Kampf der Titanen - Das Spiel03.06.2010, Mathias Oertel
Kampf der Titanen - Das Spiel

Im Test:

Dass es Spiele zu Filmen gibt, ist mittlerweile nichts Außergewöhnliches mehr. Dass wie im Fall von Kampf der Titanen die Software ohne irgendeine Anbindung an Kino- oder DVD-Release veröffentlicht wird, hingegen schon. Die Frage nach dem "Warum?" weckt natürlich Skepsis ob der Qualität. Doch vielleicht täuscht die Vorahnung und die mythische Action aus dem Hause der Folklore-Macher kann wider Erwarten überzeugen?

Die Last der Lizenz

Was erwartet man von einem "Spiel zum Film"? Angesichts der unter dem Strich eher geringen Qualität, die in den letzten Monaten auf die Zocker niederprasselte (man denke nur an Iron Man 2!), vermutlich nicht viel - natürlich bestätigen Ausnahmen wie Avatar die Regel. Doch was muss ein Titel mitbringen, um Erfolg zu haben? Unabhängig von der Frage, ob es besser ist, den Film nachzuspielen oder eine alternative Handlung zu erleben, sollten z.B. genügen Anknüpfungspunkte da sein, um die Atmosphäre des Films einzufangen. Das kann über zahlreiche Punkte geschehen: Aufwändige Zwischensequenzen, die Original-Sprecher des Films, die ihren virtuellen Ebenbildern nicht nur das Gesicht, sondern auch

Das Spiel zum Film kann mit einem interessanten Kampfsystem aufwarten, das technische Umfeld ist jedoch nicht zeitgemäß.
die Stimme leihen. Natürlich ist es auch hilfreich, wenn das Konzept irgendwo zum Film passt. "Stirb langsam" als reines Jump&Run dürfte vermutlich nicht aufgehen. Shrek als Ego-Shooter? Reizvoll, aber vermutlich uninteressant... Dass sich das verantwortliche Team bei Game Republic (Genji - Days of the Blade, Folklore) beim Kampf der Titanen (KdT) für Mechaniken irgendwo zwischen klassischer Klopp-Action à la Dynasty Warriors sowie God of War entschieden hat, klingt sinnvoll. Immerhin drehen sich Filmvorlage und Spiel um die griechische Mythologie, die bereits von einem gewissen Kratos mehr als erfolgreich beackert wurde.

Und dass Game Republic interessante Kampf-Mechaniken auf die Beine stellen kann, haben sie mit ihren letzten Titeln bewiesen und deuten dies auch mit ihrem nächsten Projekt Majin and the Forsaken Kingdom an, das übrigens auch bei Namco Bandai erscheinen wird.

Technisch problematisch

Das Problem: Abseits all dessen, was mit den kämpferischen Auseinandersetzungen zu tun hat, bleibt ein schales Gefühl zurück. Das beginnt bereits bei der Kulisse: Die meist kleinen Abschnitte, die nicht selten mit damit verbundenen Nachladezeiten ins nächste Gebiet führen oder als Arena für die Kämpfe genutzt werden, sind weit davon entfernt, zeitgemäß zu sein.

Schwache und sich häufig wiederholende Texturen geben sich die Klinke mit Leveldesign aus der Abteilung "unauffälliger Standard" in die Hand. Das alles könnte man ja auch verschmerzen, wenn die Figuren durchweg überzeugen würden. Doch auch hier verschenkt man viel Potenzial: Häufig wirkt es so, als ob die Entwicklung der Animationen zu viel Zeit verschlungen hätte und man dadurch gezwungen war, hin und wieder Phasen ausfallen zu lassen. Auch die Spezialisten für Texturen hatten offensichtlich wenig Zeit: Sämtliche Statisten kommen aus dem Klonlabor, wobei es für mein Empfinden nicht sehr aufwändig gewesen wäre, den ohnehin nicht zahlreich auftretenden Nebendarstellern einen unterschiedlichen Torso zu geben. Selbst Zwillinge weisen größere Unterscheidungsmerkmale auf. Aber okay: Das ist bei den Dynasty Warriors nicht anders - darüber kann ich auch noch mit sehr viel gutem Willen hinweg sehen. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass man sowohl auf 360 als auch auf PS3 mit Kanten und Flimmern konfrontiert wird.

