Outlaw Golf17.01.2004, Paul Kautz
Outlaw Golf

Im Test:

Golf gilt als Sport der betuchten Gesellschaft: Ärzte, Schauspieler und Staatsmänner schwingen die Eisen auf Plätzen, bei denen die Mitgliedschaft im Jahr durchschnittlich mehr kostet als ein gemütliches Einfamilienhaus. Normalerweise geht es bei diesem Spiel gesittet und konzentriert zu – doch nicht in Outlaw Golf (ab 17,00€ bei kaufen), der Variante, in der die Grüns dieser Welt von Knackis, Stripperinnen und Hooligans bedroschen werden. Wie gut der hiesige Rasen gemäht ist, erfahrt ihr aus der Review.

Pack die Karohose ein..

Im Spielkern unterscheidet sich Outlaw Golf nicht von anderen Vertretern der Schwinger-Fraktion: Es geht nämlich auch hier darum, harmlose kleine Bälle mit möglichst wenig Schlägen in das meist sehr weit entfernte Ziel zu befördern. Der Unterschied zu den Links´ und Tiger Woods dieser Welt besteht in der Spielerriege: Ihr habt von Anfang an Zugriff auf vier Teams, sechs weitere lassen sich freispielen. Jedes Team besteht aus einem Spieler und einem Caddy. In diesen Reihen befinden sich illustre Gestalten wie Summer, die Stripperin, Ice Trey, der Hip-Hopper, Mistress Suki, die Domina oder Killer Miller, der üble Schläger. Neben den üblichen Golfer-Statistiken wie »Genauigkeit« oder »Kontrolle« verfügt jeder Spieler über einen Punkt namens »Gelassenheit« - was dieser bringt, erfahrt ihr weiter unten.

Auf der Driving Range übt ihr den perfekten Abschlag und möbelt eure Spielerwerte auf.

Ihr habt die Wahl unter zwei Möglichkeiten: Der »Schaukampf« dient hauptsächlich zum Üben und Ausprobieren verschiedener Spielvarianten. Bis zu vier Eisenschwinger dürfen sich nacheinander in acht davon messen: Ihr könnt einen einfachen Punktekampf machen, euer Set nur auf einen Schläger und Putter beschränken oder in der »Time Attack« eure Zielsicherheit unter Zeitdruck demonstrieren. Im »Turnier« kämpft ihr euch entweder durch 30 Herausforderungen (von denen anfangs nur wenige freigeschaltet sind) oder übt eure Zielsicherheit zuerst auf der Driving Range. __NEWCOL__

Hier erhaltet ihr auch für gemeisterte Herausforderungen neue Statistikpunkte, die ihr in eure Eigenschaften investieren dürft. Bei den eigentlichen Turnieren tretet ihr immer gegen einen zufällig gewählten Computergegner an. Das Spiel läuft nach den üblichen Regeln: Ihr spielt grundsätzlich nacheinander, wobei aber immer derjenige dran ist, dessen Ball am weitesten vom Ziel entfernt ist. In diesem Modus sind auch keine Mulligans (quasi ein »Undo« des letzten Schlags) erlaubt, während dies beim Schaukampf problemlos möglich ist. Leider gibt es in jedem Modus lediglich drei Kurse (plus die Driving Range), was auf Dauer etwas wenig ist.

Schwing die Keule!

Das Turnier dient größtenteils dazu, jede Menge neues Equipment für eure Teams freizuspielen: Driver, Putter, sogar neue Ballsets. Ist all das in euren Besitz übergegangen, dürft ihr vor jedem Spiel euer Equipment zum Platz passend zusammenstellen. Steht ihr dann schließlich auf dem Rasen der Ehre, kommt dem Punkt »Gelassenheit« endlich Bedeutung zu: Wie im richtigen Leben freut sich euer Golfer, wenn ein Schlag richtig gut war, und ärgert sich dementsprechend, wenn etwas danebenging.

Da ist aber jemand sauer - ein derart schlecht gelaunter Golfer braucht einen Caddy zum Abreagieren.

Diese Emotionen werden nicht nur in einer Anzeige grafisch dargestellt, sondern wirken sich direkt aufs Spiel aus: Ein mies gelaunter Golfer verhaut mehr Schläge als einer, der richtig gut drauf ist.

Um einen negativen Wert wieder in den grünen Bereich zu bekommen, gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen strengt ihr euch an, und platziert einige gute Schläge. Zum anderen könnt ihr auch einfach auf Knopfdruck euren Caddy ordentlich vermöbeln, was ebenfalls die Laune steigert. Dieses Such-dir-einen-Prügelknaben-Konzept ist schließlich auch die wichtigste Besonderheit von Outlaw Golf. Habt ihr durch gutes Spiel so genannte »Prügelkarten« verdient, könnt ihr die benutzen, um eure Wut am armen Caddy auszulassen. Je nachdem wie geschickt ihr euch dabei anstellt, verbessert sich eure Laune ein wenig bis sehr stark. So oder so wird eure Leistung am Ende einer Partie grafisch deutlich gemacht: Spielt ihr unter Par, freut sich der Golfer mehr oder weniger stark, jubelt, hüpft über den Platz usw.  Schlagt ihr hingegen über Par, muss sehr oft wieder euer Partner den Sandsack spielen. Leider wiederholen sich diese an sich sehr witzigen Animationen schnell.

Freude schöner Götterfunken: Bleibt ihr unter Par, freut sich euer Golfer wie ein Schneekönig.

