Castlevania: Lords of Shadow06.10.2010, Jörg Luibl
Castlevania: Lords of Shadow

Im Test:

Seit einer gefühlten Ewigkeit kämpfen sich die Belmonts mit viel Schwung und Magie durch finstere Verliese, um ihren höllischen Erzfeinden den Garaus zu machen - allen voran den Vampiren. Was 1986 auf Amiga, NES & Co begann, entwickelte sich über die Jahre zu einer der beliebtesten Videospielserien überhaupt. Allerdings glänzten die Vampirjäger zuletzt eher im Miniformat als auf der Leinwand. Kann Konami das Abenteuer endlich wieder großartig inszenieren?

Das ehrenhafte Duell

Dieser Kampf wird Gabriel Belmont alles abverlangen: Der Fürst der Werwölfe bittet zum Tanz...
Es ist sehr spät, irgendwann um Mitternacht. Mein Blick ist starr geradeaus gerichtet, meine Finger krampfen sich um das Gamepad - ich sitze wie ein Gargoyle auf dem Sprung auf der Couch. Der Analogstick singt im Orchester mit den Knöpfen ein gefährlich aufgeregtes Lied von Klickklacklickklick, Klackklack und Klickklick. Rechts und links von mir existiert kein Hamburg, kein Haus, kein Keller. Es gibt nur noch diese heilige Arena, die in düsteren Farben vor mir flimmert. Es gibt nur noch diesen einen Kampf zwischen mir und dem Fürsten der Werwölfe. Es ist ein verdammt guter, verdammt harter und tödlicher Zweikampf.

Das Herz pocht, die Gedanken fliegen, denn nach einer Seitwärtsrolle habe ich zwei Sekunden Zeit - und das ist Luxus: Soll ich zum Saltosprung ansetzen oder besser aktiv blocken? Soll ich die Bodenfräse nutzen oder erst eine sichere Attacke aus der Distanz wählen? Soll ich die blaue Lichtmagie aktivieren, um mich bei jedem Treffer zu heilen oder besser die rote dämonische Magie, um stärker zuzuschlagen? Okay, keine Panik - der Werwolf kommt angestürmt! Mist, der Block war schlecht getimt, er trifft mich voll mit seinem Hammer! Die Lebenspunkte rieseln wie Herbstlaub. Jetzt holt er zum Rundumschlag aus. Okay, hallo Panik!

Im Angesicht des Todes

Ich habe kaum noch Energie, muss sofort aus der Reichweite des blitzschnellen Fürsten raus. Ein dauerhafter Block? Gibt es nicht - auch nicht gegen kleine Feinde! Stattdessen muss man aktiv blocken, also ähnlich wie in Demon's Souls  in dem Moment abwehren, in dem der Schlag kommt, um eine Riposte starten können. Heilung? Das wär's! Aber in diesem Spiel gibt es keine Tränke, man muss seine Wunden magisch schließen. Und das geht nur, wenn ich meinen Feind treffe. Ist das nicht makaber? Ich will schwer verletzt weg von diesem behaarten Vieh, aber muss näher ran! Nur wenn ich bei aktivierter Lichtmagie treffe, wächst meine Lebenspunkteleiste - und zwar langsam. Also reiß ich mich zusammen, halte Abstand und lasse leichte Überkopfschläge mit meiner Kreuzkette auf den Werwolf regnen - Klickklickklick, Klickklickklick.

Die machen kaum Schaden, aber meine Leiste füllt sich wieder etwas. Das Problem: Die Lichtmagie sinkt bei Aktivierung, gleich ist sie futsch. Und gleich nimmt der Werwolf wieder Maß für seine verflucht schnellen Rammattacken - er trägt Zyklonenstiefel. Ich brauche aber viel mehr Lebenskraft, wenn ich ausweichen und selbst zuschlagen will. Wie komme ich also an Lichtmagie? Ich muss ihn treffen, damit sich meine Fokusleiste füllt! Erst wenn sie voll ist, hinterlassen Feinde die neutralen Magiekugeln, die ich entweder mit dem linken für Licht- oder rechten Stick für Dämonen-Magie ansaugen kann; ein klasse System, das den Anspruch nochmal erhöht!

