Special: Deus Ex: Human Revolution (Rollenspiel)

von Benjamin Schmädig



Publisher: Square Enix
Release:
26.08.2011
kein Termin
26.08.2011
26.08.2011
25.10.2013
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ab 6,61€
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Sprich mit ihr

Wir sind dabei, als Graudus den Text für Pritchard aufnimmt. Vor uns sitzt ein Tontechniker an einem breiten Pult, links von ihm Regisseurin Stephanie Kirchberger. Ein kleines Fenster erlaubt einen Blick in die schalldichte Kammer, in der es sich Graudus vorm Mikrofon gemütlich macht. Mehr oder weniger, jedenfalls, denn wie er uns in einer Pause erklärt, ist die toneworx-Technik im besten Sinne sehr empfindlich. Der Sprecher kann deshalb nicht vor dem Mikrofon schauspielern, sondern muss darum bemüht sein, einen präzisen Abstand zu halten. Schon kleine Veränderungen verändern die Akustik so stark, dass man sie im finalen Cut hören könnte. An der Entfernung zwischen Aufnahmegerät und Stimme hört man schließlich, ob sich ihr Charakter in einer engen oder einer weitläufigen Umgebung befindet und der darf sich nicht ständig ändern.

Zeile für Zeile, Absatz für Absatz werden Aufnahmen gemacht. Nach jedem Fetzen fragt Regisseurin Kirchberger ihren Techniker, ob die Aufnahme »sauber« ist. Hat sich ein z.B. Schmatzer eingeschlichen, wird sie wiederholt. Auch die Dauer der gesprochenen Worte ist immer dann von Bedeutung, wenn die Lippensynchronität eine Rolle spielt. Das ist vor allem in Filmszenen der Fall, wenn man den Charakter sprechen sieht. So lange man im Spiel jedoch nur Pritchards Stimme hört oder der Auftraggeber lediglich in einem kleinen Fenster eingeblendet wird, darf die Länge der gesprochenen Texte vom Original abweichen. Hier muss der Übersetzer übrigens voraus denken, denn würde er das Englische originalgetreu ins Deutsche übertragen,
Gerade in Dialogen verlieren schlechte Synchronisationen oft wichtige Nuancen. Kann Human Revolution mit den zahlreichen optionalen Unterhaltungen hier ein Zeichen setzen?
wären seine Formulierungen im Durchschnitt um ein ganzes Drittel länger als das Ausgangsmaterial. Trotzdem dürfen natürlich weder Inhalte noch Nuancen wegfallen - Einfallsreichtum im Umgang mit der Muttersprache ist also gefragt.

Mit Bibel und Drehbuch

Aber wie zuvor beschrieben: Technische Perfektion ist bei weitem nicht alles. Und so muss Graudus manche Zeile nicht nur schneller oder langsamer aufsagen - hin und wieder korrigiert Kirchberger auch seine Aussprache oder weist ihn auf den erzählerischen Zusammenhang des aktuellen Dialogs hin. Einmal spricht der Schauspieler zu korrekt, dann verpasst er die richtige Betonung. In kurzen Pausen übt er die nächste Zeile, manchmal fragt er nach dem erzählerischen Zusammenhang einer Szene. Nein, es ist nicht so, dass die Synchronsprecher mit dem Inhalt des Spiels so vertraut sind wie Entwickler oder Spieler. Genau den liefert ihnen aber eine Regisseurin oder ein Regisseur. Wer ist dieser Pritchard eigentlich? Worum geht es in den Dialogen? Kirchberger hält nicht nur das Drehbuch mit sämtlichen Dialogen vor sich. Sie besitzt auch eine Charakterbibel, in der die Eigenheiten aller Personen beschrieben sind. Und sie besitzt jene Liste, auf der die Aussprache aller Namen und fiktiven Fachbegriffe vermerkt ist. Trotzdem gibt es Situationen, in denen eine Aussage Fragen aufwirft - bevor man den Übersetzer anruft, überlegt man dann: Soll Pritchard seinen Agenten anweisen, das Gebäude durch den »Wareneingang« zu betreten oder ist es nicht eher die »Warenannahme«. So kommen Regisseurin, Tontechniker und Schauspieler schon mal für einige Minuten ins Grübeln.

Meist gibt die Regisseurin vor jeder Aufnahme kurze Hinweise an »ihren« Sprecher. Daraufhin laufen die Aufnahmen der englischen Sprecher oder der vorangehende Text des Dialogpartners, im Ideal der des deutschen »Gegenüber« ab. Mit diesen Informationen muss Graudus dann sowohl die Situation als auch die Gemütslage und das Anliegen seines Charakters erfassen und wiedergeben. Oft gelingt ihm das schon im ersten Anlauf, manchmal sind ein, zwei Wiederholungen fällig, selten mehr. Kirchberger hört dabei genau hin - wenn auch nicht nur, damit eine Passage im perfekten Hochdeutsch aufgesagt und kein Wort vergessen wird. Vielmehr begrüßt sie es, wenn ihre Figuren auch mal einen Laut verschlucken. Für sie steht Menschlichkeit an erster Stelle, denn trotz der sauberen Qualität des schnellen Aufnahmeprozesses müssen die virtuellen Figuren glaubwürdig sein. Sitzt die Aufnahme, ist der jeweilige Abschnitt dann aber auch schon für immer erledigt.       

