WWE Legends of WrestleMania27.03.2009, Mathias Oertel
WWE Legends of WrestleMania

Im Test:

Dieses Jahr geht die WWE-Großveranstaltung WrestleMania in eine unglaubliche 25. Runde. Insofern kann ich es THQ nicht einmal übel nehmen, dass zu diesem Jubiläum mit Legends of WrestleMania ein Spiel veröffentlicht wird, das von Wrestling-Gegnern verächtlich als Smackdown-Spinoff im EA-Stil (man erinnere sich nur an die zahlreichen FIFA- und WM-Spiele) bezeichnet werden könnte. Doch diese Legenden haben mehr zu bieten.

Nur für Nostalgiker?

Es ist kaum zu glauben: Seit mehr als 25 Jahren ist World Wrestling Entertainment (WWE), seinerzeit gestartet als World Wrestling Federation (WWF), nicht mehr aus der modernen Pop-Kultur vor allem jenseits des großen Teichs wegzudenken. Und wie keine andere Veranstaltung der Showkämpfer ist das erstmals 1985 stattfindende WrestleMania das Sinnbild für diese Entwicklung. Seit der Premiere im New Yorker Madison Square Garden hat der größte und wichtigste WWE-Event Zuschauerrekorde gebrochen und den Fans des Sports Entertainment zahlreiche erinnerungswürdige Matches spendiert. Oder um es mit den Worten der WWE zu sagen: "Hier werden Legenden geschaffen."

Wenn sich noch jemand an dieses Duell erinnern kann, ist er bei Legends of WrestleMania genau richtig.
Mit WrestleMania 25 bereits in Lauerstellung -zum Zeitpunkt der Testerstellung ist der Event etwas mehr eine Woche entfernt- gewährt uns THQ einen Blick auf die ersten 15 Jahre der ruhmreichen Großveranstaltung. Mit über 40 Athleten sowie ihren Managern, deren Namen jüngere Wrestling-Fans mit Glück vielleicht mal gehört haben, scheint Legends of WrestleMania (LWM) sich allerdings eher an Nostalgiker zu richten - sprich: Ältere Wrestling-Anhänger mit Videospielfaible. Zocker, die im besten Falle bereits auf SNES oder Mega Drive mit den heutigen Legenden in den virtuellen Ring gestiegen sind. Doch das Team von Yukes, das auch für die Smackdown vs. Raw-Serie verantwortlich zeichnet, hat sich einiges einfallen lassen, um auch Neulinge ins Boot zu holen.

Kampf der Generationen

Zugegeben: Kaum ein Wrestling-Fan, der diesseits des Jahres 1990 geboren wurde, dürfte etwas mit den Namen Honkytonk Man, King Kong Bundy, Junkyard Dog, Jimmy "Mouth of the South" Hart, Bobby "The Brain" Heenan oder Kamala anfangen können - um nur einige zu nennen. Doch wie sieht es mit André the Giant aus, mit Bret "The Hitman" Hart oder Jake "The Snake" Roberts? Auch nicht? Okay: Spätestens mit Hulk Hogan, "Stone Cold" Steve Austin, The Rock oder Ric Flair sollte es klingeln.

Bei der Auswahl des Rosters hat Yukes in die Vollen gegriffen und wahrlich ein Who-is-Who des modernen Sports Entertainment abgeliefert. Allerdings eines, das einen auch wehmütig werden lässt. Mit Undertaker, Shawn Micheals und Triple H in seiner Hunter Hearst Helmsley-Persona sind gerade mal drei Wrestler noch aktiv. Viele, wie letztes Jahr Ric Flair oder vor einigen Jahren Bret Hart haben sich aus dem Geschäft zurückgezogen und bei sehr vielen wird man bedingt durch ihren (teilweise viel zu frühen) Tod sentimental und bedankt sich nochmals im Stillen für die Unterhaltung, die sie mit ihren Over-The-Top-Figuren verkörpert haben.