Demon's Souls lässt grüßen

Ausweichen, blocken, zuschlagen: Das Kampfsystem ist taktisch und anspruchsvoll.
Das erste Problem ist nämlich: Sie kommen nicht automatisch, was mich für ein, zwei Sekunden verwundbar macht. Das zweite und viel wichtigere Problem, das mich gleichzeitig zur Flexibilität zwingt: Einfache Treffer reichen nicht. Eine Kombo reicht nicht. Auch nicht zwei oder drei. Die Fokusleiste steigt nur dann an, wenn man variabel attackiert, wenn man verschiedene Kombinationen nutzt, wenn man clever ausweicht und vor allem aktiv blockt! Das ist kein Buttonmasher-Kloppmist, das ist kein typisches Hack'n Slay, bei dem drei, vier Kombinationen für alle Feinde reichen. Hier kämpft man selbst in einfachen Duellen immer auf Messers Schneide - Demon's Souls lässt grüßen; nur dass das Speichersystem hier wesentlich komfortabler ist.

Trotzdem frage ich mich hier viel öfter als im 08/15-Kloppmist: Werde ich wieder verlieren? Der Fürst der Werwölfe hat es in sich. Ich kämpfe auf dem normalen Schwierigkeitsgrad bereits das achte (!) Mal gegen ihn. Und es ist mir scheißegal, wie oft ich dieses Duell noch spielen muss, denn ich will gewinnen. Weil es ein guter Kampf ist, weil es ein ehrenhafter Schlagabtausch ist, bei dem der Feind selbst blockt, ausweicht und tödlich attackiert. Weil ich weiß, dass ich einfach nicht gut genug war. Ich kann erst dann gewinnen, wenn ich die richtige Taktik und das richtige Timing finde. Wer in der Rolle von Gabriel Belmont gegen die Fürsten der Dunkelheit antritt, wird viel Geduld und eine gute Hand-Auge-Koordination mitbringen müssen.

Die Früchte der harten Kämpfe

Ein Hauch von Uncharted 2: Sowohl auf PS3 als auch 360 gibt es zauberhafte Kulissen.
Aber er wird reichlich belohnt. Denn er wird nicht nur auf eines der besten Kampfsysteme des Genres treffen, das Dante's Inferno , God of War III  und Darksiders hinsichtlich Taktik und Anspruch klar in den Schatten stellt. Er wird brillante Kulissen und wunderschöne Kamerafahrten sehen, die die mittelalterliche Welt wie Gemälde erscheinen lassen: Egal ob verwunschene Wälder oder finstere Verliese, egal ob idyllische Dörfer oder prächtige Festungen - alles wirkt unheimlich plastisch, unheimlich gut beleuchtet und vor allem bewegt.

Jede Szene lebt von kleinen Animationen wie schwankenden Fichten, weg flatternden Vögel oder flüchtenden Ratten. Hinzu kommen architektonische Hingucker: Jede Statue wirkt hier urig, jedes Gemäuer uralt. Da ist eine riesige Wendeltreppe, die aus den geöffneten Schwingen einer Krähe besteht, ein samtener Teppich läuft an ihrem Ende aus - fantastisch! Man merkt dem Spiel an, dass es poliert wurde. Kein Geringerer als Hideo Kojima fungierte als Executive Producer. Für Lead-Designer Dan Cox und sein spanisches Team von Mercury Steam bedeutete das auch verdammt viel Schweiß auf der Stirn, wie er uns auf der gamescom erzählte.

