Jacques-Belletete: Die Brille! (lacht) Nein, was so beeindruckend am ersten Teil war - natürlich war alles beeindruckend - aber vor allem war es die Atmosphäre. Und da geht es nicht nur um das Visuelle, sondern um die Musik, die Schauplätze usw. Aber selbst für seine Zeit war es kein grafisch überwältigendes Spiel. Und trotzdem haben sie es zu etwas Besonderem gemacht. Ich habe nicht einmal konkrete Punkte, an denen ich das festmachen kann und darauf kommt es auch gar nicht an. Worauf es ankommt ist, dass egal welche künstlerischen Akzente ich in Human Revolution setze, es muss sich wieder wie etwas Außergewöhnliches anfühlen.

Im ersten Deus Ex steckte der größte Teil der Art Direction in den Cyberpunk-Archetypen: Es spielt meistens bei Nacht, es ist eine Dystopie, es gibt viel Metall, es überwiegen neutrale Farbtöne, Neonlichter usw. Und uns war natürlich klar, dass wir diese Archetypen auch diesmal einsetzen müssten - das Unaufgeräumte, der Rauch, der Nebel, Licht und Dunkelheit, Feuchtigkeit. Unser Spiel ist vielleicht nicht Blau...        

4Players: Ganz und gar nicht!

Jacques-Belletete: (lacht) Es gibt schon Blau! Aber im Grunde wollten wir, dass die Spieler an Schwarz und Gold denken, wenn sie an Deus E 3 denken. Das ist unsere Signatur - auch wenn natürlich viele andere Farben vorkommen.

4Players: Was recht mutig ist - Gold kann erdrückend wirken. Hattet ihr jemals Angst davor?

Jacques-Belletete: Eine Zeit lang schon. Denn selbst wenn man eine kreative Idee hat, heißt das noch nicht, dass man auch weiß, wie man sie richtig einsetzt. Man hat vielleicht ein Bauchgefühl, weiß aber nicht, wie man es anwenden soll. Und als wir die Umgebung zuerst mit einer Palette aus schwarzen und goldenen Farbtönen bemalten, hat das in der Tat überhaupt nicht funktioniert! Erst als wir damit begannen, die Objekte relativ farbneutral zu belassen und die goldenen Aspekte zum größten Teil über die Lichtquellen ins Bild zu bringen - von da an wirkte es natürlich. Auch unseren Hauptcharakter, Adam, haben wir sehr oft überarbeitet.

4Players: Wie habt ihr ihn anfangs denn gestaltet?

Jacquers-Belletete: Er war immer Adam; wir hatten von Beginn an eine recht genaue Vorstellung davon, wie er sein sollte. Wir wollten keinen Space Marine-Muskelprotz mit kahlgeschorenem Kopf. Einige von denen haben eine Persönlichkeit - Marcus Fenix ist z.B. ein sehr, sehr guter Charakter - aber viele andere Spiele haben völlig

Selbst Mary DeMarle, die Autorin des Spiels, war von den spielerischen Möglichkeiten überrascht.
uninteressante Figuren. Wir waren auf einen Charakter aus, der zwar gut in Form ist, der aber eher durch seine Ausstrahlung Eindruck macht. Unser Leitfaden war, dass Adam Jensen jemand sein sollte, der dir böse mitspielen kann, der hinterher aber nach Hause geht und ein gutes Buch liest.

Zuerst hatten wir dabei mit drei Rahmenbedingungen zu kämpfen: Jean-Francois (der Game Director, Anm. d. Red.) wollte, dass er so aussieht, als wenn er sich durch feindliches Gebiet schlagen könnte. In dem gleichen Aufzug sollte Adam aber auch in ein teures Hotel gehen und mit Leuten reden können - ein bisschen wie James Bond eben. Und schließlich wollte er auch, dass man die ganze Zeit über Adams künstliche Arme sehen könne. Und das war ein Puzzle, für das es nur schwer eine Lösung gab. Denn wenn man die Arme sehen will, kommen als Bekleidung nur Westen, aber keine Anzüge in Frage. Adam sah also immer wie ein Biker oder ein Muskelprotz aus und das hat einfach nicht funktioniert. Es war schwer, ein Aussehen zu erschaffen, mit dem er auch in ein Casino spazieren könnte.

Irgendwann machte einer meiner Concept Artists aber den Vorschlag, dass man ihm einfach zwei Outfits spendieren sollte: »Die Schauplätze im Spiel sind ja entweder einem urbanen Gebiet oder einem feindlichen Areal klar zugeordnet. Lasst uns Adam einen schicken Trenchcoat verpassen, mit dem er in eine Menschenmenge passt. Und wenn er in seinen Hubschrauber steigt, um in ein bewachtes Gebiet einzudringen, zieht er ihn eben aus.«

In Adams Gesicht gibt es außerdem einige Hinweise auf die Renaissance, was die Verbindung zwischen den zwei Epochen stärkt. Sein Gesicht hat außerdem einen ikonischen Charakter: Man könnte ihn als schwarze Silhouette von der Seite zeigen und dank des spitzen Barts und seiner Haare, würde man ihn sofort erkennen. Genau wie man drei grüne Lichter mit Sam Fisher identifiziert.

4Players: Wann habt ihr denn angefangen, nach einer Stimme für Adam Jensen zu suchen?

