Warriors: Legends of Troy11.03.2011, Mathias Oertel
Warriors: Legends of Troy

Im Test:

Bislang haben sich Koeis Massenprügler mit fernöstlichen Mythen beschäftigt. Jetzt nimmt man sich erstmals eines westlichen Szenarios an und versucht, Homers Ilias in ein bild- und tongewaltiges Kampfspektakel zu verwandeln. Ein gelungenes Unterfangen oder hätte Koei doch bei seinen Dynasty- und Samurai-Wurzeln bleiben sollen?

Unverhofft kommt oft

Als Koei 1997 das klassische Beat-em-up Dynasty Warriors auf der PSone veröffentlichte, haben sich die Japaner vermutlich nicht träumen lassen, dass sie fast 15 Jahre später das Monopol auf eine Genrenische haben würden: Den Massenprügler, bei dem ein Held sich mit Einsatz von Waffen und Magie durch Heerscharen von Feinden wühlt. Doch seit der Veröffentlichung von Dynasty Warriors 2 erscheinen im alljährlichen Turnus irgendwelche Spiele mit dem Begriff "Warriors" im Titel. Denn man gab sich nicht mit dem feudalen China zufrieden, das den erzählerischen Hintergrund für die ersten Ableger bildete. Mit Samurai Warriors begab man sich nach Japan, DW Gundam führte in den futuristischen Weltraum, Orochi vermengte die Krieger aus China und Japan. Man sollte auch nicht die zahlreichen Spinoffs vergessen, die mit den Untertiteln "Xtreme Legends" oder "Empires" im Namen klarmachen sollten, dass es sich hier um leicht abgewandelte Konzepte handelte. Doch im Kern ging es natürlich nach wie vor nur um eines: Das Anhäufen einer größtmöglichen Kombo und ein Hinauftreiben des K.O.-Zählers, der durchaus in vierstellige Bereiche abdriften konnte.  

Mit Warriors - Legends of Troy (LoT) verlässt man einige der ausgetretenen Wege. So begibt man sich erstmals auf westliche Mythenpfade. Genauer gesagt, ins antike Griechenland zur Zeit des Trojanischen Krieges. Und es wartet noch eine weitere Überraschung: Denn statt das übliche Team von Omega Force an die Thematik zu setzen, zeichnet das Team von Koei Kanada für die Mär um Odysseus, Achilles, Persephone, Hektor sowie zahlreichen anderen spielbaren Figuren verantwortlich.

Alt trifft Alt

Dass Koei mit dem "Warriors" im Namen hausieren geht, macht jedoch schon deutlich, dass man trotz eines (zumindest für die Japaner) frischen Szenarios weiterhin auf bestimmte Mechaniken setzt. So ist man nach wie vor unterwegs, um mit seinem Helden durch weitgehend schlauchige Abschnitte zu hetzen und alle auf einen zustürmenden Klonfeinde in den Hades zu schicken.

Während man bei den Dynasty Warriors meist eine Figur wählt und dann ihrer Kampagne folgt, geht LoT den entgegengesetzten Weg: Die Figur ist vorgegeben und wechselt bei jeder Mission. Der Vorteil dabei ist, dass man bei jeder neuen Aufgabe mit leicht anderen Angriffs-Möglichkeiten gefordert wird. Während Hektor im Nahkampf verheerende Schwerthiebe austeilt, hat Odysseus z.B. die Möglichkeit, mit Wurfmessern seine Gegner auf Distanz zu halten und die nur selten intelligent auf einen zustürmenden Truppen zu dezimieren, bevor sie in Schlagdistanz kommen.

Auch wenn Farbgebung und Szenario sich verändert haben: Im Kern bleiben auch die trojanischen Legenden den Mechanismen treu, die man mit den "Warriors"-Spielen von Koei verbindet.
Dass diese Unterschiede aber unter dem Strich zu wenig zur Geltung kommen, ist der Kampfmechanik zuzuschreiben, die sich auf wenige Kombos beschränkt. So spielen sich alle Figuren trotz prinzipiell unterschiedlicher Bewaffnung und Fähigkeiten relativ ähnlich. Vor allem auch, weil der "Blutdurst", in etwa das Gegenstück zum "Musou-Angriff" bei DW, für alle identisch ist: Der Held brüllt, der Bildschirm wird verfärbt und alle Schläge verursachen temporär einen Mordsschaden mit viel Pixelblut. Mit etwas Abwechslung und vielleicht sogar figurenspezifischen Attacken hätte man deutlich mehr aus dem Thema herausholen können.

Zumal die Kombos, Konter und Blockversuche insgesamt nicht so filigran animiert wurden, wie es bei den fernöstlichen Warriors die Regel ist. Alles wirkt klobiger und unsauberer - und da nimmt sich die gesamte Kulisse mit ihrem unzeitgemäßen Aussehen nicht aus: LoT kommt etwa eineinhalb bis zwei Jahre zu spät, um selbst im kleinen Bereich der Massenprügler für Furore sorgen zu können. Und das, obwohl Koei mit DW6 und dem demnächst erscheinenden siebten Teil doch eigentlich eine halbwegs anständige Engine im Hause hat - die allerdings offensichtlich hier nicht zum Einsatz kommt.

