Oben25.09.2009, Jens Bischoff
Oben

Im Test:

Kaum ist der neue Pixar-Animationsfilm Oben (ab 5,99€ bei kaufen) in den deutschen Kinos angelaufen, steht auch schon die Versoftung des Streifens auf allen erdenklichen Videospiel-Plattformen bereit. Um alle Systeme pünktlich zum Filmstart bedienen zu können, waren insgesamt drei Entwicklerstudios am Werk - mit sehr unterschiedlichen Ansätzen und Resultaten...

Erzählerische Bruchlandung (PS3, 360 & Wii)

Widmen wir uns zunächst einmal der Umsetzung der schon bei Wall-E als Hauptentwickler verantwortlichen kalifornischen Heavy Iron Studios, die einmal mehr auf PS3, 360 und Wii das Zepter schwingen durften: Hier steigt ihr gleich zu Beginn kurz vor Ende der Filmvorlage ein und liefert euch ein paar Dogfights mit feindlichen Doppeldeckern, nur um kurz darauf einen gewaltigen Zeitsprung zurück zu machen, der euch irgendwo im Dschungel Südamerikas absetzt.

Spielerisch präsentiert sich Oben sehr traditionell und unspektakulär, aber mit durchgehendem Koop-Modus.
Das kann erzählerisch funktionieren, wirkt hier aber eher chaotisch. Wer die Filmvorlage nicht kennt, weiß überhaupt nicht, woran er ist... Auch sonst schaffen es die Entwickler einfach nicht eine zusammenhängende Story zu erzählen. Immer wieder wird man einfach irgendwo abgesetzt und wieder eingesammelt, während sich in zweifelhaften Schwarz-Weiß-Rückblicken irgendein überdrehter Praktikant als Erzähler versucht. Ansonsten gibt's an der deutschen Synchro aber glücklicherweise nichts auszusetzen.

Spielerisch präsentiert sich das Abenteuer von Miesepeter Carl Frederickson und Pfadfinder Russell als kooperatives Action-Adventure im Lego Star Wars -Stil, das nichts wirklich neues bietet, aber durchaus unterhaltsam ist. Carl nutzt seinen Gehstock als Waffe, Kletterhilfe und Stemmeisen, während Russel über schmale Felsvorsprünge balanciert, mit seinem Schmetterlingsnetz auf Insektenjagd geht und sich mit beherzten Rucksackschwingern zur Wehr setzt. Hin und wieder gesellt sich auch Hundeausreißer Dug dazu, der nicht nur seine Flugkünste unter Beweis stellt, sondern sich auch durch schmale Öffnungen zwängen, nach vergrabenen Knochen buddeln und Nichtschwimmer Carl übers Wasser transportieren kann. Vogelexot Kevin tritt hingegen nur passiv in Aktion und katapultiert Russell manchmal über klaffende Abgründe oder auf entlegene Anhöhen, von wo aus er Carl mit einem Seil Hilfestellung leistet. Es wird gehüpft, geklettert und geschwommen. Hin und wieder müssen auch Kisten verschoben, Fallen passiert und simple Mechanismen aktiviert werden, wobei Teamwork groß geschrieben wird - egal, ob man sich mit einem Freund oder KI-gestützten Charakterwechseln ins Abenteuer stürzt.

Die seltenen Kämpfe laufen eher passiv ab: Per Knopfdruck gilt es im richtigen Moment gegnerische Attacken abzuwehren, um sich den daraufhin kurzzeitig benommenen Widersachern mit Netz, Heliumballons oder Spielzeugknochen zu entledigen. Ansonsten kann man lästige Gegner auch mit Hörgerät, Trompete oder aufblasbaren Eichhörnchen in Schach halten. Schade nur, dass sich die Aufgaben und Abläufe während der kurzen Spielzeit ständig wiederholen, die Kamera immer wieder herum zickt und sich das Spiel gerade zu zweit öfters mal komplett aufhängt. Insgesamt wird man allerdings ausreichend unterhalten, es gibt gelungene Sammelreize, einen lokalen Vier-Spieler-Modus mit drei luftigen Duellvarianten und jüngere Spieler freuen sich über den harmlosen Schwierigkeitsgrad.  Löblich auch, das im Gegensatz zu Wall-E dieses Mal auch Wii-Spieler das komplette Abenteuer erleben dürfen und das sogar zu einem deutlich günstigeren Preis als ihre PS3- und 360-Kollegen. Die Bewegungssensoren bleiben jedoch gänzlich ungenutzt und die Tastenbelegung lässt sich nicht verändern,

Flugeinlagen gibt es auf allen Plattformen - aber nur auf PS3, 360 und Wii dürfen vier Spieler gleichzeitig in die Lüfte steigen.
was vor allem in den Flugabschnitten nerven kann, wenn man mit der obligatorisch invertierten Y-Achse nicht zurecht kommt.