Allerdings gibt es auch die eine oder andere Wrestling-Legende, die man vermisst und ohne die eine WrestleMania-Sammlung eigentlich nicht komplett ist. "Macho Man" Randy Savage gehört z.B. in diese Kategorie, Lex Luger stünde dem Roster ebenfalls gut zu Gesicht und auch Doink, Tatanka oder Razor Ramon würden der Riege gut tun.

Im Gegenzug bietet der umfangreiche Editor allerdings viele Möglichkeiten, um sich die meisten der fehlenden Athleten nachzubauen. Und: Besitzer von Smackdown vs. Raw 2009 können den kompletten Roster importieren und die neuen Helden gegen alte Legenden antreten lassen. Allerdings ist es nicht möglich, die drei noch aktiven und damit in beiden Titeln vorhandenen Wrestler gegen sich selber antreten zu lassen. Wer also wissen will, ob der junge oder der alte Shawn Michaels

Zwei wahre Legenden, die angesichts ihres frühen Todes wehmütige Erinnerungen wach werden lassen: Raymond Traylor und Curt Hennig, besser bekannt als Big Bossman und Mr. Perfect!
die Oberhand in einem Match hätte, sitzt auf dem Trockenen - das ist allerdings verschmerzbar, wenngleich unter dem Strich auch etwas ärgerlich.

Überlebensgroß

Dafür kann man aber z.B. Rey Mysterio gegen Jimmy "Superfly" Snuka in den Ring stellen oder einen Kampf der Giganten mit Big Show und André the Giant inszenieren. Der Fantasie der Wrestling-Fans sind im Zusammenspiel der beiden Titel keine Grenzen gesetzt.

Die unkomplizierte Import-Möglichkeit deutet es an: Technisch setzt LWM auf die SvR 2009-Engine, hat sie aber sowohl visuell als auch spieltechnisch angepasst. Insofern halten sich sowohl die grafischen Unterschiede im Allgemeinen als auch die systemspezifischen Variationen in Grenzen und entsprechen denen von SvR 2009. Sprich: Die PS3-Version hat mit deutlich mehr Kanten zu kämpfen als das 360-Pendant. Doch abgesehen davon nehmen sich die beiden nicht viel: Die Einmärsche der Figuren sind passend, die Arenen bis auf den letzten Platz mit knallbunten T-Shirts tragenden und im Detail eher vergessenswürdigen Zuschauern gefüllt und auch die Clipping-Probleme, die die Engine seit jeher plagen, treten hier weiterhin ungeschönt auf.

     

Ähnlich wie seinerzeit Legends of Wrestling bei Acclaim setzt man  im Gesamtbild und im Gegensatz zu SvR 2009 eher auf ein überlebensgroßes Abbild der Athleten, das man am besten mit "Action-Figuren"-Aussehen beschreiben könnte. Die Muskelpartien sind überakzentuiert, was vor allem bei Muskelmonstern wie dem British Bulldog, Hulk Hogan oder Animal von den Road Warriors aka Legion of Doom deutlich wird. Das steht der Thematik gut zu Gesicht, im Kampf von Legenden gegen die auch vom Design moderneren Smackdown- und Raw-Stars werden die Unterschiede aber deutlich, ohne jedoch das runde Gesamtbild in Gefahr bringen zu können.

Auch der Sagen umwobene Kampf von Stone Cold gegen Bret Hart (WrestleMania XIII) lässt sich mit LWM nachstellen.
Akustisch legt sich LWM ebenfalls ins Zeug: Die Original-Einmarschmusiken der Athleten sorgen für stilechte Atmosphäre und bei Fan-Veteranen den einen oder anderen wohligen Erinnerungsschauer über den Rücken laufen. Die Standard-Kampfgeräusche gehen ebenfalls voll und ganz in Ordnung. Scheiden dürften sich die Geister allerdings an den Kommentaren von Jim Ross und Jerry Lawler. Das voll beste Kommentatoren-Gespann der jüngeren und mittleren WWE-Geschichte macht seine Sache technisch gut, doch angesichts der älteren Kommentatoren-Teams, die auch in den Klassik-Videos zum Einsatz kommen, wirken die beiden trotz zweifellos vorhandener Qualität anachronistisch. Mir ist klar, dass ein wirkliches "Play-by-Play"-Gefühl mit alten Samples von z.B. Bobby Heenan oder Vince McMahon nicht aufkommen würde, doch für die Gesamtatmosphäre wäre eine Mischung alter und neuer Kommentare hilfreich gewesen.