Die finale Artdirection ist aber so gut, dass es in einigen Abschnitten fast an die bis heute außergewöhnliche Qualität von Uncharted 2 heran kommt - und zwar ohne nennenswerte Unterschiede sowohl auf Xbox 360 und PS3: Wenn Gabriel zwischen gleißenden Lichtschächten durch einen Urwald spaziert, in dem sich Farne sanft im Wind wiegen, wenn er an der Außenwand eines verwitterten Turmes

Kann man Pan trauen? Die gehörnte Kreatur will Gabriel im Kampf gegen die Dämonen helfen.
klettert, bei dem man jeden porösen Ziegel, jeden flatternden Fahnenfetzen glasklar erkennen kann, wenn er mit seinem Kettenkreuz dann zum Wandlauf ansetzt und im richtigen Moment abspringt, um einen hölzernen Sims gerade noch zu erreichen, dann zwingt sich der Vergleich nicht nur spielmechanisch, sondern auch grafisch auf - und das ist ein Kompliment, das ich keinem Spiel nach dem Abenteuer von Naughty Dog machen konnte. Selbst God of War III erreicht nicht diese Hingabe, was Interieur und Architektur angeht.

Die statische Perspektive

Allerdings beginnen hier auch die Einschränkungen, denn das talentierte Team von Mercury Steam erreicht nicht diese körnige Plastizität en detail, nicht diese Partikeldichte bei Schnee & Co. Und die Spanier machen sich das Leben viel leichter als die Erfinder von Nathan Drake: Die Kamera bleibt immer statisch. So schön die Wälder und Burgen auch aussehen, so sehr man sich gerne in jeder Ecke umschauen würde - man kann nicht! Jedenfalls nicht frei, sondern nur dort, wo eine verwitterte Mauer einen Geheimgang oder ein Sims ein Versteck abseits des Weges andeutet. Es bleibt aber immer bei einer festgelegten Perspektive, die automatisch aus erhabener Höhe in räumliche Enge, aus nahezu Überkopfsicht in Schulteranblicke wechselt. Das tut sie sehr gekonnt, aber man vermisst auch sehr oft die freie Sicht.

In den grandiosen Kamerafahrten vom engen Tunnel raus in weite Winterlandschaften kann man dann erahnen, was diese Welt mit etwas mehr Freiheit an Erkundungsreizen bieten könnte. Und mit dieser Statik bekommt auch das grandiose Kampfsystem eine Scharte. Auch wenn vor allem die Riesenspinnen so hervorragend animiert wurden, dass einem ein unangenehmer Schauer über den Rücken läuft, wenn sie plötzlich nach vorne krabbeln oder sich bei einem Angriff wie ein Knäuel aus Beinen zusammen ziehen: Manchmal kommen sie aus dem Nichts, weil die Kamera sie einfach nicht einfängt - das ist natürlich gerade in Duellsituationen ärgerlich, wenn man den Feind nicht sieht. Aber das ist nur in den kleineren Abschnitten ein Minuspunkt, denn in den weiten Arenen hat man seine Widersacher meist immer im Blick.

Viele Köche...

Shadow of the Colossus lässt grüßen: Man kämpft gegen mächtige Titanen.
...verderben den Brei? Demon's Souls wurde genannt, Uncharted 2. Hat dieses Spiel noch mehr Paten? Oh ja. Und zwar nicht weniger bekannte, denn es zitiert nicht nur ICO in einigen einsamen, wenn auch etwas zu leichten Kletterpassagen vor tosendem Wind, es kopiert auch auf ebenso spektakuläre wie dreiste Art bei Shadow of the Colossus . Natürlich gab es schon vor und auch nach diesem grandiosen Spiel von Fumito Ueda mächtige Riesen oder Kolosse als Endgegner. Aber wenn sich ein Eistitan aus einem einsamen See in die Höhe reckt, dessen verwundbare Stellen leuchten und die man in Echtzeit erklettern muss, ohne dabei abgeschüttelt zu werden, dann ist das vielleicht etwas mehr Kopie denn Hommage.