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Kommentare

RGB schrieb am
Wirklich schade, dass die eigentlich sehr gute deutsche Synchronindustrie sich fast nur auf Filme und US-Serien konzentriert. Games und Animes sind häufig schlecht bis lächerlich synchronisiert. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen und eine ordentliche Synchro ist mir bei Games lieber als ein perfektes Original, aber trotzdem wünsche ich mir doch mehr Ernst bei der Sache.
Wobei die Synchro nicht alles ist, die Simpson sind zB hervorragend Synchronisiert (bis auf diese eine Stimme die quasi JEDEN mänlichen Gaststar spricht) aber die Übersetzung ist tw auf Hauptschulniveau. Da werden Wortspiele die auf Deutsch genauso funktioniert hätten wie auf Englisch kaputtgemacht, da wird der Satzbau so gewählt, dass er nicht zur gezeigten Szene passt oder die Poente mitten im Satz statt am Ende ist, obwohl es auch besser ginge. Manche Sachen werden sogar derart falsch übersetzt, dass man es merkt, ohne das Original zu kennen.
PabloCHILE schrieb am
ich spiele auch lieber in meiner Muttersprache oder Vatersprache ( Muttersprache: deutsch , Vatersprache: spanisch) jedenfalls freu' ich mich wie schmid's Katze auf das Spiel :D
apalause* schrieb am
Ich werde auch das Gefühl nicht los das der Großteil englisch deswegen bevorzugt weil es einfach anders klingt. "Cooler" und moderner.
Unter Bekannten erlebe ich es ganz oft das viel auf Englisch geschaut oder gespielt wird. Die meisten jedoch kein Wort verstehen.
Das ganze nur damit man vllt. rausposaunen kann das man ja alles "voll coool" auf englisch konsumiert. Und weil englisch sich ja auch total toll anhört.
Ich habe nichts gegen Englisch und bin auch nicht abgeneigt immer wieder dazu zulernen da Englisch eine allerweltssprache geworden ist. Dennoch ziehe ich meine Muttersprache Englisch jederzeit vor, da ich Deutsch einfach wesentlich besser beheersche und Missverständnisse gar nicht aufkommen.
Das was mich jedoch wirklich annervt sind Dialekte. Einige sind noch zu verkraften. Aber viele sind schon so extrem das man glaubt es wäre eine andere Sprache. Wenn z.b. nen Urbayer (habe da tatsächlich Verwandte) zu mir nach NDS (meine Herkunft) kommt dann verstehen die mich zwar super, aber wenn die richtig loslegen. Haleluja, der Kauderwelsch hat es in sich.
atoms4peace schrieb am
Primerp12 hat geschrieben:
Doc Angelo hat geschrieben: Es ist aber definitiv irritierend, das Englisch bevorzugt wird, weil es "modern" und "cool" ist - Verzeihung, "kühl". ;) Der Mensch hat ja immer eine gewisse Erwartungshaltung. Kann es sein, das die Verständnislücken* im Originalton genau so gefüllt werden, das einem einfach gefällt, was man da hört? Im Deutschen ist da kein Platz mehr, und wenn die Inhalte einem nicht gefallen, fällt es dort dann schneller auf?
Hmm, hab ich mir auch manchmal gedacht. Die Sprache wird bevorzugt weil es schlicht "anders" und "ungewohnt" klingt, eben weil man ja quasi nix anderes Spricht.
Vielleicht finden sogar viele Menschen ihre eigene Muttersprache schlicht langweiliger als eine ihnen fremder^^
natürlich. ich hab schon einige engländer, aber vorallem amerikaner kennengelernt (online gezockt und auf reisen), die behauptet haben, dass es wesentlich intelligenter oder attraktiver (!) klingt wenn ich mit akzent oder in deutsch spreche... die eigene muttersprache is ganz selbstverständlich nicht halb so interessant wie die anderer. da gehts allen gleich.
Primerp12 schrieb am
Doc Angelo hat geschrieben: Es ist aber definitiv irritierend, das Englisch bevorzugt wird, weil es "modern" und "cool" ist - Verzeihung, "kühl". ;) Der Mensch hat ja immer eine gewisse Erwartungshaltung. Kann es sein, das die Verständnislücken* im Originalton genau so gefüllt werden, das einem einfach gefällt, was man da hört? Im Deutschen ist da kein Platz mehr, und wenn die Inhalte einem nicht gefallen, fällt es dort dann schneller auf?
Hmm, hab ich mir auch manchmal gedacht. Die Sprache wird bevorzugt weil es schlicht "anders" und "ungewohnt" klingt, eben weil man ja quasi nix anderes Spricht.
Vielleicht finden sogar viele Menschen ihre eigene Muttersprache schlicht langweiliger als eine ihnen fremder^^
schrieb am