Doch die technischen Probleme, mit denen KdT zu kämpfen hat, werden nirgendwo so deutlich wie in den Zwischensequenzen. Nicht nur, dass man die maximal unterdurchschnittliche Texturqualität der Umgebung dank der vollkommen banalen Kameraführung vor Augen geführt bekommt, die bar jeglicher Dynamik oder gar Spannung die Gespräche einzufangen versucht.

Die sehr wächsernen Figuren haben nicht nur eine absolut unzeitgemäße Mimik sowie Gestik mit nur wenigen Animationen - die Sprachausgabe ist in ca. 95 Prozent der Fälle absolut lippenasynchron. Das könnte man vielleicht noch akzeptieren, wenn das Spiel lokalisiert worden wäre - dabei kann es passieren, dass die Synchronität abhanden kommt. Aber nichts dergleichen: Gesprochen wird Englisch, wahlweise untertitelt in meist sauberem Deutsch. Doch im englischen Original und 

Kein Sandalenepos ohne Gladiatoren-Kämpfe - auch Kampf der Titanen bleibt nicht von diesem Klischee verschont.
vor allem bei einer Filmlizenz erwarte ich, dass zumindest ansatzweise die Sprache zur Mimik passt. Allerdings passt da auch ins Bild, dass die Sprecher (ob es die Original-Darsteller sind, lässt sich für mich nicht ausmachen) vollkommen lustlos agieren und den letzten Rest Atmosphäre zerstören. Vermutlich hätten sie mehr Spaß und Enthusiasmus beim Vorlesen des örtlichen Telefonbuches.

Quid pro Quo?

Das alles kann dem verantwortlichen Team nicht entgangen sein - immerhin waren die auf PS3 veröffentlichten Genji sowie Folklore technisch deutlich weiter. Sie hatten zwar auch ihre Probleme, doch Artdesign und grundlegende Technik gehörten nicht dazu. Auch den Verantwortlichen bei Namco Bandai dürfte dies nicht entgangen sein. Doch entweder musste die Lizenzvereinbarung auf Teufel komm raus erfüllt werden, weswegen es auch gleichgültig zu sein scheint, ob das Spiel parallel zu irgendeinem wichtigen mit dem Film assoziierten Termin erscheint oder nicht.

Oder aber -und das ist meine persönliche Hoffnung- es wurde ein "Package Deal" abgeschlossen, mit dem Namco Bandai der Entwicklung von Majin and the Forsaken Kingdom die komplette Unterstützung zusichert, Game Republic aber im Gegenzug (unter welchen Voraussetzungen auch immer) das Projekt "Kampf der Titanen" stemmen muss.

Denn auch wenn die Technik nicht mehr zeitgemäß ist und man das Gefühl hat, dass Game Republic in dieser Hinsicht seine Seele verkauft hat - inhaltlich schimmert die alte Klasse durch, vor allem hinsichtlich des Kampfsystems und allem, was damit zu tun hat.

   

Was zählt, ist auf dem Feld der Ehre

Denn nachdem man die Ladezeiten, die trockenen bis überflüssigen Gespräche und den verhaltenen Schock über die Kulisse hinter sich gebracht hat, sich schließlich den zahlreichen gut designten, aber nicht immer gut animierten Gegnern gegenübersieht und die Klinge zückt, entfacht KdT seinen Reiz.