Allerdings eine gute, fast schon eine Art Kujau, der handwerklich exzellent einige Meister nachahmte. Denn der zweite Koloss, eine aus zig Bruchstücken bestehende Statue, die sich langsam zusammen setzt und mächtige Felsen auf Gabriel wirft, die er mit dem passenden Timing zurück schleudern muss, weiß zu beeindrucken. Auch hier muss man sich aus der Ferne nähern, wenn dieser Bildschirm füllende Gegner in die Knie sinkt, muss dann an seinen Armen und Beinen empor klettern, Wunden in die markierten Bereiche schlagen und letztlich bis zu diesem edlen Gesicht klettern, das wie eine Arena für sich irgendwo zwischen den Wolken thront - das macht Spaß, das erinnert an Shadow, aber wird innerhalb der zwölf Kapitel nicht zu arg strapaziert.

Rauchende Kopfnüsse

Zwischendurch gilt es die Umgebung zu erkunden und Rätsel zu lösen.
Der Spielrhythmus profitiert aber nicht nur von den Kraxeleien in luftiger Höhe, sondern auch von seinen Rätseln, die viel häufiger vorkommen als etwa in Dante oder God of War. Das beginnt schon bei den Monstern, denn viele davon kann man reiten, so dass man neue Aktionen zur Verfügung hat: Egal ob Warg, Warzenschwein, Troll oder Spinne - wer die Viecher nach einem Kampf in einem Reaktionstest zähmt, darf aufsteigen. Und meist kann man nur so kleine Rätsel im Raum lösen: Die Kraft des Trolls zerstört Hindernisse, der Warg klettert und springt unmenschlich weit, die Spinne kann mit ihrem Netz speien und so Brücken schaffen, über die Gabriel balanciert.

Hinzu kommen nicht nur klassische Hebelaktivierungs- und Schlüsselsuchaufgaben, sondern auch Logikrätsel: Mal muss man drei Statuen so verschieben, dass sie alle in die Mitte schauen, mal muss man Plattformen so drehen, dass eine Brücke entsteht, mal muss man Embleme in einer bestimmten Reihenfolge mit heller oder dunkler Magie zum Leuchten bringen oder sich durch einen Irrgarten aus Strom einen Weg suchen, indem man Schalter sinnvoll aktiviert. Bei den vielen toten Rittern findet Gabriel manchmal eine alte Schriftrolle, die einem Hinweise auf die Lösung gibt. Und wer partout nicht weiter kommt, darf sich selbige anzeigen lassen - dann bekommt er aber keine Erfahrungspunkte. Ein grafisches Highlight ist das an Schach erinnernde Brettspiel, das man wie damals Archon mit bewegten Zombies, Vampiren etc. spielt, die sich aktiv auf dem Spielplan attackieren.

Kampfkreuz, Stiefel, Handschuhe

Auch spektakuläre Kletterpassagen lockern das Abenteuer auf.
Die Erfahrungspunkte sind sehr wichtig, denn Gabriel kann mit ihnen neue Kombos und Fähigkeiten kaufen, um den immer stärker werdenden Monstern Paroli bieten zu können - wer an einer Stelle nicht weiter kommt, darf umgehend in bereits besuchte Gebiete zurückkehren, um mehr zu sammeln. Man kann bestehende Attacken verstärken oder ganz neue einkaufen, wobei man zwischen konventionellen und magisch angereicherten Techniken wählen kann. Im Gegensatz zu klassischen 2D-Castlevanias findet Gabriel nicht alle zwei Meter eine neue Waffe, sondern erweitert im Laufe seines Abenteuers lediglich das Kampfkreuz. Hinzu kommen magische Artefakte wie etwa der dämonische Handschuh, der ihm erst mächtige Hiebe erlaubt, oder die Stiefel, die ihn deutlich schneller rennen und weiter springen lassen.

