Leisure Suit Larry: Box Office Bust 03.04.2009, Paul Kautz
Leisure Suit Larry: Box Office Bust

Im Test:

Worum drehte sich die Leisure Suit Larry-Reihe, die 1981 ihren Anfang in dem Textadventure »Softporn« nahm? Ein alternder Sack, in jeder Hinsicht unsexy, lässt nichts unversucht, um die heißesten Schnitten (nebst weniger interessanten Subjekten, die nichtsdestotrotz zwei Möpse aufweisen) ins Bett zu bekommen. Das Konzept ging viele Teil lang auf, erst das vor gut vier Jahren erschienene »Magna Cum Laude« verabschiedete sich vom Adventure und wurde zur Jump-n-Run-Mischung. In welche Richtung geht Larry diesmal?

Das ist nicht Larry!

Einmal mehr verzichtet Larry Laffer auf den Part des Helden, einmal mehr schlüpft sein Neffe Larry Lovage in diese Rolle. Der hat die Uni hinter sich gelassen und verbringt seine Zeit hauptsächlich mit dem Anschauen zwielichtiger Filme. Ein Anruf von Onkel Larry, mittlerweile steinreicher Filmmogul, stört diese Harmonie: Die Geschäfte liefen schon mal besser, irgendwo scheint ein Maulwurf sein schmutziges Tagwerk zu betreiben. Der Neffe muss aufs

Jawoll, schäm dich, Larry! In so einem furchtbaren Spiel mitzumachen!

Gelände, niedere Aufgaben verrichten und nebenbei die zwielichtige Type aufdecken! Klingt soweit erstmal okay, allerdings wird die Ausführung dieser Pflichten durch zwei Tatsachen erschwert: Das Spiel ist hässlich wie die Nacht und macht keinen Spaß.

Gehen wir zunächst mal auf den ersten Punkt ein, denn der ist schneller abgehandelt: Obgleich Team 17 die bekanntermaßen absolut leistungsfähige Unreal Engine nutzt, ist das Spiel in erster Linie ein leuchtendes Beispiel dafür, was man alles in der Grafikentwicklung falsch machen kann. In der Tat wirkt das Gezeigte wie ein Komplettpaket: Es ruckelt wie die Hölle, fieses Tearing zerreißt das Bild am laufenden Bande (zumindest auf 360 und PS3 - am PC lässt sich VSync aktivieren) und die Texturen ploppen in gefühlten zehn Metern Entfernung aus dem Nichts. Genau genommen aus dem nicht mal bilinear gefilterten Nichts, so dass im Hintergrund tatsächlich deutlich sichtbar seit vielen Jahren nicht mehr für möglich gehaltene Monsterpixel lauern! Respekt. Aber das ist ja noch nicht mal das Schlimmste, denn der Comicstil der Umgebung ist ja trotz der technischen Unverschämtheiten ein wirklich netter. Ganz im Gegensatz dazu sind die Figuren einfach nur Gift für die Augen. Ich finde keine Erklärung für diese... diese... Wesen, deren Pferdezähne chromsilbern glänzen, deren Schatten krümeliger sind als Streuselkuchen (aber gleichzeitig ein mysteriöses und enorm irritierendes Glitzern hervorzaubern) und deren Proportionen... ach, was rege ich mich darüber auf? Ich mache es kurz: Der Horror-Level ist der einzige Abschnitt des Spiels, in den die Figuren tatsächlich passen. Ansonsten ist das Gezeigte einfach nur er- und abschreckend. Muss ich noch erwähnen, dass die innerhalb von Gebäuden nicht verstellbare Kameraführung eine Qual ist? Oder dass die Ladezeiten dem berechneten Ergebnis zum Trotz bemerkenswert lang sind?

Der jugendfreiste Laffer aller Zeiten

Aufreizender wird's nicht - Box Office Bust ist das harmloseste Larry aller Zeiten.

Wie in der Einleitung erwähnt, drehte sich bislang jedes Spiel um das potenziell erfolglose Aufreißen von Frauen seitens Laffer - Sex, Nippel und dergleichen inklusive. Davon ist in Box Office Bust (BOB) nichts mehr vorhanden, was kein Wunder ist, hat das Spiel doch hierzulande eine 12er-Freigabe! Sehr viel mehr als freie Arme, Beine, eng geschnürte Korsetts und gelegentliches Knutschen gibt's also nicht zu sehen - was bleibt da noch vom guten alten Larry? Ziemlich genau gar nichts, selbst der im Intro sehr präsente Onkel hat optisch nichts mehr mit seinem alten Alter Ego zu tun. Das Spiel selbst ist eine GTA-Variante, allerdings in harmlos, in Richtung Bully gehend: Ein großer Teil der Laffer Studios ist von Anfang an frei begehbar, mit der Zeit lernt man immer mehr Leute kennen, die Missionen für einen haben - die sich in der Regel darauf beschränken, Dinge zu transportieren, hin und wieder mit einem Zeitlimit versehen.

In Larrys Träumen spielt ihr berühmte Filme nach. Mit Darstellern, die Larrys Alltag (und seinen feuchten Träumen) entspringen.

In unregelmäßigen Abständen befindet man sich auch in einem von Larrys abenteuerlichen Träumen, die das Szenario komplett verändern: Mit einem Mal tummelt man sich im Wilden Westen, in einem Horrofilm oder auf der RMS Bitanic. Diese Träume ziehen sich über mehrere Kapitel und sind jeweils etwas mehr als eine Stunde lang. Alles in allem hält BOB etwa acht bis zehn Stunden beschäftigt. Allerdings auch nur, falls man so lange durchhält.

