MX vs. ATV: Reflex08.02.2010, Michael Krosta
MX vs. ATV: Reflex

Im Test:

In den vergangenen Jahren hatte die MX vs. ATV-Serie von THQ keinen leichten Stand: Zwar stimmten Umfang und die Auswahl an Offroad-Vehikeln, doch fuhr man wie zuletzt mit Untamed der Konkurrenz vom Schlag eines Motorstorm oder Sega Rally technisch deutlich hinterher. Können die Rainbow Studios mit Reflex endlich ein paar PS zulegen oder versinkt man endgültig im Schlamm?

Große Auswahl

An den abwechslungsreichen Veranstaltungen ändert sich auch mit dem jüngsten Teil der Serie nichts: So brettert man u.a. bei den Nationals über Stock und Stein, liefert sich beim SuperCross packende Duelle in einer Halle voller künstlicher Unebenheiten oder versucht beim Freestyle, die Punkterichter mit spektakulären Tricks zu beeindrucken. Dabei lassen sich die bekannten Stunts wie "Superman", "Can Can" oder "Twister" relativ einfach ausführen, denn man muss lediglich den linken Bumper gedrückt halten und anschließend mit dem rechten Analogstick die drei Richtungsbewegungen durchführen, die für den gewünschten Trick nötig ist. Bei besonders hohen Absprüngen an den Rampen und Hügeln lassen sich sogar mehrere Tricks kombinieren, bevor man hoffentlich wieder sicher auf dem Boden landet. Eine gelungene Neuerung ist die Möglichkeit,

Video: Eine Funktion, die eigentlich bei jedem Offroad-Spiel zum Standard werden sollte: Wie schon Sega Rally bietet auch Reflex deformierbare Oberflächen, die immer wieder neue Überraschungen bieten können.bevorstehende Stürze mit einer schnellen Reaktion doch noch im letzten Moment abzufangen, indem man den rechten Analogstick rechtzeitig in die Richtung bewegt, die auf dem Bildschirm mit einem großen Pfeil angezeigt wird. Landete man früher oft frustriert im Dreck, bleibt man hier dank des intuitiven "Rettungssystems" meist im Rennen.

(Zu) viele Unfälle

Trotzdem haut es den MotoCross- und ATV-Fahrer immer wieder unverschuldet aus dem Sattel, weil man mit den Rangeleien gegen die rabiate KI als Spieler zu oft den Kürzeren zieht. Egal, ob andere Fahrer nach Sprüngen auf dem Kopf meines Piloten landen, in Kurven die Rempelkeule auspacken oder querfeldein direkt in mein Vehikel steuern: Meist lag ich nach Unfällen mit dem Gesicht auf dem Boden, während der Verursacher unbehelligt weiterfahren konnte. Wirklich ärgerlich werden solche Aktionen aber erst kurz vor dem Ziel, denn vorher schließt man durch einen spürbaren Gummibandeffekt relativ schnell wieder zum Fahrerfeld auf. Zudem ist die KI nicht unbedingt von der hellen Sorte, denn man kann zwischendurch immer wieder beobachten, wie sie z.B. bei Linkskurven einfach mal rechts fährt oder sich in andere dämliche Unfälle verwickelt, die man in der Realität in dieser Form wohl niemals zu Gesicht bekommen würde. Gleiches gilt für Berührungen mit der Streckenbegrenzung, nach denen man sich aufgrund der fragwürdigen Kollisionsabfrage schnell fragt, wie es möglich sein kann, sich bei derart niedrigen Geschwindigkeiten so dermaßen zu wickeln. Über Schäden muss man sich übrigens keine Sorgen machen: MX-Bikes und ATVs bleiben immer heil,

Es wird nicht nur der übliche Matsch geboten - auch Ausflüge in Winterlandschaften stehen auf dem Programm.
während Trucks nach Kollisionen zumindest ein paar Beulen abbekommen. Auswirkungen auf die Fahrphysik, die insgesamt einen guten Kompromiss aus Realismus und Arcade darstellt, findet man allerdings nicht.