Außerdem kann er effektive Zweitwaffen über das Steuerkreuz auswählen: Dazu gehören Wurfdolche, Weihwasser, Feen und mächtige Kristalle. Erstere können Feinde ablenken, Zweiteres ist effizient gegen Skelette und Vampire, die Feen eignen sich hervorragend zur Verwirrung der Feinde, denen sie um die Ohren fliegen - gerade wenn man einen Kampf gegen viele kleine und eine stärkere Kreatur austrägt, sind sie ideal, damit man Zeit für mächtige Hiebe gewinnt und sich auf einen Gegner konzentrieren kann. Und die Kristalle? Sehr mächtig, sehr wirkungsvoll gegen nahezu alles und von einer der besten und bizarrsten Zwischensequenzen des Spiels untermalt. Sehr schön ist übrigens, dass alle Gegenstände und Zweitwaffen je nach aktivierter Magie nochmal andere Effekte nach sich ziehen: Man kombiniere blaue Magie und Weihwasser gegen Untote - verheerend!

Der eindimensionale Held

Obwohl das Abenteuer im europäischen mittelalter spielt, bleiben Glaubenskonflikte und Held zunächst blass.
Warum habe ich bisher so wenig über die Story und den Helden Gabriel erzählt? Weil beides erst spät in die Gänge kommt, gerade zu Beginn sehr stiefmütterlich und viel zu klassisch behandelt wird: Held soll Monster töten und Weltuntergang aufhalten. Held hat selbst Frau verloren und sinnt auf Rache. Held ist gut, alle anderen sind böse. So weit, so belanglos, denn Gabriel sieht mit seinen 2,50 Metern und den Schulterplatten aus wie Kriegs Bruder aus Darksiders - ein comichaft überzeichneter Hüne, der trotz seiner treubraunen Augen gerade in Szenen mit kleinen Dörflern wenig verletzlich wirkt. Man nimmt ihm die Trauer über den Tod seiner Frau auch nicht so ab, wie den Schmerz seines verzweifelten Genrekollegen Dante im Einstieg des gleichnamigen Infernos. Okay, das ist Castlevania und die Belmonts sind Kämpfer, aber warum hat man ihn nicht als Figur menschlicher gestaltet? Und hat nicht gerade Hideo Kojima darauf gepocht, dass man mehr Emotionen ins Spiel bringen und die Gewalt greifbarer thematisieren müsse? In diesem Bereich ist Castlevania nur ein Abenteuer von vielen.

Wer sich Bezüge oder mittelalterliche Anspielungen aufgrund des thematisierten 11. Jahrhunderts und des europäischen Schauplatzes erhofft hat, vielleicht auf Ketzerei und Hexenwahn, wird nicht fündig und muss sich mit einem Bestiarium mythologischer Kreaturen vom Troll über den Vampir bis hin zum Oger zufrieden geben, die man alle im Archiv nachschlagen kann. Das tut man aber eher, um sich über ihre Widerstände zu informieren. Immerhin taucht mit Pan eine bisher wenig thematisierte Figur der Antike auf, die wiederum hervorragend als Figur inszeniert wird - weise, fremdartig, undurchschaubar.

Die erzählerische Kurve

Aber im Laufe der zwanzig Stunden geizt das Abenteuer nicht mit Reizen - man wird regelrecht hinein gezogen in seine brillante Inszenierung.
Aber trotz dieser Startprobleme kann sich die Geschichte noch fangen. Das liegt zum einen an dem Erzähler, der in den Ladephasen wie ein Chronist über Gabriel sinniert als ob er ihn kennen würde. Und obwohl man mit dieser markanten Stimme (gut, aber leider nur auf Englisch) zunächst nichts anfangen kann, nimmt sie dann irgendwann in Form eines älteren Ordensbruders Gestalt an, der wie Ramirez aka Sean Connery in Highlander den weisen Ratgeber spielt, der Gabriel auch aktiv in einigen Missionen begleitet - sie müssen sich dann gemeinsam Ghulen erwehren und auch die ein oder andere Teamaktion meistern.