Schlag ins Gesicht

Optisch glänzt Outlaw Golf vor allem mit den verrückten Figuren-Designs. Eure Spieler könnten abwechslungsreicher nicht sein, und sind nett animiert. __NEWCOL__

Der Rest ist allerdings nur Durchschnitt: Die Landschaften sind detailarm und mit wenigen Objekten verziert, kein Vergleich zu schon fast fotorealistischen Spielen wie der Tiger Woods-Serie. Besonders das Wasser ist ein einziges Trauerspiel, keinerlei Reflektionen, keinerlei Animationen, stattdessen einfach eine einsame Textur, die unter der Landschaft zu schweben scheint. Die groben Texturen auf dem Platz oder an herumstehenden Felsen fallen an sich nicht weiter auf, allerdings wiederholen sie sich ständig, und erzeugen so recht langweilige Muster.

Auf dem Grün könnt ihr ein Raster einblenden, welches das Zielen vereinfacht.

Nervig auch, dass alle NPCs aus scheinbar höchstens einer Hand voll Polygone zu bestehen scheinen und sehr steif agieren. Immerhin läuft das Ganze auch auf Mittelklasse-PCs sehr flott, außerdem könnt ihr die Ansicht jederzeit nahezu frei verstellen. Darüber hinaus dürft ihr nach jedem Schlag ein Replay ansehen, welches sich aber leider nicht speichern lässt. Viel besser ist da schon der Sound, bei dem besonders die Sprachausgabe hervorsticht: Wie üblich wird jeder Kurs von einem Rundflug-Video eingeleitet, in dem der Sprecher Wissenswertes über den Platz zum Besten gibt. Hier ist das nicht anders, allerdings erfährt man hier noch viel mehr: Wie langweilig dem Kommentator ist, was er vom Golfen im Allgemeinen hält, dass er die Bügelwäsche vergessen hat uvm.

Auch die Charakterbeschreibungen sind gepfeffert, und sparen nicht mit boshaften Seitenhieben, außerdem wird jeder Schlag »kompetent« kommentiert – sehr schön! Innerhalb des Spiels schweigt die Musik, die euch nur in den Menüs entgegenschallt, stattdessen herrschen das »Plopp« des Balls und gelegentliche »Aaah´s « des Publikums vor.

Während die Golfer durchaus ansehnlich geraten sind, machen die NPCs einen sehr groben Eindruck.

Neuer Golfkrieg

Jedes Golfspiel steht und fällt mir der verwendeten Physik – wer will schon einen Ball, der seinen eigenen Kopf hat und sich nicht präzise steuern lässt? Und in diesem Bereich schlägt sich Outlaw Golf mehr als wacker, kann aber nicht mit den Größen des Genres mithalten. Das fängt schon bei der Schlagsteuerung an: Auch hier kommt das bewährte 3-Klick-System zum Tragen, mit dem ihr sehr einfach Stärke und Richtung des Balles bestimmt. __NEWCOL__Allerdings füllt sich die dazu benötigte Anzeige minimal ruckelig, so dass eine gewisse Fehlerzahl vorprogrammiert ist. Bei geschicktem Timing könnt ihr auch besonders kraftvolle Superschläge landen. Die ziehen nicht nur einen feurigen Schweif hinter sich her, sondern befördern den Ball auch besonders weit. Sobald er allerdings landet, kommt der zweite Physiknachteil ins Spiel: Gelegentlich sind die Hoppeleien des Balles kaum nachzuvollziehen.

Die Landschaften sind eher zweckmäßig als hübsch, es mangelt an Details.

Doch da sich das Spiel selbst nicht sehr ernst nimmt, kann man diese Fehler durchaus verzeihen, zumal sonst eitel Sonnenschein herrscht: Ihr könnt Bögen schlagen (Hook und Slice), den Effet des Balles vor dem Schlag einstellen, Annäherungsschläge zünden und auf dem Grün eine Anzeige der Rasen-Beschaffenheit einblenden, um den Ball sicher ins Loch zu lotsen. Wie üblich wählt das Programm vor jedem Schlag den idealen Schläger, aber natürlich dürft ihr auch selbst entscheiden.

Fazit

Zuerst einmal sollte festgestellt werden, wer mit Outlaw Golf etwas anfangen kann: Der Profigolfer nicht, der hat genug hochwertige Alternativen. Der Mittagspausenschwinger auch nicht, die Bedienung erfordert trotz aller Einfachheit durchaus ihre Einarbeitungszeit. Bleibt nur die Zielgruppe der verrückten Gelegenheits-Golfer, die keinen übertriebenen Wert auf technischen Schnickschnack legen, und ihrem Caddy schon lange mal einen Driver um die Gurgel knoten wollten. Der Prügelaspekt ist eine witzige Angelegenheit, wenn auch eigentlich nur Nebensache, die Animationen nach Vollendung jedes Loches zumindest die ersten paar Mal sehr unterhaltsam. Insgesamt bleibt ein gutes, aber nicht sehr gutes Golfspiel, das den nicht zu anspruchsvollen Rasentrampler eine Zeit lang gut unterhält.

Pro

witzige Grundidee
abgefahrene Spielteams+ einfache Steuerung
spaßiges Prügelfeature+ gute Ballphysik+ viel Golf-Material freizuspielen+ witziger Sprecher+ gute Driving Range

Kontra

Abrechnungs-Animationen wiederholen sich schnell
mäßige Grafik
sehr grobe NPCs
nur drei Kurse
fummelige Menüführung (PC)
Replays nicht speicherbar
leicht rucklige Schlagsteuerung

Wertung

PlayStation2

PC

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