Dabei steckt auf den ersten Blick nicht viel hinter der Kampfmechanik: Es gibt eine starke und eine schwache Attacke mit der Hauptwaffe, die zu durchaus ansehnlichen, aber definitiv nicht spektakulären Kombos zusammengefügt werden kann. Man kann springen, seinen Feind in die Zielerfassung schalten und ihn dann geschickt umkreisen, wobei man sehr leicht den angepeilten Gegner wechseln kann. Und man hat nicht nur einen Sprung, sondern auch eine Ausweichbewegung zur

Es warten allerlei mythische Wesen darauf, von Perseus besiegt zu werden.
Verfügung, die entsprechend eingesetzt eine kleine Zeitlupe einleitet, die wohl so etwas wie Filmflair hervorrufen soll (und dies auch passabel schafft), aber sonst nur wenig spielerische Einflüsse hat. Auch hier gilt die Regel bestätigende Ausnahme, so etwa, wenn man den drei stygischen Schwestern das Auge entreißen muss, das sie ständig einander zuwerfen, während sie einen mit Blitzen attackieren. Das Zeitfenster, um das Auge zu fangen, ist so gering, dass man dem Blitz mit einer die Zeitlupe initiierenden Bewegung ausweichen muss, damit man überhaupt eine Chance hat. Doch leider wird der spielerische Nutzen der Zeitlupe zu häufig verschenkt und nicht so intelligent genutzt wie in diesem Beispiel.

Der Trend geht zur Zweitwaffe

Dennoch: Bis hierhin ist das Kampf- und Waffensystem noch sehr klassisch, altbacken geradezu. Das ändert sich allerdings mit dem System der Zweitwaffe. Insgesamt gibt es gut 80 dieser das Repertoire erweiternden Todesspender, die man allerdings erst den Feinden entreißen muss. Dies geht jedoch erst in einem bestimmten Zustand, zu dem man sie vorher hinprügeln sollte. Dann kurz die Schultertaste angetippt und es beginnt ein kleiner Reaktionstest, dessen Schwierigkeit vom bereits verursachten Schaden sowie dem Gegnertyp abhängt. Schafft man es, die Taste (egal welche) im jeweils richtigen Moment zu drücken, wird ein Finisher eingeleitet, an dessen Ende man dem Gegner die Waffe (oder einen magischen Orb entreißt) und gegen ihn verwendet.

Insgesamt vier dieser Zweitwaffen kann man am Mann tragen und über das Digikreuz auswählen. Damit kommt ein Hauch Taktik in die Gefechte, da die Feinde größtenteils Anfälligkeiten gegen Elemente oder bestimmte Waffentypen haben. Und auf den heilenden Orb sollte man ohnehin nicht verzichten.

Um die Zweitwaffe (das Repertoire reicht von Doppelschwerten über Bögen bis hin zu schweren Äxten und Hämmern) nutzen zu können, ist allerdings eine spezielle Seelen-Energie nötig, die wiederum durch erfolgreiche Standardangriffe generiert wird. Alternativ kann man auch versuchen, über einen Sonderangriff, der einen im falschen Moment aktiviert aber sehr schutzlos zurücklässt, einen größeren Batzen dieser Seelen-Energie abzusaugen - mit dem Nebeneffekt, dass der Gegner vielleicht sogar das Zeitliche segnet und zu Hades zurück kehrt.

Dass es allerdings pro Gegnertyp nur einen Finisher gibt, der ggf. aus einer leicht anderen Kameraposition gezeigt wird, ist sehr schade. Denn man wird von KdT dazu angehalten, die Finisher so oft wie möglich einzusetzen, selbst wenn man die Waffe bereits zur Verfügung hat. Denn nur über jede entwendete Waffe kann man Aufrüstpunkte generieren. Und damit kommen wir zum letzten Element des durchdachten Kampfsystems: Jede Zweitwaffe kann in mehreren Bereichen (meist auch jeweils in mehreren Stufen) aufgerüstet werden. Dazu benötigt man neben den Punkten auch Materialien, die man

Mitunter kämpft ein Kumpan an der Seite von Perseus, der wahlweise auch von einem menschlichen Mitstreiter übernommen werden kann.
entweder in den Gebieten findet, nach den jeweils zwischen zwei bis etwa zehn Minuten dauernden Kampfeinsätzen als Belohnung erhält oder die man bei gelungenen Aktionen (vor allem perfektem Timing bei den Quicktime-Events) spendiert bekommt.