Umständliche Karriere

Im Arcademodus stehen zunächst nur wenige Pisten zur Auswahl, denn erst wenn man die Karriere in Angriff nimmt, werden in deren Verlauf neben Outfits, Renn-Equipment und Fahrzeugen die entsprechenden Kurse freigeschaltet. Außerdem hat man am Anfang die Wahl zwischen vier KI-Stufen, die sich im Nachhinein allerdings nur im Umweg über das Hauptmenü ändern lassen. Warum wurden die Einstellungen nicht direkt im Karrieremodus untergebracht, so wie man es auch beim Arcademodus geschafft hat?

Zwischen Offroad-Spaß und Langeweile

Zumindest hat die Karriere mit ihren abwechslungsreichen Veranstaltungen sowie Tuning- und Einkaufsmöglichkeiten einiges zu bieten. So werden die Preisgelder nach den nett inszenierten Siegerehrungen gleich in neues Equipment wie Lenker, Auspuff oder Aufhängung investiert. Damit auch etwas fürs Auge geboten wird, stehen zusätzlich auch Grafik-Kits zur Verfügung. Hat man genug angespart, können auch komplett neue Vehikel angeschafft werden, die für einige Wettbewerbe ohnehin zwingend erforderlich sind. Mit MX Lite, MX, ATV, UTV, Sport Truck, Sport Buggy sowie der Sport 2-Serie stehen insgesamt sieben Fahrzeugklassen zur Verfügung. Obwohl die meisten Events auf eine Klasse beschränkt sind, wird es beim Omnicross richtig interessant, da hier alle Vehikel gleichzeitig gegeneinander antreten und ihre Vorteile ausspielen. So sind die MX-Bikes z.B. extrem wendig und flott, während man in einem Truck keine Unfälle aufgrund von Gleichgewichtsproblemen befürchten muss und auch bei Kollisionen meist die besseren Karten hat. Die

Die Duelle haben es in sich und es kommt zu vielen Kollisionen. Leider zieht man dabei als Spieler meist den Kürzeren...
meisten Events sorgen für ein ansprechendes Offroad-Vergnügen, doch beim Modus "Freie Fahrt" macht sich dagegen schnell die große Langeweile breit. Hier hat man versucht, dem Spiel eine leichte Open World-Komponente zu verpassen, indem man zunächst Markierungen aufsuchen muss, bevor man diverse Herausforderungen vom Bergrennen über das Einsammeln von Icons bis hin zu Standard-Rennen starten kann. Das Event gilt allerdings erst dann als abgeschlossen, wenn man zusätzlich auch noch drei versteckte Aussichtspunkte findet, die im Gegensatz zu den Events nichts der Karte markiert sind. Gerade dabei macht sich die große Langeweile breit, weil man schon nach kurzer Zeit in der Pampa keine Lust mehr hat, die Stellen ausfindig zu machen. Sehr viel stimmungsvoller sind dagegen die Freestyle-Wettbewerbe sowie Supercross-Events, bei denen dank Pyrotechnik-Effekten fast schon Festivalatmosphäre aufkommt.    