Klein, aber oho

Was Umfang und Kampfmechanik betrifft, richtet sich LWM an ein neues Publikum. Weniger Matchtypen (u.a. mit Leiter-, Käfig-, Hell in a Cell-Kämpfen sowie Royal Rumble)  und der Kampagnen-Fokus auf das Nacherleben, Verändern oder die Neudefinition bekannter Matches bis hin zu WrestleMania 15 im Jahre 1999 (ein Jahr später erschien das erste WWE-Spiel unter dem THQ-Logo) wirken auf Anhieb zwar nicht sehr spektakulär, erfüllen aber voll und ganz ihren Zweck. Zudem halten sie erstaunlich lange bei der Stange. Zu jedem der gut 20  Kämpfe im WrestleMania Tour-Modus z.B. gibt es einen gut drei bis fünf Minuten langen Videoeinspieler aus den prall gefüllten Archiven der WWE, der zeigt, was damals passiert ist, bevor man sich in das jeweilige Match stürzt.

Alternativ kann man sich als Legendenkiller versuchen und mit einer selbst erstellten Figur sieben endlos scheinende Herausforderungen annehmen, in denen man in einem so genannten Gauntlet-Match Gegner auf Gegner besiegen muss, bis am Ende schließlich der "Boss" (meist eine besonders herausragende Legende wie Hulk Hogan, Stone Cold oder Undertaker) auf einen wartet - unter dem Strich vielleicht nicht herausragend, aber grundsolide umgesetzt und für Fans enorm unterhaltsam, wenngleich kein vollwertiger Ersatz für die Karriere in SvR 2009.

Sehr klassisch

Und spätestens bei der Kampfmechanik wird deutlich, dass LWM sich nicht als Ersatz für das alljährliche Wrestling-Spektakel versteht, sondern als nostalgiebehaftete Ergänzung. Vergesst die Überbelegung und die Lernkurve des beinahe schon Richtung Sports Entertainment Simulation tendierenden Steuerungsprinzips in Smackdown vs. Raw. Die Wrestlemania-Legenden bieten in jeder Hinsicht Arcade-Spaß - leicht zu erlernen und nett anzuschauen. Mit gerade mal vier Knöpfen (Schultertasten werden nicht genutzt) lassen sich alle zur Verfügung stehenden Aktionen erreichen.

Dabei werden Schläge und Griffe wie seinerzeit in den N64-Wrestlern über einen kurzen bzw. langen Druck modifiziert und

Neben der Möglichkeit, klassische Matches nachzuerleben oder die Geschichte neu zu schreiben, könnt ihr euch in zahlreichen "Gauntlet"-Matches als Legendenkiller à la Randy Orton beweisen.
dementsprechend schnell und schwach oder langsam und kraftvoll durchgeführt. Die anderen zwei Knöpfe dienen zum Kontern bzw. Blocken sowie für Sonderkationen wie Aufheben von Gegenständen, den Pin oder Laufen.

Wie in jedem klassischen Prügler gibt es jetzt auch (wieder) eine Lebensenergieleiste sowie zusätzlich darunter eine Schwung-Anzeige, die durch erfolgreiche Angriffe in insgesamt drei Stufen aufgeladen werden kann.

Mit jeder neuen Stufe werden auch zusätzliche Moves freigeschaltet, mit der Höchststufe schließlich sind auch Finisher möglich. Wahlweise kann man allerdings eine Stufe auch wieder opfern und sich dafür z.B. Lebensenergie zurückholen sich temporär gegen Konter immunisieren. Zusätzlich feiern auch gut inszenierte Quicktime Events wieder eine Rückkehr in den WWE-Ring.