Denn es ist bemerkenswert, dass ein so erfahrener Entwickler wie Team 17 in Sachen Missionsdesign so ziemlich alles falsch gemacht hat, was man falsch machen kann. Beginnen wir mal mit dem Speichersystem: Nach erfülltem Auftrag wird der Spielstand automatisch gesichert, innerhalb der Missionen gibt es Checkpunkte. Die allerdings sind teilweise völlig hirnverbrannt platziert: Versagt man bei einer Aufgabe, muss man sich zum Teil durch mehrere bereits gesehen Zwischensequenzen hangeln, bevor man die Aufgabe erneut angehen darf - okay, sie sind abbrechbar, aber wozu das Ganze? Die Kamerasteuerung, oh Gott, die Kamerasteuerung: Viel zu oft muss man an Bergen, Gerüsten oder Mauern herumklettern, wobei Larry langsamer unterwegs ist als der Durchschnittszombie in einem Kleister-Meer. Baumelt er z.B. an einem Vorsprung und muss sich zu einem darunter hängenden Spalt fallen lassen, ist das ein reines Glücksspiel - mal greift die Kollisionsabfrage und er hält sich fest, mal versagt sie. Zack, runtergefallen, tot, das Ganze nochmal von vorn. Es gibt eine Passage im Wildwest-Level, die ich ungelogen elf (!) Mal angehen musste. Elf Mal! Und das nur, weil die Entwickler der Meinung waren, dass es nicht nötig ist, abschätzbar zu machen, ob man einen Vorsprung erreichen kann oder nicht. Eine absolute Unverschämtheit! Dazu kommen noch  Balance-Aktionen, in denen man oft genug die Kamera nicht hinter Larry ausrichten kann. Problem: Lovage läuft in Sichtrichtung - ist die Kamera schräg, läuft er auch

Der neue Larry hat mit dem alten Namen praktisch nichts mehr zu tun: Box Office Bust geht mehr in die GTA/Bully-Richtung. Allerdings auf grausamen Pfaden.

schräg. Auf einem dünnen Seil ist das weniger knifflig als vielmehr bescheuert. An allen möglichen Ecken und Kanten hängen bleibende Vehikel und Pferde. Eine Kampfsteuerung, die dafür sorgt, dass die Hälfte aller Hiebe mangels Ausrichtung auf die (seltenen) Gegner im Nichts landen. Ach... immerhin sind die Bonusspielchen einigermaßen gelungen: Als »Director« muss man einen Film möglichst dramatisch schneiden - indem man zur rechten Zeit eine von drei Kameraperspektiven wählt. Und beim »Verführen« geht es darum, mittels Multiple Choice-Antworten die Frauen von Lovages Männlichkeit zu überzeugen. Hin und wieder gilt es sogar, ansatzweise das Hirn zu nutzen - wenn es z.B. darum geht, eine Kiste oder ein Golfwägelchen so zu verschieben, dass man an einen sonst nicht erreichbaren Vorsprung rankommt.

Akustisch bewegt sich BOB auf einem soliden Niveau: Zwar gibt es keine deutsche Sprachausgabe (sondern lediglich entsprechende Untertitel), aber dafür entschädigt die englische Variante mit variantenreichen Schimpfworten und Gastgeschwätze von Sprecherinnen wie Carmen Electra oder Shannon Elizabeth. Allerdings lauern auch hier mysteriöse Bugs - so werden z.B. immer wieder mal Teile vom Dialogende am Anfang desselben abgespielt, wo sie natürlich nicht den geringsten Sinn ergeben.

Fazit

Was zum Teufel ist mit Team 17 los? Von denen hatte ich bisher eine sehr hohe Meinung, aber Box Office Bust hat mit den bislang gewohnten Qualitätsprodukten der Briten nicht das Geringste zu tun. Und noch weniger mit dem, was Larry einstmals auszeichnete: Sex! Schlüpfrigkeit! Gemeinheit! Spielerisch unter aller Sau, grafisch ganz nah dran - irgendwie wundert es mich nicht, dass das Resultat nicht mal auf Team 17s offizieller Seite gelistet ist, es scheint ihnen selbst peinlich zu sein. Dass das Spiel nichts mehr mit den früheren Teilen zu tun haben würde, war ja abzusehen, aber dass uns ein derart missratener und prüder GTA-Klon erwarten würde, hätte ich in meinen schlimmsten Träumen nicht erwartet. Was merkwürdig genug ist, denn der gut vier Jahre alte Vorgänger Magna Cum Laude war zwar nicht brillant, aber wenigstens unterhaltsam! Box Office Bust ist selbst an dem simpel scheinenden Ziel, wenigstens dieses Niveau zu halten, meilenweit vorbeigeschossen. Traurig, aber wahr: Sie haben Larry kaputt gemacht! Und zwar so gründlich, dass es schmerzt.

Pro

netter Comicstil
einige gute Sprüche
ordentliche Sprachausgabe

Kontra

hat mit Larry quasi nichts mehr zu tun
ruckelige Grafik
viel Tearing
krasse Texturprobleme
teils schreckliche Kameraführung
zickige Steuerung
nervend hohles Missionsdesign
lange Ladezeiten
frustrierend unzuverlässige Kollisionsabfrage
grauenhafte Kampfsteuerung
teils sehr schlecht platzierte Checkpunkte

Wertung

360

Sie haben Larry kaputt gemacht! Spielerisch und technisch ist Box Office Bust ein schlechter Witz.

PC

Sie haben Larry kaputt gemacht! Spielerisch und technisch ist Box Office Bust ein schlechter Witz.

PlayStation3

Sie haben Larry kaputt gemacht! Spielerisch und technisch ist Box Office Bust ein schlechter Witz.

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