Erfreuliche Trennung

Neben der Technik war die Steuerung in der Vergangenheit immer einer der Gründe, warum MX vs. ATV in der Wertung nicht weiter nach vorne fahren konnte. Mit der so genannten "Reflex-Steuerung" geht man deshalb neue Wege und kontrolliert ab sofort Fahrer und Fahrzeug getrennt voneinander. Dabei lenkt man das Vehikel wie gewohnt mit dem linken Analogstick, während man die Bewegungen des Rasers feinfühlig mit dem rechten Stick veranlasst. Was zunächst einige Umgewöhnung erfordert, geht schon nach wenigen Proberunden und dem gelungenen Tutorial in Fleisch und Blut über. Hat man den Bogen erstmal raus, driftet man gekonnt durch die Kurven und sorgt aufgrund der Gewichtsverlagerung für einen optimalen Radius. Doch auch bei Steigungen und Gefällen sorgt man mit einem entsprechenden Lehnen nach vorne bzw. hinten für eine höhere Stabilität. Insgesamt ist das Offroad-Fahrgefühl aufgrund der Neuerung hier deutlich besser als jemals zuvor in THQs Abflügen ins Gelände. Hinzu kommt, dass man es auch endlich geschafft hat, deformierbare Oberflächen zu realisieren, wie es Sega Rally vorgemacht hat. So können sich die Furchen der Reifenspuren der Fahrzeuge in den folgenden Runden spürbar auf den Grip auswirken, obwohl ich hier etwas mehr erwartet habe. Nervig ist immer noch das automatische Rücksetzen, wenn man länger als drei Sekunden neben der Strecke ist. Gerade nach einem weiten Sprung kann genau das schnell passieren. Anstatt es bei einer Zeitstrafe zu belassen, wird man kurzerhand in Luft aufgelöst und weiter hinten auf die Strecke zurück gesetzt - nicht selten, um den gleichen Fehler sofort noch mal zu machen. Ein Schlüssel zum Erfolg ist nach wie vor das so genannte Prinzip des "Rhythm Racing". Anstatt hemmungslos am Gaszug zu ziehen oder das Pedal durchzutreten,

Das Tricksystem ist leicht zu erlernen und geht einfach von der Hand.
sollte man die Beschleunigung besser so timen, dass man nach einem Sprung nicht mitten in der nächsten Steigung landet, sondern entweder kurz davor oder mit entsprechend viel Schwung auch dahinter. So braucht es eine Zeit und etwas Übung, den Aufbau der Strecke zu verinnerlichen und in den richtigen Flow zu kommen.

Technik-Tuning

Nicht nur inhaltlich, sonder auch technisch legen die Entwickler endlich zu: Die Kulissen, die nicht nur durch dreckigen Matsch, sondern auch Schnee- und Waldabschnitte zu bieten haben, erreichen zwar noch nicht das Niveau eines Motorstorm oder Pure, aber haben im Vergleich zum enttäuschenden Vorgänger spürbar zugelegt. So gesellen sich zu den geschmeidigen Animationen der Fahrer endlich auch ansprechende Pisten, stimmungsvolle Ausflüge in die Hallen sowie jubelndes Polygon-Publikum. Dabei hat die 360-Fassung im Vergleich zur PS3 wie schon bei Untamed technisch die Nase vorn und bietet nicht nur die besseren Texturen, sondern auch eine wesentlich höhere Zeichentiefe. Beiden gemeinsam ist allerdings die schwache Soundkulisse: Während sich Fans von harten Gitarren-Tracks sicher über die lizenzierte Songauswahl freuen, enttäuschen die Motorengeräusche mit immer gleichen Klängen und sogar einigen Aussetzern, während auch die Soundeffekte bei Kollisionen sehr schwachbrüstig ausfallen.

Dank der neuen Reflex-Steuerung lässt sich der gewünschte Radius bei Kurvenfahrten viel besser umsetzen.
Die Positionsanzeige erinnert zudem an einen Zufallsgenerator uns ist alles andere als zuverlässig. Ich bin laut Anzeige auf Platz drei, obwohl ich eindeutig in Führung liege? Solche verwirrenden Situationen gibt es hier öfters...

Warten mach Spaß?