Doch so kurzweilig und spannend sich die Duelle sowohl gegen die KI als auch gegen menschliche Spieler präsentieren, kann die Kontrollmechanik nicht verhehlen, dass die Möglichkeiten letztlich deutlich limitiert sind und Fans der SvR-Serie auf Dauer nicht zufrieden stellen werden. Wer hingegen häufiger klassische Arcade-Brawler einlegt, wird hier auch schnell glücklich werden und vielleicht auf diesem Wege irgendwann beim komplexeren Smackdown vs. Raw landen.  

Fazit

Nicht schlecht, THQ. Angesichts meiner von vornherein durch Spinoff-Vorurteile klein gehaltenen Erwartung hat sich WWE Legends of WrestleMania als positive Überraschung entpuppt. Als langjähriger Sports Entertainment-Fan macht der spielerische Abstecher in die Vergangenheit der WWE bzw. WWF einen Heidenspaß. Angereichert durch umfangreiche Videoschnipsel aus den Archiven sowie die Möglichkeit, Wrestling-Geschichte mit über 40 größtenteils passend ausgewählten Legenden nacherleben bzw. neu erzählen zu können, wird man lange und gut unterhalten. Und damit sich nicht nur die Hardcore-Fans mit den Legenden anfreunden können, wurden der Umfang sowie die Steuerung auf Arcade-Mechaniken und schnell zugängliche Unterhaltung getrimmt, die in einem krassen und willkommenen Gegensatz zu den Smackdown-Titeln steht: Kurzweil statt Lernkurve, schnelle Erfolge statt lange Einarbeitung, Quicktime Events statt bis zum Ende belegter Steuerung. Dass man dabei trotz aller Reduktion technisch auf die Smackdown-Engine setzt, hat zum Vorteil, dass man sich auf einen bewährten Netzcode für weitestgehend reibungslose Online-Duelle sowie die Möglichkeit verlassen kann, den gesamten modernen Wrestler-Stab an die Seite der Legenden zu importieren. Allerdings muss man dafür auch mit grafischen Unzulänglichkeiten leben, die THQs Wrestling-Spiele seit Jahr und Tag piesacken und die sich auch hier zeigen - allen voran richtig böse Clipping-Fehler sowie krasse Gegensätze zwischen ausgefeilten Athleten und zahlreichen, aber in der Masse unspektakulären Zuschauern. Weit mehr als nur ein "einfaches" Spinoff kann Legends of WrestleMania als Arcade-Prügler mit Ringkampf-Hintergrund nicht nur dank der einfachen Kontermöglichkeiten auch für sich bestehen und weiß lange und gut zu unterhalten. Dennoch ist man noch ein gutes Stück von dem runden Wrestling-Gesamtpaket entfernt, das die Smackdown vs. Raw-Serie bietet.

Pro

aufs Wesentliche reduzierte Arcade-Steuerung...
wenige, aber umfangreiche Modi
umfangreicher Figuren-Editor
klassisches Prügelspiel-Prinzip mit Lebensenergie und Specials
über 40 Legenden sowie Manager
Figurendesign im Stil von Action-Figuren
klassische Videos
online für bis zu vier Spieler
stilvolle Einmärsche

Kontra

- ... deren Möglichkeiten allerdings schnell erschöpft sind
wesentliche Legenden nicht dabei (z.B. Randy Savage, Doink)
grafisch uneinheitlich
Clipping-Probleme
eingeschränkte Matchtyp-Auswahl

Wertung

360

Kurzweilig unterhaltsames Arcade-Wrestling mit hohem Nostalgiefaktor und mehr als 40 zu Kult gewordenen Athleten.

PlayStation3

Unkompliziert, gradlinig, unterhaltsam: Hulk Hogan, André the Giant & Co sorgen für spaßiges, nostalgisch angehauchtes Arcade-Wrestling.

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