Steve Szczepkowski, Audio Lead: Wir haben unmittelbar nach der Pre-Production gesagt: Da wir nicht wissen, wie lange die Suche nach dem richtigen Schauspieler dauern wird, lasst uns einfach jetzt schon anfangen. Am Ende hat es gar nicht so lange gedauert, denn als Mary und ich die Stimme dieses einen Schauspielers (Elias Toufexis , Anm. d. Red.) gehört hatten, haben wir uns kurz angelächelt und nachher sofort gesagt: Der ist es!

4Players: Ich hatte auch ein großes Grinsen auf den Lippen, als ich Adam gehört habe. JCs Stimme war sehr einprägsam und Adams gleicht ihr sehr.

Szczepkowski: Ja, das hatte ich natürlich im Hinterkopf: Ich wusste wie JC Denton klang. Und auch wenn wir keine Kopie davon erstellen wollten, sollte es zumindest dieselbe Art von Stimme sein.        

4Players: Beeinflussen die Sprecher eigentlich in irgendeiner Form die Entwicklung des Spiels? Bei einer Fernsehserie ist es ja so, dass die Schauspieler ihre Charaktere irgendwann so gut kennen, dass sie Vorschläge dazu machen, wie sich die Figuren entwickeln könnten. Gibt es so etwas in der Spieleindustrie?

Szczepkowski: Ich kann nicht für andere Spiele sprechen. In unserem Fall habe ich aber das Gefühl, dass es genau so ist. Ich weiß, dass einige der Sprecher mit Vorschlägen zu den Autoren gekommen sind. Manchmal fragen sie z.B.: »Würde er das wirklich sagen? Würde er wirklich so reagieren?« Dann setzen wir uns hin und überlegen und wenn es ein guter Einwand ist, schreiben wir die Szene um. So haben wir Alternativen zur Hand, unter denen wir die wählen können, die am besten passt. Es ist wirklich gut zu sehen, dass die Schauspieler so viel in das Spiel investieren, anstatt nur auf ihren Gehaltscheck zu warten.

4Players: Es gibt in modernen Spielen viele Charaktere, die keine Persönlichkeit ausstrahlen - so dass jeder Spieler möglichst viel von sich selbst in sie hinein interpretieren möge. Aber ist das wirklich so wichtig im Vergleich zu einem klar definierten Charakter?

DeMarle: Ich denke, das ist ein schmaler Grat. Ich glaube, dass gerade solche Spiele, in denen sich viel um die Geschichte dreht, einen großen Teil ihres Reizes daraus ziehen, dass man eine andere Person sein kann. Von daher haben klar definierte Charaktere also ihre Daseinsberechtigung.

Ein wegweisendes Markenzeichen? Dank seines spitzen Barts soll man Adam Jensen selbst als schwarze Silhouette erkennen.
Und in dem Spiel, das wir machen, muss es solche Figuren auch unbedingt geben! Aber selbst wenn wir einen starken Adam Jensen haben, entsteht sein Charakter vor allem aus seiner Vergangenheit. So gibt es immer noch genug Raum, sich in diesen Charakter hineinzuversetzen und ihn so zu formen, wie man ihn sich vorstellt.

Ich hatte z.B. eine sehr genaue Vorstellung davon, wer Adam Jensen ist. Aber dann habe ich eine sehr frühe Fassung gespielt und Adam hat ja die Wahl, ob er Gegner tötet oder betäubt. Ich bin also mit ihm hinter eine Wache gelaufen und habe einen tödlichen Takedown ausgelöst und dachte nur: »Oh, mein Gott! Adam Jensen würde das nie tun!« (lacht) Dann habe ich aber verstanden, dass er das sehr wohl tun könnte. Und dadurch habe ich auch verstanden, dass ich ihn so darstellen muss, als wenn er das genau so tun oder eben lassen könnte.

4Players: Baut ihr, von der Stimme mal abgesehen, noch andere Verbindungen zu den Vorgängern auf?

Szczepkowski: (verhalten lächelnd) Ja.

4Players: Welche denn?

Szczepkowski: Einige kann ich natürlich nicht verraten. Aber es gibt so manche Hommage im Spiel. Es könnte sogar passieren, dass man bekannte Charaktere entdeckt. Wir werden auch die Titelmelodie einbauen. Ich weiß noch nicht genau, wo! (lacht) Aber ich denke ich würde die Fans der Vorgänger enttäuschen, wenn ich sie nicht irgendwo unterbringen könnte.

4Players: Wer schreibt den Soundtrack für Human Revolution?

Szczepkowski: Es ist ein Komponist aus Montreal, Michael McCann. Er hat Musik für Splinter Cell: Double Agent und viele Filme geschrieben. Es viel uns wirklich schwer, uns zwischen den letzten drei Kandidaten für den Posten zu entscheiden. Alle konnten mit einem besonderen Stil überzeugen. Letztlich verlasse ich mich aber gerne auf mein Bauchgefühl und das gab McCann den Vorzug. Der Ausschlag gebende Punkte war schließlich, dass er von hier kommt. Besser geht es nicht! Er kommt ins Studio und spielt die aktuellen Versionen. Er sieht, wie seine Musik dazu passt und sagt: »Hier will ich noch was ändern, dort passt es noch nicht ganz.«

Normalerweise fehlt den Komponisten die enge Verbindung mit einem Spiel: Sie arbeiten sechs Monate an einem Projekt, wechseln dann zum nächsten usw. Ich wollte aber, dass jemand Zeit und Mühe investiert, weil ich wusste, dass es eine große Herausforderung sein würde und hohe Erwartungen damit verbunden sind. Und es macht sich wirklich bezahlt, denn er weiß genau, welche Elemente typisch für das erste Deus Ex waren und transportiert diese in die moderne Zeit.    

 
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