Kurzzeitig unterhaltsam

Vor allem dem guten Zusammenspiel aller mit dem Kampf und den Waffen zusammen hängenden Elemente ist es zu verdanken, dass KdT nicht in den tiefsten Orkus stürzt. Die Herausforderung, die ohnehin kurzen Abschnitte quasi "zwischendurch" zu bewältigen und damit schließlich nicht nur den einen oder anderen Bildschirm füllenden Boss, sondern auch ein komplettes Zweitwaffen-Repertoire zu sammeln und aufzurüsten, kann zwar die technischen Mängel nicht komplett auffangen, hat mich aber immer wieder motiviert.

Natürlich hätte diese Motivation abseits der Technik noch höher ausfallen können, wenn die Gegner etwas intelligenter agieren, wenn sie wenigstens in einigen Momenten so zahlreich wie in God of War 3 auf mich zustürmen oder wenn die Bosse mehr als die gerade mal notwendige Taktik des Ausweichens bieten würden. Der Zwei-Spieler-Modus, bei dem ein weiterer menschlicher Leidensgenosse zum Pad greift, um statt einem der mitunter mitlaufenden und dabei zumeist recht clever agierenden KI-Kumpanen ins Feld zu ziehen, ist passabel umgesetzt, wertet die Action allerdings nicht großartig auf.

Dennoch: Wenn Game Republic die Präsentation und das technische Umfeld so interessant gestaltet hätte wie die Kampfmechanik, hätte die Auseinandersetzung von Perseus und seinem Göttervater Zeus zu einer richtig soliden Filmumsetzung werden können. 

Fazit

Kaum zu glauben, dass hinter dieser Lizenz-Klopperei mit Game Republic zumindest nominell das gleiche Haus steckt, das gerade an dem viel versprechenden Majin and the Forsaken Kingdom arbeitet und das uns in nicht all zu ferner Vergangenheit mit Titeln wie Folklore oder Genji – Days of the Blade richtig gut unterhalten konnte. Obwohl: In ein, zwei Punkten spürt man, wie Fantasie, handwerkliches Geschick und gute Konzeptplanung zusammen kommen - dabei aber auch vergeblich versuchen, die schwache technische Umsetzung zu übertünchen, die bereits zum Start der HD-Ära Probleme gehabt hätte, nachhaltige Wirkung zu zeigen. Das Kampfsystem z.B. gehört zu den motivierenden Elementen und lässt einen über vieles hinweg sehen. Auch das Design der Figuren kann die Brücke zwischen Filmvorgabe und mythologischer Geschichte schlagen. Doch das technische Drumherum ist größtenteils enttäuschend: Kleine Gebiete und die damit verbundenen häufigen Nachladezeiten kann man ja noch ertragen. Dass diese Areale aber zudem noch mehr mit schwachen Texturen, Kanten oder Flimmern zu kämpfen haben als Perseus mit den Göttern und ihren Schergen, ist bedenklich. Und spätestens wenn man die zu 95% lippenasynchrone und größtenteils emotionslose Sprachausgabe nicht mehr ertragen kann, bleibt nur noch ein Trost: Dass Namco Bandai im Gegenzug für diesen bis auf das Kampfsystem seelenlosen Lizenz-Ausverkauf zugesichert hat, das Team bei der Entwicklung von Majin ohne Kompromisse zu unterstützen.

Pro

solides Kampfsystem
über 80 Zweitwaffen mit Sonder-Attributen und -Fähigkeiten
passables Gegnerdesign
Zweitwaffen können in mehreren Stufen aufgerüstet werden
eingängige Steuerung

Kontra

technisch veraltet
kleine Gebiete
größtenteils vollkommen lippenasynchrone Sprachausgabe
viele Lade-Unterbrechungen
zu viele abgehackte Animationen
nur selten fordernd
zumeist emotionslose Sprachausgabe

Wertung

360

Das Kampfsystem ist gut, doch abgesehen davon bleibt die Filmumsetzung technisch zweit- bis drittklassig.

PlayStation3

Die Filmumsetzung bleibt technisch erschreckend blass - einzig das Kampfsystem schafft es, den Titel vor dem Untergang zu bewahren.

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