Und spätestens, als Gabriel die ersten Alpträume plagen, als er anderen Figuren und seinem Gewissen begegnet, kann man dem Charakter doch etwas abgewinnen und freut sich, dass die moralisch einseitige Story um den Gotteskrieger wenigstens noch einen doppelten Boden bekommt. Im Laufe der zwanzig Stunden entwickelt sich dann eine interessante, wenn auch nicht gerade tiefgründige Geschichte um Schuld und Sühne. Schade nur, dass Mercury Steam den Konflikt zwischen dem neuen christlichen und dem alten heidnischen Glauben, zwischen Gott und alten Göttern, zwischen Inquisition und Hexen, nicht thematisieren oder auf einem ähnlich dramatischen Niveau inszenieren kann, wie etwa God of War den Konflikt der Götter und Titanen.

Fazit

Ich war nach der ersten Stunde skeptisch, nach der zweiten Stunde neugierig und spätestens nach der fünften Stunde gefesselt! Nicht nur, weil die brillante Kulisse zwischen verwunschenen Wäldern und verwitterten Burgen an bewegte Gemälde erinnert, die man in wunderschönen Kamerafahrten erkundet. Auch nicht, weil man wie in einer guten Kopie von Shadow of the Colossus gegen Bildschirm füllende Giganten kämpft oder wie in Uncharted 2 an verschneiten Steilwänden klettert. Sondern vor allem, weil man ähnlich wie in Demon's Souls mit Respekt und Spannung im Nacken jedem größeren Monster begegnet - Castlevania inszeniert keinen ansehnlichen Kloppmist, sondern sorgt mit einem der besten Kampfsysteme des Genres für anspruchsvolle Action: Weder God of War III noch Darksiders oder Dante's Inferno können da mithalten. Jubel und Verzweiflung sind sich hier sehr nahe, weil die eigene Hand-Auge-Koordination gefordert wird, weil man nicht stupide drauflos hacken kann. Umso mehr genießt man nach harten Kämpfen die ruhigen Momente des Kletterns und Rätselns, die hier angenehme Kontrapunkte setzen und die idyllischen Erkundungsreize erhöhen. Das spanische Team von Mercury Steam zitiert zwar viele Vorbilder und verpasst eine Storychance, die den Glaubenskonflikt des mittelalterlichen Europa und seinen darin verstrickten Helden auf eine interessante erzählerische Ebene hätte heben können. Aber auch die Geschichte zieht im Laufe der zwanzig Stunden an. Und noch wichtiger: Das ist kein Kniefall vor dem Mainstream, das ist eine hervorragend inszenierte und vor allem fordernde Hommage an das Action-Adventure alter Schule!

Pro

kreatives taktisches Kampfsystem
anspruchsvolle Gefechte
Konter über aktives Blocken
brillante, gemäldeartige Kulissen
sehr starkes Artdesign
ruhige Rätsel- und Kletterpassagen
viele Kombos & akrobatische Attacken
wunderbare Kamerafahrten
ausgezeichnete Animationen
hervorragende Musikuntermalung
anspruchsvolle Bosskämpfe
viele versteckte Plätze & Schätze
sehr komfortables Speichersystem
üppige Spielzeit von 20 Stunden
ein Hauch Shadow of the Colossus

Kontra

relativ eindimensionale Story & Held
statische Kamera sorgt für blindes Kämpfen
künstliche Levelgrenzen
Klettern ist etwas zu einfach
keine deutsche Sprachausgabe

Wertung

360

Es gibt keine Plattformunterschiede: Auch auf 360 sorgt Gabriel für brillante Unterhaltung!

PlayStation3

Episch, anspruchsvoll und wunderschön: Castlevania ist eines der besten Action-Adventures des Jahres!

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