Stimmiges Gesamtkonzept (PC, PS2 & PSP)

Die Asobo-Produktion für PC, PS2 und PSP macht es genau umgekehrt: Hier ist die Steuerung in nicht-invertierter Form Pflicht, was Anfängern zwar behagen dürfte, Profis aber fast zur Verzweiflung bringt - egal, ob im Doppeldecker-Cockpit oder als von Kevin getragener Lupenschütze. Ansonsten liefern die Franzosen aber wie schon bei Wall-E das überzeugendere Spielerlebnis ab. Der Vorsprung ist zwar nicht mehr so groß wie letztes Mal, bei den Flugeinlagen hinkt man dem amerikanischen Konkurrenzstudio sogar hinterher, aber in punkto Umfang, Abwechslung und Story-Telling hat man noch immer die Nase vorn. Doch auch wenn man auf dem Papier mehr als doppelt so viele Spielabschnitte aufweisen kann, ist die Spielzeit auch hier eher knapp bemessen und auch wenn es zusätzliche Aufgaben wie Floßfahrten, Verfolgungsjagden oder Balanceakte über stachelige Baumstämme gibt, mangelt es auf Dauer an spielerischer Abwechslung. Zudem ist die Steuerung mitunter etwas hakelig, Kamera und Kollisionsabfrage machen auch hier gelegentlich Zicken und die Story-Sequenzen am PC sehen aus wie abgefilmte PS2-Videos. Auch sonst ist die Grafik für PC-Verhältnisse eher unspektakulär.         

Dafür wurde aber die Handlung der Filmvorlage gut und verständlich ins Spielgeschehen eingebunden. 

Grafisch müssen Wii-Spieler Abstriche in Kauf nehmen, inhaltlich dieses mal nicht.
Man hat wirklich das Gefühl den Abenteuern der Leinwandhelden auf Schritt und Tritt zu folgen und man darf nicht nur in die Rollen von Carl, Russell und Dug, sondern auch in die von Kevin schlüpfen, auch wenn man natürlich nach wie vor die meiste Zeit mit Carl und Russell verbringt, die grundsätzlich über dieselben Fähigkeiten wie auf PS3, 360 und Wii verfügen. Zusätzlich erlangen die beiden im Verlauf ihrer Reise aber auch eine Reihe exklusiver Utensilien, mit denen sie nicht nur aktuelle Hindernisse bewältigen, sondern auch in früheren Abschnitten zusätzliche Areale erforschen können. Mit der Lupe kann man beispielsweise Dynamitstangen entzünden, um Geröll aus dem Weg zu räumen, mit der Laterne darf man sich auch in düstere Kavernen wagen und mit dem Golfschläger lassen sich Kieselsteine auf Widersacher oder andere Objekte schleudern.

Auch beim Bonusmaterial wird mehr geboten als auf den anderen Plattformen. Neben obligatorischen Filmen und Bildern kann man auch eine Reihe von Cheats freischalten, mit denen nicht nur diverse Spielhilfen, sondern auch amüsante Zusatzeffekte aktiviert werden können. Das Mehrspielerangebot umfasst neben der kooperativ bestreitbaren Story und zwei fliegerischen Duellvarianten auch noch sechs andere Zwei-Spieler-Wettbewerbe, die in Turnierform zum Teil auch zu viert ausgetragen werden können. Vier-Spieler-Direktduelle sind in der Asobo-Produktion aber leider nicht möglich, wobei PSP-Besitzer trotz des deutlich höheren Preises zwei Disziplinen weniger serviert bekommen. Persönlich hat mir sogar das noch kleinere Angebot der Heavy Iron-Produktion mit seinen Vier-Spieler-Dogfights und exklusiven Zeppelin-Teamschlachten am besten gefallen.

Die DS-Umsetzung ist die schwächste im Bunde und das nicht nur technisch gesehen...
Jüngere Spieler dürften aber mit dem üppigeren Multiplayer-Angebot Asobos besser fahren.