Der Mehrspielermodus ist ein zweischneidiges Schwert: Schön ist, dass neben Onlinerennen für bis zu 12 Spieler auch System Link-Optionen sowie Splitscreen-Duelle für zwei Fahrer angeboten werden. Löblich ist zudem der gute Netzcode, bei dem störende Lags die Ausnahme bilden. Bevor es auf die Piste geht, dürfen sich die Spieler bereits in der Trainingsarena austoben, die auch Solisten die relativ lange Ladezeit etwas verkürzt. Aber genau hier liegt im Onlinemodus das Problem, denn viele Spieler sehen das Ziel scheinbar darin, sich einzig in dieser Arena auszutoben. Da man in der Übersicht keinen Hinweis darauf findet, wen man bitten könnte, das Rennen endlich zu starten, verendet man immer wieder in diesem interaktiven Ladebildschirm. Während des Tests wartete ich z.B. schon mal über 30 Minuten auf den Start und habe danach frustriert aufgegeben. Warum haben die Entwickler nicht einen automatischen Countdown eingebaut, nach dem das Event nach einer bestimmten Zeit startet? Zumindest hat man auch die Möglichkeit, private Sessions aufzusetzen, um von den üblichen Deppen verschont zu bleiben.  

Fazit

Reflex ist bisher eindeutig der beste Vertreter der MX vs ATV-Reihe! Vor allem das neue Steuerungskonzept mit getrennter Fahrzeug- und Fahrerkontrolle ist ein großer Fortschritt gegenüber dem letzten Teil und auch technisch haben die Rainbow Studios mit deformierbaren Oberflächen, ansehnlicheren Kulissen sowie der durchweg flüssigen Darstellung endlich zugelegt. An die Konkurrenz vom Schlag eines Pure reicht man trotzdem nicht heran: Vor allem auf der PS3 lassen die Texturen und Tiefenzeichnung zu wünschen übrig, aber auch auf der 360 kommt Reflex trotz abwechslungsreicher Pisten nicht über das Mittelmaß hinaus. Größter Kritikpunkt neben den nervigen Rücksetzpunkten bleibt aber die KI, die nicht nur ohne Rücksicht auf Verluste rempelt und einem dadurch das Rennen versaut, sondern auch durch dämliche Fahrmanöver negativ auffällt. Damit muss man sich im überwiegend lagfreien Mehrspielermodus zwar nicht herum schlagen, doch dafür stellt hier das schlechte Lobbysystem die Geduld oft auf eine harte Probe. Wer gerne mit ATVs, MX-Maschinen und anderen Offroad-Vehikeln über schmutzige Pisten brettert, bekommt mit Reflex ein ansprechendes Gesamtpaket mit abwechslungsreichen Wettbewerben und Schauplätzen. Trotz der Verbesserung gegenüber Untamed ist für THQ aber immer noch viel Luft nach oben…

Pro

viele Offroad-Serien (Nationals, Supercross etc.)
deformierbare Oberflächen...
flüssige Darstellung
sieben Fahrzeugklassen
getrennte Steuerung von Fahrer und Vehikel
tolle Atmosphäre (vor allem Freestyle & SuperCross)
intuitives Tricksystem
überwiegend lagfreie Onlinerennen
Setupmöglichkeiten
sehenswerte Animationen
Abfangmöglichkeit vor Stürzen
gutes Offroad-Fahrgefühl
Splitscreen-Rennen (für zwei Spieler)

Kontra

oft fragwürdige Kollisionsabfrage
...die sich aber nicht sonderlich stark auswirken
schwankende KI mit Hang zum Gummiband
z.T. dumme KI-Aktionen (falsch abbiegen etc.)
Karriere nicht sonderlich umfangreich
freie Erkundung wird schnell öde
PS3-Version ist grafisch merklich schwächer (PS3)
frustrierende Zweikampf-Rangeleien
nerviges Zurücksetzen, wenn man von der Strecke abkommt
kaum Optionen in der (Online-)Lobby
(optisches) Schadensmodell nur bei größeren Fahrzeugen
schwache Soundkulisse

Wertung

360

Solider Ausflug in die Offroad-Welt mit gelungener Steuerung, aber enttäuschenden KI-Kontrahenten.

PlayStation3

Wie schon beim Vorgänger, fällt die PS3-Version technisch hinter der 360-Vorlage zurück. Trotzdem bleibt Reflex ein solides Offroad-Paket!

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