Alt trifft neu

Dennoch üben die Auseinandersetzungen im alten Griechenland eine ähnliche Faszination aus, für die sämtliche Warriors-Ableger gleichermaßen berühmt wie berüchtigt sind. Knopfgehämmer ist angesagt, das wie gehabt von minimalen taktischen Entscheidungen wie Block und Ausweichen bei Bossen unterbrochen wird. Wer von Dynasty- oder Samurai-Kriegern angetan ist, wird auch hier seine Freude haben, wenngleich etwas gedämpfter.

Und das, obwohl sich Koei Kanada im Umfeld von seinen Vorbildern und Brüdern im Geiste löst. So z.B. bei der sich an Homers Ilias entlang hangelnden Erzählstruktur, die mit solide inszenierten Rendersequenzen sowie an antike Vasenmalerei  angelehnten Szenen den Trojanischen Krieg nacherzählt.

Auch die Einführung des Kleos-Systems (griechisch für Ansehen, Ehre) mit all seinen angeschlossenen Elementen ist eine gute Idee: Für die Aneinanderreihung von Angriffen, besonderen Attacken etc. bekommt man Ruhmpunkte. Diese kann man zwischen den einzelnen Kapiteln einsetzen, um sich Schmückstücke zu kaufen und anzulegen, um die Götter zu ehren, damit man mit Vorteilen gesegnet wird.

Bei den Zwischensequenzen setzt Koei wie eh und je auf passable Render-Videos.
Mit Zeus assoziierte Ringe und Medaillons verbessern z.B. die Gesundheit, Ares belohnt einen mit erhöhtem Schaden während der Zornangriffe und Hermes sorgt dafür, dass die normalen Angriffe verheerender werden. Allerdings muss man aufpassen, da der zur Verfügung stehende Platz begrenzt ist und entsprechend mächtige Verbesserungen viele Felder auf dem Raster belegen. Wer genug Ehre angesammelt hat, kann das Raster aber auch vergrößern. Kleos haben daneben auch einen regenerativen Effekt: Wer es schafft, eine lange Kombokette mit möglichst vielen Finishern aufzubauen, kann sich nach dem Kampf über ein Auffüllen der Gesundheit freuen.

Vergebliche Mühe

Doch all das kann nicht verhindern, dass die trojanischen Legenden insgesamt schlichtweg nicht die Klasse erreichen, die man normalerweise mit den Warrios verbindet. Mit durchaus interessanten und mitunter nicht einfach zu erreichenden Sekundärzielen wie dem Schutz einer Ramme oder der Befreiung von Gefangenen versucht man, für Abwechslung zu sorgen. Und die freischaltbaren Herausforderungen, in denen man sich zusätzliche Kleos für Verbesserungen verdienen kann, sind ebenfalls nur wenig mehr als schmückendes Beiwerk, das, wie alles andere, vor allem an der grobschlächtigen Kampfmechanik leidet. Man ist Meilen entfernt von der sauberen Choreografie im feudalen Japan, versucht dies aber immerhin, durch brachiale Finisher wettzumachen. Und von der Dynamik, die man mit anderen Actiondramen im alten Griechenland verbindet (Kratos irgendjemand?) kann LoT nur träumen. Einzig die Duelle, bei denen man innerhalb einer Arena gegen einen Boss antritt, sind gelungen. Hier sind neben Knopfhämmern endlich einmal Timing bei Block und Konter sowie geschicktes Ausweichen gefragt.      

Fazit

Ein Titel aus Koeis Massenprügler-Serie mit westlichem Mythen-Hintergrund? Her damit! Doch die Euphorie wird bereits im Titelbildschirm gebremst, in dem deutlich wird, dass nicht die Meister von Omega Force, sondern das Team von Koei Kanada verantwortlich ist. Und der "Warriors"-Schuh ist für das Team eine Nummer zu groß. Man baut mit dem Kleos-System zwar ein interessantes Belohnungs- und Lebensenergiekonzept ein. Und auch die erzählerische Grundlage des Trojanischen Kriegs stimmt auf das Schlachtgeschehen ein. Doch wird der mechanisch und vor allem technisch qualitative Unterschied zu den letzten Dynasty Warriors deutlich: Die ohnehin nur selten für Abwechslung bekannten Kämpfe der Koei-Titel werden auf ein Mindestmaß zurechtgestutzt. Und das alles in einer veralteten Kulisse mit klobigen Animationen, neben denen die fernöstlichen Kollegen wie Ballerinas über die Schlachtfelder toben. Das Konzept bietet einige interessante Ansätze und die für Koei-Massenprügler typische Grundmotivation wird trotz einiger Probleme auch hier aufgebaut. Die Chance, das ohnehin in einer sehr kleinen Nische steckende Genre einem breiter gefächerten westlichen Publikum schmackhaft zu machen, wird trotz einiger konzeptionell interessanter Ansätze leider nicht genutzt.

Pro

Kleos: Ehre als Belohnungs- und Regenerations-System
gelungene Boss-Duelle
orientiert sich erzählerisch an Homers Ilias
zahlreiche spielbare Helden
man spielt auf beiden Seiten (Troja, Griechenland)

Kontra

Helden spielen sich alle ähnlich
veraltete Kulisse
redundantes Kampfsystem
klobige Animationen

Wertung

360

Trotz konzeptionell guter Ideen schafft es Koei Canada nicht, das von Omega Force entwickelte Erfolgsprinzip des Massenprüglers überzeugend mit dem Trojanischen Krieg zu verbinden.

PlayStation3

Trotz konzeptionell guter Ideen schafft es Koei Canada nicht, das von Omega Force entwickelte Erfolgsprinzip des Massenprüglers überzeugend mit dem Trojanischen Krieg zu verbinden.

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