Das Schlusslicht (DS)

Definitiv am schlechtesten fährt man hingegen mit der DS-Fassung von Altron. Trotz ebenfalls kooperativer Elemente ist man hier quasi eher in der Rolle zweier Einzelgänger unterwegs, die meist unabhängig voneinander ihre Wege gehen und Fertigkeiten einsetzen, um diverse Hindernisse zu passieren. Carl kann nach wie vor seine Gehhilfe zum Klettern und Schlagen nutzen oder mit Hörgerät und Luftballons Gegner außer Gefecht setzen, während Russel Gewässer durchquert und Insekten fängt, was mit diversen Sammelreizen garniert durchaus motiviert. Direkte Interaktionen gibt es aber so gut wie nie. Mal zieht Carl den kleinen Pfadfinder mit seinem Stock nach oben oder schiebt mit ihm gemeinsam einen Baumstamm zur Seite - das war's. Auch Interaktionen mit der Spielumgebung bestehen in der Regel aus grenzdebilen Touchscreen-Einlagen, bei denen man einen Hebel rauf und runter ziehen oder im Kreis drehen muss. Zugeschnappte Fallen werden einfach in aller Ruhe wegradiert und auch die gelegentlichen Floßfahrten hätte man sich sparen können.

Völlig unnötig ist auch die Alarmanzeige, die nach einer Weile ein paar Hunde auf den Plan ruft, wenn man sie ignoriert. Um die Anzeige zurückzusetzen, muss man allerdings nur kurz Carls Hörgerät aktivieren und alles ist wieder im grünen Bereich - eine reine Pflichtübung der langweiligsten Sorte. Die 3D-Grafik leidet trotz fester Perspektive unter extremen Fade-Ins und die in kurzen Texten und Bildfolgen servierte Handlung ist kaum der Rede wert. Auch der Spielablauf ist wenig kreativ: Man läuft, hüpft, balanciert und schwimmt dem Levelende entgegen, setzt hier und da einen speziellen Gegenstand ein, bestreitet abschließend einen meist belanglosen Bossfight und nach sechs Schauplätzen und einer kurzen Flugeinlage ist bereits alles vorbei. Nein nicht alles. Wer will, kann nach dem Abspann noch einen optionalen Bonuslevel bestreiten, mit neuen Geräten in bereits absolvierte Abschnitte zurückkehren und nach vorher unzugänglichen Bereichen Ausschau halten oder sich mit einer Reihe simpler Minispiele à la Pong vergnügen - per drahtlosem Multikartenspiel auch gegen einen Freund. Das kann eine Weile lang unterhaltsam sein, bleibt aber nicht mehr als eine belanglose Dreingabe.      

Fazit

Wie schon bei der Versoftung von Pixars letztem Animationsfilm Wall-E scheinen auch die Umsetzungen von Oben unter erheblichem Zeitdruck zusammengeschustert worden zu sein: Trotz unterhaltsamer Koop-Elemente wird spielerisch nur Altbewährtes neu aufgekocht, der Umfang ist eher dürftig und die Technik recht durchwachsen. Kurioserweise lieferte das für die PC-, PS2- und PSP-Versionen zuständige Asobo Studio einmal mehr bessere Arbeit ab als der für die 360-, PS3- und Wii-Fassungen verantwortliche Hauptentwickler Heavy Iron - auch wenn der Abstand dieses Mal geringer ausfiel. Trauriges Schlusslicht stellt erneut die lieblose DS-Versoftung dar, die diese Mal von Altron kommt. Trotzdem wird man auch auf Nintendos Handheld gerade noch ausreichend unterhalten, während man ein rundum befriedigendes Spielerlebnis nirgends geboten bekommt. Dazu wiederholen sich die anfangs noch unterhaltsamen Aufgaben einfach viel zu oft, die vollautomatische Kamera ist mehr Hindernis als Hilfe und die Spielzeit von drei bis vier Stunden trotz teils motivierender Sammelaspekte auch alles andere als überzeugend. Holt euch lieber Lego Star Wars oder Lego Indiana Jones ; die sind spielerisch sehr ähnlich gelagert, aber wesentlich spaßiger!

Pro

solide Sammelreize
unterhaltsame Koop-Action

Kontra

mickriger Umfang
störrische Kamera
monotoner Spielverlauf
öde Touchscreen-Spielchen (DS)
dürftige Story.Einbindung (PS3, 360, Wii & DS)

Wertung

360

Durchwachsenes Koop-Abenteuer zum gleichnamigen Pixar-Film.

PSP

Solide, aber unspektakuläre Lizenzverwurstung mit Koop-Modus.

PlayStation3

Durchwachsenes Koop-Abenteuer zum gleichnamigen Pixar-Film.

Wii

Durchwachsenes Koop-Abenteuer zum gleichnamigen Pixar-Film.

NDS

Kurzes Team-Abenteuer mit halbgarer Story und Touchscreen-Nutzung.

PC

Solide, aber unspektakuläre Lizenzverwurstung mit Koop-Modus.

PlayStation2

Solide, aber unspektakuläre Lizenzverwurstung mit Koop-Modus.

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